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Ausgabe:

1948

Spalte:

357-358

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Fransén, Nat.

Titel/Untertitel:

Nya Testamentet på Svenska 1526-1541 1948

Rezensent:

Schmidt, W.

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357

Theologische Literaturzeitung 1948 Nr. 6



358

Es fehlt also eine einheitliche exegetische Methode; es fehlt
auch eine kritische Durcharbeitung der theologischen Begriffe
. Gewiß ist zugegeben, daß das ganze Werk ein relativ
einheitliches theologisches Gesicht erhalten hat, aber sowohl
exegetisch als auch dogmatisch erheben sich gegen einzelne
Bände mehr oder weniger Bedenken.

Haucks Erklärung der ,.Kirchenbriefe" hat den Vorzug,
in allen Teilen mit den exegetischen Einzelfragen vertraut zu
sein und unmittelbar auf sie hinzuführen. Vorsichtig in den
Entscheidungen, frei von unnötigem Ballast, umfassend im
theologischen und religionsgeschichtlichen Blickpunkt, spricht
der Ausleger zum Leser. Allerdings mag man fragen, ob es
notwendig ist, zur Erklärung des Jakobusbriefes so stark auf
das spätjüdische Schema (A. Meyer) einzugehen. G. Kittels
Ansatz (ZNW. 41, 1942) sollte in der Literaturangabe (S. 5)
nicht fehlen. Am meisten Bedenken erregt die Erklärung der
johanneischen „Briefe", die dem Verf. schwer gefallen ist. In
der Literatur findet sich nur ein Hinweis auf die Analyse
E. Lohmeyers, dagegen fehlt eine Erwähnung von Ev. Dob-
schütz und R. Buitniann (ZNW. 8, 1907 und 1927). H. verzichtet
auf einen klaren Aufbau und meint, das ganze Schreiben
gleiche mehr dem Wogenspiel des Meeres (S. 115, ähnlich
116). Aber auch sachlich und begrifflich wird unser Verf.
unklar. Was heißt es, wenn gesagt wird: „Im Unterschied
zum Hellenismus, der hier wesentlich eine physische Todesüberwindung
erhofft, ist bei Job. die ethische Beziehung miteingeschlossen
" (119) oder: „Durch die Lebensgemeinschaft
mit Christus haben sie ( = die Christen) ein neues Leben, das
nicht rein mehr Naturablauf ist, sondern der Natur überlegen
, seinen Herd (Lebenssitz) nicht in der Natur hat"
(151)? Derartige Ausführungen sind sowohl exegetisch als
auch dogmatisch unzureichend. Der antignostische Kampf
des Johannes wird wohl gesehen und in Gegensätzen herausgestellt
, aber die theologische Position des Johannes wird
stark modernisiert und daher verzeichnet. Grundsätzlich
wäre es gut, zur Exegese der johanneischen Schriften die Gesetze
der jüdischen Traditionsbildung, ihre Begriffe und Denkformen
heranzuziehen, was gewöhnlich nicht geschieht.

Tübingen O. Michel

Strathniann, H„ D.:Was soll die „Offenbarung" des Johannes im

Neuen Testament? Mit 2 Beilagen: 1. Dionysiiis von Alexandrien über
die Offenbarung des Johannes, 2. Luthers Vorrede auf die Offenbarung des
Johannes v. J. 1530. 2., verb. Aufl. Gütersloh: Bertelsmann [1947]. 38 S. 8«.
Die I.Auflage dieser, besonders auch für Nichttheologeu,
wertvollen kleinen Schrift (1934) ist ThLZ 60 (1935) 377 f.
von H. Sehlingensiepen angezeigt worden. In ihrer neuen Gestalt
unterscheidet sie sich von der alten wesentlich nur durch
die Ausführungen S. 19—22 über die Joh.-Apk. als prophetisches
Buch (Weissagung, nicht Wahrsagung!) und über
Kap. 4 und 5 als Grundlagen der johanneischen Geschichtsschau
: Gottes himmlische Majestät der Halt der gläubigen
Gemeinde in allem Tohuwabohu des Weltgeschehens, das
Kreuz Christi der Schlüssel zum Rätsel der Weltgeschichte.
Die kritische Anleitung, die Str. dem Leser der Apk. gibt, aus'
dem Labyrinth der falschen Erklärungen (kirchengeschiebt-
lichc, weltgeschichtliche Deutung usw.) herauszukommen und
den wahren Sinn mit Hilfe einer Auslegung zu finden, die
zeitgeschichtlich, endgeschichtlich und traditionsgeschichtlich
zugleich ist, und der Hinweis auf Job. 18, 36 und
Apk. 21,5 als Kurzfonneln für das johauneische theologische
Gesehichtsvcrständnis sind die wichtigsten Hilfen für die Beantwortung
der Themafrage, die Str. gibt. „Die in diesen
Formeln wiedergegebene, von Gott herkommende cschato-
logische Tiefendeutung des Weltgeschehens und die aus ihr
unmittelbar erwachsende siegesgewisse Mahnung zur Geduld
und zur Treue sind von einer Aktualität, die sich nicht nur
in früheren Jahrhunderten bewährt hat, sondern sich gerade
auch im gegenwärtigen Zeitpunkt aufs neue bezeugt"
f Schlingensiepen a. a. O. S. 378). Str.s wissenschaftlich aufs
beste fundierte und vom Geist der Apk. ergriffene Schrift
kann der Kirche bei ihrem Bemühen um Weckung des Verständnisses
für das besondere Wort Gottes, das in der Apk.
ergangen ist, große Dienste leisten.

