Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1948

Spalte:

145-152

Autor/Hrsg.:

Johannessohn, Martin

Titel/Untertitel:

Hieronymus und die jüngeren griechischen Übersetzungen des Alten Testaments 1948

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3, Seite 4

Download Scan:

PDF

146

145 Theologische Literaturzeitung 1948 Nr- 3______-

bei diesen kommenden Notbauten dürfen wir nicht meinen,
auf solche verständnisvolle innere und äußere Planung wie
Ausgestaltung verzichten zu können, weil sie ja „nur JNot-
bauten" wären. Wir wollen uns darüber klar sein, daß wohl
auf Generationen weithin unser kirchliches Leben sich damit

wird begnügen müssen, und aus dieser Erkenntnis heraus alles
tun dfmit kommende Geschlechter einmal etwas davon
sparen,daß gerade in diesen Werken kirchlicher Kunst starker
vertrauender Glaube und die Gemeinschaft helfender Liebe
die Hände bei ihrem Werk geführt haben.

Hieronymus und die jüngeren griechischen Übersetzungen des Allen Testaments

Von Martin Johannessohn, Berlin

(Einleitung in die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testamentes
I S. 139, 207) und Fr. Stummer (Einführung in die lat.
Bibel S. 102—105). Zu erwähnen ist ferner die auch von Z.
öfters herangezogene Untersuchung von Möhle, Ein neuer
Fund zahlreicher Stücke aus den Jesaja-Ubersetzungen des
Akylas, Symmachos und Theodotion (Zeitschr. f. die altt.
Wissenschaft, Bd. 52 [N. F. 11], S. 176—183).

Die bisherige Forschung weiterführend, die, so verdienstlich
auch ihre Bemühungen sind, doch nur gelegentlich an
Hand von ausgewählten Einzelbeispielen auf die Abhängigkeit
des Hier, von den jüngeren Übersetzungen aufmerksam
machen, unternimmt es nun Z. zum ersten Male in zusammenfassender
Weise aufzuzeigen, wie weit denn überhaupt dieser
Einfluß reicht.

Im Folgenden will ich versuchen, einen Uberblick über
den Inhalt von Z.'s Schrift zu vermitteln, und zwar an Hand
seiner eigenen Disposition, auch mit Rücksicht darauf, daß
es für manchen zur Zeit schwer sein wird, das Buch aus eigener

. Ein eigenartiger Reiz liegt darin, große Gelehrte bei ihrem
Arbeiten und Forschen zu belauschen und ihrer Arbeitsmethode
nachzugehen. Eine solche genußreiche und gewinn-
Dringende, wenn auch keineswegs mühelose, Freude verschafft
J?s J- Ziegler durch seine Schrift „Die jüngeren griechischen
o "«Setzungen als Vorlagen der Vulgata in den prophetischen
•pciiriften"1, in der er das Verhältnis des Hieronymus zu den
Jüngeren griechischen Ubersetzern, soweit es die Propheten
«»geht, systematisch untersucht. Unter Z.'s bewährter Füh-
ge"ettWertlen W'r 8leicnsam in die Werkstätte des Hieronymus
au Z; S B.ucU *st eine Frucht seiner sowohl in die Tiefe als
<1 ,>m c^e Weite gellenden langjährigen Beschäftigung mit

11 1>r°pheten, wovon vor allem seine bisher veröffentlichten
t °, 11 Ausgaben des Isaias und der Duodccim prophe-

