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Ausgabe:

1949 Nr. 6

Spalte:

344-345

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Klevinghaus, Johannes

Titel/Untertitel:

Die theologische Stellung der Apostolischen Väter zur alttestamentlichen Offenbarung 1949

Rezensent:

Campenhausen, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1949 Nr. 6

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mannigfach zu erkennen, und so ist seine Stellungnahme zu
den einzelnen textkritischen Fragen im Kommentar keineswegs
einfach eine Wiederholung des dort Gebotenen, übrigens
betont er, daß er sich, wo die Versionen versagten und freie
Konjektur notwendig ist, bemüht hat, vorsichtig und unter
möglichster Wahrung des masoretischen Schriftbildes zu
konjizieren. Hiermit hängt zusammen, daß er in der Frage
der Änderung des Masoretentextes nach Septuaginta sehr zurückhaltend
ist. „Die hebräische Vorlage der Septuaginta
steht dem heutigen Masoretentext viel näher, als man früher
dachte"; von zwei verschiedenen „Rezensionen" könne man
nicht reden. Es ist gewiß richtig, daß in Jeremia wie überall
im AT die Änderung des Masoretentextes nach der Septuaginta
vielfach übertrieben worden ist, und daß man gerade
bei Jeremia sehr vorsichtig sein muß, den Septuagintatext zu
einer Rekonstruktion eines vor unserem Masoretentext
liegenden „Urtextes" zu verwenden, aber man sollte andererseits
die Verschiedenheit der beiden zugrundeliegenden Textgestalten
auch nicht unterschätzen.

Uber den Kommentar selbst im einzelnen zu berichten,
würde zu weit führen. Es ist gerade angesichts der zu Jeremia
vorliegenden reichen Kommentarliteratur nicht ganz leicht,
einen neuen Kommentar zu schreiben, der eigenständig ist und
die Forschung im ganzen wie im einzelnen weiterführt. Von
Rudolphs Kommentar kann man sagen, daß er das leistet.
Man ist daher doppelt dankbar, daß Rudolph die zu große
Kürze vermeidet, die den Wert verschiedener Bände des
„Handbuchs zum Alten Testament" beeinträchtigt.

Münster/Westf. Johannes Herrmann

Thieme, Karl: Jeremias. Vaterlandsverräter oder Friedensapostel? Frei-
burg/Br.: Herder 1947. 30 S. 8"= Die biblische Schatzkammer, hrsg. v.
Eugen Walter. DM2.—.

Es handelt sich um einen in der Schweiz 1942 gehaltenen
und dort auch zuerst (1946) veröffentlichen Vortrag, der die
damals — und nicht nur damals! — aktuelle Frage, ob und
unter welchen Umständen man gegen das eigene Volk und
für den Landesfeind Stellung beziehen dürfe, an dem Verhalten
Jeremias durchprüft. Besonders ist da die Stelle 21, 8 f.
bedeutsam, worin der Prophet unverblümt zum Uberlaufen
auffordert. Der Verf. geht so vor, daß er, etwa zu zwei Dritteln,
einfach dem Gang der Ereignisse von damals nachgeht. Die
Frage, ob Jeremia Opportunist oder Utopist gewesen sei, wird
so beantwortet, daß nur von außen besehen hier der Anschein
erweckt wird, es sei eines von beiden der Fall. Aber in Wirklichkeit
ist er weder der pazifistische Utopist noch der nach
Zweckmäßigkeiten fragende Realpolitiker; vielmehr ist seine
Position zu klären an der Haltung Jesu angesichts des Zinsgroschenproblems
. Hier wie dort ist eine „klare politische
Entscheidung" erfolgt „gegen das im Unrecht befindliche
eigene Volk für den diesmal im Recht befindlichen Landesfeind
"; aber diese Entscheidung — und das ist für Th. das
Wesentliche — hat „jenes Heil ermöglicht", „dessen Verheißung
Jeremia, dessen Erfüllung Jesus Christus gebracht
hat". Und dieses Heil ist mit jener Entscheidung zutiefst verknüpft
(S. 27). Dabei legt Th. Wert darauf zu betonen, daß
Jeremias Handlungsweise zwar — in dem eben dargelegten
Sinne — typologisch zu deuten sei, daß aber die politische
Tragweite von Jeremias Rat dadurch nicht „bagatellisiert"
und „doketisch mißbraucht" werden dürfe; das wäre ein
„Fliehen vor der Schmach des Kreuzes", deren Aufsichnehmen
uns immer in die Lage versetzen kann, Opportunist
oder Utopist benannt zu werden.

