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Ausgabe:

1948 Nr. 9

Spalte:

546-550

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Konrad, Joachim

Titel/Untertitel:

Schicksal und Gott 1948

Rezensent:

Kinder, Ernst

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Theologische Literaturzeitung 1948 Nr. 9

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Christus allein, die Schaffung Adams vollzieht. Der unter dem Untertitel
..Bergpredigten" folgenden Ausdeutung der Tierdarstellungen des Hintergrunds
wird man nicht mehr folgen können. Der Eindruck, daß hier gewaltsam in jede
Einzelheit etwas hineingeheimnist wird, ist kaum mehr abzuwehren, zumal hier
Jeder literarische Beleg fehlt. Ausgezeichnet hingegen sind die Abschnitte
..Wunschland Indien" und „Der Baum des Lebens", die viele neue Erkenntnisse
bringen.

Eine reiche Fülle ikonographischer wie mythologischer Kenntnisse wird
'rn 5. Kapitel (Die Hölle) glücklich in den Dienst der Deutung gestellt. Adelsfeindschaft
und Mönchshaß der Sekte werden gut herausgestellt. Dann wird
elne ausgezeichnete Abhandlung über die Spiritualisierung des Höllenglaubens
durch die Brüder vom Freien Geist eingeschoben, ausgehend vom Apokatasta-
sisgedanken, der auch im Kamerykcr Protokoll unter den verketzerten Lehren
auftritt. Der Abschnitt über die Musikantenhölle ist voll verblüffender Aufschlüsse
, die in vorbildlicher Kleinarbeit gewonnen werden, so daß die Höllen-
tafel ihre Rätselhaftigkeit verliert. Die Fülle ansprechender Einzelerklärungen
lst auch andeutungsweise nicht aufzuzählen.

Sehr sauber wird zu Beginn des 6. Kapitels (Das Tausendjährige Reich)
durch eine übersichtliche Schilderung in die schwer übersehbare Fülle der
Einzelheiten der Mitteltafcl klar eingeführt. Die Deutung der Details, die zugleich
auch stets Deutung der Lehre der Brüder vom Freien Geist ist, ist
Wiederum etwas zu weitgehend. Fraenger wird von der Entdeckerfreude doch
«in wenig vom Boden der greifbaren Tatsachen in die Nebelwolken der freischwärmenden
Phantasie verlockt. Allerdings bleibt doch sehr viel Anerkennenswertes
von seinen Deutungen haften. Wenn er aber Jakob Böhme zur Deutung
heranzieht (S. 114 ff.), so erscheint das allein schon wegen des Zeitunterschiedes
verfehlt.

Im Schlußkapitel (Die Folgerungen) wird dann überzeugend das Bild des
Stifters ermittelt. Im Zusammenhang damit verweist Fraenger nochmals auf
die Einflüsse des florentinischen Neuplatonismus. Die Konzeption der Tafeln
Wird dann dem Stifter, den Fraenger den „Hochmeister des Freien Geistes"
nennt, zugewiesen. Bosch habe seine letzte Vollendung in diesem Bild unter
der Anleitung dieses Hochmeisters, seines Auftraggebers und Lehrers in den
Geheimnissen der Sekte, errungen. Auch ein Selbstbildnis Boschs glaubt
Fraenger feststellen zu können, und so nimmt er den Maler selbst als eingeweihtes
Mitglied der Bruderschaft in Anspruch.

Das Buch ist faszinierend geschrieben, wenn sich Fraenger
aUch gelegentlich in schwerverständliche Formulierungen
verliert. Sein Hauptwert liegt zweifelsohne nicht in den vielen
*u bejahenden Einzelergebnissen der gewissenhaften Ausdeutung
des rätselhaften Triptychon, sondern in der richtungweisenden
Art der forscherischen Arbeit, die hinter alle formalen
Probleme zu dem tiefsten gedanklichen Inhalt vorzustoßen
bemüht ist und sich nicht scheut, auch aus den entlegensten
Quellen der Sektengeschichte Beweismaterial zu-
^nnnenzutragen. Damit hat das Buch trotz gelegentlicher
Mängel der Geschichte der christlichen Kunst und auch der
Sektengeschichte einen unschätzbaren Dienst geleistet,
"aenger hat weitere Werke über Bosch angekündigt. Wir
erhoffen von ihnen, daß die Mängel dieses ersten in ihnen
Vermieden werden, unsere Kenntnis der nebenkirchlichen
Strömungen in der Kunst des ausgehenden Mittelalters aber
Weitere wertvolle Bereicherung erfahre.

