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Ausgabe:

1949 Nr. 5

Spalte:

292-293

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Schiel, Hubert

Titel/Untertitel:

Johann Michael Sailer; Leben und Persönlichkeit in Selbstzeugnissen, Gesprächen und Erinnerungen der Zeitgenossen 1949

Rezensent:

Fendt, Leonhard

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Theologische Literaturzeitung 1949 Nr. 5

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anderes überfein beobachtet. Der Hellenismus des Lk. ist vielleicht
stärker in Anschlag zu bringen. Die „Geistbitte", älter
als Markion, wird mit „vorpfingstlichen" Kreisen wie den
Ag. 19, 1 ff. geschilderten in Verbindung gebracht. Der ihnen
gewidmete Abschnitt, einer der interessantesten und lehrreichsten
des Buches, macht einleuchtend, daß sie nicht
Johannesjünger, sondern Christen waren. Mit guten Gründen
wendet sich Verf. gegen die Harnacksche Subtraktions-
methode und entwickelt besonnene eigene Grundsätze für die
Erfassung von UrÜberlieferung in verschiedenen Brechungen,
hier bei Mt. und Lk. Ob freilich der Schlüssel „Galiläa und
Jerusalem" alles schließt, ist mir trotz der früheren Arbeit
des Verf.s über diesen Gegenstand nicht so sicher. Aber in
dem Ergebnis, daß ein Gebet, und zwar dies Gebet das
Kennzeichen des christlichen Glaubens nicht nur geschichtlich
geworden, sondern von Jesus dazu gemacht ist, finden
wir uns zusammen. Ein in der Urgemeinde entstandenes Gebet
wäre wohl christologischer ausgefallen. So ist denn das
Vater-unser „nicht nur das vollkommene Gebet, dem keine
andere Religion (,bisher' L.) Vergleichbares an die Seite zu
setzen hat, das darum das Gebet der Christenheit schlechthin
ist, sondern auch das klare und große Zeugnis dessen, was
Jesus geschichtlich gewirkt und verkündet hat".

Leipzig Albrecht Oepke

Metzger, Bruce M., Ph. D.: Lexical Aids for Students of New Testament
Greek. Princeton, N. J. 1946. IX, 110 S. 8«. Kart, * 1.—.

„1000 Worte NT", — so ist man versucht, das sichtlich
aus der Praxis hervorgegangene Hilfsbuch des Assistant Professor
of NT am Princeton Theological Seminary (Steindruck
in Maschinenschrift) anzukündigen. Von den 5594 im griechischen
NT vorkommenden Wörtern werden in einem 1. Teil
diejenigen 1052, die zehn- und mehr mal vorkommen, in Häufigkeitsgruppen
geordnet (über 500, 201—500, . . . 91—100,
. . . 42—45, . . . 32—33, . . . 25, 24 . . . 11, 10), dargeboten —
ohne die Eigennamen. Dabei wurde in 440 Fällen ein (nicht
nur) im Englischen gebräuchliches stamm- und bedeutungsverwandtes
Fremdwort hinzugesetzt, um das Einprägen durch
Assoziation zu erleichtern. Nach Möglichkeit wurden diese
Hilfswörter aus dem Interessenbereich der voraussichtlichen
Benutzer, also aus der theologischen Terminologie entnommen.
Ein 2. Teil gruppiert die Wörter des 1. Teils nach den etymologischen
Wurzeln. Es sind jedoch nur die Wurzeln aufgeführt
, die mit mindestens drei Derivaten im 1. Teil vertreten
sind, im ganzen 97. Zusätzlich sind jeweils diejenigen
stammverwandten Wörter aufgenommen, die fünf- bis neunmal
im NT vorkommen, nämlich rd. 250. Dem Verf. ist es
dabei um eine praktische Hilfe zu tun, welche die Höhen
etymologischer Fachdebatten ebenso vermeidet wie die Niederungen
unwissenschaftlicher Volksetymologien. Uber die Zuordnung
im einzelnen kann man bisweilen anderer Meinung
sein. Eine knappe Wortbildungslehre auf zehn Seiten leitet
den 2. Teil ein. Drei Appendices unterrichten 1. über die indoeuropäische
Spachfamilie mit einer Anwendung der Lautverschiebungsgesetze
auf den Vergleich zwischen Griechisch und
Englisch, 2. über den Gebrauch der Präpositionen in den
Kompositis und 3. über die demonstrativen, fragenden, unbestimmten
und relativen Pronomina und Adverbia (in Tafelform
) .

