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Ausgabe:

1948

Spalte:

157-159

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Dörner, Friedrich Karl

Titel/Untertitel:

Inschriften und Denkmäler aus Bithynien 1948

Rezensent:

Ensslin, Wilhelm

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157 Theologische Literaturzeitung 1948 Nr. 3_____

erscheint die volle Gnadenlehre in der Schrift De diversis
quaestionibus ad Simplicianum (396 oder 397), die volle Erb-
sündenlehre in der Schrift De continentia (um 395). — Auf
(he dritte Frage antwortet Anrup: Cyprian, Hieronymus, Ambrosius
scheinen auf die Ausbildung der augustinischen Erb-
siindenlehre Einfluß gehabt zu haben, dazu entscheidend der
Kni-, doch nicht der Ambrosiaster, geschweige denn griechische
Kirchenväter (obgleich sich Augustin selbst auf solche
beruft), auch nicht Augustins ehemaliger Manichäismus oder
Augustins psychologische Artung.

Die Antwort Anrups auf die zweite Frage richtet sich
gegen Espenberger, Donati, Mausbach, Salguciro, die der Aussage
Augustins in Contra Julianum (421) Glauben schenken, daß
er seit seiner Bekehrung immer dieselbe Ansicht über die Erbsünde
gehabt habe; diese Aussage beruht aber auf Selbsttäuschung
. Die Antwort Anrups auf die erste Frage enthält
o'gende Einzelbeobachtungen: die Konkupiszenz ist nach
Augustin noch nicht Sünde, aber Mutter der Sünde (doch weil
concupiscentia eben concupiscentia peccati ist, nennt
•ugustiu die concupiscentia oft auch schon peccatum). Nicht
~e concupiscentia belastet den Ungetauften mit Schuld
>?egen Ljungren, R. Seeberg), sondern die concupiscentia ist
<ne Folge der Schuld und wird mit der Schuld auf den Men-
■ clien vererbt, und allerdings ist es die concupiscentia, durch
welche die Erbschuld übertragen wird (gegen de Blic, Wilhams
, Philips, Tixeront, Jäntsch, welche Erbsünde und concupiscentia
identifizieren —, während Portalie, Donan, Merlin
gegen diese Identifizierung sind). Augustin ist aber nach
ruP keineswegs damnator nuptiarum, der eheliche Um-
ER? zum Zwecke der Kindererzeugung ist ihm keine Sünde,
«Wt dieser Zweck, so konstatiert Augustin eine läßliche Sünde
(Weil er 1. Cor. 7, 4 statt „indulgentiam" ein „veniam" las),
wenn Mausbach, Altaner, Sven Silen die Erbschuld im Mangel
22«göttlichen Lebens beim Ungetauften sehen, so hat Anrup
u nv Augustin keine Stütze gefunden; der Mangel des
KOttlichen Lebens gehört bei Augustin in die Korruption hinein,
weiche die Folge der Erbschuld, aber nicht selbst die Erb-
tr * 'St' Der Gedanke von Adam als dem juristischen Ver-
j^61- des ganzen folgenden Menschengeschlechts findet sich
de • Augustin (gegen die Orthodoxie), sondern auf Grund
nb- st'mmalis natura kommt die Erbschuld auf alle (womit
•st5r nicht Brunners „physiologische Kcimanlage" gemeint
I ;• Die Antwort Anrups auf die dritte Frage betont, daß
ein"aCrS' ^yPr'an UI'd Ambrosius etwas von der Erbsünde als
/ ,cr Erbsehuld wissen, aber nicht Basilius, Chrysostomus
jggKen Haidaclier), Gregor v. Nazianz. Von der plebeia faex
iuifriorum llat Augustin die Erbsündenlehre nicht (gegen
< »rü 1 V' E^31111111). er hat sie auch nicht aus psychologischen
ih " 'Ke8en B- Legewie), nicht aus mönchischen (Gründen
ant^cr Positiv und ohne Umschweife auf die dritte Frage zu
eine H ' ist nac1' Anrup unmöglich; doch spielt der Rm.
Peer uPtro"e, und darin 5, 12, wo Augustin „in quo omnes
ocQi fiCnUlt" auf Adam bezog (aber nicht vom Ambrosiaster
ntlußt — gegen Buonaiuti, mit Leeming).
jj gesichts der von Anrup gezeichneten Sachlage dürfte
Af .Jypothcse gewagt werden, daß Augustin tatsächlich das in
niei 1 lUnc* wonl auc» überhaupt im Westen) lebendige Ge-
nip "debewußtsein zur Theologie erhoben hat. Dieses Ge-
Tat;wußtsein nahm etwa seinen Ausgangspunkt bei der
PonuM ^^Exotriamea in der Taufliturgie, welche Tatsache
siert ^en Rrö^ten Eindruck hervorrief. Ursprünglich exorzi-
Tauf°'«r"1 ^1hU'^ie besessenen, dann alleausdemHeidentum zur
Derv Ulnu'nden — und lex orandi statuit legem credendi.

