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Ausgabe:

1948 Nr. 3

Spalte:

160-162

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Curtius, Franz Michael

Titel/Untertitel:

Altes Reich, Antichrist, Alleuropa 1948

Rezensent:

Köhler, Hans

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159

Theologische Literaturzeitung 1948 Nr. 3

160

TOTEUIM zu lesen ist, was dann wohl mit dem Namen der
vorhergehenden Zeile zu 'Äßaaxdvxov [. . .]to» (Vatersname)
cTtifielrirevovros zu ergänzen wäre. Auch scheinen nach der
Abbildung auf der linken Oberleiste des Ziergiebels noch
Schriftreste vorhanden zu sein, wenigstens ein ö tritt deutlich
hervor, so daß wir auch hier wie auf entsprechenden anderen
Stücken mit ['Ay>d]ü-[fj rvxvl zu rechnen haben werden. Auf
der Grabinschrift Nr. 88, Z. 17 liest D. in der Strafbestimmung
für Mißbrauch des Grabes tü> Xc^utxdxm ra/icico, während in
der Abbildung (Taf. 35, 88) deutlich nur r« 'uqw rafieica zu
lesen ist. In den Erläuterungen zur Grabschrift des Glykon

(Nr. I2l), der als avva>vaQ/_iqaas Xeyißoi d xal ß' SidSoii [ijri

tovs] Hepoas bezeichnet wird, also mit der Verpflegung dieser
zum Perserkrieg durchmarschierenden Legionen zu tun gehabt
hatte, denkt D. wohl mit Dessau 8879 au die legio I et II
Parthica; doch hatte schon Ritterling R E XII 1399. Berichtig
gesehen, daß es sich dabei um die legio I et II adiu-
trix gehandelt haben muß, und zwar beim Perserkrieg entweder
des Severus Alexander oder Gordians III.

Im ganzen ist Dörners Publikation eine sehr schöne
Leistung, die ihn als einen tüchtigen Praktiker im Felde zeigt
und als einen gründlichen Epigraphiker und Archäologen mit
umfassenden Kenntnissen erweist.

Würzburg Wilhelm Enßlin

LITURGIE WISSENSCHAFT

Lindquist, David: Hovförsamlingens liturgiska tradltion 1614—1693.

(Die liturgische Tradition der Hofgemeinde 1614—1693.) Lund: C.W. K.

Gleerup 1944; Leipzig: Harrassowitz [1944]. 52 S. gr. 8'= Lunds Universi-

tets Arsskrift. N. F. l.Abt. Bd. 41. Nr. 1. Kr. 3.—.

Die königliche Hofgemeinde in Stockholm wich im
17. Jahrhundert (dem Jahrhundert auch des Dreißigjährigen
Krieges) sowohl durch eine beachtliche Lässigkeit im kirchlichen
Aufbau (die Hofgemeinde war nicht einmal abgegrenzt)
als auch durch auffallende liturgische Einzelheiten von den
übrigen Stockholmer Gemeinden und dem lutherischen Typus
Schwedens ab: die Hofgemeinde besaß keine Meßgewänder
für die Abendmahlsfeier (was in den anderen Gemeinden unmöglich
gewesen wäre), keine Abendmahlskelche, keinen
Altarschmuck, hatte keine Feier der 3. Tage der Hochfeste,
machte ein in Stockholm beliebtes Marienfest nicht mit, übte
keinen Exorzismus bei der Taufe, gebrauchte anfangs kein
Kyrie und Gloria, sang das Credo nach der Predigt (und zwar
nach den Abkündigungen), duldete die Privatkommunion der
Hofleute auf ihren Zimmern. Während in Deutschland ähnliche
Entwicklungen dem Bedürfnis nach Vereinfachung, dem
allmählichen Un- und Mißverständnis, gelegentlich auch
höfischem Sonderleben zugeschrieben werden, führt die
schwedische Forschung sie für Schweden auf reformierte Einflüsse
zurück; das tat schon damals die lutherische Bevölkerung
Stockholms, und das tut nun auch Lindquist.

