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Ausgabe:

1948 Nr. 3

Spalte:

151-155

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Ringgren, Helmer

Titel/Untertitel:

Word and wisdom 1948

Rezensent:

Eissfeldt, Otto

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Theologische Literaturzeitung 1948 Nr. 3

152

So muß Ez 7,7.10 contritio in contractio nach d avatolrj (cod. 86) geändert
werden, Is 49,10 potabit (ad fontes aquarum p. eos) in portabit, (a
Siaßaord&ir), 40, 2 malitia in militia (a otQatid) (cod. Amiatinus liest
Js49, 10 richtig portabit, Ez 7, 7. 10 ein aus contractio verderbtes con-
fractio).

Aus Z.'s inhaltsreicher Arbeit ersehen wir mit aller Deutlichkeit
, wie wichtig, und zwar nach verschiedenen Richtungen
hin, — ich denke hierbei u. a. an die schon oben erwähnte
Feststellung des lateinischen Sprachgebrauchs zu Hier.s Zeit —
die genaue systematische Berücksichtigung der jüngeren
griechischen Ubersetzungen für das Werk des Hier. ist. Aber

auch für die hebräische Textkritik dürfte die eingehende Beschäftigung
mit Vulg. und a' a' &' nützlich sein, werden wir
doch durch die Bestätigung des masoretischen Textes an manchen
Stellen davor gewarnt, voreilig Konjekturen vorzunehmen
. Und auch die LXX selbst zieht daraus Gewinn, da
ihre Eigenart gerade durch den Gegensatz vielfach klarer zutage
tritt.

Wir sind Z. herzlich dafür dankbar, daß er die schwierige,
aber schöne Aufgabe mit gutem Erfolge übernommen hat, bedauern
nur, daß er sich infolge der Ungunst der Zeiten manchmal
kürzer als erwünscht fassen mußte.

ALTES TESTAMENT

Haldar, Alfred: Associations of Cult Prophets among the Ancient

Semites. Uppsala: Almqvist & Wikseils Boktryckeri AB 1945. XII, 249 S.
gr. 8».

Ringgretl, Helmer: Word andWisdom. Studies in the Hypostatization of
Divine Qualities and Functions in the Ancient Near East. Lund: Hakan
Ohlssons Boktryckeri 1947. 233 S. gr. 8».

Diese beiden Bücher, deren Besitz ich der Güte befreundeter
britischer Fachgenossen verdanke, dürfen zusammen gewürdigt
werden. Denn beide Verfasser haben ihre Vorbildung
und die für die vorliegenden Arbeiten entscheidenden Anstöße
vorab von Lehrern der Universität Uppsala erhalten,
von ihrem Professor für Vergleichende Religionsgeschichte und
Assyriologie Geo Widengren, von ihrem Professor für Se-
mitistik und Iranistik H. S. Nyberg, von ihrem Alttesta-
mentler Sven Linder und — jedenfalls Ringgren, der über
die Religion der alten Semiten hinaus auch die der alten
Ägypter berücksichtigt — ihrem Dozenten für Ägyptologie
Torgny Säve-Söderbergh, und aus solch guter Schule
die Befähigung mitgebracht, die von ihnen herangezogenen
Texte selbständig in ihren mannigfachen Ursprachen verwenden
zu können. Weiter haben beide Bücher — ebenfalls
wohl durch die Herkunft ihrer Verfasser aus der gleichen
Schule bedingt — das miteinander gemein, daß sie mehr
phänomenologischer als historischer Art sind und gelegentlich
gar eine gewisse Zurückhaltung oder gar Ablehnung gegenüber
literar- und historisch-kritischer Fragestellung erkennen
lassen, vor allem bei der Behandlung des Alten Testaments,
das bei beiden Büchern im Mittelpunkt steht. Dabei liegt
beiden Verfassern der Gedanke, den im Alten Testament zu
beobachtenden Tatsachen eine Sonderstellung einräumen zu
wollen, ganz fern. Eher trifft das Gegenteil zu, indem beide
Bücher um den Nachweis bemüht sind, daß allen regional bedingten
Verschiedenheiten im einzelnen zum Trotz die hier
behandelten Phänomene bei den Völkern des Alten Orients
weithin gleichartig sind und daß sich insbesondere die des
Alten Testaments von denen in ihrer Umgebung nicht wesentlich
unterscheiden.

