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Ausgabe:

1948

Spalte:

65-76

Autor/Hrsg.:

Leisegang, Hans

Titel/Untertitel:

Die Grundbegriffe des Christentums 1948

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Clieologt^e iLttetattttjettiitiß

jffconatefdjrtft für Da* gesamte ©ebict der Cijeologte unü tteUgfowtofffeiiMaft

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
Unter Mitwirkung von Professor D. Ernst Sommerlath, Leipzig
HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR LIC. KURT ALAND, HALLE-BERLIN

NUMMER 2 73. JAHRGANG FEBRUAR 1948

Spalte

Die Grundbegriffe des Christentums.

Von Hans Leisegang................. 65

Römischer Palast und Dionysos-Mosaik

in Köln. Von Ernstwilhelm Oerster---- 75

Ebrard: Beiträge zur Pfälzisch-Bayerischen
Kirchengeschichte (Hermelink).......... 94

Eich: Fürstenbildnisse einer religiösen Darstellung
aus dem Mittelalter der Lenzburger
Sammlung (Jursch) ................... 97

EkI und: Life between dcath and resurrection
aecording to Islam (Spuler)............. 87

Evans-Wentz: DasTibetanischeTotenbuch
(Klrfel).............................. 89

Fries: Die Verkündigung von Auferstehung
und Gericht (Jursch)................... 98

Hintze: ZurTheorle der Geschichte (Lerche) 91

— Geist und Epochen der preußischen Ge-
»chichte (Lerche)...................... 91

Holmström: Metodisk inledning tili en kri-
sten socialetik (Fendt)................. 100

Spalte

Jansen: Die Politik Antiochos' des IV.

(Noth) .............................. 89

Juhlakirja: Festskrift tili Finska Kyrko-

hist. Samfundets 50 ärs högtid (Fendt)... 96

Kyrkohistorisk Arsskrift 43. Jg. (Fendt).... 95

Lindblom: Psaltaren 1560 (Fendt)........ 91

Portraits de princes d'un tableau religieux du
moyen äge dans la collection Eich ä
Lenzburg (Jursch)..................... 97

Quistorp: Die letzten Dinge im Zeugnis Calvins
(Otto Weber)..................... 102

Rütliy: Die Pflanze und ihre Teile im biblisch
-hebräischen Sprachgebrauch (Galling) 90

Siemen: Die schleswig-holsteinischen

Frauenklüster (Ph. Meyer) ............. 96

Suomen Kirkkohistoriallisen Seuran Vuosi-
kirja 1939—40. Bd. 29/30 (Fendt) ....... 95

Tellkamp: Über die gegenwärtige Lage der
katholischen Weltmission (Knak) ....... 103

Spalte

Thielicke: Fragen des Christentums an die

moderne Welt (Ratschow).............. 98

— Untersuchung zur geistigen und religiösen

Krise des Abendlandes (Ratschow)....... 98

Urkundenbuch der Stadt Wetzlar Bd. 2

(Friedr.Schneider).................... 97

Vogel: Der Christ und das Schöne (Trillhaas) 97
Wegmann: Gottes Werk und Mitarbeiter

(Uckeley) ............................ 100

Berichte und Mitteilungen:

Die Entwicklung der Zahl der Theologiestudenten
In Deutschland seit 1945 ... 107

Von Personen:

In memoriam Hans Leube ............. 108

Von den deutschen wissenschaftlichen

Bibliotheken........................ in

Zeitschriftenschau:

Monatsschrift des Moskauer Patriarchats
(Rose)............................. 117

Zum vorliegenden Heft................ 127

Die Grundbegriffe des Christentums

Von Hans Leisegang, Jena

In einem Aufsatz von Paul Fechter, der vor elf Jahren
unter dem Titel „Die Kirche und die Worte" in der Deutschen
Rundschau1 erschien und etwas von dem damals in Deutschland
herrschenden Geiste widerspiegelt, den es heute zu überwinden
gilt, wird darauf aufmerksam gemacht, daß „die
christliche Kirche heute vor der Aufgabe stehe, ihr Verhältnis
zum Wort nicht nur in der Predigt, sondern überall einmal
gründlich zu revidieren. Die Kirche muß sich darüber klar
Werden, daß eines der größten Gefahrengebiete für sie die
christliche Terminologie ist, die nach oben wie nach unten
jPvBezirke abgeglitten ist, aus denen dem Christentum nur
~£haden und Schwächung erwachsen können". Dieses Abhielten
der christlichen Terminologie nach unten und nach
oben wird eingehend dargestellt. Das Abgleiten nach unten
Sni <larni' <laü ..(Ue christlichen Grundbegriffe nicht mehr
- eibstvorständlichkeitcn des täglichen oder auch nur sonntäg-
iciien Daseins sind", daß „Worte wie Gnade, Sünde, Erlösung
Ii lti "ur wenig mehr von dem ursprünglichen religiösen Ge-
sil lla'twi haben, sondern daß sie, statt entleert zu werden,
'.lrC,.IU1 vcnnerkt mit einem neuen, weltlich bestimmten, teils
^'■Klüsen, teils antikirchlichen Inhalt erfüllt haben, der ihre
tatfilt? kirchlich christlichem Gebrauch völlig unkon-

