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Ausgabe: | 1948 |
Spalte: | 89-90 |
Kategorie: | Religionswissenschaft |
Titel/Untertitel: | Das tibetanische Totenbuch 1948 |
Rezensent: | Kirfel, Willibald |
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Theologische Literaturzeitung 1948 Nr. 2
Das Tibetanische Totenbuch. Aus d. engl. Fassung d. Lama Kazi Dawa
Samdup hrsg. v. W. Y. Evans-Wentz. Übers, u. eingel. v. Louise Göpfert-
March. Mit e. psychol. Kommentar v. C. G. Jung. Zürich u. Leipzig: Rascher
1942. 163 S., 4 Tat. 8». RM 4.50.
Es ist keine außergewöhnliche Erscheinung, daß in dem
geheimnisvollen tibetischen Bergland, in dem der nicht
minder geheimnisvolle Mahäyäna-Buddhismus sein Wesen
treibt, auch eine seltsame, der Umgebung und geistigen Atmosphäre
angepaßte Literatur entstanden ist. Zu dieser gehört
auch das vorliegende Buch, das trotz mancher äußerer Mängel
doch auf einem bedeutsamen ethnologisch-kulturellen System
basiert. Das Buch begleitet die Seele auf ihrer Wanderung
während der ersten 14 Tage nach dem Tode durch phantastische
Räume mit zahllosen Gefahren und Schreckgestalten des
mahäyänistischen Pantheons bis zu ihrem Wiedereintritt m
einen neuen Mutterscnoß, dessen Natur durch die moralischen
Folgen der Werke des vergangenen Lebens bedingt ist. Das,
was uns hier in erster Linie interessiert, liegt aber nicht in der
Richtung des recht problematischen psychoanalytischen Kommentars
von C. G. Jung, sondern in einer bestimmten, nach
den Weltrichtungen orientierten Farbensymbolik, die das
System des Mahäyäna beherrscht und auch im Hintergrunde
unseres Totenbuches steht. Die Ausführungen Jungs über diese
„mystischen Farben" auf S. 3off. sind nicht ganz zutreffend,
weil sie nicht auf Sachkenntnis beruhen; am besten unterrichtet
Uber das System der fünf himmlischen Buddhas des
Mahäyäna und ihre Beziehungen zu den Himmelsrichtungen,
Farben und verschiedenen andern Kategorien noch Benoytosh
Bhattacharyya: The Indian Buddhist iconography, Oxford
1924, S. 1 ff., dessen Versehen sich durch das Studium der von
dem gleichen Gelehrten herausgegebenen Sädhanamälä (Gaek-
wad Oriental Series) leicht berichtigen lassen.
Zu beanstanden ist zunächst, daß weder die Übersetzerin noch der Verlag
einen des Sanskrit kundigen Wissenschaftler zurate gezogen hat; dadurch
wäre nicht nur die Transkription einheitlicher und folgerichtiger gestaltet,
sondern es wären auch die zahlreichen Fälle der Verwendung eines falschen
Artikels vermieden worden. So heißt es z. B. der Dharmakaya, der Nirma-
makaya, der Sambhogakaya, der Asura-Loka, der Preta-Loka, der Sangha,
der Dharma, der Samsara und nicht die oder das Dharmakaya usw., aber
das Tantra und nicht die T. Aber auch inhaltlich wird der Kenner des mahäyänistischen
Systems und seiner Farbensymbolik einige Abweichungen feststellen
können, die infolge einer allmählichen Verwirrung der Vorstellungen oder
mangelnder Kenntnis jenes im Grunde konsequenten Systems freilich schon
dem Original angehört haben können, allerdings hätte auf sie in Anmerkungen
hingewiesen werden müssen. So kommt Vairocana, dem Buddha der Mitte,
S. 58 Z. 12 nicht der Löwen-, sondern der Drachenthron und Ratnasambhava,
dem Buddha des Südens, S. 63 Z. 10 nicht der Pferde-, sondern der Löwenthron
zu. S. 70, 3. Z. von unten ist Aksobhya für Vajrasattva einzusetzen.
