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Ausgabe: | 1948 Nr. 7 |
Spalte: | 397-416 |
Autor/Hrsg.: | Rowley, Harold H. |
Titel/Untertitel: | Die internationale Arbeit am Alten Testament 1940-1947 1948 |
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Theologische Literaturzeitung 1948 Nr. 7
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laufe an einer höheren Stelle der Spirale, sondern in dem
allein Vorangehenden gegenüber neuen Gedanken von der Geschichte
als rein menschlicher Schöpfung, in der Ausdehnung
der Betrachtung auf die gesamte menschliche Welt, in der
kritischen Durchleuchtung des kulturellen Gehalts der antiken
Mythen. Nur auf die biblisch-christliche Uberlieferung wandte
Vico seine im übrigen ganz moderne Betrachtungsweise nicht
an, wohl aus Besorgnis vor einem Zusammenstoß mit der
katholischen Kirche.
Um die methodologische Grundlegung der Disziplin der
Kirchengeschichte bemüht sich der Tübinger Kirchenhistoriker
Gerhard Ebeling in seiner Abhandlung „Kirchengeschichte
als Geschichte der Auslegung der Heiligen Schrift" '. Er sucht
1. zunächst die Stellung der kirchengeschichtlichen Disziplin
im Ganzen der Theologie festzustellen, erörtert dann 2. ihre
Beziehung zur Geschichtswissenschaft überhaupt und schließlich
3. das gegenseitige Verhältnis von Kirchengeschichte und
Profangeschichte. Es ist klar, daß sich Punkt 2 und Punkt 3
logisch nicht klar sondern lassen. In der zweiten Hälfte des
Aufsatzes sucht er Gegenstand und Methode der Kirchengeschichte
herauszuarbeiten, zuerst negativ durch Abweisung
der am römisch-katholischen Kirchenbegriff und der am
,,schwärmerischen" Kirchenbegriff orientierten Kirchengeschichte
(das moderne Denken ,,in allen seinen Abstufungen"
ist dem Verf. „eine radikale Form des Schwärmertums"), —
dann positiv durch eine von CA VII ausgehende Definition
der Kirchengeschichte als Geschichte der Auslegung der
Heiligen Schrift. Die Ausführungen des Verf.s sind gedankenreich
und lebendig; neben manchem Anfechtbaren
begegnen auch manche richtigen Einsichten. Aber die Grundthese
leuchtet mir nicht ein. An die Stelle der Kirche setzt
er die Verkündigung des Wortes Gottes, als« eine Tätigkeit
der Kirche; Kirche ist aber auf alle Fälle eine Gemeinschaft
und nicht eine Tätigkeit dieser Gemeinschaft. Um seine Auffassung
vom Gegenstand seiner Disziplin plausibel zu machen,
gibt er dem Begriff der „Auslegung" eine Ausdehnung, die er
selbst als „unübersehbar weit" bezeichnet. Ja, er will sogar
die „negative Beziehung zur Heiligen Schrift" mit einbezogen
wissen. Das bedeutet aber, daß wir ins Uferlose geraten und
kein scharfes Prinzip der Stoffauswahl mehr haben.
Die internationale Arbeit am Alten Testament 1940-1947
III. Religionsgeschichte, Alttestamenlliche Theologie.
Religionsgeschichte
Nyström, S.: Beduinentum und JahwismUS. Eine soziologisch-religionsgeschichtliche
Untersuchung zum Alten Testament. Lund: Oleerup 1946.
Kr. 10.—.
Diese vergleichende Studie ist dazu bestimmt zu zeigen,
nicht nur daß die Geschichte Israels den unaufhörlichen Konflikt
zwischen den Sitten und Idealen der nomadischen Völker
Arabiens und den entgegengesetzten der ansässigen Bevölkerung
Palästinas widerspiegelt, sondern daß die Jahweverehrung
ein drittes Element einführte, das, obwohl es manche
der sozialen Ideale der Wüste bewahrte, doch in bewußtem
Widerstreit zu dem Stolz und der Selbstgenügsamkeit des
Beduinen stand. Das Werk als Ganzes ist interessant und anregend
, ermangelt aber leider der Ausgeglichenheit. Indem
sich der Verf. auf die Gegebenheiten konzentriert, die neuere
oder relativ neue Berichte über die Beduinen liefern (Burck-
liardt, Doughty, Hartmann, Heß, Jaussen, Musil, Oppenheim
und andere) und die Gegebenheiten vernachlässigt, die jetzt
für ein besseres Verständnis der kanaanäischen Kultur zugänglich
sind, läßt er offensichtlich der letzteren kaum Gerechtigkeit
widerfahren.
Cartrefle A. R. Johnson
Obermann, j : How Daniel was blessed with a son. Baltimore: American
Oriental Society 1946.
