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Ausgabe:

1948

Spalte:

29-34

Autor/Hrsg.:

Eissfeldt, Otto

Titel/Untertitel:

Literarische Schätze aus der Geniza der alten Synagoge in Alt-Kairo 1948

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Theologische Literaturzeitung 1948 Nr. 1

30

— E. Percy, Untersuchungen über den Ursprung der johanneischen Theologie
. Lund. 1939. — J. Rabeneck, Einführung in die Evangelien durch Darlegung
ihrer Gliederung. 1941. — W. H. Raney, The Relation of the Fourth
Gospel to the Christian Cultus. Gießen. 1933. — R. Reitzenstein, Das
iranische Erlösungsmysterium. 1921. — R. Reitzenstein, Die hellenistischen
Mysterienreligionen. 3. Auflage. 1927 u. a. — C. H. Roberts, An Unpublished
Fragment of the Fourth Gospel in the John Rylands Library. Manchester.
1935. — J. Armitage Robinson, The Historical Character of St. John's
Gospel. 2. Edition. London. 1929. — H. H. Schaeder, in: R. Reitzenstein
u. H. H. Schaeder, Studien zum antiken Synkretismus aus Iran und Griechenland
. 1926 u.a. — A. Schlatter, Der Evangelist Johannes. 1930 u.a. —
L. Schmid, Johannesevangelium und Religionsgeschichte. Ev.-theol. Dissertation
. Tübingen. 1933. — A. Schweitzer, Die Mystik des Apostels Paulus.
1930. — E. Schweizer, EGO EIMI. 1939. — E. Seeberg, Entstehung und
Entwicklung des Christentums bis zum Aufbau der antiken Reichskirche, in:
Die Neue Propyläen-Weltgeschichte. 1940. — T. Sigge, Das Johannesevangelium
und die Synoptiker. 1935. — V. H. Stanton, The Gospels as
Historical Documents. Cambridge, I 1903; III 1920.— E. Stauffer, Die Theologie
des Neuen Testaments (1941). '1947. — H. Strathmann, Geist und

Gestalt des 4. Evangeliums. 1946. — R. H. Strachan, The Fourth Evangelist
Dramatist orHistorian? London. 1925 u.a. — B. H. Streete*r, The
Four Gospels. 5. Edition. 1936. — F. Torrn, Die Psychologie des 4. Evangeliums
: Augenzeuge oder nicht? In: Zeitschrift für die neutestamentliche
Wissenschaft 30 (1931), 124ff. — F. Torrn, Die Psychologie der Pseudo-
nymität im Hinblick auf die Literatur des Urchristentums. 1932. — C. C. Tor-
rey, The Aramaic Origin of the Gospel of John, in: Harvard Theological Review
16 (1923), 305ff. — C. C. Torrey, The Four Gospels. New York. 1933. —
C. C. Torrey, Our translated Gospels. New York. 1936 u. a. — H. E. Weber,
Die Vollendung des neutestamentlichen Glaubenszeugnisses durch Johannes.
1912 u.a. — J. Wellhausen, Erweiterungen und Änderungen im 4. Evangelisten
. 1907. — H. Windisch, Der johanneische Erzählungsstil, in: Eucha-
risterion (Gunkel-Festschrift) II. 1923. — H. Windisch, Johannes und die
Synoptiker. 1926 — H. Windisch, Die Absolutheit des Johannesevangeliums
, in: Zeitschrift für systematische Theologie 5 (1928), 3ff. — H. Windisch
, Das 4. Evangelium und Johannes, in: Theologische Blätter 16 (1937),
144ff. u. a. — W. Wrede, Charakter und Tendenz des Johannesevangeliums.
1903, Neudruck 1933. — J. de Zwaan, Inleiding tot het Nieuwe Testament.
Deel I. Haarlem. 1941.

