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Ausgabe:

1948

Spalte:

129-138

Autor/Hrsg.:

Ording, Hans

Titel/Untertitel:

Symbol und Wirklichkeit 1948

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Ifconatsfdjrift für Das gefamte bebtet Der Cijeologte und Keltgtonsfotffenfrijaft

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
Unter Mitwirkung von Professor D. Ernst Sommerlath, Leipzig
HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR LIC. KURT ALAND, HALLE-BERLIN

NUMMER 3 73. JAHRGANG MÄRZ 1948

Spalte

Symbol und Wirklichkeit.

Von Hans Ording.................... 129

Kunst und Religion. Von Oskar Tliulln 139

Hieronymus und die jüngeren griechischen
Übersetzungen des Alten Testaments
. Von Martin J ohannessohn .... 145

Alt mann: Hilfsbuch zur Oeschlchte des
christlichen Kultus (Kunze)............ 159

Anrup: Augustinus' lära om arvsynden
(Fendt).............................. 156

Curtlus: Altes Reich, Antichrist. Alleuropa
(Hans Köhler)........................ 160

Dorner: Inschriften und Denkmäler aus Bl-
thynien (Enßlin)...................... 157

Fremgen: Kunst und Schöpfung (Thulln) 141

Spalte

Oiertz: Das Herz aller Dinge (Frick)...... 165

Haldar: Associationsof Cult Prophets among
the Ancient Semltes (Eißfeldt).......... 151

Hengstenberg: Das Band zwischen Gott
und Schöpfung (Hessen)................ 162

Herner: Die Natur im Alten Testament
(Galling)............................. 155

Kindt: Klopstock (Knevels).............. 163

Lindquist: Hovförsamlingens liturgiska tra-
dition 1614—1693 (Fendt).............. 159

Ringgren: Word and Wisdom (Eißfeldt).. 151

Schlyter: Karl Gützlaff als Missionar in
China (Knak)......................... 166

Tarouca: Religiöse Kunst aus deutscher Vergangenheit
(Thulln) ................... 139

Wendland: Die Kunst der Kirche (Thulln) s 143

Spalte

Ziegler: Die jüngeren grlech. Übersetzungen
als Vorlagen der Vulgata in den prophet.
Schriften (Johannessohn).............. 145

Berichte und Mitteilungen:

Das neugegründete Institut für Reformationsforschung
...................... 169

Von Personen:

Friedrich Brunstäd und Friedrich Büchsei

zum Oedächtnis (Quell)............. 171

Verzeichnis der Schriften Enno Littmanns 178

Adolph Goldschmidt t................. 179

Von den Theologischen Fakultäten des

Auslandes........................... na

Bibliographie:

Schweizer theologische Bücher der Jahre
1946/1947 (Steinborn) ............... 183

Die Frage nach dem Verhältnis des Symbols zur Wirklichkeit
ist für die Theologie ungemein wichtig. Gerade die
Dogniatik hat dauernd mit Symbolen im Zusammenhang mit
'lern (Hauben zu tun. Nun wird das Symbolische oft als ein
Gegensatz zu dem wirklich Bestehenden, zu der realen Existenz
, angesehen, und gerade dadurch entsteht das Problem
'ür den Glauben, da dieser einerseits Symbole anwenden muß,
andererseits aber auch immer mit der Wirklichkeit in Einklang
sein will. Wir müssen versuchen herauszufinden, ob der Gedanke
von einem Gegensatze zwischen Symbol und Wirklichkeit
zutrifft. Offenbar ist eine Definition der Begriffe notwendig
—, und zwar keine oberflächliche, sondern eine, die
111 das innere Wesen der Begriffe eindringt.

Wenn wir von den „altkirchlichen Symbolen" sprechen
oder von den symbolischen Büchern unserer Kirche, dann bedeutet
Symbol ein Kennzeichen, an dem die verschiedenen
Kirchen zu erkennen sind. Das ist das gleiche, wie wenn jemand
■*Ulen King mit einem Boten schickt als Erkennungszeichen
•lafür, daß die Botschaft auch wirklich von ihm selbst kommt.
Unsere Kirche hat ihre symbolischen Schriften als ein Erkennungszeichen
, das sie von anderen kirchlichen Gemein-
st'haften unterscheidet.