Ferner ist bei den Buddhas Vairocana (Mitte, S. 59f.) und Aksobhya (Osten,
S. 61 f.) eine Verwirrung bezüglich der Lichtfarben eingetreten; bei ersterem
ist stets die weiße, bei letzterem stets die blaue Farbe einzusetzen und nicht
teilweise die umgekehrte. Eine weitere Verwirrung ist schließlich durch den
von der nepalesischen Schule der Vajracaryas als Priester der fünf ewigen
Buddhas eingeführten sechsten Buddha Vajrasattva entstanden, der in das
System durchaus nicht hineinpaßt. Die relative Konsequenz jener Angaben
bei den übrigen himmlischen Buddhas führt einem diese Abweichungen eben
unmittelbar vor Augen. Wahrscheinlich wird ein genauerer inhaltlicher Vergleich
unseres Buches mit dem Mahayana-System noch weitere Inkonsequenzen
oder Mängel aufdecken, die sich vielleicht schon im Laufe der Zeit
eingenistet hatten und dem Übersetzer-Lama selbst nicht mehr zum Bewußtsein
gekommen sind. Nicht richtig ist endlich die Wiedergabe des Wortes
„Qaruda" durch Harpyie (nicht Harpye im Index oder gar Harpie S. 67,
letzte Z.), da diese in der griechischen Mythologie als weibliches Wesen vorgestellt
wurde, während der Garuda einen männlichen Charakter trägt. Auch
Hegt kein Grund für die Annahme der Herausgeberin (S. 36) vor, daß das
1,tibetanische Totenbuch" mit dem ägyptischen „auf einen gemeinsamen
Quell" zurückgehen könne; denn In allen Religionen mit räumlichen Jenseitsvorstellungen
finden sich derartige Ansätze, bald mehr, bald weniger entwickelt
.
Es ist wirklich schade, daß die deutsche Ausgabe des vorliegenden
Werkes mit seinem in mehrfacher Hinsicht sowohl
für die Religionswissenschaft wie für die Kulturgeschichte bedeutsamen
Inhalt in einer so dilettantischen und unzureichenden
Form dem Leser vorgelegt wurde.
Bad Godesberg W. Kirfel
ALTES TESTAMENT
Jansen, H.Ludin: Die Politik AntiOChos'des IV. Oslo: Jacob Dybwad
(in Komm.) 1943. 53 S. 4" = Skrifter utgift av Det Norske Videnskaps-
Akad. i Oslo. II. Hist.-Filos. Kl- 1942, Nr. 3. Kr. 4.—.
Diese Schrift versucht erneut, die Frage nach den Motiven
der Politik Antiochos' IV. zu beantworten, speziell seiner Feld -
züge gegen das ptolemäische Ägypten und seines als des Anlasses
für die makkabäische Erhebung so folgenreichen Eingriffs
in den Jerusalemer Tempelkult. Zu diesem Zwecke wird
im Anschluß an eine Ubersicht über die verfügbaren Quellen
(Kap. I) zunächst der tatsächliche Verlauf der Ereignisse dargestellt
(Kap. II), dann im Zusammenhang mit dem Hinweis
auf einige frühere Lösungsversuche das Problem formuliert
(Kap. III) und weiter die Erörterung in den größeren Rahmen
der Geschicke des Seleukidenstaates zwischen dem unter Antiochos
III. im Jahre 188 v. Chr. von Rom diktierten demütigenden
Frieden von Apamea und dem allmählichen Zerfall
dieses Staates hineingestellt, für den die Errichtung der selbständigen
makkabäisch-hasmonäischen Herrschaft in Judäa
das am besten bekannte Symptom ist (Kap. IV). Auf dieser
Grundlage erfolgt schließlich die „Problemlösung" (Kap. V)
in dem Sinne, daß das eigentliche Anliegen Antiochos' IV. der
Versuch war, seinen Staat noch einmal zu konsolidieren, und
daß er dieses Ziel zu erreichen sich bemühte dadurch, daß er
einmal den Wirren zwischen der nationalen und der hellenistischen
Partei in Jerusalem und Judäa durch entschiedenes Eintreten
für die letztere ein Ende machen zu können glaubte, daß
er weiter den zerrütteten Staatsfiuanzcn durch den Raub des
Jerusalemer Tempelgutes aufhalf, wie ähnlich auch andere
Seleukiden es mit anderen Tempelschätzen gemacht haben,
und daß er den Bestand seines Staates gegen etwaige ptolemäische
Wünsche, sich wieder in den Besitz des südlichen
Syrien zu setzen, präventiv zu sichern suchte.