Man sieht, der Verf. hat die sonst weithin von den verschiedensten
Sprachlehrmethoden bereits verwerteten Erkenntnisse
der Psychologie vom Memorieren und Assoziieren
auf das NT angewendet. Er rät, sich laut (mit richtiger Betonung
!) und immer wieder schreibend einige hundert der
Wörter des 1. Teils, beginnend mit den häufigsten, einzuprägen
und dann die Liste der Wurzeln im 2. Teil durchzuarbeiten.
Man wird ihm gern zustimmen, wenn er durch häufige Literaturverweise
zu einem tieferen Eindringen einlädt; denn eine
sprachliche Bildung, die sich nur auf dieses Handbuch stützte,
müßte unzureichend und oberflächlich bleiben (über die Hälfte
aller Wörter im NT kommt nur ein- bis dreimal vor!). Aber
es müßte doch vielleicht erwogen werden, ob ein solches Hilfsmittel
nicht auch in Deutschland den zahlreichen Theologiestudenten
, die ihr Griechisch nicht auf der Schule gelernt
haben, sehr förderlich sein und ihnen einen rascheren Zugang
zur Lektüre des NT eröffnen könnte, der dann freilich — wohlgemerkt
! — sehr sorgfältig auszubauen wäre. Sicherlich käme
ein solches Büchlein dem Wunsche nach einem Zugang zur
Ursprache des NT sehr entgegen, der neuerdings immer
häufiger aus den Kreisen gebildeter Nichttheologen geäußert
wird.

Druckfehler: S. 100 Z. 13 v. unten lies novs statt novs.
S. 105 Z. 3 v. oben lies and statt ävri.

Heidelberg Heinrich Oreeven

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Schiel, Hubert: Johann Michael Sailer. Leben und Briefe. Dargest.
I. Band: Leben und Persönlichkeit in Selbstzeugnissen, Gesprächen und Erinnerungen
der Zeitgenossen. Regensburg: Gregorius-Verlag 1948. 772 S.,
1 Titelb. u. mehr. Bl. Abb. gr. 8«. Hlw. DM 22.—.

