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Ausgabe:

1949 Nr. 5

Spalte:

300

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Tyciak, Julius

Titel/Untertitel:

Maranatha 1949

Rezensent:

Wunderle, Georg

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Seite 1

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299

Theologische Literaturzeitung 1949 Nr. 5

300

durch das Motu proprio In cotidianis precibus vom 25. März
1945 herausgegeben worden ist. Die erste veranstaltete der
Wiener Privatdozent Schedel, ihr folgte von Graz aus eine
Bearbeitung von J. Perl. Etwa gleichzeitig in der Schweiz, von
Fribourg aus, (1948) Dom Savin Ely, Chartreuse. Meine
Ausgabe ist sofort nach Empfang des lateinischen Originals
im September 1945 m Angriff genommen worden. Inzwischen
hat R. Guardini einen Text zu veröffentlichen begonnen. Ein
Wörterverzeichnis stellte P. Wermers her.

1. Jetzt kann deutscherseits bereits ein Heft für den gottes-
dienstlichen Gebrauch angezeigt werden, das seine Entstehung
einem beachtenswerten Wunsche verdankt, der in Kreisen
bewußt mit der Kirche lebender Jugend seit Jahren bestellt,
„außer den durch das Kirchengebet bereits vertrauten Psalmen
der Sonntags-Prim und -Komplet, auch die für die Werktage
bestimmten Psalmen kennen und beten zu lernen". Es
sind also in besonderem Sinn praktische liturgische Ziele, die
der Verf. verfolgt. Man wird ohne Übertreibung billigermaßen
bekennen dürfen, daß ihm das Ziel glücklich gelungen ist. Die
Ubersetzung ist nicht bloß getreu, sondern auch rhythmisch
so ansprechend hergestellt, daß am Erfolg nicht zu zweifeln
ist. Dem Text folgen am Schluß ausgewählte Erläuterungen
und ein Verzeichnis der benützten Literatur, die bis zur Gegenwart
geführt ist. Für den Geist des Herausgebers ist wichtig
zu wissen, daß aus seiner Feder die bei Bachem in Köln 1946
erstmals erschienene, jetzt in erweiterter Auflage verbreitete
Schrift stammt: „Meine Kanzelvermeldungen und Erlebnisse
im Dritten Reich" und „An die nichtkatholischen Besucher
dieses Gotteshauses" (1947).

2. Vorzüglich an theologische Benützer wendet sich das
zweite Werk. Der Verfasser ist Benediktiner von Maria Laach.
Es verdankt seinen Ursprung der Anregung, für die Diözese
Fulda dem lateinischen Text beigegeben zu werden, bietet
daher auch die Originalfassung und verfolgt zwei Nebenabsichten
: 1. den Text so zu gestalten, daß er trotz der starken
Dynamik der deutschen Sprache in den gregorianischen Melodien
leicht singbar ist, und daher alle Psalmverse mit unbetonter
Silbe zu schließen; 2. die Psalmen ihrem pneumatischen
Sinn gemäß durch kurze Einführungen in die,,Strahlungsmitte
" des Neuen Bundes, in das Kreuzespascha Christi,
zu stellen, von dem aus sie ja inspiriert sind. Demjenigen, der
von der Biblischen Theologie her kommt, sind diese Gedanken
in ihrer Bedeutung bekannt, wer die Geschichte der
Auslegung von Hieronymus und Augustinus aber kennt, weiß
freilich auch, daß unter dem Titel des Pneumatischen in der
Exegese schon vieles vorgebracht worden ist, was sich vom
sensus literalis entfernt. Wenn man daher angesichts der
„Strahlungsmitte" unwillkürlich zur Vorsicht gemahnt wird, so
enttäuscht die rhythmisch gepflegte und sachlich vorsichtig
abgewogene Ubersetzung angenehm. Es kommt St. zwar nicht
darauf an, mit dem Originaltext selbst sich auseinander zu
setzen, auf den er möglichst zurückgeht, freilich schlecht,
wohl zu ungünstig beurteilt; denn er spricht z. B. geradezu
vom jüdischen Fälschen in christlicher Zeit, wie er auch der
Vulgata schwerlich gerecht wird. Das Ziel hält er sich streng
vor Augen, die Vatikanische Ubersetzung im deutschen Gewand
vorzulegen, nicht sie kritisch zu behandeln. Für verschiedene
Auffassungen ist aber auch so noch Raum genug.
20 (21), 4 heißt in der Vaticana: Nam benedictionibus faustis
praevenisti cum, was auch im Hinblick auf das Hebräische