Vielleicht wäre das, was hierzu zu sagen ist, deutlicher
herausgekommen, wenn zwischen der auftragsgebundenen und
gewissensinäßigen Entscheidung des Jeremia und ihrer heils-
geschichtlich-typologischen Bedeutsamkeit klarer geschieden
würde. Es liegt doch so: Jeremia weiß als Prophet — daß er
es auch als Mensch weiß, ist für ihn und für uns unwichtig —,
daß Gott die Welt dem Nebukadnezar zugeeignet hat, daß
der Weg des sündenbelasteten Volkes nicht mehr in die
politische Selbständigkeit gehen kann, sondern daß Gottes
Pläne weiter und anders verlaufen, als die engstirnigen, vordergründig
-frommen, aber im Hintergrund egozentrischen Nationalisten
Jerusalems es meinen. Hieraus zieht er die Konsequenz
. Er denkt in den Linien der Geschichte Gottes mit der
Welt und weiß, im Sinne des Wortes, was die Glocke geschlagen
hat. Ob wir, die wir keine Propheten sind, je überhaupt
in eine damit zu vergleichende Situation kommen
können, darf durchaus zweifelhaft sein! Weder Leute wie
Oderbruch noch die Emigranten können sich auf Jeremia berufen
. Der säkularisierte Jeremia wäre ein gewöhnlicher
Landesverräter. Jeremia ist es nicht, weil er ein Prophet ist.

Daß dieser ganze Tatbestand innerhalb der heilsgeschichtlichen
Typologie etwas bedeutet, kommt noch hinzu, hat aber mit
der Beurteilung der Situation des Jeremia primär nichts zu tun.
Kiel H. W. Hertzberg

Das Heilige Land. Palästinabuch 1948 des Deutschen Vereins vom Hl. Lande.

Hrsg. vom Oen.-Sekr. Msgr. Gustav Meinertz und Dr. Valmar Cramer.

Kuln: J. P. Bachem [1947]. 140 S. m. Abb., 2 Taf. Kart. DM 6.—.

Stärker als frühere Jahrgänge ist das Palästinajahrbuch
1948 des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande allgemeinverständlich
gehalten und auf das Erbaulich-Unterhaltende
ausgerichtet. Von wissenschaftlichem Interesse sind lediglich
zwei Beiträge zur Kirchengeschichte Palästinas. V. Cramer,
Pilgeratteste für Jerusalemwallfahrer seit dem Ausgange
des Mittelalters (S. 51—56) bildet das früheste, bekannte
formelle Pilgerattest, das.am 15. Sept. 1523 von dem
Franziskaner-Guardian in Jerusalem für den Glockengießer
Peter Fuesly aus Zürich ausgefertigt wurde, erstmalig im
Faksimileabdruck ab. Das Aufkommen der Pilgeratteste im
Anfang des 16. Jahrhunderts erklärt er daraus, daß seit dieser
Zeit die Ritter- und Pilgerfahrten fürstlicher Persönlichkeiten
aufhören (Kurfürst Ottheinrich von der Pfalz 1521 ist der
letzte) und dafür jetzt das bürgerliche Element mehr in den
Vordergrund tritt. Ritterschaft und Adel hatten Bescheinigungen
über die Wallfahrt und den Ritterschlag am heiligen
Grabe nicht nötig, weil sie genügend Zeugen ihrer Fahrt
hatten. Das war bei den einfachen Leuten anders. Die Zahl
der im Original oder Abdruck erhaltenen Pilgeratteste, die C.
aufzählt, ist erstaunlich gering: bis 1835 sind es nur 14. —
Auf S. 9—29 berichtet W. Hotzelt über Hundert Jahre
Lateinisches Patriarchat von Jerusalem (1847—1947).
Die Darstellung der Wirksamkeit der fünf Patriarchen, die seit
der Errichtung des Patriarchates von Jerusalem am 23. Juli
1847 im Amte waren, gibt einen starken Eindruck von den
Schwierigkeiten, die zu überwinden waren. Sie kamen hauptsächlich
von den Franziskanern, deren Privileg, allein im
Heiligen Lande wirken zu dürfen, zunächst durch die Errichtung
des Patriarchates und seit 1878 durch dm Zustrom von
Ordensgenossenschaften und Kongregationen aller Art durchbrochen
wurde.

