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Ausgabe:

1948 Nr. 9

Spalte:

540-541

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Fangen, Ronald

Titel/Untertitel:

... daß sie alle eines seien 1948

Rezensent:

Lau, Franz

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Theologische Literaturzeitung 1948 Nr. 9

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sehen Gesamtanschauung klären, und solange diese mit all
ihren Schwierigkeiten und tieferen Notwendigkeiten nicht das
Gewicht zurückgewinnt, das sie für Augustin und seine Vorläufer
zweifellos besaß, muß jede Untersuchung von deren
„antijüdischer" Einstellung etwas Äußerliches und nur halbwegs
Befriedigendes behalten.

Das zeigen nicht nur die „zusammenfassenden Betrachtungen zu Augu-
stins antijüdischer Polemik", mit deren äußerst dürftigen Ergebnissen das
Buch schließt. Überall fehlt das letzte geistige Band, der Übergang von der
literarischen zur geschichtlichen Erfassung der Zusammenhänge. Die Zusammenstellung
der voraugustinischen Literatur bleibt reine Zusammenstellung
, bei der zwar mancher erwägenswerte Hinweis auf Ursprungs- und
Datierungsfragen gemacht wird, eine Entwicklungsgeschichte der Motive
und des Problems aber nirgends geboten wird. Augustins eigene Oedanken
werden ebenfalls nur gesammelt, aber nicht aus dem Ganzen seiner
Ideenwelt heraus interpretiert. Das zeigt sich besonders in der Darstellung
seineralttestamentlichen Exegese: eine entscheidend wesentliche Anschauung
wie die Deutung Davids als Figur Christi steht auf der gleichen Linie wie die
abstrusen allegorischen Auslegungen etwa der Speisegebote. In dem Exkurs
über „die Verantwortung für die Kreuzigung" erscheint die (belastende bzw.
entlastende) Tendenz in der Beurteilung der Juden und Römer wie eine Einseitigkeit
Augustins, während sie in Wirklichkeit einfach auf das Neue Testament
zurückgeht.

An wichtiger Literatur vermisse ich nur: A. Frhr. v. Ungern-Sternberg,
Der traditionelle alttestamentliche Schriftbeweis „De Christo" und „De evan-
gelio" in der alten Kirche bis zur Zeit Eusebs von Cäsarea. Halle: Niemeyer
1913.

Heidelberg H. v. Campenhausen

KIRCHENKUNDE

Berggrav, Eivind, Bischof: Nathan SÖderblom. Genie und Charakter.
Berlin: Christlicher Zeitschriften-Verlag 1947. 48 S. m. 1 Abb. 8" = ökumenische
Reihe Bd. 4. RM 3.—.

E. Berggrav, der Bischof von Oslo, hat in diesem Heftchen
(48 S.) ein durchaus lebendiges Bild von dem großen schwedischen
Erzbischof gezeichnet. Berggrav hat besondere Voraussetzungen
dafür, weil er Söderblom sehr gut persönlich
kannte, und weil er mit der Geistesart Söderbloms durch einfühlende
Sympathie vertraut war. Es ist erstaunlich, wie vollständig
die wichtigsten Züge in Söderbloms Leben hier zur
Darstellung gekommen sind, sowohl die äußeren wie die
inneren. Seine Wirksamkeit als „Kirchenfürst" und als wissenschaftlicher
Theologe (Religionsphilosoph) ist treffend und
klar geschildert. Und dazu noch seine große Arbeit für die
ökumenische Bewegung, die von ihm in grundlegender Weise
gefördert wurde. Wie der Titel besagt, wird nicht nur das
Geniale bei Söderblom beachtet, sondern vor allem sein Charakter
als Christenmensch; als Motto setzt der Verf.: „Er war
ein güldener Strahl des Lichtes; in der Seelen irdischem
Kampfgebiet stand er in vorderster Reihe, ein Goldhelm des
Glaubens, womit uns Gott grüßte." Wer das Heftchen liest,
wird sich sagen, daß er mit einer der größten Persönlichkeiten
dieses Jahrhunderts bekannt geworden ist.