Y°rwurf Julians v- Eklanum (vgl. Contra Julianum II, X,
der ^i^'"-1-"1 lla1je sich mit der Erbsündenlehre dem Haufen
Gern ^r'' P'eDe'a laece beigesellt, spricht für ein solches
j-jj eindebewußtsein, das wir dann auch bei Ambrosius und
The ^nvmu.s voraussetzen dürfen. Augustin wäre dann der
erkli 6 ^'CHes Gemeindebewußtseins, und so könnte man es
Sehrt??1' Augustin später, rückblickend, über alle seine
der R 1 ..nmwt'K. sich stets dieses Gemeindebewußtseins von
sehe, .unde teilhaftig wußte — das er nur fälschlich auch
••SS/ * seiner Theologie dieses Gemeindebewußtseins gleich-
ef „ (vgi- quod catholica fides credit antiquitus; De nupt.
et conc. Ii, 25).

Wertingen Leonhard Fendt

D^rner> rrJr- Karl: Inschriften und Denkmäler aus Bithynien. Berlin:

h , aol. '"st. d. Dt. Reiches 1941. 127 S. m. Abb., 47 Taf., 1 Fl. 4« - Istan-

°"ler Forschen. 14. [<M 20.—.
Aufi/'i ^' Börner hatte 1939 Gelegenheit, im Anschluß an die
(Nikrf I .eillcr Anzahl beim Bau einer Papierfabrik in Izmit
"toniedeta) aufgefundenen Inschriften einige Bezirke nördlich
von Izmit und das Städtchen Kandira zu besuchen und
dabei festzustellen, daß die seither von der Altertumsforschung
recht stiefmütterlich behandelte bithynische Halbinsel doch
ergiebiger an Funden ist, als das nach früheren Mitteilungen
angenommen wurde. Daß D. die Ergebnisse seiner Forschung
zusammen mit den neuen Funden von Izmit, dazu eine In-
schriftengruppe von Ihsaniye, jetzt im Antikenmuseum in
Istanbul, zusammen mit neuen Inschriften aus dem Museum
von Bursa und von ihm aufgenommenen Grabreliefs aus
Tiriliye (westlich von Mudanya) so rasch veröffentlicht hat,
verdient besonderen Dank.