Liierarische Schätze aus der Geniza der alten Synagoge in Alt-Kairo

Pnul Kahles Untersuchungen über Text und Ubersetzungen der hebräischen Bibel

Von Otto Eißfeldt. Halle/Saale

Kahle's, aus den Schweich Lecturcs on Biblical Archaeo-
logy für 1941 hervorgegangenes Buch ,,The Cairo Geniza"1
stellt den Niederschlag der gerade ein halbes Jahrhundert umfassenden
Bemühung eines Gelehrtenlebens dar. Denn sein Verfasser
hat sich — neben mannigfachen anderen Gegenständen
aus dem weiten Gebiet der Orientalistik — von seinen wissenschaftlichen
Anfängen an den hier behandelten Hauptfragen, die
um den hebräischen Bibeltext und seine alten Übersetzungen
kreisen, immer wieder zugewendet und sie in „langer Jahre
redlich Streben stets geforscht und stets gegründet, nie geschlossen
, oft geründet", dabei unermüdlich neue Quellen —
alte Manuskripte und Fragmente von solchen — erschließend
und die neuesten Veröffentlichungen über sie auswertend.
Unter den neu herangezogenen Quellen kommt den der Geniza,
d. h. der „Rumpelkammer" der Alten Synagoge von Alt-Kairo
seit dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts entnommenen
alten Dokumenten bei weitem die größte Bedeutung zu,
und sie sind es, die jene Hauptfragen weithin in ganz neue
Beleuchtung gerückt haben. So ist es berechtigt, wenn Kahle
seinen Vorlesungen von 1941 und dem jetzt erschienenen
Buche den Titel „The Cairo Geniza" gegeben hat.

Von dieser Geniza, von ihren Schätzen an alten Handschriften
und deren Auswertung, spricht die erste „Vorlesung"
(S. 1—35), die auf einige der dort gemachten Funde, nämlich
die Fragmente des hebräischen Jesus Sirach, der zadokitischen
Damaskus-Schrift, der Bibelübersetzung des Aquila, der Nachrichten
über die dem letzten Viertel des ersten Jahrtausends
n. Chr. angehörenden jüdischen Dynastie der an der südlichen
Wolga ansässigen Chazaren, der mittelalterlichen jüdischen
liturgischen Poesie, etwas genauer eingeht. Die zweite (S. 36
—116) und die dritte (S. 117—228) „Vorlesung", beide dreimal
umfangreicher als die erste und noch durch die Addenda
auf S. 229—234 ergänzt (die Schlußseiten S. 235—240 bringen
den Index), gelten dem hebräischen Bibeltext (S. 36—116) und
den alten Übersetzungen (S. 117—228) und legen dar, wie die
in der Geniza gemachten Funde das Verständnis ihrer Geschichte
gefördert haben.

Die zweite „Vorlesung" hat zunächst das Samaritanische
Targum sowie den arabischen Pentateuch der Samaritaner
zum Gegenstand und zeigt an den für diese beiden vorliegenden
Handschriften die — später beim babylonischen und beim
palästinischen Targum, bei der Septuaginta und bei der
Peschitto, beim syrischen Diatessaron und bei dessen arabischer
Übersetzung immer wieder beobachtete Tatsache auf,
daß bei Übersetzungen der Bibel mannigfaltige Textformen
am Anfang liegen und sich erst allmählich ein anerkannter
Textus reeeptus durchsetzt. Dann ist von Kahles, durch
Funde aus der Kairorer Geniza, die dem 6. bis 9. Jahrhundert
angehören, geförderten Bemühungen um die babylonische
Punktation des hebräischen Bibeltextes die Rede, wie sie zu
seinem Buche „Masoreten des Ostens" von 1913 und seinem
Aufsatze „Die hebräischen Bibelhandschriften aus Baby-
lonien" in'zAW 1928, S. 113—137 und Taf. 1—70 geführt
haben, und davon, daß das babylonische Punktationssystem
des hebräischen Bibcltextes wahrscheinlich durch die ost-

') Kahle, Paul E.: The Cairo Geniza. London: Oxford University
Press 1947. XII 240 S. 8« m The Schweich Lectures of the British Academy
1941.