Zum Äußeren wäre noch zu sagen, daß so häßliche Druckfehler, wie
•■paralet" statt Paraklet (S.43) und „apogryph" statt apokryph (S. 62)
hatten vermieden oder ausgemerzt werden müssen. Die dem Text beigegebenen
1 «fein zeichnen sich durch auch für die derzeitigen Schwierigkeiten der Rcpro-
""htion unnötig große Minderwertigkeit aus. Einzelheiten sind auf ihnen kaum
"tehr zu erkennen. Wir haben in letzter Zelt schon erheblich Besseres gesehen.

Berlin Klaus Wessel

Der Kunstbrief, hrsg. von Carl Georg Heise. Berlin: Gebr. Mann. Je 32 S.'
16 Taf. kl. 8». Je H. RM —.60.

H-29: Grünewald, Matthlas: Die Erasmus-Mauritius-Tafel. Einführung
von Ludwig Orote [1947J.

H-30: Der Reformationsteppich der Universität Greifswald. Einführung
von Hans Arnold Oräbke [1947].

^•33: Giotto di Londoner Die Oeschichte vonjoachirn und Anna-
Einführung von Theodor Hetzer [1944].

^•34: Raffael Sailti: Die Verklärung Christi. Einführung von O. Bock
v- Wülfingen [1940].

•36: Richter, Ludwig: Die hl. Genoveva. Einführung von Karla
Eckert [194C[.

^■38: Matltegna, Andrea: Die Madonna della Vittoria. Einführung
v°n Jan Lauts [1947[.

40: Riemenschneider, Tilman: Die Beweinung in Maidbronn.
Einführung von Max v. Frceden [1947].
"M'i Die Christus-Johannes-Gruppen des XIV. Jahrhunderts.
Einführung von Hans Wentzel [1947].

Auf diese verdienstvolle Sammlung, von der hier einige
*efte in Auswahl vorliegen, kann nur mit größtem Nachdruck
hingewiesen werden. In den einzelnen Heften wird
jeweils nur ein Kunstwerk oder eine zusammenhängende
Gruppe vorgenommen, die dafür von sachkundigen Verfassern
eingehend besprochen werden kann. Die Bildbeschrei-
bung wird unterstützt durch ausgezeichnetes Bildmaterial, wobei
besonders auch auf Teilausschnitte Wert gelegt ist. Der
Text beschränkt sich nicht auf eine ästhetische Würdigung;
es darf vielmehr als ein besonderer Vorzug der hier befolgten
Methode erscheinen, daß jedes Werk eine aufschlußreiche
historische und kulturgeschichtliche Einordnung erfährt. Sie
wird noch unterstrichen durch beigefügte zeitgeschichtliche
Dokumente. Nicht nur der kunstbeflissene Laie, sondern auch
der Kunsthistoriker, der Historiker und der Kirchengeschicht-
ler kann von diesen Heften reichen Gewinn haben.