Johann Michael Sailer (1751—1832) sollte schon deshalb
das Interesse auch der evangelischen Theologen erwecken,
weil Johannes Goßner als einer seiner Schüler und Freunde
zu gelten hat. Nimmt man hinzu, daß Lavater, Anna Schlatter
, Savigny, Gräfin Eleonore von Stolberg-Wernigerode u. a.
sich zu Sailers Freunden zählten — und daß Friedrich Nicolai
von Berlin aus Sailers spezieller Feind war, so bekommt die
Sache noch mehr Gewicht. Der Erforscher des Pietismus kann
hier aufschlußreiche katholische Parallelen studieren, der Erforscher
der Aufklärung hat in Sailer und seinem Kreis den
Punkt, an welchem im katholischen Deutschland, speziell im
Katholizismus Süddeutschlands, die Aufklärung überwunden
wurde. Der Geschichtsschreiber der Theologie mag in Sailer
eine modernste Phase vorgebildet finden; er wird auch notieren
, daß Sailer die damals eben erst aus Österreich eingeführte
und fast ganz in die Bahn der Aufklärung abgesprungene
„Pastoraltheologie" der Glaubenstheologie zurückeroberte.
Allen solchen Studien stand aber bisher das Hemmnis entgegen
, daß das Sailer-Material weit auseinanderlag und seine
Sammlung und Sichtung langjährige sachkundige Arbeit verlangte
. In diese Bresche trat Hubert Schiel, der in 15 jähriger
Bemühung um die Saileriana und nach mehreren vorläufigen
Veröffentlichungen zu diesem Thema nun einen Band mit
888 Dokumenten vorlegt, wovon über 300 noch unveröffentlicht
sind, viele andere zwar gedruckt waren, aber an abgelegenen
Stellen. Schiel hatte den ausgezeichneten Gedanken
, einmal (wie man es bei Musikern und Dichtern gerne
tut) die Selbstzeugnisse Sailers, die Erwähnung Sailers in Gesprächen
und Erinnerungen der Zeitgenossen, nach Lebensabschnitten
Sailers geordnet, mit kurzen Einleitungen versehen
, selber sprechen zu lassen, und zwar Freund wie Feind
— so tritt uns in Schieis Buch Sailer und sein Werk ohne die
Deutung des Historikers entgegen (nach welcher doch das
ganze Material laut ruft!). Die Briefe Sailers behielt Schiel
bei der Abfassung des I. Bandes in der Hauptsache einem
II. Bande vor (ein III. Band sollte das Biographische besonders
der Sailerfreunde bringen); nun hat die Bombardierung
Frankfurts am 23. und 24. März 1945 die 2000 Briefabschriften
Schieis vernichtet, dazu viele Hunderte von Kleinfilmaufnahmen
und Abschriften jenes biographischen Materials
. Nur die Tatsache, daß das Manuskript zu einem Briefband
im Umfang des vorliegenden I. Bandes sich schon beim
Verlag in Regensburg befand, ermöglicht nun doch das Erscheinen
des II. Bandes, der aber immerhin eine Auswahl sein
wird. Um so schätzenswerter ist nun dieser I. Band, der uns
nach Schieis maßgeblichem Urteil einen Blick auf den ganzen
Sailer ermöglicht, wie er sich selbst sah, wie seine Zeitgenossen
ihn sahen. (Darum bezog Schiel Nötiges aus den
Briefen schon in diesen I. Band ein.) Das beachtliche, manches
Neue bringende „Quellenverzeichnis" soll der II. Band
erweitern. Die Bemerkungen über Sailer-Bildnisse sind nicht
zu übersehen. Darf man für den II. Band Wünsche vorbringen
, so wäre ein (auch über den I. Band sich erstreckendes)
Personenverzeichnis mit kurzer Biographie eine dankenswerte
Beigabe, ebenso ein Verzeichnis der neueren Sailer-Literatur
in extenso (R. Stölzle, Frz. X. Thalhofer, Th. Specht u. a. m.
bis zu Schieis Veröffentlichungen einschließlich). Ein großes
Lob verdient die festliche Ausstattung des Bandes, die schon
aus der Ferne auf die wirkliche Magnifizenz hinweist, welcher
das Buch gewidmet ist. Auch soll es ja nicht der Forschung
allein dienen, sondern, und das mit Nachdruck, ein ökumenisches
Geschenk an die ausübende Christenheit aller Kirchen
sein — in der Tat wird die praxis pictatis hier die „grüne Aue"
von Ps. 23, 2 finden.

Natürlich wird man nun auch Sailers Schrifttum einbeziehen
, 41 Bände (Gesammelte Werke ed. Jos. Widmer,
Sulzbach 1830—1841); aber erst derjenige, der Sailers persönliche
Wirksamkeit gewürdigt hat, wird Sailers Schrifttum auf
sich wirken lassen können. Und so wird Schieis Buch eine
rechte Einführung in die Schriftwerke Sailers. Denn Sailer
war „der" Professor, großartiger Erzieher und Bildner der
Jugend, besonders der jungen Theologen, durch sein Wort
und Beispiel, immer zugleich Konfessor. Sein Lebensgang ist,
abgesehen vom Greisenalter, der akademische. Nach seinem
Universitätsstudium in Ingolstadt wurde er dort „Repetitor
aus dem philosophischen und theologischen Fach", dam1
„repetitor publicus" (d. i.: a.o. Professor), endlich Ordinarius