Lindquist beruft sich auf die reformierten Neigungen Karls IX., die in
der „Christlichen Ordnung von 1602" und dem „Kirchenhandbuch" von 1614
zutage träten und ihre Folgen für das ganze 17. Jahrhundert gehabt hätten;
auf das Urteil Brilioths, der die Abendmahlsliturgie der „Christlichen Ordnung
" als ein Kompromiß zwischen reformierter und lutherischer Ordnung ansieht
; auf das Ansehen der Stockholmer und Göteborger deutschen Gemeinden
bei Hofe (aber waren sie reformiert ?); auf den Einfluß von Johannes Matthiae,
der 1635—1643 Hofprediger war und (nach Holmqulst) den „reformierten
Pietismus" vertrat. Hier rächt es sich aber, daß immer noch keine eingehende
Untersuchung des Kampfes der Reformierten gegen die lutherische Liturgie
vorliegt, eine Untersuchung, die Hans Lietzmann als vordringlich ansah; bis
dahin bleibt es bei Einzelbeobachtungen und Hypothesen, die aber, wie Lind-
quists Aufstellungen, Material für jene Untersuchung sein werden. — Im
übrigen glich sich bis 1693 der schwedische Hof immer mehr dem lutherischen
Brauch der Stockholmer Gemeinden an (1664 Einführung des sog. kleinen
Exorgismus bei der Taufe, aber nicht des „großen" und nicht des Kreuzzeichens
, allmählich Stiftung von Meßgewändern, Kelchen, Altarschmuck;
Credo vor der Predigt usw.). Der Grund für diese Angleichung war nach Lindquist
die Stärkung der Orthodoxie im späteren 17. Jahrhundert.

Wertingen Leonhard Fendt

Altmann, Ulrich: Hilfsbuch zur Geschichte des christlichen Kultus

H. I: Zum altkirchlichen Kultu». Berlin: Topelmann 1941. VI, 92 S. 8«.

RM 3.—.

Altmann, dem wir mehrere feine Liturgiesammlungen,
vor allem aber eine kenntnisreiche und stets maßvolle laufende
Berichterstattung über Liturgica im „Evgl. Kirchenbl. f.
Schlesien" verdanken, legt hier deutsche Übersetzungen der
ältesten gottesdienstlichen Zeugnisse, im wesentlichen lückenlos
, vor. Die Reihe beginnt mit 1. Clem. 59—61 und Plinius,
führt über Didache, Justin, Tertullian, Kyrill, Apost. Konstitutionen
, Hippolyt, und endet mit Serapion. Einzelne Einwendungen
: Ich halte an Ägypten als Abfassungsort der
Didache fest trotz des „Weizens auf dem Berge", der übrigens
auch bei Serapion vorkommt, weil ich mir anders die besondere
Geltung der Didache in Ägypten nicht erklären kann;
Altmann S. 3: „Heimat vermutlich Syrien". Zu S. 19: Daß
Tertullian unter dem Passahtage den Auferstehungstag, besser
seine Vigil, verstellt und nicht den Karfreitag, dürfte nach
Casels Untersuchungen, Jhrb: f. Liturgiewissenschaft Bd. XIV,
nicht mehr strittig sein. Zu S. 49: Um leicht möglicher Mißverständnisse
willen dürfte es sich empfehlen, Buch 8 der Ap.
Konst. nicht als „die clementin. Liturgie", sondern als die
„sogenannte cl. Lit." zu bezeichnen; ein Hilfsbuch ist für die
Neulinge! Ebenda: Der Eingang von Kap. 5 ist ungenau übersetzt
; es ist das ri-xai bei Episteln und Acta nicht beachtet,
wodurch ein fünfgliedriges Lesungsschema Gesetz-Propheten-
Briefe-Acta-Evang. entsteht, anstatt des richtigen vierglied-
rigen Gesetz-Propheten-Briefe bzw. Acta-Evangelien. — Die
Fortsetzung dieses Hilfsbuches ist dringend erwünscht. Sollte
sie nun nicht gleich bei der Reformationszeit einsetzen, sondern
dankenswerterweise ein Heft dem dazwischen liegenden Jahrtausend
einräumen, so darf man — bei der allgemeinen profunden
Unkenntnis über diese Zeit auf unserer Seite — darauf
besonders gespannt sein.