Berlin J. Bclim

Fransen, Nat.: Nya Testamentet pä Svcnska 1526-1541. En käii-

undersökning. Stockholm: Svenska Kyrkans Diakonistyrelses Bokforlag
o. J. II, 138 S. 4" = Nya studier tili reformationstiden I, 1. Kr. 6.—.
Innerhalb von 15 Jahren erschienen in Schweden 1526—
1541 zwei Ubersetzungen des Neuen Testaments, nämlich
„Thet Nyia Testamentit pä Swensko" 1526, und das Neue
Testament in der Vollbibel 1540—1541. Diese zwei Ubersetzungen
weichen in sprachlicher Hinsicht erheblich voneinander
ab. Zum schwedischen Bibeljubiläum 1941 hat Prof.
Nat. Lindqvist eine kritische Ausgabe der späteren Ubersetzung
besorgt, in der im Apparat auch sämtliche Abweichungen
der früheren Ubersetzung vermerkt sind.

Lektor Nat. Fransen ist nun in seiner Arbeit, Nya testamentet
pä svenska 1526—1541, der Ansicht, daß die Abweichungen
in den beiden Ubersetzungen nicht nur sprachlicher
Art, sondern auch dogmatischer Art seien. Er versucht
zu zeigen, daß die Ubersetzung vom Jahre 1526 zwar das
Luthertestament von 1522 gekannt habe, sich aber durchgehend
der plattdeutschen Ubersetzungsüberlieferung der
devotio moderna (Kölner Bibel 1478, Lübecker Bibel
1494 und Halberstadtbibel 1522) anschließe. Dagegen sei die
schwedische Ubersetzung vom Jahre 1541 eine direkte Uber-
tragung des hochdeutschen Luthertextes.

Um seine These zu begründen, gibt der Verf. eine weit-
schweifende geschichtliche Ubersicht, in der er die Laienfrömmigkeit
der devotio moderna, mit ihrem Individualismus,
Konziliarismus und dem Prinzip der Volkssouveränität, dem
mit der Reformation einsetzenden Neufeudalismus gegenüberstellt
. Nach Fransen entspricht die bürgerliche Geschichtsschreibung
den Ideen der devotio moderna, die humanistische
der fürstlichen Kanzleien dagegen den Grundsätzen
der Reformation. Die Devotio moderna hat sich — wie der
Verf. hervorhebt — schon früh um die Übersetzung der Bibel
in die Volkssprachen bemüht, und gleichzeitig hat sie, unter
dem Einfluß humanistischer Ideen, die wortgetreue, philologisch
genaue Ubersetzung erstrebt. Die ersten plattdeutschen
Bibeldrucke sind typische Erzeugnisse dieser Bestrebungen;
und desselben Geistes ist das schwedische Neue Testament
vom Jahre 1526.

Es ist natürlich verlockend, den Versuch zu machen, die
zwei sprachlich voneinander abweichenden schwedischen
Ubersetzungen des Neuen Testaments der Reformationszeit
in weitere geschichtliche Zusammenhänge zu bringen. Das ist
auch früher versucht worden. Leider reichen jedoch die Tatsachen
zur Begründung des behaupteten dogmatischen Unterschiedes
nicht aus. Auch der dargebotene Aufriß der Reformationsgeschichte
scheint mehr dem Willen zur Originalität
als ernsthafter Forschung entsprungen zu sein. Karl Ulimaus
„Reformatoren vor der Reformation" (1842) und Albert
Hymas „The Christian Renaissance, A History of the Devotio
Moderna" (1924), auf die der Verf. hinweist, dürften als Unterbau
kaum tragfähig sein. Auch in Einzelheiten zeigt Fransen
größeres Interesse für seine Gesamtansicht als für Genauigkeit
in der Wiedergabe des historischen Stoffes. Seine Angaben
müssen deshalb auf jeden Einzelfall hin nachgeprüft
werden. Die mit Hingabe geschriebene Arbeit hat daher zunächst
den Wert neuer, eigenartiger Gesichtspunkte, deren
sachliche Begründung noch zu erweisen ist.

Abo W.A. Schmidt

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Kaphan, Fritz: Zwischen Antike und Mittelalter. Das Donau-Aipcn-
land im Zeitalter St. Severins. München: Hermann Rinn [1947]. 236 S. 8".
I'p. RM 6.50.

Zu diesem Buch ist der Verf., der im übrigen wirtschafts-
gcschichtliche und geschichtsphilosophische Arbeiten veröffentlicht
hat, nach dem Nachwort des Verlegers durch Jacob
Burckhardt angeregt worden, dessen Briefe er herausgegeben
hat. Er wollte zeigen, wie in einer aus den Fugen geratenen
Welt die geistige und sittliche Kraft, die sich in einem wahrhaften
Mensehen sammelt, als ruhender Toi übrig bleibt.
Kaphan holt weit aus. In einem ersten Kapitel schildert er
die Begründung der Römcrherrschaf t und die Ausbreitung der
antiken Kultur in Norikum, in einem zweiten die Verhältnisse
in Norikum während der spätantiken Zeit. Das dritte Kapitel
wendet sich dem Christentum und seinen frühen Anfängen
in Norikum zu. Das vierte und umfangreichste schildert dann
den Untergang der Rötnerherrschaft und das Wirken St. Severins
in diesem Lande. Das fünfte Kapitel sucht den Sinn der
Völkerwanderung unter germanischem Blickpunkt zu erfassen
, während in den vorhergehenden die römischen Verhältnisse
im Vordergrund standen. Es wird ergänzt durch eine
Darstellung des Verhältnisses des rugischen Königshauses zu
Severin (Kap. 6). Eine Zusammenfassung der Ergebnisse
(Kap. 7) schließt das Buch.

Kaphan holt wie gesagt, jeweils sehr weit aus, zieht die
Literatur, auch ausländische, reichlich heran und stellt das
Geschehen in große Zusammenhänge.