Haldar will die vonS. Mowinckel (Psalmenstudien III:
Kultprophetie und Prophetische Psalmen, 1923), von A. R.
Johnson (The Cultic Prophet in Ancient Israel, 1944) und
von anderen vertretene These, daß die Propheten des Alten
Testaments zum Kultpersonal gehörige Genossenschaften gebildet
hätten, breiter, als es bisher geschehen ist, unterbauen
und zeigt zu dem Zweck zunächst den hier aus dem Alten Meso-
otamien, also aus Sumer, Akkad und Assur (S. 1—73), dann
en unter Absehung vom Alten Testament aus dem westsemitischen
Bereich, also bei den Aramäern, Moabitern,
Kanaanäern und Phöniziern (S. 74—89), in Betracht kommenden
Tatbestand auf. Darauf folgt die Behandlung der Priester-
und Propheten-Genossenschaften im Alten Testament (S. 90
—160), und den Abschluß bildet eine Ubersicht über die in
der arabischen Literatur erhaltenen Belege für vorislamische
Priester- und Propheten-Organisationen (S. 161—198), wobei,
ohne daß deutlich würde, warum, das antike Südarabien freilich
unberücksichtigt bleibt. Zwölf Additional Notes (S. 202
—213) fuhren einzelne im Hauptteil berührte Punkte etwas
weiter aus oder tragen Literatur zu ihnen nach, und den Abschluß
bilden Indices, Literaturverzeichnis und eine Liste der
Addenda und Corrigenda (S. 214—249).

Am spärlichsten ist das zur Verfügung stehende Material
einerseits für das außeralttestamentliche westsemitische Gebiet
, anderseits für das arabische. Hier darf sich daher diese
Anzeige auf die Mitteilung beschränken, daß Haldar die aus
diesen Bereichen für seine Frage in Betracht kommenden Angaben
gesammelt und ihnen mancherlei Stützen für seine These
entnommen, gelegentlich seine Beweisführung aber auch auf
sehr unsicherer Grundlage aufgebaut hat. Insbesondere gilt das

letztere von seiner Behandlung der aus den Ras-Schamra-
Texten angezogenen Stellen, die weithin mehrdeutig sind oder
gar — wie die S. 81 verwerteten Zeilen aus dem Keret-Text
(I K, 85ff.) — bestimmt nicht in dem von Haldar vertretenen
Sinn verstanden werden dürfen. Was das Altarabische angeht,
so wird man bezweifeln dürfen, ob es Haldar gelungen ist,
liier das Vorhandensein der Einrichtung und der Ideologie des
sakralen Königtums aufzuzeigen, wie es für Mesopotamien
charakteristisch ist. Weiter ist Haldar trotz der S. 190 von
ihm selbst errichteten Warnungstafel in seinem Bemühen, auch
für Altarabien nur fiktiv in das Gewand von Blutsgemeinschaften
gekleidete Genossenschaften von Priestern und Propheten
nachzuweisen, der Gefahr der Überschätzung des
Wertes der für dies Gebiet vorliegenden Nachrichten über wirkliche
Priesterfamilien nicht ganz entgangen.

