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Ausgabe:

1948 Nr. 5

Spalte:

289-290

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Tertullianus, Quinti Septimi Florentis Tertulliani opera 1948

Rezensent:

Hofmann, Johann Baptist

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289

Theologische Literaturzeitung 1948 Nr. 5

290

erörtern sind. Das Hauptverdienst Duensings liegt nun gerade
in der Gewinnung eines einwandfreien Textes: es ist ihm gelungen
, die äthiopische Version in endgültig gesicherter Gestalt
vorzulegen und durch eine sorgfältige Ubersetzung dem
Kirchenhistoriker eine sichere Unterlage für weitere Forschungen
zu bieten.

Hamburg, z. Z. Göttingen Bertold Spuler

Tertulliani opera, pars I. Ree. A. Reifferscheid et G. Wissowa. Wien:

Hölder-Pichler-Tempsky u. Leipzig: Akad. Verlagsges. 1890. XV, 396 S.

gr. 8" = Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum vol. 20. RM 14.—■.
—, pars III. Ree. Ae. Kroymann. Ebda 1906. XXXVII, 650 S. gr. 8« -

Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum vol. 47. RM 26.—.
—, pars II vol.2. Ree. Ae. Kroymann. Ebda 1942. XLVIII, 331 S. gr. 8« -

Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latin, vol.70. RM 24.—.
—, pars II vol. 1. Apologeticum rec. H.Hoppe. Ebda 1939. LI, 121 S-

gr. 8* - Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum vol. 69. RM 12.—.

Die Herausgabe Tertullians im Wiener Kirchenväterkorpus
hat eine lange, durch mancherlei Unterbrechungen
und Hemmungen verzögerte Geschichte hinter sich. Nachdem
1890 der I. Band von Reifferscheid-Wissowa erschienen war,
folgte bereits 1906 Teil III von Kroymann; dieser hatte die
Fahnen von Teil II 2 schon 1914 zum Druck gegeben, als der
Krieg und nach dessen Ende die erhöhten Dienstpflichten, die
die Leitung des Steglitzer Gymnasiums neben anderen ehrenamtlichen
Bürden mit sich brachte, die Fertigstellung unerwartet
lange hinausschob. Dazu kam allerdings noch ein
sachlicher Grund: 1916 hatte Wilmart den wichtigen Codex
Trecensis saec. XII entdeckt und herausgegeben, der die ganze
handschriftliche Überlieferung Tertullians auf eine neue
Grundlage stellt. Kroymann zieht nun in der ausführlichen
Praefatio zu II 2 die Schlußfolgerungen aus diesem bedeutsamen
Neufund: der Trecensis stimmt nicht weniger als 84mal
mit dem ältesten Codex Agobardinus (saec. IX) überein;
andererseits erweist er, daß schon im Agob. manches geändert
und interpoliert wurde, so daß auch der jüngeren Uberlieferung
ihr Wert zukommt. Die Sammlung der 5 Bücher Tertullians
im Trecensis scheint die früheste, die veranstaltet wurde
(5. Jh.); als ihr Redaktor wird scharfsinnig Vincentius Lerinen-
sis vermutet, der sich hinter dem Nicasius der subscriptio
(als eine Art Ubersetzung) verbergen könnte. Die nachfolgenden
Urheber der Masburgensischen und der Agobardinischen
Sammlung (mit 12 bzw. 21 Büchern) kannten sich gegenseitig
und ihren Vorgänger (den Trec.) nicht; ihre Entstehung ist
vor 495 anzusetzen, dem Jahr des Gelasianischen Ediktes, das
die Schriften Tertullians als häretisch ächtete. Die Clunia-
censer Sammlung schließlich enthält mit 27 Büchern allein
die antihäretischen Schriften Tertullians; sie scheint nach der
Mitte des 6. Jh. in Spanien entstanden zu sein. Aus diesen
tiefschürfenden Untersuchungen schält sich als Grundsatz
heraus: ohne Emendation ist in keinem Buche Tertullians
auszukommen; Hauptfehlerquellen sind falsche Schreibungen
oder falsch aufgelöste Kompendien, Wortverlust, falsche
Wort- und Satzstellung, Eindringen von Interpretamenten und
Interpolationen in den Text.

