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Ausgabe:

1948 Nr. 1

Spalte:

33-36

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Johansson, Nils

Titel/Untertitel:

Det urkristna nattvardsfirandet 1948

Rezensent:

Fendt, Leonhard

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Theologische Literaturzeitung 1948 Nr. 1

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Standard-Text abweichender Versionen der griechische Bibel"
(S. 179).

Ähnlich liegen die Dinge bei der syrischen Übersetzung
des Alten Testaments, bei der Peschitto. Wenn hier auch angesichts
des Mangels an ausreichenden Vorarbeiten endgültige
und eindeutige Feststellungen noch nicht möglich sind, so ist
doch mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daI3 die Anfänge
dieser Ubersetzung bis in die Mitte des 1. Jahrhunderts
n. Chr. zurückgehen und daß es die in Adiabene, also östlich
des Tigris in der Gegend des heutigen Kerkuk lebenden
syrisch sprechenden Juden gewesen sind, bei denen sich das
Bedürfnis nach einem syrischen Targutn, zunächst für die
Thora, zuerst geregt hat.

In Adiabene, nämlich bei hier wohnenden und zum
Christentum übergetretenen Juden, nicht etwa in Edessa, wie
man meistens annimmt, werden auch wohl die ältesten Ubersetzungen
der Evangelien ins Syrische entstanden sein, die
dann Tatian in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts u. Chr.
hier seinem Diatesseron zugrunde gelegt hat. Denn dieses ist
von Haus aus syrisch abgefaßt, und das 1933 in Dura-Europos
am Euphrat zutage gekommene Pergament-Fragment eines
griechischen Diatesseron stellt eine Ubersetzung des syrischen
Originals dar. Die zu Beginn des 5. Jahrhunderts n. Chr.
von Bischof Rabbula in Edessa hergestellte neue Ubersetzung
der Evangelien, die dann als Peschitto maßgebend geworden
ist, hat, obwohl das ihr Ziel war, das syrische Diatessaron doch
nicht verdrängen können. Noch im 9. Jahrhundert n. Chr. ist
es mehrfach ins Arabische übersetzt worden, und zwei seiner
Textformen haben sich erhalten und können, methodisch ausgewertet
, für die Gewinnung des Urtextes von Tatians
Diatessaron einige Dienste tun.

Das ist, obwohl an sich schon ausführlich genug, immer
noch eine sehr unvollkommene Wiedergabe des reichen Inhalts
von Kahles Buch. Manche seiner Darlegungen — so die über
die mittelalterliche liturgische Poesie der Juden (S. 20—32),
über den Wert oder vielmehr Unwert der von Seligmann

Baer veranstalteten Ausgaben des hebräischen Bibeltextes
(S. 63—66), über die Bemühungen um die richtige Lesung des
Koran (S. 78—84, usf.), über die Aufgabe einer vormaso-
retischen hebräischen Grammatik (S. 109 f.), über Origenes
und seine Hexapla (S. 159—165, 231—234), über Juden und
Christen in Adiabene und in Edessa (S. 184—187), über den
Versuch, die zweite der uns erhaltenen Textformen des
arabischen Diatessaron mit drei auerkannten christlicharabischen
Autoritäten in Verbindung zu bringen (S. 213
—216) — mußten übergangen oder konnten doch nur ganz
flüchtig berührt werden. Vollends muß hier von dem Versuch
einer kritischen Auseinandersetzung mit Kahles — nie ohne
Begründung, aber gelegentlich doch sehr entschieden ausgesprochenen
— Urteilen über Wert und Unwert von Arbeiten
anderer Gelehrter abgesehen werden, was um so eher geschehen
kann, als Kahle selbst in manchen Fällen darauf
hinweist, daß zur endgültigen Beantwortung dieser und jener
Frage das zur Verfügung stehende Material oder die bisher
auf dieses gewendete Forschungsarbeit noch nicht ausreicht.
Bei den Anfängen der Peschitto wurde das bereits erwähnt,
aber auch sonst, etwa bei der Würdigung der Karaiten
(S. 53 f.) oder der Klassifizierung der Aleppoer Bibelhand-
schrift (S. 57 f., 68), wird auf die. unserer Erkenntnis noch
gesetzte Schranke hingewiesen, und in anderen Fällen, etwa
bei der Frage nach der Notwendigkeit und Möglichkeit einer
von der tiberiensischen Punktation absehenden vormasore-
tischen hebräischen Grammatik, wäre vielleicht Ähnliches zu
sagen gewesen. Anregend, in höchstem Maße anregend bleiben
Kahles Ausführungen aber auch da, wo sie auf noch nicht
ganz gesicherter Grundlage beruhen und daher der Kritik
Ansatzpunkte bieten. So danken ihm alle für die vielen in
dem vorliegenden Buch behandelten und geklärten Probleme
Aufgeschlossenen aufrichtig für das, was er ihnen damit gegeben
hat, und wünschen, daß es ihm vergönnt sein möge,
wenigstens einen großen Teil der hier von ihm aufgezeigten
Zukunftsaufgaben noch selbst in Angriff nehmen und lösen
zu können.