ouierbar aufhebt und sogar ins Gegenteil verkehrt", und daß
iiiMi 0rte der Kirche, ihrer Geistlichen und ihrer Texte,
w> i-"Ur ('urch häufigen berufsmäßigen Gebrauch naturnot-
, e"''1K abgenutzt, verbraucht und entleert sind", sondern
iii j "<"w Verständnis für deren lebendigen Inhalt ungeheuer
2b e?onunen hat und daß die Worte selbst unvermerkt einen
an Abstoßungskraft bekommen haben". Daher
^chwebt die Welt der christlichen Worte, mit denen die
Luft''0 <*as ^eben 8reift, heute zum großen Teil in der
n u **" kommt das Abgleiten der christlichen Terminologie
'ach oben. Unter dem „Oben" wird die Begriffswelt der

odernen wissenschaftliclken Theologie verstanden: „Zum
au!5? °*en wie zu f]cm Gott der Dialektik Karl Barths finden
St i Von f'ou Suchenden nur wenige den Weg über den
°*acheldraht der Begriffe." Nicht nur die Behandlung theo-

'> 03. Jg. Dez. 1936, S. 212—215.

«5

logischer Probleme, sondern auch die der Zeitfragen vom theologischen
Standpunkt aus geschieht in einer Terminologie,
von der es heißt: „Ein dichter Zaun aus seltsam geformten
Worten und Begriffen umgibt das Reich Gottes wie einst in
Adams Tagen das Paradies, das den Menschen nun verschlossen
war. Es ist der Theologie ergangen wie ihrer angeblichen
einstigen Magd, der Philosophie: sie hat sich durch
immer weiter getriebene Klärung und Verfeinerung ihres Arbeitsmaterials
weitgehend selbst von denen abgetrennt, für
die sie einst auf den Plan getreten war."

Das scheint alles durchaus richtig zu sein, und die Wahrheit
dieser Feststellungen leuchtet jedem unmittelbar ein, der
sich daran gewöhnt hat, Religionen und „Weltanschauungen"
danach zu beurteilen und zu bewerten, wie man mit ihnen auf
Massen wirken, sie beeinflussen und für etwas werben kann.

Man braucht diesen Pragmatismus — die Wertung einer
Sache nicht nach ihrem Eigenwert, sondern nach dem praktischen
Zweck, den man mit ihr erreichen will — nicht mitzumachen
. Luther hat es trotz seiner volkstümlichen Sprache
und seiner für jedermann bestimmten Bibelübersetzung nur
mit innerem Widerstreben über sich gebracht, auf das Verständnis
der Massen Rücksicht zu nehmen, auf die „einfältigen
Leutlin", den „gemeinen Haufen", den „Herrn Omnes" und
wie alle die Ausdrücke heißen, mit denen er das Volk bedenkt,
von dem er sich nie eine wirklichkeitsferne Vorstellung gemacht
hat.

Die katholische Kirche verkündet ihr wesentliches Wort
noch immer in lateinischer Sprache. Wenn ein Meister Eckhart
damit begann, deutsch zu predigen, waren seine Reden
doch so schwer und so tief, daß ihn weder die Durchschnittsmenschen
seiner Zeit noch die der Gegenwart ohne weiteres
verstehen konnten und können.

Rudolf Otto1 hat dementsprechend zwei Arten des Chri-

') Zur Erneuerung und Ausgestaltung des Gottesdienstes, 1905, S. lff.
Man beachte die scharfen Worte der Kritik an dem niedrigen Niveau des Durchschnittschristentums
S. 8, die noch heute ebenso gelten wie vor vierzig Jahren:
,,Zu überwinden ist innerhalb des religiösen Kreises selber zunächst die Naivität
und kindliche, bisweilen kindische Primitivität unseres religiösen Predigt-,
Lehr- und Bildungsbetriebes. Hier ist simplicitas im Übermaß, aber keine

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