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Ausgabe:

1948 Nr. 1

Spalte:

42-43

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Mazzarino, Constantino

Titel/Untertitel:

La dottrina di Teodoreto di Ciro sull' unione impostatica delle due nature in Cristo 1948

Rezensent:

Abramowski, Rudolf

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-Ii

Theologische Literaturzeitung 1948 Nr. 1



zu besitzen, so wenig kann man sagen, daß Hans Lietzmanns
Geschichte der Alten Kirche ein Torso geblieben sei. Nicht
nur das Geschichtsverständnis des Verf.s ist zu vollem Ausdruck
gekommen, auch das Bild selber, das er entwerfen und
ausführen wollte, ist so, wie es vor uns steht, im wesentlichen
fertig. Farben- und gestaltenreich mit frischer Freude am Einzelnen
und doch alles Detail energisch verbindend, bedeutet
das Werk den Abschluß und Inbegriff der Lebensleistung
Lietzmanns, die Repräsentation zugleich eines ganzen mit ihm
zu Ende gellenden Zeitalters!

Güttingen Hermann Dürries

Lexikon Atlianasianum, digessit et lllustravif Guido Müller. 1. Lfg.

(A—ACIA) Berlin: W. de Gruyter <& Co. 1944. 159 S. 4«. RM 25.—.
Athanasios war kein großer Schriftsteller, aber er war
eine große Persönlichkeit und war in einem entscheidenden,
kritischen Augenblick der Kirchengeschichte der entscheidende
Mann. Seine zahlreichen Schriften sind als Dokumente seines
Wollens und seines Lebenskampfes und als historische Quelle
für die Zeitgeschichte von unschätzbarer Bedeutung, und bei
ihrer oft diffusen, unübersichtlichen und an Wiederholungen
reichen Gestalt muß uns jedes Hilfsmittel, das ihre Erschließung
erleichtert, doppelt willkommen sein. Die erste Lieferung
des „Lexicon Atlianasianum" verspricht eine solche
Hife in ganz ausgezeichneter Weise zu leisten. Es ist nicht
nur ein (griech.-lat.) Spcziallexikon, sondern leistet gleichzeitig
die Dienste einer unifassenden Konkordanz für alle nicht
Ranz nebensächlichen Worte und Begriffe einschließlich der
Eigennamen.

Die einzelnen Schriften sind zur Raumersparnis beim Stellennachweis
durch Ziffern gekennzeichnet, ein durchaus praktisches Verfahren, mit dem
sich jeder Benutzer schnell vertraut machen kann (nur wären die ganz ahnlichen
Ziffern, die den Stoff innerhalb eines Artikels nach den Bedeutungen
des Wortes gliedern, zur klareren Übersicht dann besser anders gestaltet oder
durch Buchstaben ersetzt worden). Wenn ein Wort nicht innerhalb des eigentlich
athanasianischen Textes, sondern im Zusammenhang der von ihm zahlreich
aufgeführten fremden Aktenstücke begegnet, so ist dies jeweils kennt-
''ch gemacht.

Das Werk hofft auch dem Gräzisten nützliche Dienste zu leisten und
wird dies gewiß tun; aber in erster Linie hat es ■— wie schon die allgemeine
Anlage von Artikeln wie äy/tXoe oder äytvtjxoi zeigt- doch theologisch
und allgemein historisch interessierte Leser im Auge. Außerathana-
sianische Parallelen, Hinweise auf das sonstige Vorkommen eines Worts, auch
Literaturangaben irgendwelcher Art werden nicht geboten; das Lexikon beschränkt
sich ganz auf die sachlich gliedernde Zusammenstellung der Fundorte
bei Athanasios selbst und eine kurze lateinische Übersetzung der verschiedenen
Bedeutungen und Verwendungsmöglichkeiten, die das Wort bei
Athanasios besitzt. Daß sich der Verf. von einer überspitzten Exaktheit im
Stil des Goodspcedschen Index patristicus oder apologeticus frei gehalten hat,
die einzelnen Kasus- und Konjugationsformen nicht trennt und ein Wort
darum noch nicht zweimal anführt, weil es Im Text dicht hintereinander zweimal
erscheint, wird hier niemand bedauern. Das Worterbuch wäre sonst
nur unnötigerweise dickleibig und unübersichtlich geworden. Für genaue Wort-
s,atistiken u. dgl. ist es ohnedies nicht zu brauchen.