Die hier angezeigten Hefte sind vor allem für den Kirchenhistoriker
von hohem Interesse. Das Grünewald-Heft (29)
führt unmittelbar in die Vorgeschichte der Reformation
hinein. Die Erasmus-Mauritius-Tafel ist für den Mauritiusaltar
der Stiftskirche in Halle, der Lieblingsgründung des
Albrecht von Mainz, geschaffen. Das Heft bietet eine willkommene
Ergänzung zur Geschichte des Ablaßstreites. Natürlich
sind auch die Ergebnisse der grundlegenden Grünewald-
biographie von Zülch verwertet. — Ein direkter Beitrag zur
Reformationsgeschichte ist das Heft 30 über den Reforma-
tionsteppich der Universität Greifswald. 1536 heiratete Herzog
Philipp von Pommern eine Schwester von Johann Friedrich
dem Großmütigen von Sachsen. Das Paar wurde von
Luther selbst in Torgau getraut. Der Teppich selbst ist wohl
1554 entstanden und kann als typisches Beispiel der Reformationskunst
gelten. — Mehr von ikonographischem Interesse
sind die Hefte 33 und 34 über Giotto und Raffael. — Heft 38
über Mantegna führt mitten hinein in die Zeitgeschichte. Das
Bild ist zum Gedächtnis des Sieges der Liga über Karl VIII.
von Frankreich gestiftet. Wie sich Franzesco Gonzaga, der
Sieger von Fornovo und Stifter des Bildes, seiner finanziellen
Verpflichtungen durch einen Willkürakt gegen einen jüdischen
Kaufmann entledigte, wirft ein höchst interessantes Schlaglicht
auf die Frömmigkeit und Moral der Zeit. — Heft 40 und 41
bringen wertvolle Beiträge zur Frömmigkeitsgeschichte. Die
Christus-Johannes-Gruppen sind künstlerischer Ausdruck der
Mystik, wie sie in den Frauenklöstern der Dominikaner gepflegt
wurde. Das Werk Riemenschneiders lenkt den Blick
auf die Passionsspiele. — Die hl. Genoveva von Ludwig Richter
ist ein besonders liebenswertes Werk. Das Heft ist ein hübscher
Beitrag zur Geistigkeit und Frömmigkeit der deutschen
Romantik. Interessant ist die Gegenüberstellung eines ähnlichen
Themas von Lukas Cranach, die den Unterschied des
Weltgefühls deutlich hervortreten läßt. —

Der Wert der christlichen Kunst zur Erhellung der Fröm-
migkeitsgeschichte ist längst erkannt, aber der theologische
Unterricht macht noch immer viel zu wenig Gebrauch von
dieser Veranschaulichung. Mit den vorliegenden Heften ist
ihm ein wertvolles Hilfsmittel dazu geboten.

Erlangen v. Loewenich

Schäffauer, Friedrich, Dr.: Das Münster in Schwäbisch Gmünd. Eine

künstlerische und theologische Beschreibung und Bewertung. Stuttgart-
Degerloch: Schloz 1947. 80 S. kl. 8». RM 1.80.

Wenn auch die Monographie über das Münster in Schwä-
bisch-Gmünd wohl mehr dem Bereich der Heimatkunde als
der Kunstgeschichte angehört, so haben solche Einzeluuter-
suchungen und Darstellungen dennoch zugleich ihre dankenswerte
Bedeutung für die kunsthistorische Forschung. Der
Wert des Heftes beruht auf der von Begeisterung und Liebe
getragenen Beschreibung des hervorragenden Bauwerks und
seiner Ausstattung, der ein kurzer Abriß der Baugeschichte
vorausgeht. Dagegen sind die Versuche stilgeschichtlicher
Einordnung und kunstkritischer Bewertung weniger überzeugend
und nicht frei von Irrtümern. Die Bildbeigaben
leiden unter dem ungeeigneten Papiermaterial. Es wäre erwünscht
, daß solchen Veröffentlichungen Strichzeichnungen
vor allen Dingen der Grundriß beigefügt würden.

Soest Paul Girkon

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Konrad, Joachim, Prof. Lic. theol. Dr. phil.: Schicksal und Gott. Untersuchungen
zur Philosophie und Theologie der Schicksalserfahrung. Gütersloh
: Bertelsmann [1947]. 366 S. 8». Hlw. RM 16.—.

Diese Untersuchungen gehen von der Frage aus, die die
konkrete Schicksalsproblematik unserer Zeit gebieterisch stellt:
wie sich das, was so elementar als „Schicksal" erlebt wirdi
zum christlichen Gottesglauben verhält. Jedoch wird diese

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