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Ausgabe:

1949 Nr. 5

Spalte:

298

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Kressel, Hans

Titel/Untertitel:

Unser Gottesdienst 1949

Rezensent:

Fendt, Leonhard

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1949 Nr. 5

298

Bildung der Kirche Christi in China, in welcher baptistische, kongregationa-
listische, methodistische, presbyterianische und reformierte Kirchen, die United
Brethren, die Vereinigte Kirche Kanadas und von sechs englischsprechenden
Nationen gegründete selbständige Chinesische Kirchen vereinigt sind, usw.

In Kapitel II über „Die Gnade unseres Herrn Jesus
Christus" finden sich die Delegierten in der Erklärung zusammen
, daß die Fragen dieses Verhandlungsgegenstandes
keinen Grund bieten, die Scheidung zwischen den Kirchen
aufrechtzuerhalten. Das Kapitel schließt:

„Einige Kirchen legen auf den Ausdruck „sola gratia" großen Wert,
während andere ihn vermeiden. Die Formel ist häufig Gegenstand des Streites
gewesen; doch können wir alle der folgenden Erklärung beistimmen: Unser
Heil Ist die Gabe Gottes und die Frucht Seiner Gnade. Sie ist nicht auf das
Verdienst des Menschen gegründet, sondern hat ihre Wurzel und ihren Grund
in der Vergebung, die Gott in Seiner Gnade dem Sünder gewährt, den Er annimmt
, um ihn zu heiligen. Wir glauben jedoch nicht, daß das Handeln der
göttlichen Gnade die menschliche Freiheit und Verantwortlichkeit außer
Kraft setzt; echte Freiheit wird vielmehr dann allein erlangt, wenn man der
göttlichen Gnade im Glauben antwortet. Widerstand gegenüber Gottes ausströmender
Liebe bedeutet nicht Freiheit, sondern Gebundenheit, und vollkommene
Freiheit wird nur in der völligen Ubereinstimmung mit dem guten,
angenehmen und vollkommenen Willen Gottes gefunden."

über „Die Kirche und das Wort Gottes" (Kapitel III) ist
nicht volle Übereinstimmung erreicht worden. Manche Punkte
bedürfen weiteren Studiums.

„Verschiedene Kirchen unterscheiden sich im Gebrauch des Wortes
„Kirche". Einige bezeichnen mit diesem Worte nicht nur die sichtbare, erlöste
und erlösende Gemeinschaft, sondern auch die unsichtbare Gemeinde der vollkommen
Erlösten. Nach ihrer Auffassung sei es nur dann richtig zu sagen
„extra ecclesiam nulla salus", wenn das Wort in diesem Sinne angewandt
Werde. Aber die unsichtbare Kirche sei keine im platonischen Sinn ideale Gemeinschaft
, geschieden von der sichtbaren Kirche auf Erden. Die unsichtbare
und die sichtbare Kirche seien untrennbar miteinander verbunden, obwohl ihre
Grenzen sich nicht ganz deckten. Andere meinen, es sei irreführend und nicht
schriftgemäß, das Wort „Kirche" als Bezeichnung für die Gemeinde der
Wahren nur Gott bekannten Christen zu gebrauchen. Von der unsichtbaren
Gemeinschaft als der wahren Kirche zu sprechen, lege den bedenklichen Gedanken
nahe, als brauche die wahre Kirche nicht sichtbar zu sein, und sei die
sichtbare Kirche nicht notwendigerweise die wahre Kirche. Wir geben jedoch
alle zu, daß die Zahl derer, die Gott zur Erneuerung des Lebens und zur
Freude im Heiligen Geist gebracht hat, und die eine persönliche Antwort auf
Gottes vergebende Liebe gegeben haben, Grenzen hat, die dem menschlichen
Auge verborgen und Gott allein bekannt sind.

Verschiedene Kirchen unterscheiden sich auch in der Auffassung dessen,
Worauf Gliedschaft In der Kirche beruht. Die einen meinen, daß alle Getauften
, die nicht durch Wort oder Tat ihr Erbteil zurückgewiesen haben, zur
Kirche gehören und als Angehörige der Kirche anzusehen seien. Andere beschränken
die Zugehörigkeit zur Kirche auf diejenigen, die ein öffentliches Bekenntnis
ihres Glaubens an Christus abgelegt haben und in deren Leben bis zu
einem gewissen Grade der Geist Christi erkennbar Ist."