Das führt auf zwei wesentliche Grenzen, die man bei der
•Benutzung des fleißigen Werkes nicht aus dem Auge ver-
Ueren darf:

. 1. Das Lexikon berücksichtigt nicht den ganzen Athanasios
, sondern nur die 36 Schriften, welche bei Migne, Patrol.
graeca, T. 25 und 26 abgedruckt sind, außerdem noch den
A"yoi awTtjiuds nobi t»> rca(&i)>ov (de virginitate), dessen Echtheit
heute ziemlich allgemein anerkannt ist, nach der Ausgabe von
v- d. Goltz (1905). Die Exegetica des Mignebandes 27 und die
zahlreichen gerade in letzter Zeit entdeckten Fragmente, besonders
auch die koptischen (denn Athanasios war der erste
k«ptische Schriftsteller!) finden keine Berücksichtigung. Man
wird diese beträchtliche Einschränkung bedauern, aber man
niuß sie auch verstehen : die Entscheidung der Echtheitsfragen
ist hier zur 2>it vielfach kaum möglich, und die geordnete Einbeziehung
einer, zudem noch ständig wachsenden Zahl von
zerstreuten Fragmenten wäre unter diesen Umständen kaum
"nrchführbar gewesen.

. 2. Ein zweites Bedenken hat die Kircheuväterkoui-
niission der Preußischen Akademie, die das Werk zum Druck
gebracht hat, selbst nicht verschwiegen. Dieses Wörterbuch ist
mit der einen genanntenAusnahme ganz auf den von Migne
gebotenen Text abgestellt, d. h. auf einen Nachdruck der alten
f&aurinetanssabe von 1698, dessen Mangelhaftigkeit schon oft
beklagt worden ist. Aber eine Änderung an diesem Punkt
'»alle bedeutet, daß die mühsame gelehrte Arbeit langer Jahre
Praktisch noch einmal hätte getan werden müssen, und das
£ar ausgeschlossen. Da die neue Athanasiosausgabe die
•K-oluiinienzahlen der Migneschen Ausgabe mit verzeichnet.

so wird das Lexikon künftig auch ohne diese verwertbar sein,
wenn man es mit der gebotenen Vorsicht benutzt.

Wir müssen heute, was die technische Seite unserer Arbeit
betrifft, leider auch in der Wissenschaft wieder Bescheidenheit
lernen. Wer weiß, wann die kritische Ausgabe der Preußischen
Akademie zum Abschluß gelangen wird, nachdem auch
Hans-Georg Opitz, der sie mit Schwung und Erfolg in Angriff
genommen hatte, ein Opfer dieses Krieges geworden ist — wie
so viele seiner einstigen Mitarbeiter in der Kirchenväter -
kommission! Mignes Patrologie, die zu dem Zeitpunkt, als
sie mit einem neuen „Index locuplctissimus" (Tom. I. 1934)
zum Abschluß gebracht werden sollte, eigentlich veraltet
war, ist heute wieder zu einem Schatz geworden, nach
dem viele unserer größten Bibliotheken vergeblich Ausschau
halten. Wir standen vor einem Jahrzehnt, wie es schien, in
einer Epoche der großen Realwörterbücher, Enzyklopädien
und Konkordanzen, die das reiche Wissen eines für die
historische Forschung unvergleichlich fruchtbaren Jahrhunderts
neu zusammenfassen sollten. Fleute fragen wir uns
ängstlich, wann und durch wen Werke wie das RAC, das
RDK., das ThW. oder das Register zur WA. noch zu Ende
gebracht werden können. Möchte also das vorliegende Werk,
das auf insgesamt 8 Lieferungen zu 10 Bogen berechnet ist,
wenigstens bald ausgedruckt werden! Denn mag es auch im
absoluten Sinne gewiß nicht eine Ideallösung darstellen — es
ist für die patristische und kirchengeschichtliche Forschung
gleichwohl gerade-heute willkommen, und das große Maß hingebender
Arbeit, die in dem Buche steckt, darf nicht verloren
gehen!