die Ubersetzung durchaus verträgt: mit herrlichem Segen
kamst Du ihm entgegen. Herrlich kehrt jedoch so oft wieder,
daß es zum nichtssagenden Füllsel geworden ist, während
mit faustis doch mehr gesagt wird, als mit gewöhnlichem
bonis. Faustus hängt etymologisch und semasiologisch mit
favere zusammen, das die neue Übersetzung gern durch den
Begriff der Huld ausdrückt; vgl. 34,27: qui favent causae
meae = die meiner Sache gewogen sind. 81 (82), 2: et causae
imporium favebitis ist die Vorstellung der Parteilichkeit
übersteigert mit: wie lange werdet ihr den Prozessen der Gottlosen
schmeicheln. 48, 15: (cito) figura eorum absumetur = schnell
wird ihr Ansehen schwinden. Hier wird die Vorlage nicht verfälscht
, wenn man für figura einsetzt Gestalt usw. usw. Zur
Beurteilung würde eine Vermehrung der Beispiele nichts
Wesentliches mehr ausgeben. Zwei formale Ausstellungen
mögen aber noch angemerkt werden. Zunächst hat der Bearbeiter
merkwürdigerweise geglaubt, auf Verszählung verzichten
zu sollen. Sodann macht er von rhythmischen und
strophischen Zeichen ausgiebig Gebrauch. Dadurch wird nicht
nur der mündliche Vortrag unterstützt, sondern auch das Verständnis
gefördert. Als Trenner der Vershälften ist * dem
Leser aus älteren liturgischen Büchern geläufig. Dazu tritt bei
St. im dreiteiligen Vers f, wodurch der zweite Teil vom ersten
Teil getrennt wird; z. B. 2, 7: Verkünden will ich des Herrn
Beschlufi: f der Herr sprach zu mir: * Mein Sohn bist du, ich habe
Dich heute gezeuget. Es würde sich empfehlen als Trenner in dem
angegebenen Sinn einen einfachen senkrechten Strich | zu
wählen. Denn wer mit textkritischen Texten umgeht, pflegt
mit f Stellen zu bezeichnen, die zweifelhaft überliefert sind.
Freiburg i. Br. Arthur Allgeier

Tyciak, Julius: Maranatlia. Die Geheime Offenbarung und die kirchliche
Liturgie. Warendorf/Westf.: J.Schneiische Buchh. 1947. 79 S. kl. 8" = Die
religiöse Entscheidung. Bücher kath. Selbstbesinnung hrsg. v. Dr. P. Cornelius
Schröder, O. F. M. DM 1.70.