ZUR ABENDMAHLSFRAGE

Johansson, Nils: Det urkristna nattvardsfirandet. Dess reiigionshisto-

riska bakgrund, dess Ursprung och innebörd. (Die urchristliche Abendmahls-
feier, ihr religionsgescliichtlicher Hintergrund und ihr Inhalt.) Lund: C. W.
K. Oleerup [1944]. 231 S. 8".

Die neuere wissenschaftliche Literatur zur Abendmahls-
forschung seit 1921 umfaßt etwa die Namen: B. Frischkopf

1921, G. P. Wetter 1921 und 1927, R. Eisler 1925, W. O. E.
Oesterley 1925, Y. Brilioth 1926 und 1930, H. Lietzmanu
1926, K. L. Schmidt 1926, K. Völker 1927, A. Loisy 1928, G. M.
C Mac Gregor 1928, Alb. Schweitzer 1929, H. Hubeng29,
W. Goossens 1931, P. W. Maxfield 1933. F- Dölger 1934 ulld

1922, R. Hupfeid 1935. J- Jeremias 1935 und l937, E. Loh-
meyer 1937 und 1938, A. Arnold 1937, K. G. Goetz 1937.
H. Sasse 1941, E. Gaugier 1943 — und für all diese Jahre:
Odo Casel und seine Mitarbeiter am Jahrbuch für Liturgiewissenschaft
(seit 1921). Nun kommt Nils Johansson dazu mit
einem gewichtigen Beitrag, auf welchen alle kommende Forschung
wird zurückgreifen müssen. Johanssons Werk ist vor
allem ein exegetisches Werk. Und zwar liegt seine Bedeutung
in dem umfassenden Nachweis, daß die urchristliche Abend-
mahlsfeier zureichend aus den im AT, Spätjudentum und Urchristentum
sich findenden Motiven erklärt werden kann, so
daß es keiner Herleitung aus der heidnischen Religionswclt
bedarf. Im Mittelpunkt steht dem Verf. das Motiv: Durch
Mahlgemeinschaft wird unter Menschen Friede, wird ein Bündnis
gestiftet (Jos. 9, Gn. 43, 15-34. I- Rg- 13. 7») - durc1}
die Opfermahlzeit wird Gemeinschaft mit Gott gegeben und
Gemeinschaft unter den Mahlteiluehmcrn (Gn. 31, 44—55;
18, i_8; Judic. 13, 23); hier ist ein besonderer Fall die Mahlzeit
im Messiasreich, im kommenden Äon (Aeth. Hen. 62, 14;
Jes. 25,6) — durch die Mahlgemeinschaft mit Jesus, dem „verborgenen
Menschensohn", wird man Teilhaber des Reiches
Gottes und des Mcnschensohnes (z. B. Mc. 2, 15—17:2, 18—20)
—• durch die Fortsetzung der Mahlgemeinschaft mit dem nun
verherrlichten Christus hat man im Urchristentum Christum
und das Reich Gottes (z. B. 1. Cor.) — das in der Parusie
vollendete Reich Gottes wird von Jesus als Mahlgemeinschaft
gesehen (z. B. Lc. 13, 29). Der Verf. erklärt auf Grund der
zahlreichen Nennungen von Mahlgeineinschaften in der Bibel
und von in die Bibelsprache eingegangenen Mahlbildern (neben