syrische Punktationsart beeinflußt ist. Während trotz der
Verdrängung des babylonischen Punktationssystems durch
das später allein maßgeblich gewordene tiberiensische sich
Fragmente von mehr als 120 Handschriften mit babylonischer
Punktation erhalten haben, sind als Zeugen für das palästinische
Punktationssystem (so benannt nach einer mittelalterlichen
rabbinischen Nachricht), d. h. das System, das in
Palästina dem tiberiensischen vorangegangen ist, nur Fragmente
von 6 Bibelhandschriften, dem 6.-8. Jahrhundert angehörend
, übrig geblieben, die bis auf eine in Kahles Werk
„Masoreten des Westens" von 1927 und 1930 genauer behandelt
worden sind. Dazu kommen freilich eine beträchtliche
Anzahl von Fragmenten andersartiger so punktierter
Texte: Targum-, Mischna-, Midrasch-, Masora-Texte und vor
allem liturgisch-poetischer Texte, so daß auch das palästinische
Punktationssystem in seiner Entwicklung klar erkennbar
wird und sich in ihr gar zwei Stufen, eine ältere, einfachere
und eine jüngere, mehr ausgebildete, mit der zwischen
700 und 750 liegenden Grenze, unterscheiden lassen. Viel
besser aber sind wir über die Urheber der maßgebend gewordenen
tiberiensischen Vokalisation, namentlich über die
hier besonders wichtige Ascher-Familie unterrichtet, deren
ältestes Glied, Rabbi Ascher, in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts
geblüht hat, während ihr vorletzter Vertreter,
Mosche ben-Ascher, im Ausgang des 9. und sein Sohn Aron
in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts gewirkt haben. Den
Anstoß zu seinen Bemühungen um die Sicherung des hebräischen
Bibeltextes hat der Anfänger dieser Masoreten-Dynastie,
Rabbi Ascher, Zeitgenosse des 'Anan ben-üavid, des Begründers
der puritanischen Bewegung der Kara'iten, wahrscheinlich
von dieser Bewegung empfangen. Vom Werk der beiden
letzten Glieder dieser Dynastie aber, Mosche und Aron, ermöglichen
uns mehrere auf sie zurückgehende hebräische
Bibelhandschriften eine gute Vorstellung, nämlich 1. der von
Mosche 895 in Tiberias geschriebene Prophetenkodex, der sich
seit 800 Jahren in der Kara'iten-Synagoge zu Kairo befindet;
2. der um 930 von Aron mit Punktation und Masora versehene
Kodex der ganzen hebräischen Bibel, der — vorher in
der Jerusalem-Synagoge zu Alt-Kairo und dort von Maimo-
nides in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts gesehen —
jedenfalls seit der Mitte des 15. Jahrhunderts in der Synagoge
der sephardischen Juden zu Aleppo liegt; 3. der die ganze
hebräische Bibel enthaltende Kodex B 19 a der Öffentlichen
Bibliothek in Leningrad, der 1008 oder 1009 nach einem auf
Aron zurückgehenden Text — aber nicht, wie man früher geglaubt
hat, der jetzt in Aleppo befindlichen Handschrift —
kopiert worden ist; 4. der Peutateuch-Kodex MS. Or. 4445
des Britischen Museums, dessen Punktation und Masora auf
Aron zurückgeht, und zwar aus der frühen Periode seiner Wirksamkeit
herrührt. Neben Mosche und Aron aus der Ascher-
Familie hat noch ein anderer Masoret in Tiberias eine große
Rolle gespielt, Ben-Naphtali. Eine im 10. Jahrhundert von
Mischael ben-Uzziel verfaßte Schrift über die Unterschiede
zwischen Punktation und Masora der AscherFajnilie einerseits
und des Ben-Naphtali anderseits sowie eine Anzahl von
Geniza-Fragmenten hebräischer Bibelhandschriften mit Ben-
Naphtali-Text ermöglichen uns eine etwas genauere Vorstellung
von der Art der auf Ben-Naphtali zurückgehenden
Textform und damit zugleich das Verständnis des von den