Auch zum Thema „Die Gemeinschaft der Heiligen"
(Kapitel IV) sind manche Fragen offen geblieben. Und im
Kapitel V („Die Kirche Christi: Amt und Sakramente")
'mißten vollends eine ganze Reihe von Erklärungen, Zusätzen,
Anmerkungen und abweichende Formulierungen der Orthodoxen
, Anglikaner, Baptisten, Altkatholiken und anderer
Kirchengemeinschaften aufgenommen werden, was deutlich
macht, wo die eigentlichen Schwierigkeiten liegen und wo die
spätere Arbeit wird wieder einsetzen müssen.

Kapitel VI („Die Einheit der Kirche im Leben und
Gottesdienst") schließt mit einer Stellungnahme zu dem Plan
zur Bildung eines „Ökumenischen Rates der Kirchen":

„Unsere Konferenz ebensowohl wie die zu Oxford gehaltene Weltkon-
'erenz haben grundsätzlich den Vorschlag gebilligt, daß die Kirchen einen „Rat
der Kirchen" bilden sollten. Einige Glieder der Konferenz wünschen ihren
Einspruch gegen diesen Vorschlag zu Protokoll zu geben; aber wir sind darin
einig, daß, wenn die Kirchen ihn annehmen sollten, der Rat so verfaßt werden
So'lte, daß Sonderart und Wert, wie sie jede der in den beiden Konferenzen
Vertretenen Bewegungen kennzeichnen, erhalten bleiben. Zu diesem Ende ist es
erwünscht, daß zwar die Gestaltung der besonderen Ausschüsse frei gehandhabt
werden sollte, die Kirchen als solche aber sich auf der Grundlage der
Lehre von der Inkarnation begegnen sollten. Der eigentliche Erfolg des Plans
nängt davon ab, daß eine angemessene Vertretung jeder Kirche gesichert
Werde."

Zur Vorgeschichte des „Ökumenischen Rates" gibt „Das
Cdaubensgespräch" wichtiges Material, das allein schon es zu
JJÜiem unentbehrlichen Handwerkszeug für das Studium der
ökumenischen Bewegung macht und ihm einen festen Platz
in der ökumenischen Literatur sichert.

Berlin Kurt Böhme

Neilendam,Michael: Frikirker Og Sekter. Kopenhagen: G. E. C. Gads
Forlag 1948. 326 s. gr. 8°. Kr. 20.—.

Das Buch ist eine besonders umfangreiche, tiefgehende
und objektive Schilderung folgender religiöser Gemeinschaften
: Unitarier, Baptisten, Pfingstbewegung, Methodisten,
Heilsarmee, katholisch-apostolische Gemeinden, Adventisten,
Jehovas Zeugen (Internationaler Verein für Bibelstudium),
die evangelisch-lutherische Freikirche, lutherischer Missionsverein
, die Freimission, die Mormonen und die Quäker. Einige
von diesen sind speziell dänische Gemeinschaften.

Das Buch erscheint hier in dritter Ausgabe, erweitert,
korrigiert und mit einer Reihe von Photos. Als Einleitung
steht eine Abhandlung über Hauptfragen der Symbolik.

Wie gesagt, ist hier eine sehr gründliche Darstellung gegeben
mit Biographien, geschichtlicher Entwicklung der einzelnen
Gemeinschaften und charakteristischen Zitaten aus den
Büchern der Gemeinschaften. Besonders wertvoll ist die
Quellenangabe nebst Literaturverzeichnis, die sehr umfassend
ist. Selbstverständlich sind die dänischen Verhältnisse und die
Verbreitung der Korporationen in Dänemark berücksichtigt,
und es zeigt sich, wie klein die erwähnten Gemeinschaften
sind. Die größte scheint die methodistische zu sein: 3500 Erwachsene
und 5500 Kinder.