e , aber auch seine anderen im Anschluß daran entstandenen

uuer aucn seuie uiuuoj wiiu.ounu.
p'rtv°hen Untersuchungen Zeugnis ablegen: „Untersiulum
hi ,ZUr ?eptuaginta des Buches Isaias" (= Alttest. Abhand-
Bri*tü 3) 1934I „Textkritische Notizen zu den jüngeren
8 ^'duschen Übersetzungen des Buches Isaias" (= Nachr. der
hf-t' Ver Wisscnsch- zu Güttingen N. F. Bd. 1, Nr. 4, phil.-
/,'S. 'if 'asse 1939); ferner „Die Einheit der Septuagiuta zum
o, Vol'Prophetenbuch" (= Beilage zum Vorlesungsverz. der
I w ^ad. zu Braunsberg, Winter-Sem. 1934/35) [gegen
J; Herrmann und Fr. Baumgärtel, die die Übersetzung der
7 tuiel1 Propheten auf zwei Übersetzer verteilen in „Beiträge
u 2Vlsse,»schaft vom AT, N. F. Heft 5, 1923, S. 32—38"],
Ak-,aSe zum griechischen Dodekaprophetoll" (= Nachr. der
Zu y • Wissensch, in Göttingen, phil.-hist. Klasse 1942),
Und 1 ^ ar^L'^ct Z. an der großen Göttinger Ezechiel-Ausgabe
hat . e'tct einen Kommentar zu Ezechiel vor. Außerdem

W das Buch Daniel in Angriff genommen.
a] Auf die Bedeutung der jüngeren griechischen Ubersetzer
Je"Y]clr allem auf Aquila, Symmachus und Theodotion, gc
sein v • aucl1 auf tlic sog- Quinta und Sexta, weist Z. ii
Phet" c'^c'1? Kroüt'n Ausgaben des Isaias und der zwölf Pro-
Einl^-t mit 'llren umfangreichen, verständlich dargestellten
£ b >• iUnßen "ächdrücklich hin. Außerdem widmet er ihnen

eiden Ausgaben einen eigenen textkritischen Apparat.
Kenm - Übersichten der Quellen, aus denen wir unsere
Schi' f'S 9?**' die jüngeren griechischen Übersetzungen
I)Uo? * Ki1,t Z' m der Jesaja-Ausgabe S. io8f. und in der
• Proph.-Ausgabe S. 102ff., aus denen wir allerlei lernen.
Zwölf ° Z (la(1 dle O"6"6" der Jüngeren griechischen Übersetzer für dal
p"erbl'cn nicht so reichlich fließen wie für Jesaja, daß für das Zwolf-
Noti letenb"cl1 <••• Syrohexapla mit ihren mehr als 600 Stellen hexaplarischer
nur'"" a" erstcr Stelle 8tcht- wahrend der wichtige cod. Marchalianus (0)
erstem''. unR<"'«lir 70 Stellen vertreten Ist, die sich In der Hauptsache auf die
r<*tor "te Dodck' beschränken. Offensichtlich ist, so urteilt Z„ der Kor-
notlz 80 Arbeit müde geworden und hat nur ganz vereinzelt einige Rand-

C" vermerkt (Ziegler, Dil Od. proph. S. 103).
Hs» h ervorKehoben zu werden verdient, daß Z. die Randnoten der Patmos-
Thes i'8 'm 9' Jahrn- lebenden Bischofs Basilius von Neopatrae (in
n°tizcn <lankenswerter Welse veröffentlicht. Wenn auch diese Rand-

vle|fach"'" der' 're"'cb 'n sehr nachlässiger Orthographie geschriebenen, Hs. 86
l(0tn zusammcngehen, so doch durchaus nicht immer. Auch die Propheten-
'•'chr Cn'are dcs Hieronymus, die uns hier besonders angehen, bringen
latni , er'vo"es und reichhaltiges Material", wenn auch in der Regel nur in
""bischer Übersetzung.

der ^or'aufern aus neuerer Zeit, die auf die Benutzung
babenn^ertn Übersetzer seitens des Hier, stärker hingewiesen
set nennt & selber („Die jüngeren griechischen Uber-
Plon gCU usw " s- 6. Anm- 5) Fr- Field (Origenis Hexa-
r^mquae supersunt, I S. XXIV und XXXIV), Fr. Kaulen

^ '> Ziegler, Joseph, Prof. Dr.. Die Jüngeren griechischen Übersetzungen
als Vorlagen der Vulgata in den prophetischen Schriften.

"raunsberg: Staatl. Akademie. Personal- u. Vorlesungsverzeichnis Wintersemester
1943/44. 92 S. 8».

') Band XIV und XIII der Oöttinger LXX-Ausgabe.