Hannover-Bothfeld Gerh. Kunze

RELIGIONSPHILOSOPHIE

Curtius, Franz Michael: Altes Reich, Antichrist, Alleuropa, unpolitische
Gedanken zur geschichtlichen Lage. Karlsruhe: Badenia-Verlag 1946.
62 S. kl. 8«. RM 1.—.

Die Schrift trägt den Untertitel „Unpolitische Gedanken
zur geschichtlichen Lage". Der Verf. verfolgt dabei die Absicht
, das Problem der gegenwärtigen geschichtlichen Gestaltung
von einer Sicht der abendländischen Geschichte her
anzupacken. Sein Ausgangspunkt ist dabei das Heilige
Römische Reich deutscher Nation. Er sieht in diesem die
Synthese zwischen Antike und Christentum. Eine Bedrohung
dieses Reichsgedankens deutet er unter dem Bild des Antichrist
. Er bemüht sich, nachzuweisen, daß die Idee des
Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation trotz aller antichristlichen
Strömungen ihre Aktualität auch heute noch
nicht verloren habe. Den Begriff Alleuropa erörtert er nicht
näher. Die Schrift legt aber den Gedanken sehr nahe, daß ein
Alleuropa auf diesem Fundament errichtet werden sollte, von
dem er sich eine Uberwindung der gegenwärtigen Krise verspricht
. Bedeutsam ist dabei, daß er den Alleuropa-Gedanken
nicht als eine rein politische Größe ansehen will, sondern daß
er von einer Gesamtschau des europäischen Lebens ausgehen
will. Von daher führt der Verf. nun den Leser durch die abendländische
Geschichte hindurch. Er vermittelt dabei eine ganze
Anzahl reizvoller Einzelsichten, die zu einem guten Teil auf
der Geschichtsdeutung Jakob Burkhardts aufgebaut sind. Er
sieht im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation eine
Größe, die aus Altertum, Christentum und Deutschtum erwachsen
ist. Er betont immer wieder die Kontinuität zwischen
antikem und mittelalterlichem Geist. Er findet sie in allen
Lebensbeziehungen, die im Mittelalter wirksam werden. Als
gegen diesen Geist gerichtet bewertet er sowohl Luthers Haltung
wie den Partikularismus der deutschen Fürsten im Mittelalter
und Neuzeit, die Bestrebungen der preußischen Könige
wie die staatliche Gestaltung des Bismarckreiches. Auch
Napoleon wird letztlich als Gegner dieser Haltung betrachtet,
wenn er auch anderseits sagt, daß Napoleon doch wiederum
an diese mittelalterliche Idee angeknüpft habe. In der Politik
der beiden Habsburger Maria Theresia und Joseph II. habe
diese mittelalterliche Reichsidee noch einmal eine letzte große
Repräsentation gefunden. In Hitlers Machtwahn sieht er eine
letzte gefährliche Verkörperung der antichristlichen, antideutschen
und antieuropäischen Kräfte. Er meint, durch alle
diese Wirrnisse hindurch habe sich aber die Idee des Heilige»
Römischen Reiches als noch immer lebendig erwiesen und
bietet diese Idee unserer heutigen Welt als Hilfe in ihren
Nöten auf allen Lebensgcbieten an. Auffällig ist in der Schill«
die häufige Zitierung der Romantiker. Ich kann mich des
Eindrucks nicht erwehren, daß die ganze Schrift sehr stark
vom romantischen Geist her bestimmt ist. Von dieser Erkenntnis
aus muß ich nun auch kritische Einwendungen gegp11
die Schrift erheben. Einmal dieses: Die Schrift übersieht völlig'
daß die Synthese zwischen Christentum und antikem Geist