Man hätte wünschen können, daß der Verf. nicht nur
mehrere Sekten, z. B. Christian Science, sondern auch die
großen Kirchen, die römische, die orthodoxe und die reformierte
geschildert hätte, aber auch hier gilt: lieber mul-
tum als multa.

Kopenhagen Alfred Th. Jörgensen

LITURGIE WISSENSCHAFT

Kreßel, Hans: Unser Gottesdienst. Eine Einführung in das Wesen und den
Gang des lutherischen Gottesdienstes. München: Verlag der Evang.-Luth.
Kirche in Bayern 1948. 24 s. 8°= Kirchlich-theologische Hefte Im Auftrag
des Rates der Ev.-Luth. Kirche in Deutschland hrsg. v. Ernst Kinder.
H. 5.

Dieses Heft des unermüdlichen Erforschers, Deuters und
Herolds der lutherischen Liturgie enthält eine populäre
Summa der Arbeit Kreßels. Die Schrift ist geladen mit bewährten
Erkenntnissen, übt weder Polemik noch Intoleranz,
paßt gerade so auf allerhand Liturgien, z. B. ganz trefflich
auch auf die Liturgie der Evang. Kirche der Altpreußischen
Union von 1895 (natürlich berührt Kreßel das „Erhebet eure
Herzen" im Predigtgottesdienst — das scandalum liturgicum
— nicht). Die Methode der Schrift Kreßels ist die auf historische
Liturgik gegründete dogmatisch-spekulative. Zugleich
ist das Ganze seelsorgerlich durchwärmt und wird so ein
Exemplum für das Thema „Liturgie und Seelsorge", überall
ist der Jünger Löhes erkennbar. In einer systematischen Einleitung
wird die Thematik des Gottesdienstes auf die Worte
Luthers in der Torgauer Kirchweihpredigt (Gottes Anrede an
die Gemeinde — die Antwort der Gemeinde) gegründet; dann
wird der Gang des Hauptgottesdienstes und der Abendmahls-
feier, der wichtigsten Kasualien, der Nebengottesdienste besprochen
(au der Hand der bayerischen Liturgie).

Daß das Kyrie eleison nicht nur ein Schuldbekenntnis, sondern eine „gemein
menschliche Elendsklage" (v. Zezschwitz) sei, ist gut betont; historisch
gesehen ist es sogar ein Zuruf an den Herrscher, ähnlich dem Königsruf
Hosianna (Dölger, Sol salutis, 2. Aufl. s. 65, 1). — Das Credo (s. 12) hat
Kaiser Heinrich II. dem stadtrömischen Gottesdienst eingebracht, Germanien
hatte das Credo längst in der Messe. Das Apostolicum aber hat die Reformation
In die Hauptliturgie gesetzt. — Was den Segen (s. 15) betrifft, erführe man
gerne, ob Kreßel für die effektive oder für die signifikative Bedeutung ist. —
„Winkelmessen" (s. 17) sind für Luther nicht Abendmahle mit wenig Kommunikanten
, sondern Messen, bei welchen nur der Priester kommuniziert. —
„Das älteste liturgische Stück der Kirche" (s. 18) ist trotz Th. Harnack nicht
das große Dankgebet, sondern das große Fürbittgebet nach der Predigt, wie es
die römische Gemeinde um 95 übte (I. Clemens 59—61). — Daß Kreßel für
Doppellesung und für eine gewisse Variabilität der Liturgie eintritt, ist beachtenswert
.

Wertingen Leonhard Fendt

1. Coppenrath, Albert, Pfarrer: Das Morgen- und Abend-Gebet der

Kirche für alle Tage derWoche. Nach dem neuen lateinischen Psalte-
rium verdeutscht. Münster: Regensberg 1948. 67 s. 16». Kart. DM 1.20.

2. Stricker, Simon, o.s.b.: Der Vatikanische Psalter ins Deutsche

übertragen und neutestamentiieh eingeleitet. Münster: Regensberg 1948.
367 S. kl. 8V Hlw. DM 8.60.

Auch ein erfreuliches Zeichen der Zeit, daß nach und nach
deutsche Bearbeitungen der neuen lateinischen Psalterübcr-
setzung erscheinen können, die im Auftrag von Pius XII.