Oslo Hans Ording

Vogel, Hans: Katholische Kirche und evangelischer Glaube, st. Gallen:

Schweizerischer CVJM-Vlg. 1946. 139 S. kl. 8».

V. schreibt unter dem Eindruck, daß das Gespräch der
Konfessionen (auch in der Schweiz) neu erwacht ist: „In der
Zwinglistadt Zürich leben 105842 Katholiken. Umgekehrt
gibt es in katholischen Stammlanden eine ansehnliche evangelische
Diasporagemeinde. ... Zu den äußeren Gründen kommen
die innern: Die Erschütterungen der Zeit haben auf katholischer
und evangelischer Seite zu einer Neubesinnung auf
Grund und Gehalt des Glaubens geführt" (5). Da „möchte
die vorliegende kleine Schrift dem evangelischen Christen, vor
allem dem jungen, eine Hilfe zur Besinnung sein" (6). In fünf
Kapiteln behandelt V. folgende Themen: „Schauen und
Hören", „Die Schrift allein", „Christus allein", „Die Gnade
allein", „Triumphierende Kirche und Kirche unter dem
Kreuz". Das Sola fide der Reformation wird an Luthers
Klostererlebnis gut verdeutlicht (93 ff.). Gleichwohl könnte
der Glaube noch mehr in den Mittelpunkt der ganzen Auseinandersetzung
gerückt werden. Manches würde dann etwas
anders lauten müssen. Wenn V. z. B. sagt: „So hat sie (die
katholische Kirche) also, indem sie das Hören weitgehend dem
Schauen opferte, die Wahrheit weitgehend der Schönheit geopfert
" (25), so ist dabei übersehen, daß sich Rom mit Emphase
als „Säule und Grundfeste der Wahrheit" nach 1. Tim.
3, 15 bezeichnet. Aber indem es den Glauben nicht unmittelbar
an das Evangelium weist, sondern ihn dem kirchlichen
Lehramt unterwirft, wird die Wahrheit der kirchlichen Einheit
und Geschlossenheit geopfert. Auch die Auffassung der
Reformation als Restauration der Urkirche (36) ist unbefriedigend
. Es ging Luther nicht darum, 15 Jahrhunderte
Kirchengeschichte auszustreichen und die Kirche auf ihre Anfangszeit
für alle Zeiten festzulegen, sondern vielmehr darum,
die Kirche seiner Zeit und aller Zeiten zum Glauben an den
in Christus offenbaren Gott aufzurufen. Die Ablehnung der
Marien- und Heiligenverehrung und des Papsttums (63 ff-
71 ff., 79 ff.), die V. unter das Wort „Christus allein" stellt,
könnte vom Wesen des Glaubens her noch schärfer begründet
werden. Auch die Gegenüberstellung der katholischen und
evangelischen Kirche als triumphierender und Kirche unter
dem Kreuz dringt nicht tief genug angesichts der Leidensbe-
reitschaft, die die katholische Kirche im Hitlerjahrzwölft gezeigt
hat. — Im ganzen ist aber dieV.sehe Schrift trotz dieser
Ausstellungen wohl geeignet, den von ihr beabsichtigten Dienst
zu tun.

Greifswald E.Schott

Tyciak, Julius: Östliches Christentum. Warendorf/Westf.: J. Schnell
1947. 86 S. 8° = Die religiöse Entscheidung. Bücher kath. Selbstbesinnung
, hrsg. v. Dr. P. C. Schröder O. F. M. kart. RM 1.70.