') Eine zweite Hs. aus dem lü. Jahrh. liegt in Rom (Ziegler, Duod.
Proph. 14).

Anschauung kennen zu lernen.

Z. gliedert seine Untersuchungen in sechs Hauptteile, die
uns Schritt für Schritt durch das nicht immer glatte Gelände
führen.

I. Im ersten Teil spricht er von der „ablehnenden
Haltung des Hieronymus gegenüber der Septua-
ginta" (S. 3—6). Als sich Hier, anschickte, das AT aus dem
Hebräischen zu übersetzen, ein für die damalige Zeit auch
nach des Hier, eigenem Urteil schwieriges Unternehmen, traf
er gründliche Vorbereitungen. Dazu gehörte neben der
fleißigen Erlernung der hebräischen Sprache, wofür er „weder
Mühe noch Zeit, noch Geld scheute", auch das Studium
älterer Ubersetzungen. Hier kam zunächst die Septuagiuta
in Betracht, die damals in der Christenheit großes Ansehen
genoß. Wenn Hier, sie auch ständig verglichen und ihre
Fassung vielfach, oft auch gegen seine Uberzeugung, beibehalten
hat, schon um nicht als „Neuerer" zu gelten, so empfindet
er doch die Bindung an sie im ganzen als lästig. Sie
weiche mitunter stark vom hebräischen Text ab, übersetze unrichtig
und lasse sehr viele Teile, besonders im Ezechiel und
noch mehr im Jesaja, einfach fort (häufige Feststellung: hoc
in Hebraico non habetur). Oft verstehe er auch den ganzen
Sinn der LXX nicht. Treffend weist Z. darauf hin, daß sich
die, häufig doch zu schroff ausfallende, Kritik des Hier, an
LXX jedesmal nur auf einzelne Stellen beziehe, daß er aber,
schon dadurch, daß er viele andere Stellen1 stillschweigend
aufgenommen habe, ihre Bedeutung zu schätzen wisse.

Die Hebraica veritas, auf die es dem Hier, sehr ankommt
und die von LXX so oft verletzt wird, sieht er aber gewahrt
bei Aquila, Symmachus und Theodotion (abgekürzt:
a, a', ,")■'). Ihre Berücksichtigung bezeugt Hier, selbst, z. B. in
der Vorrede seines Komm, zu Kohelet: interdum Aquilae
quoque et Symmachi et Theodotionis recordatus sum (Ziegler

S. 5)-

II. Auf des Hier.' Stellungnahme zu a V 9' geht nun
Z. näher ein in seinem zweiten Kapitel: Lobende Anerkennung
der Ubersetzungsweise des Aquila, Symmachus
und Theodotion (S. 6—12)*.

Die Vorzüge des Aquila bestehen nach dem Urteil des
Hier, in seinen guten hebräischen Sprachkenntuissen, ferner
darin, daß er wörtlich übersetzt (verbum de verbo exprimere),

') Als Beispiel aus einem nichtprophetlschen Buche möge eine Stelle wie
Oen. 15, 15 dienen: tu autem ibis ad patres tuos inpace, scjmltus in senec-
tute bona « ur 8i äntUvaij (Origenes-Rezens. und andere Hss. das Simplex
itoQivoi,) TtQÖi Tobe Ttare^ae oov fier' eloijvr^, Taifeie iv yi'ipt' xcdiö,
wo das dem Hauptverbum nachbestellte Partizipium sepultus = Tapete besonders
eindringlich die Abhängigkeit des Hier, von LXX (oder seiner Vorgänger
) vor Augen führt. Im Hebräischen zwei finlte Verba: täbö', tikkäher,

„du wirst kommen", „du wirst begraben werden".

•) Schnelle und bequeme Auskunft über a' o' i>' findet man bei Rahlfs in

seiner „Septuaginta" (Stuttgart 1935), vol. I, Deutsche Einleit. S. VIII—XI,

Abschn. 4 und 5, auch In den Prolegomena zu seiner O e n e s I s-Ausgabe

(Stuttgart 1926), S. 9—11.