Obermann bietet hier eine neue Deutung der zweiten (tatsächlich
der ersten) Tafel der ugaritischen Legende von Aqhat,
dem Sohn Dan'els; in deren Verlauf rekonstruiert er etwas
kühn 15 aufeinanderfolgende fehlende Verszeilen aus Parallelstellen
. Er sieht in der Erzählung die Widerspiegelung eines
Inkubationsritus und vergleicht sie mit den „verschiedenen in
der Bibel vorhandenen vorgeburtlichen Erzählungen, in denen
durch göttliches Eingreifen die Manneskraft eines alten Ehegatten
wiederhergestellt, die Gebärunfähigkeit einer unfruchtbaren
Frau geheilt wird", aber er gibt zu, daß von den beiden
anderen Motiven, die die ugaritische Szene charakterisieren,
nur mehr oder weniger schwache Echos in den vorgeburtlichen
Erzählungen der Bibel unterscheidbar seien. Andere gemeinsame
Punkte, die gefunden werden, sind der Zyklus von
sieben Tagen als eine rituelle Gegebenheit und soziale Gewohnheit
und die Pflichten der Kinder gegenüber ihren Eltern.
Obwohl immerhin eine große Zahl scharfsinniger Beobachtungen
in dieser Abhandlung steckt, ist doch viel Spekulation
darin enthalten.
Oxford G. R. Driver
Thomas, d.w.: „The Prophet" in the Lachish Ostraca. London: Tyn-
dale Press 1946. 2 s. 6d.
Prof. Thomas untersucht in diesem interessanten Vortrag
das geheimnisvolle Problem des „Propheten", der an vier
Stellen in den berühmten hebräischen Scherben aus Lakisch
■) Ebeling, Gerhard, Prof. Dr. theoi.: Kirchengeschichte als Geschichte
der Auslegung der Heiligen Schrift. Tübingen: j.c. B.Mohr
1947. 28 S. gr. 8" - Sammlung gemeinvcrständl. Vorträge und Schriften
aus dem Oebiet der Theologie und Religionsgeschichte 189.
erwähnt wird, und schließt nach einer sorgfältigen Untersuchung
der Belege mit der Feststellung, daß der Prophet
nicht Jeremia sei und daß wir tatsächlich „nicht wissen, wer
er war". Nebenbei richtet Prof. Thomas die Aufmerksamkeit
auf einen fundamentalen Irrtum, der dem Versuch, den Propheten
zu identifizieren, zugrunde liegt, nämlich, das Beharren
auf der „Behandlung der Ostraka als einer zusammengehörenden
Gruppe" und fügt eine kluge Warnung hinzu, irgendeine
unmittelbare Beziehung zum Alten Testament bei allen neuen
archäologischen Entdeckungen in Palästina zu suchen.
Oxford G. R. Driver
Jansen, h l.: Die Henochgestalt: eine vergleichende religionsgeschichtliche
Untersuchung. Oslo: Dybwad 1939. Kr. 10.—.
Die These dieser Abhandlung ist die, daß in der Gestalt
des Henoch, wie sie im Äthiopischen Henoch dargestellt wird,
sowohl einheimische wie fremde Elemente enthalten sind. Der
überweltliche Henoch ist die in jüdischer Hülle erscheinende
Darstellung des Babyloniers Ea-Oannes, während der irdische
Buoch ein Prophet und Weiser ist, der in sich die Aufgaben
eines israelitischen Propheten des Gerichts und des Heils und
die eines kaldäischen Weisen und Apokalyptikers vereinigt.
So wird auch der Menschensohn des Henochbuchs mit Ea-
Oannes identifiziert. In 1. Henoch LXXI, 14 ist daher
Jansen imstande, den Text beizubehalten, der Henoch mit
dem Menschensohn identifiziert, anstatt ihn willkürlich mit
Charles zu emendieren. Der Verf. diskutiert nicht das Datum
und die Komposition des Henochbuchs, abgesehen davon, daß
er einmal beiläufig bemerkt, daß die Ideen des Abschnitts,
den man als Wochenapokalypse kennt, auf denen des Danielbuchs
beruhen mögen, von dem sie eine Weiterentwicklung zu
sein scheinen, während er anscheinend eine grundlegende Einheit
in dem Werk findet, anstatt es auf mehrere Verff. zu verteilen
.
Manchester h. h. Rowley
Heidel, A.: The Gilgamesh Epic and Old Testament Paralleles. Chicago
and Cambridge 1946. 20s. Od.
Das vorliegende Buch ist eine Parallele zu der „Babylonischen
Genesis" (Chicago 1942) des gleichen Verf.s. Nach einer
allgemeinen Einleitung über die Gilgameschlegende bietet Dr.
Heidel eine neue Übersetzung des ganzen Gedichts, gefolgt von
Ubersetzungen aller überlieferten Texte, nicht nur der sumerischen
und akkadischen, sondern auch der griechischen 1 aber er
gibt nicht den ursprünglichen Text, weder den des Gedichts
selbst, noch den der sekundären Quellen. Die letzten 132 Seiten
sind langen Diskussionen über die Probleme gewidmet, die dieser
Zyklus von Legenden hervorruft, nämlich Flut und Tod und
Ewiges Leben. Der Verf. hatte den unschätzbaren Vorteil des
Zugangs zu den Karteien des assyrischen Wörterbuchs, das
eben im Orientalischen Institut der Universität Chicago zusammengestellt
wird, und er hat vollen Gebrauch von diesem
Privileg gemacht; folglich sind die Ubersetzungen beträchtlich
fortgeschrittener als ihre Vorgänger. Die Darlegungen der
Anschauungen der Sumerer und Akkader über Tod und
Ewiges Leben sind reich an Zitaten aus der gleichen Quelle
und lohnen ein sorgfältiges Studium sehr; aber die Ausblicke