der Bibel: Apokryphen, Pseudepigraphen, Mischna, Talmud,
Midrasch): Es war in der jüdischen Religion durchaus vorbereitet
[Hypothese: besonders in Galiläa], daß die Mahlgemeinschaft
im NT und bei Jesus dieselbe Rolle spielt, welche seinerseits
das Wort Jesu [der Verf. fügt bei: und das Wunder Jesu]
hat; durch das Wort [und das Wunder Jesu (Johansson)]
wurden die Menschen in das Reich Gottes und in den „verborgenen
Menschensohn" hineingezogen, aber ebenso, und das
noch „uliintellektueller", durch die Mahlgemeinschaft mit
Jesus! Das letzte Mahl Jesu hat durchaus seine besondere Bedeutung
, aber zunächst gehört es in die Reihe „Mahlgemeinschaft
mit Jesu" während der ganzen öffentlichen Wirksamkeit
Jesu hinein, sagt Johansson. Die Besonderheiten des
letzten Mahles Jesu liegen nach J. in folgenden Momenten:
1. Mahlgemeinschaft gerade mit dem „in den Tod gehenden
Gottesmann" (vgl. Gn. 27 und Jub.); 2. Mahlgemeinschaft
innerhalb des Passamahls; 3. Charakterisierung der Mahlgemeinschaft
mit Jesus durch die Deuteworte zu Brot und Wein.
Das von der Urchristenheit gefeierte Abendmahl setzte die
Mahlgemeinschaft mit dem verherrlichten Christus in der
Weise der Mahlgemeinschaft mit Jesus während seines Erden-
lebens fort, aber nun besonders in der Weise des letzten Mahles
Jesu, wobei die Kategorie „Passainahl" ihre Rolle verlor, aber
folgende Momente aus Jesu letztem Mahl hervortraten. 1. das
„Gedächtnis" (Anamnese) des Todes Jesu und der dadurch
vollbrachten Erlösung; 2. die Deutung von Brot und Wein als
der „Symbole" des Todes Jesu „für die Vielen"; 3. das eschato-
logische Moment (das messianische Mahl im neuen Äon); 4. die
Kirche als der Leib Christi. Zu 1. sagt der Verf.: Das „Gedächtnis
" (die Anamnese) des Todes Jesu ist in 1. Cor. 11, 24
das Betonte, die „Wiederholung" ist eine Selbstverständlichkeit
im Texte, gemeint ist die Wiederholung gerade „zu
meinem Gedächtnis". In dieser Forderung aber redet die Ur-
tradition, nicht eine,.Privatoffeubaruug" desPaulus (na^elaßor
1. Cor. 11, 23 = Traditionsempfang, qibbel min). Zu 2.": Jesus
ist nicht bloß der „verborgene Menschensohn", sondern zugleich
der Ebed JHWH (Mc. 10, 45). Die Deutungsworte zu
Brot und Wein hat Mc. noch ursprünglicher als Paulus, aber
des Paulus Tradition ist auch sehr alt, beide gehen auf die
aramäische Tradition zurück; Lc, der nicht gekürzt werden
darf, hatte eine besondere Tradition über Jesu letztes Mahl
zur Verfügung, außer der Mc.-Tradition; Mt. stellt Mc. nahe
und hat de Uftoiv ä/ia^xitüv wegen Jer. 31, 31 ff. Die Deu-