Auch Hoppes Ausgabe des Apologeticum konnte aus der
langen Dauer der Fertigstellung — bereits 1909 hatte ihn sein
Lehrer Wissowa mit der Vollendung der schon weit gediehenen
Ausgabe betraut — Nutzen ziehen; inzwischen hatten die nordischen
Tertullianforscher, vor allem Thörnell, den Nachweis
erbracht, daß beide Fassungen, die des Fuldensis und die der
Vulgatahandschriften, auf Tertullian selbst zurückgehen. Da
aber die Vulgatafassung die besser überlieferte ist, ist sie, obwohl
zeitlich später, an erster Stelle zum Abdruck gebracht,
während die Varianten des Fuldensis, soweit sie von Tertullian
selbst herzurühren scheinen, an zweiter Stelle (vor dem
kritischen Apparat) verzeichnet sind. Uber die Gründe dieser
Doppelfassung wie über das Verhältnis zu einer dritten Formulierung
in der Schrift adversus nationes gibt die Praefatio
lichtvolle Auskunft.

Es ist zu hoffen, daß der Schlußband der Wiener Ausgabe
(IV), der die übrigen, bei Ohlerl abgedruckten Schriften
bringen wird, nicht mehr allzu lange auf sich warten läßt.
Dann dürfte endlich ein von philologischer wie theologischer
Seite gleicherweise ersehntes, aber immer wieder hinausgeschobenes
Desiderat seiner Erfüllung entgegengehen: ein
vollständiger Index verborum zu Tertullian, der nicht nur
literargeschichtliche Fragen klären helfen wird (z. B. die umstrittene
Urheberschaft der Passio Perpetuae), sondern die
Sprache dieser eigenwilligsten aller frühchristlichen Persönlichkeiten
aufhellen wird, nicht nur inwieweit sie sich in den
Ablauf der Stilgeschichte der heidnischen Schriftstellerei eingliedert
, sondern insofern sie einen Beitrag liefert zur Entwicklung
der frühen Kirchensprache durch Umprägung und
Umdeutung profaner Wörter und Begriffe, auch soweit sie in
den Bibelzitaten ein Zeuge ist für die älteste lateinische Bibelübersetzung
.

München J.B. Hofmann

Enßlin, Wilhelm: Zur Ostpolitik des Kaisers Diokletian. München:

Bayer. Akad. d. Wissensch.; C. H. Beck i. K- 1942. 83 S. gr. 8' - Sitz. Ber.

d. Bayer. Akad. d. Wiss. Phil.-hist. Abt. Jg. 1942. H. I. RM 5.—.

In der vorliegenden Abhandlung führt der Verf. entgegen
älteren Auffassungen den Nachweis, daß Kaiser Diokletian
sich selbst gerade die schwierigste Aufgabe vorbehalten hatte,
vor der das Imperium damals stand: die Sicherung der Ostgrenze
. So sehr dieser „vorsichtige Rechner" sich als Oberkaiser
dem ganzen Reich verpflichtet wußte, nahm er sich
doch des gefährdeten Ostens in besonderem Maße an. Sowohl
durch Reformen im Inneren als auch durch politisch-militärische
Maßnahmen suchte er im Blick auf die Ostgrenze das
Imperium zu schützen.

Die Untersuchung gilt vornehmlich den kriegerischen
Auseinandersetzungen zwischen dem Reich und Persien, dem
Aufstand in Ägypten, den die Perser auszunutzen versuchten,
als sie den Krieg gegen das Reich im Jahre 296 eröffneten,
und schließlich der Sicherung der Grenze nach erfolgreicher
Beendigung der Kriegshandlungen. Nach Auffassung des Verf.
hatte der Kaiser Diokletian im Osten keine Gebietserweiterungen
erstrebt, sondern sich ausschließlich auf die Reichsverteidigung
beschränkt.