Es ist warm zu begrüßen, daß das vorliegende Büchlein,
das 1934 in erster Auflage erschienen ist, nunmehr der Öffentlichkeit
in zweiter Auflage vorgelegt wird. Der Verf. versteht
es, dem Antlitz der östlichen Kirche immer wieder einen neuen
Reiz abzugewinnen. Seine Ausführungen sind von tiefer
Kenntnis sowohl der Eigentümlichkeiten wie der Probleme
ostkirchlichen Seins getragen und zudem in einer Sprache dargeboten
, die dem Inhalte angemessen ist. Die Darstellung
wendet sich nicht zunächst an einen gelehrten Kreis, sondern
will allen gebildeten, für echt Geistiges aufgeschlossenen Menschen
ein Führer sein, die Eigenart des östlichen Christentums,
vornehmlich in seiner slawischen Prägung, verstehen zu lernen.
Mancher Leser würde wohl eine. weniger enthusiastische
Sprache wünschen; aber Tyciaks Wort- und Formungskunst
fesselt doch zum Schlüsse die allermeisten, die anfänglich
innerlich weniger bereit waren ihm zu folgen.

Die gesamte Eröterung ist in drei Teile gegliedert: 1. „Die
Wesenselemente orientalischer Frömmigkeit", deren polarer
Charakter treffend aufgezeigt wird. (Ich hätte zu Beginn dieses
Abschnittes auf das Zitat von Franz Spunda verzichtet, weil
ich diesen Autor nicht für genügend tief erachte). Der 2. Teil
„Orientalische Welt als Wirklichkeit im Heiligen Geiste" ist
wohl das Kernstück des Ganzen; besonders schön scheint mir
der 5. Abschnitt über die Liturgie als Lebensform gelungen zu
sein. Im 3. Teil wird die Begegnung von Orient und Okzident
in der Una Sancta behandelt.

Ich wünsche dem Büchlein bedächtige Leser; sie mögen
sich an seiner Fülle unterrichten und erbauen!

Würzburg Georg Wunderle

Fangen, Ronald:... daß Sie Alle Eines Seien. Die ökumenische Botschaft
der Gruppenbewegung1. Basel: Heinrich Majer [1938]. 47 S. kl. 8°.

Der Verf. dieses Schriftchens mit dem Original-Titel
„Kristen Ehnet" ist Norweger. Gräfin Cecilie Wedel hat sein
Büchlein aus dem Norwegischen übersetzt. Von dem, was wir
so ökumenische Bewegung nunnen, hält er gar nicht viel-
Uber die Tagungen und Beschlüsse wird, so meint er, im
Himmel keine Freude sein. Gemeinsames Vorgehen der christlichen
Kirchen bei bestimmten Gelegenheiten zu einem Protest
hier, einem Eingriff dort, ist nutzlos und wertlos. Es gibt
nur einen Weg zur Uberwindung der Grenzmauern zwischen
den Kirchen, die man um kleiner dogmatischer Unterschiede
willen oder gar aus Machtgelüsten und wegen Organisations-
fragen aufgerichtet hat: Erweckung. „Wer die Christenheit
heute auf einer anderen Grundlage aufbauen will als auf einer
Erweckung, einer mächtigen Umwandlung der menschlichen
Denkweise und Lebensart, der baut auf Sand" (19). Die heute
so nötige Erweckung braucht man nicht mehr abzuwarten oder
gar zu betreiben. Sie ist längst im Gange. Die Gruppenbewegung
ist die eigentliche ökumenische Bewegung und etwas
ganz außerordentliches, nichts geringeres, als die Antwort
Gottes auf die schreiendste Not und die furchtbare Ohnmacht
unserer Zeit. Sie ruft zur wahren Sündenerkenntnis. Wo der
Ruf aufgenommen wird, finden sich Menschen aus allen Kirchen
und Sekten zusammen, und die Einheit der Christenheit
in Christus, die längst besteht, wird unter ihnen erfahrene und
erlebte Wirklichkeit.

Man freut sich gern der Wärme und der ehrlichen, herzlichen
Begeisterung für die Sache der Gruppe, mit der das alleS
niedergeschrieben ist. Man spürt, daß ein Laienchrist von dein

') Übgrs. a. d. Norweg. v. Gräfin Cecilie Wedel.