Das dem Alten Mesopotamien gewidmete 1. Kapitel untersucht zunächst
die für die Omina-Deuter gebräuchlichen Termini bärü, sä'ilu und mbrü, mit
dem Ergebnis, daß die beiden letzteren nicht besondere Berufsklassen, sondern
nur besondere Betätigungen der Omina-Deutung bezeichnen, also auch den
bärü im Auge haben. Dann wird mahhü erörtert, als Bezeichnung eines visionär
veranlagten Ekstatikers erklärt und als Beweis gegen Hölschers These ins
Feld geführt, daß der babylonisch-assyrischen Religion ekstatische Phänomene
fremd gewesen seien. Nach kurzer Würdigung der für die Wahrsager des öfteren
gebrauchten Bezeichnung „Mann" oder „Bote Gottes" wendet sich nunmehr
die Untersuchung den kultischen Organisationen der Wahrsager und Ihrer
Leitung zu. Diese stellt dem König zu, und Haldar benutzt die Gelegenheit,
darauf hinzuweisen, daß Ähnliches überall im Alten Orient zu beobachten ist:
„Der König wirkt als Leiter sowohl der bärü- als auch der mahhü-Korpora-
tionen, und dies entspricht den Verhältnissen bei den Westseniiten und im
Alten Testament, wo, wie wir sehen werden, derselbe Würdenträger beide,
die 'Priester' und die 'Hirten' (Ras Schamra) oder die 'Priester' und die 'Propheten
' (Altes Testament) leitet" (S. 52). Weiter wird dargelegt, wann die
Wahrsager-Kultgenossenschaften als solche auftreten, was namentlich bei
Festen, vorab dem Neujahrsfest der Fall ist, und wie bei diesem ihren Auftreten
sakraler Tanz eine Rolle spielt. Schließlich wird die soziale und politische
Bedeutung dieser Genossenschaften gewürdigt sowie ihr Anteil an kriegerischen
Unternehmungen, zu deren Gelingen sie oft wesentlich beitragen, und
an Thronstreitigkeiten, bei denen sie ebenfalls gar nicht selten den Ausschlag
geben. ■—■ Bei der Art der für das 1. Kapitel zur Verfügung stehenden Quellen
ist es selbstverständlich, daß die Beweisführung weithin von grammatikalisch-
lexikalischer Deutung bestimmter Begriffe abhängig ist und mit ihr steht und
fällt. Uber viele der hier auftauchenden Einzclfragen wird nur der ein zureichendes
Urteil abgeben können, der sich mit ihnen ebenso eingehend beschäftigt
hat wie der Verfasser. Aber auch der den Dingen Fernerstehende
wird doch dies sagen dürfen, daß — von den auch hier vorkommenden Fällen
offenbar gewaltsamer Erklärung eines Textes abgesehen — Im 1. Kapitel
manch neue Erkenntnis gewonnen und ein dem historischen Tatbestand entsprechendes
Gesamtbild gezeichnet ist.

Das den Priestern und Propheten des Alten Testaments geltende 3. Kapitel
ist ganz ähnlich aufgebaut wie das die hierher gehörenden Phänomene
aus dem Alten Mesopotamien behandelnde 1. Kapitel. Auf die Erörterung der
Bedeutung von lcöh"iüm, Vvijjtm, n'bVim und der Begriffe „Mann Gottes"
und „Bote Gottes" folgen Darlegungen über die Organisationen der so benannten
Kultdiener und ihre Leistung im öffentlichen Leben. Was die Leviten
angeht, so tritt der Verf. der Auffassung, es handle sich bei Ihnen um Reste
eines älteren Stammes, nachdrücklich entgegen und hält es für ausgemacht,
daß lexm von Haus aus eine Dienstbezeichnung ist, einerlei, welche kultische
Funktion ursprünglich damit gemeint sei. Wahrscheinlich bezeichnet der Begriff
lewi eine 'dem Gott geweihte' Person, d. h. einen Priester oder Propheten.
Daher bedeutet das im Deuteronomium häufige hu-köh"ntm }ui-l<'wijjim 'die
Priester, die geweihten' (S. 98). Von Opfern begleitete Wahrsagungs-Riten —
das ist ein Hauptbetätigungsfeld der Leviten und Priester, bezeichnet durch
Termini wie bitj(ßr (2. Reg 16, 15! S. 102), Jläzoh, säpüh und rä'äh .MW"
„Priester" einerseits und hözät h, söp<üh,rö''üeh „Schauer", „Späher", „Seher
anderseits schließen sich also gegenseitig nicht aus, sondern beziehen sich au'
dieselbe Gruppe von Kultfunktionären. Ein Typus für sie Ist Samuel, der,
wie gegen Hölscher betont wird, Priester und Seher zugleich ist (S. 103)-
Von hier aus wird dann, Im Anschluß an Vorgänger, für Jes21, 1—10 ein«
neu- und eigenartige Deutung gefunden: Der König (die Anrede „mein Herr

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