Diokletian besaß nicht nur den geschulten Blick für die
Nöte seines Reiches, sondern er übersah auch die ihm zu Gebote
stehenden Mittel und wußte vor allem aus Erfahrungen
früherer Feldzüge, wie er dieser Nöte Herr werden konnte.
Mit derselben Energie, mit der der große Illyrer militärische
Aufgaben zu meistern verstand, war er auch imstande, umfassende
Maßnahmen auf dem Gebiete der Gesetzgebung und
der Verwaltung damit zu verbinden. Die Ostpolitik dieses
Kaisers, vor allem die Sicherung der römisch-persischen
Grenze, hat dazu beigetragen, dem Imperium einen 40 jährigen
Frieden im Osten zu gewähren. Die vorliegende Abhandlung
läßt das Bild des Politikers Diokletian scharf hervortreten,
der freilich, nachdem er das Reich gesichert zu haben meinte,
an der Gegnerschaft zum Christentum scheitern und darüber
resignieren mußte.

Münster Robert Stupperich

Ziliiacus, Henrik: Zur Sprache griechischer Familienbriefe des

III. Jahrhunderts n. Chr. (P. Michigan 214—221). Am 19. Okt. 1942 von
H. Gummerus und J. Sundwall vorgelegt. Helsingfors: Akademische Buchhandlung
u. Leipzig: Otto Harrassowitz 1943. 52 S. gr. 8" = Societas Scien-
tiarum Fennica. Commentationes Humanarum Litterarum. XII. 3.

Aus der Menge der griechischen Privatbriefe auf Papyrus
greift Z. eine kleine Gruppe heraus, um sie auf Inhalt und
Sprache genauer zu untersuchen. Diese Briefe aus der Sammlung
der University of Michigan sind von Winter in den
Michigan Papyri III veröffentlicht worden; sie bewegen sich im
Kreise einer Familie, deren Haupt Paniskos ist, und stammen
aus dem Jahre 296 n. Chr. Wie es scheint, sind die meisten
im oberägyptischen Koptos geschrieben worden, während
Frau und Tochter des Paniskos sich im Fajum aufhielten;
den letzten schickte seine Frau aus Alexandreia an ihre Mutter.
An sich bieten diese Briefe nichts Besonderes; es gibt viele
größere Gruppen, deren Zusammenhang viel reicheren Aufschluß
gewährt. Aber die Zeit der Paniskos-Briefe, der entscheidenden
Wende zu der frühbyzantinischen und christlichen
Lebensordnung, verspricht ein lohnendes Ergebnis.

Z. berührt nur die allgemeinen Voraussetzungen, die
Formeln der Briefe, den Unterschied des Privatbriefs von der
Epistel wie von dem Briefwechsel mit amtlichen Stellen und
Personen, und die Merkmale des Berufsschreibers. So gewiß
man sich weithin Briefe vom Lohnschreiber verfertigen ließ,
wofern nicht der Wohlhabende einen Schreibsklaven beschäftigte
, so müssen wir doch in jedem Falle fragen, was vom
Urheber, was vom Schreiber herrühre. Nicht nur die Bildung
beeinflußte die Sprache, sondern auch der Inhalt: Eltern und
Kinder, Gatten untereinander haben ihren eignen Stil; überdies
wirkt vielfach der gelernte Schulstil sowie die Vorlage
des Briefstellers nach. Seine Eigenheit hat auch der christliche
Brief, obwohl die meisten unter ihnen sich nur mit recht
irdischen Dingen befassen. Aber sie verraten sich in der Regel
an der Eingangsformel: Gruß im Herrn Gott (xaioeiv iv xvQty
i>eiö) oder ähnlich. Die Paniskos-Briefe reden zwar oft vom
Herrn Gott in der Einzahl (4 xiQtos 9e6t), von Gottes Willen
(&tov &eovroe), aber ebenso unzweideutig von Göttern in der