Heidelberg H. v. Campenhansen

MazzarinO, Costantino da, O. F. M. Cap., Dottore in S. Teol.: La dottrina

di Teodoreto di Ciro sull' unione ipostatica delle due nature In Crlsto.

Rom: Pustet 1941. 183 S. 8«. L. 15.—.

Die vorliegende Arbeit zeichnet sich durch Kenntnis des
Materials, methodische Schärfe und sichere Disponierung so sehr
aus, daß man ihr vom Anfang bis zum Ende gern folgt. Ihre
zehn Kapitel zerfallen im Grunde in zwei Teile. Nach einer
sehr genauen Auskunft über Theodorets Leben und Wirken
werden die Kreise um seine Theologie immer enger gezogen
von der dottrina cristologica über die communicatio idiomatum
zu einer messerscharfen spiegazionc della coneezione cristologica
di Teodoreto (cap. 1—4). Der zweite Teil führt aus dieser Verengerung
in die Weite zu Vergleichen mit den antiochenischen
Schulhäuptern und mit der damaligen Normaltheologie Ky-
rills, Leos und des 4. ökumenischen Konzils. Auseinandersetzungen
mit andern Auffassungen und ein Resümee schließen
das Ganze ab. Es ist wie eine Krönung der aufgewandten
Mühe, wenn der Verfasser seinen ihm keineswegs sympathischen
Flelden endlich mit guten Gründen von der berüchtigten
Verdammung des Nestorius in haer. fab. comp. IV 12 freisprechen
und damit die alte These Garniers gegen Barden-
hewer erneuern kann.

Wenn er an Theodoret beklagt: egli guarda e spiega il
mistero dell' incarnazione con occhio clinico (pg. 50), so übt er
freilich selbst an seinem Klienten eine Art Vergeltung. Ich
kann mich nicht besinnen, auf meiner zwanzigjährigen Wanderung
durch die antiochenische Theologie einer derartig eingehenden
Analyse begegnet zu sein. Man lese nach, was er
über die termini dcterminanli aslratti, filosofici (pg. 50ff.) ausführt
, Darlegungen, die für das gesamte Studium der ephe-
senischen und chalkedonensischen Kontroversen wichtig sind.
BbetUO klar ist die Abgrenzung zwischen Kyrill und Theodoret
(cap. 7), wobei der exakte Nachweis gelingt, daß unter dem
Dialoggegner im Eranistes nicht die Monophysiten, sondern
der alexandrinische Patriarch zu verstehen sei. Cirillo guarda
l'uomo per indicare che il Verbo con la natura umana e uno, cioe
una ipostasi, come ogni individuo; Teodoreto, al contrario, con-
sidera nell' uomo l'anima e il corpo, e da questa considerazione
passa a guardare il Cristo, cioe il Verbo e la natura assunta,
in concreto, quasi separamente . . . Dimostra Piullosto che
il Verbo . . . non e la unica ipostasi del Cristo, ma parte
costitutiva del Cristo (pag. 141). Endlich legt der Verf. alles
Gewicht darauf, daß Theodoret mit der Union von 433 seine
exakt nestorianische Haltung aufgibt — er nennt Maria nicht
mehr ävtrpwxoToxos und läßt die göttliche Natur Christi nunmehr
als einziges Subjekt hervortreten —, daß er damit aber
noch nicht, wie es A. Bertram einst hat nachweisen wollen,
als kirchlich orthodoxer Schriftsteller mit einer exakten Deutung
der communicatio idiomatum anzusprechen sei. Er unterscheidet
wohl mit Recht drei Perioden in der Theologie Theodorets
: bis zur Union, von der Union bis zum Ephesenum II
und von dieser Synode bis zu seinem Tode.