Dies kann als etwas Äußerliches erscheinen, doch führt
5* uns dann sogleich ins Innere, wenn wir darüber nach-
p7'ken, daß es ja nicht die Buchstaben der symbolischen
oiieher sind, sondern deren Inhalt, der sie als Erkennungszeichen
verwendbar macht. Es ist auch nicht der rein logische
"'halt allein entscheidend, sondern auch der Geist in den
syiubolischen Büchern, der den verschiedenen kirchlichen Gemeinschaften
seinen Stempel aufdrückt. Man kann daher von
''en symbolischen Büchern nicht sagen, daß sie „nur Symbole"
s<-''en. Ihr Inhalt ist faktisch Ausdruck für das wirkliche Wesen
0er kirchlichen Gemeinschaft.

j.. Aber die symbolischen Bücher, die auf diese Weise die
^'rehe als geistige Realität symbolisieren, bedienen sich nun
.eibst einer symbolischen Ausdrucksweise und sind also auch

'* dieser Hinsicht symbolisch. Was den Inhalt angeht, so
I andelt es sich ja um unsichtbare und geistige Glaubenswahr-
r.^en, die man nicht ausdrücken kann, ohne Bilder und Be-
*™fe heranzuziehen, die der sichtbaren Welt und der Welt der
(i"i<nL ^tnommen sind. Wir ziehen nicht immer in Betracht,
3*8 unsere Begriffe überhaupt symbolischen Charakter haben.
*J ist nicht die Rede davon, daß Worte und Begriffe sieh

"1 dem decken, was sie ausdrücken. Man kann sich ja über
," und denselben Gegenstand auf verschiedene Weise aus-
urileken. Worte und Begriffe „leiten hin" zum Verständnis

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Symbol und Wirklichkeit

Von Hans Ording, Oslo

oder zur Erkenntnis, indem sie sichtbare und mit den Sinnen
wahrnehmbare Bilder gebrauchen, die die Gedanken zu dem
Unsichtbaren hinleiten, das den Sinnen nicht zugänglich ist.

In der Theologie geht also auch nicht die Erkenntnis als
begriffsmäßige Kongruenz zu der geistigen Realität vor sich,
sondern man benutzt Analogien aus der Sinnenwelt, um die
geistige Welt zu erkennen. Dies nennt man in der Theologie
analogia entis und sie ist im Evangelium so grundlegend,
daß es ganz unverständlich erscheint, daß Theologen wie Karl
Barth die Berechtigung bestreiten, in der Theologie die analogia
entis anzuwenden. Das, was er befürchtete, war, daß
der Gebrauch irdischer Bilder die Offenbarung verdunkeln
oder gar verderben würde, und er wollte den „absoluten Qualitätsunterschied
" zwischen dem Göttlichen und dem Menschlichen
aufrechterhalten. Bei genauerer Betrachtung muß aber
Karl Barth genau so viel wie andere Theologen die Analogie
anwenden, doch nennt er sie „die Analogie des Glaubens"
(analogia fidei).

Der tiefste Grund dafür, daß wir die Analogie vom
Irdisch-Menschlichen anwenden können und sollen, ist der,
daß Gott sich sowohl in der geschaffenen Natur als auch in
Jesus Christus, der als Mensch auf dieser Erde lebte, geoffenbart
hat. Wenn wir nicht ernsthaft an die Inkarnation
glauben, erhält die Analogie keinen vollen Wirklichkeitswert,
aber wenn wir glauben, daß Gott sich in der menschlichen
Person Jesu geoffenbart hat, dann haben wir damit den Zusammenhang
zwischen dem Göttlichen und dem Menschlichen
erkannt.

Jesus selbst scheute sich nicht, die geistigen Wahrheiten
mit Hilfe irdisch-menschlicher Bilder und Gleichnisse auszudrücken
. Das sehen wir vor allem daran, daß er Gott mit
Vater bezeichnete und die Analogie braucht von dem Verhältnis
eines Vaters zu seinen Kindern und von dem Verhältnis
Gottes zu den Menschen. Wir können an die Stelle denken,
wo er sagt: ,,So denn ihr, die ihr doch arg seid, könnt dennoch
euren Kindern gute Gaben geben, wie viel mehr wird euer
Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten". Nun
können wir fragen: Ist es Realität, wenn wir Gott unseren
Vater nennen, oder ist es „nur Symbol" ?

Diese Frage kann erst beantwortet werden, wenn wir genauer
darüber nachdenken, was in dem Ausdruck Realität
oder reale Existenz liegt. Das, was für uns wirklich existiert
, setzen wir in Gegensatz zur Illusion oder zu nur erdachten
und ersonnenen Dingen, wie wenn sich einer Wunsch-
träumen hingibt. Dann enthält die rein subjektive Einstellung
einen Gegensatz zu dem Objektiv-Realen, denn die Existenz

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