Man wird dieses Ergebnis für annehmbar oder wenigstens
für diskutabel halten dürfen, auch wenn man die Schwächen
der vorliegenden Studie nicht übersieht. Sie liegen in einer
nicht ganz zureichenden Kenntnis der historischen Verhältnisse
in dem Syrien der Diadochenzeit, wofür die Rede von einer
„Provinz Palästina" (S. 29) als bezeichnend gelten mag, weiter
in einer unscharfen Art der Quellenkritik, die beispielsweise
mit Willrich die „Urkunden" im 1. Makkabäerbuch für unecht
erklärt, in ihnen aber einen meist unbestimmten „historischen
Kern" sucht, endlich in einer ungenügenden Bekanntschaft
mit der neueren wissenschaftlichen Literatur; Kolbe wird
überhaupt nicht genannt, Bikerman nur ganz gelegentlich
zitiert, von einschlägigen Zeitschrifteuaufsätzeu ganz zu
schweigen.
Dem Verf. ist die deutsche Sprache gut vertraut; er hätte
aber doch durch einen geborenen Deutschen allerlei Schönheitsfehler
beseitigen lassen sollen.
Bonn Martin Noth
Rüthy, Albert Emil: Die Pflanze und ihre Teile im biblisch-hebräischen
Sprachgebrauch. Bern: Francke 1942. 82 S. gr. 8». RM 5.20.
„Mit der vorliegenden Arbeit soll ein bescheidener Beitrag
zur hebräischen Lexikographie auf einem ganz bestimmt
begrenzten Fachgebiet geleistet werden. Zweck der Arbeit istda-
her zunächst, die Bedeutung der in Frage stehenden Ausdrücke
möglichst genau zu bestimmen, Synonyma gegeneinander abzugrenzen
, die Anwendung der Wörter im Sprachgebrauch
zu zeigen." Das hier skizzierte Programm der von Baum-
garter angeregten Basler Dissertation ist sauber, einwandfrei
und im ganzen überzeugend durchgeführt. Die Arbeit gliedert
sich in drei Abschnitte: A. Allgemeine Bezeichnungen,
B. Pflanzenstoffe und C. Teile der Pflanze. In A (S. 9—40)
werden Pflanze, Baum, Strauch, Dorn- und Stachelgewächse,
sowie Kräuter, Gras und Gemüse behandelt. Folgende Einzelheiten
können hier aus der semasiologischen Untersuchung
genannt werden:
rrip hat wie das akk. säliu die Bedeutung „Strauch"
gegenüber den niederen Gewächsen (nto) und meint nicht
im besonderen eine Wüsten- oder Steppenpflanze. ^33, verengt
sich von der allgemeinen Bedeutung „Rankengewächs"
(ass. gapnu) zur speziellen „Rebe". Unter den Dornsträuchern
sind-tus. pnn, ytlXPJ. TJJTRJ. TOD. bnn Namen bestimmter
Pflanzenarten, iyyj, -pTOlp. rPTÜ. Irin. Qi-pO werden zwar als
bestimmte Pflanzeunamen in Anspruch genommen, haben
aber an den at Stellen offensichtlich allgemeinere Bedeutung
ganz besonders gilt dies von den paarweisen Verbindungen'
"IfJT] T9' r-^r T1rJ'^' BTWJ O^SnO- (Unter ^ speziell
das Radkraut, die Distel Gundelia Tournefortii zu verstehen)
nipP meint wildwachsendes Gras als Viehfutter und für
menschliche Nahrung geeignetes Kraut. Bei -p^n sind zwei
verschiedene Stämme und daher auch zwei Bedeutungen zu
unterscheiden: Wildwuchs (Grünes) und Lauch. In Gen 1, 11