Das Büchlein umschließt Aufsätze und Vorträge, die vor
allem den Entsprechungen zwischen dem Kult der Kirche und
den Visionen und „Gesichten des letzten Buches der Bibel"
nachgehen wollen (Vorwort S. 6). Und hier tun sich dem
Leser tatsächlich eine Reihe von Aspekten auf, die gewöhnlich
weder von der Exegese noch von der Liturgik in dieser
Weise eröffnet werden. Freilich ist dazu eine Exegese erforderlich
, die nicht ohne weiteres mit dem Ziele und der
Methode der „Schulexegese" zusammenfällt. Wir hören darüber
: „Nicht des (biblischen) Verfassers Gedankenwelt und
bewußtes Wollen aufzufangen ist das eigentliche Anliegen der
theologischen Exegese, gilt es doch vielmehr, demütig
und voll Ehrfurcht den Worten ewiger Weisheit zu lauscheu
und den Plan des göttlichen Geistes nachzutasten, zu dem uns
die Schrift selber geleitet" (S. 28). Gar manches Mal schon
hat die Anwendung dieses Deutungsprinzips zu mystizistischen
Subjektivitäten geführt. Davon ist unser Verf. weitab geblieben
. Gerade die Bezugnahme auf die Liturgie hat ihm
einen festen Standort für seine geistige Schau geboten. Und
sie dringt in eine auch praktisch fruchtbare Tiefe ein. Es wäre
kleinlich, an einzelnen Sätzen und Ausdrücken zu mäkeln;
das Ganze muß angeeignet werden, um die „liturgische" Linie
des Verständnisses zu gewinnen. Und dieser Gewinn lohnt
sich reichlich.

Würzburg Oeorg Wunderle

BERICHTE UND

„Audi widder die reubischen vnd mördissdien rotten
der andern bawren". Eine Anmerkung zu Luthers
Haltung im Bauernkrieg.

Eine Zeitlang schien es so, als ob die Auseinandersetzung über Luthers
Haltung im Bauernkrieg eine ähnliche Bedeutung bekommen würde wie einst
die Debatte über die Christianisierung der Germanen, wobei genau so wie damals
über den eigentlichen historischen Tatbestand hinaus die grundsätzlichen
Probleme der Auseinandersetzung die eigentliche Tragweite gegeben hätten.
War es damals die Frage: Christentum — Deutschtum, so schien es jetzt, als
ob Luthers Stellungnahme zum Bauernaufstand nur den Hintergrund für die
Erörterung des Verhältnisses des Protestantismus zur sozialen — und auch
zur nationalen — Frage abgeben sollte. Die Äußerungen von Engels, Mehring
und Kautsky sind bekannt (vgl. auch meine „Apologie der Apologetik" S. 94
bis 115). Abusch, Hanstein und andere nahmen sie auf und führten sie fort.

Im Augenblick Ist es darum stiller geworden. Es soll auch jetzt nicht davon
die Rede sein, bedürfte doch selbst auch nur eine Darstellung der Hai-

MITTEILUNGEN

tung Luthers in jenem entscheidungsvollen Jahr 1525 einer Ausführlichkeit,
die an dieser Stelle unmöglich ist, wie gar ein Versuch, die Motive seiner nur
scheinbar widerspruchsvollen Haltung deutlich zu machen oder ihren grundsätzlichen
Voraussetzungen bzw. Konsequenzen nachzugehen, völlig den Rahmen
dieser Zeitschrift sprengte und eine nicht kleine Monographie nötig
machte. Nur ein einziges Faktum aus der Vielfalt der Ereignisse jener Wochen
soll hier kurz behandelt und zur Debatte gestellt werden, ein Faktum, das
allerdings mannigfache Konsequenzen nach sich zieht, wenn es sich als richtig
erweist.

Im Mittelpunkt der Debatte hat immer wieder die Schrift Luthers
„Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" gestanden, die
nach der „Ermahnung zum Frieden auf die 12 Artikel der Bauernschaft in
Schwaben" einen völligen Umschwung der Haltung Luthers zu bringen scheint.
In der „Ermahnung" spricht er davon, daß die Bauern „Widder tyrannen und
Verfolger Oottes und der menschen und Widder morder der heyligen Christi
(WA 18, 333) fechten, und sein Rat geht dahin, „das man aus dem Adel etliche
Graffen und herrn, aus den Stedten etliche rads herrn erwelete und die sachf
Hessen freundlicher weyse handeln und stillen, Das yhr herren ewern steyffe"