Von den übrigen Beiträgen verdient noch Erwähnung ein
kurzer Aufsatz des verstorbenen P. J. Taepper, der vielen
Palästinareisenden als der langjährige Verwalter von Tabgha
am See Genezareth und vorzüglicher Kenner des Sees bekannt
ist. Er schreibt über Fischerei am See Genezareth
(S. 38—44) und bringt Interessantes über die Fische des Sees,
besonders über Chromis Simonis, bei dem das männliche Tier
den Nachwuchs im Maul trägt, um ihn vor Raubfischen zu
schützen. Leider haben in den letzten Jahrzehnten törichter
Raubbau, Änderung des Seeniveaus, Fischseuchen, überhandnehmen
von Raubfischen und die Errichtung von Stauanlagen
einen katastrophalen Rückgang des früher so reichen Fischbestandes
des Sees Genezareth zur Folge gehabt.

Oöttingen Joachim Jeremias

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Klevinghaus, Johannes, Dr.theoi.: Die theologische Stellung der
Apostolischen Väter zur alttestamentlichen Offenbarung. Gütersloh:

Bertelsmann (1948). 157 S. gr. 8» = Beiträge zur Förderung christlicher
Theologie. Begründet von Adolf Schlatter, hrsg. v. Paul Althaus. 44. Bd.
1. H. Kart. DM 10.—.

Mit diesem i. Heft des 44. Jahrgangs haben die von
Schlatter begründeten, jetzt von Paul Althaus herausgegebenen
„Beiträge zur Förderung christlicher Theologie"
von neuem zu erscheinen begonnen. Es ist Otto Schmitz gewidmet
. Wir begrüßen es mit Freuden als ein Zeichen der
wieder beginnenden wissenschaftlich-theologischen Publikation
und Produktion. Allerdings handelt es sich hier zunächst
noch um eine schon 1936 abgeschlossene Münsterer Dissertation
, die seitdem im Blick auf später erschienene Werke nur
flüchtig ergänzt worden ist. Daß manches an Literatur auch
ganz übersehen ist, wird man dem Verf. bei den heute
herrschenden Bibliotheksschwierigkeiten nicht allzu sehr vorwerfen
dürfen. Es fehlt nicht nur die im Vorwort genannte
Studie von Peter (der Druckfehlerteufel macht daraus eine»
„Pater") Meinhold über den Barnabasbrief, sondern auch ein
für das Verständnis des Hermas so bedeutsames Werk wie
Poschmanns „Paenitentia secunda", Martin Werners Dogmengeschichte
u. a. Auch aus verschiedenen Artikeln des Theologischen
Wörterbuchs wäre noch vielerlei zu lernen gewesefl'

Das Interesse der Arbeit ist weniger historisch als systematisch
. „Sie fragt danach, wie die Apostolischen Väter dad