Nach einer kurzen Beschreibung der von ihm besuchten
bithynischen Landschaft und des Zustands der Ruinen, deren
Zahl immerhin schon jetzt das Urteil zuläßt, daß die bithynische
Halbinsel stets ein wichtiger Siedlungsraum war, gibt
D. in der Einleitung einen Uberblick über die von ihm festgestellten
Bestattungsformen. Er fand ein Kuppelgrab, das
noch der weiteren Ausgrabung und Auswertung harrt, und
beschreibt ein völlig abgetragenes Kammergrab, dessen Baumaterialien
jetzt zum Wassergang einer Mühle verbaut sind,
auch stieß er 8 km nördlich von Nikomedeia auf Tumuli.
Von einem unter der Erdoberfläche in den Boden hineingearbeiteten
Felsengrab gibt D. einen Plan und Beschreibung
der Beigaben. Ausführlich werden die zahlreichen Sarkophage
behandelt. Die in Situ gefundenen stehen alle auf einem
künstlichen Unterbau, der inschriftlich als pmfxdi bezeichnet
wird. Von einer Begräbnisstätte von Nikomedeia, die später
bei einer Stadterweiterung, wahrscheinlich unter Diokletian
in den Mauerring einbezogen, nachher aber in christlicher
Zeit doch wieder als Friedhof benutzt wurde, stammt eine gut
erhaltene Ostotheke. Weiterhin beschreibt dann D. die Funde,
welche auf antike Siedlungsstätten schließen lassen. Ein besonderer
Abschnitt ist der römischenBrücke über denTasköprü
gewidmet, auf deren Lage D. mit guten Gründen eine Angabe
der Tabula Peutingeriana bezieht. In den Bemerkungen zu
einigen Kult- und Weihinschriften konnte D. die bisherige
Uberlieferung von Priapos oder Priepos in Bithynien berichtigen
; denn neben vier Altarinschriften, die dem 9»M TTpetirm
gewidmet sind, wird auch zweimal der Monatsname rT^eUxetot
oder Uqtttr]oi erwähnt. Dieser Gott Preietos muß nach den
Reliefbildern auf zweien der Altäre, die eine Kriegergestalt
mit dem Speer zeigen, ein Kriegsgott neben und vor Ares gewesen
sein, wie denn auch im bithynischen Kalender als
neunter Monat Preieteios vor dem folgenden Areios stellt.
Zur Kenntnis der Ausbreitung des Sabazioskultes tragen zwei
Inschriften aus der Zeit des Trajan und des Hadrian bei.
Stelen von Ihsaniye geben Spendenverzeichnisse einer nicht
näher zu kennzeichnenden Vereinigung, die vielleicht nach
der Stiftung eines Chrestos für rfj 9i& xai ro, SM/ttt] (Nr. 31,
Z. 5) den Kult der MrjTi;Q pflegte. Neben Einzelspendern
treten dabei offenbar auch ländliche Siedlungen auf. Endlich
wird der Meilenstein aus Gebze (Dakibyza) mit der Entfernungsangabe
a Nicomedia ad fines XXXI für die
Abgrenzung des Stadtgebiets von Nikomedeia nach Chalkedon
hin ausgewertet.

Aus dem zweiten Kapitel, das den antiken Denkmälern
aus Nikomedeia und seiner Umgebung gilt, sei hier nur der
überlebensgroße Kaiserkopf mit einem Eichenkranz erwähnt,
den D. als ein Bild des Diokletian deutet. Von den in den
nächsten Abschnitten behandelten rund 120 Inschriften, die
mit einer Ausnahme (Nr. in) der Kaiserzeit angehören, sind
nur fünf, höchstens sieben christliche Inschriften. Eine nennt
den Abt Zosimos des Klosters der Reinen (Nr. 129); ine? röxfji

xai auttr^iias '/lUioifiov fjynvfievov ftcovijj tiöv xaflapa (sie), eines

Klosters also, dessen letzte Spuren erst vor wenigen Jahren
vom Boden verschwunden sein sollen nach R. P. B.
Menthon, L'Olympe de Bithynie, 1935, S. 190, und das auf
den südöstlichen Abhängen des Olympos in etwas über 1000 m
Höhe lag. Bedauerlich ist, daß von einem Brief des Kaisers
Hadrian an die Nikomedier nur einige nichtssagende Worte
erhalten sind (N. 23). Außer den schon erwähnten Weihungen
sei noch auf ein neues Beispiel für Hadrian als J11 2Wjj<«
'OlvfiTtirii (Nr. 38) hingewiesen und auf eines für Zeus Hyp-
systos, eine Weihung auf Grund eines Traumes (Nr. 37). Eine
Ehreninschrift für Diokletian setzte Iul(ius) Antonius v(ir)
p(erfectissimus) rat(ionali.i) (vgl. A. Stein, REX 163, nr. 71),
und zwar subactori domüorique gentium d(omino) n(ostro)
C. Aur. Val. IHocletiano (Nr. 48); sollte übrigens nicht doch
der Block rechts abgebrochen sein und dort ein dem linken
entsprechender Rand angenommen werden müssen? Dann
könnte vielleicht das erhaltene B links in einem F rechts eine
Entsprechung gehabt haben und mit Bona Fortuna aufgelöst
werden (vgl. Nr. 49). Bei Nr. 30 ist in der Transskription versehentlich
die vierte Zeile ausgefallen, die auf Tafel 19, 30 mit