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Ausgabe: | 1948 Nr. 4 |
Spalte: | 231-232 |
Kategorie: | Systematische Theologie: Allgemeines |
Autor/Hrsg.: | Fremgen, Leo |
Titel/Untertitel: | Das Dämonische in christlicher Schau 1948 |
Rezensent: | Stephan, Horst |
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Theologische Literaturzeitung 1948 Nr. 4
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dieses Bekenntnisses für die Kirche heute. Die reformierte
Anschauung der Christokratie wird in jeder Hinsicht deutlich
bekannt. Jesus Christus ist die Ordnung und Wahrheit des
christlichen Lebens. In Jesus Christus begegnet das Geheimnis
der Gestalt und Regierung der Kirche. Er allein regiert
die Kirche selbst; auch die Kirchenleitung kann nur Dienst
sein. Für die wissenschaftliche Besinnung der Theologie ist
vielleicht aus diesen Ausführungen nichts so wichtig, wie die
Auffassung der Kirchengeschichte als der Geschichte der Auslegung
der heiligen Schrift, der von Jesus Christus selbst vollzogenen
Auslegung der Schrift in der Kirche, S. 176L Kirchlich
praktisch am weitgreifendsten und von wahrhaft revolutionärer
Kraft ist die Vorlesung über den politischen Gottesdienst
, die im Anschluß an Art. 24 des Bekenntnisses sowohl
den Gehorsam gegen die von Gott gesetzte Obrigkeit wie den
Widerstand gegen unrechtmäßige Obrigkeit um Gottes willen
fordert. Der politische Gottesdienst besteht dann darin, daß
die Christen ihre positive Mitarbeit der Obrigkeit dann zur
Verfügung stellen, „wenn uns der gottesdienstliche Sinn der
politischen Ordnung durch den Staat selbst, durch seine Haltung
und Taten, durch sein Eintreten für Recht, Frieden und
Freiheit, durch sein Verfahren der Kirche gegenüber deutlich
und glaubwürdig gemacht ist", S. 211. Karl Barth beschränkt
zwar im Gegensatz gegen Knox und dessen alttestamcntlich
theokratische Darlegungen die positive Arbeit des Staates für
die Kirche auf die Verschaffung und Erhaltung der Freiheit der
christlichen Botschaft; aber wo diese gefährdet wird, gilt es
auch nach Karl Barth, der Tyrannei zu widerstehen und der
göttlichen Forderung des Widerstandes gegen die politische
Macht gehorsam zu folgen, also unter Umständen auch Gewalt
gegen Gewalt zu setzen. Auch in dem ernstesten Fall
hat die Kirche darum zu beten, daß ihr die Resistenz überhaupt
oder wenigstens die gewaltsame Resistenz erspart
bleibt.
Berlin-Spandau Martin Albertr
Fremgen, Leo, Lic. Dr.: Das Dämonische in christlicher Schau. Ein
Beitrag zum Verständnis unserer Zeit. Bielefeld: Bechauf 1947. 28 S. 8*.
RM 1.40.
Vorliegende Schrift enthält einen mehrfach gehaltenen
Vortrag, der zugleich wissenschaftlich und praktisch ausgerichtet
ist. Sie will einerseits das Dämonische als das „schleichende
anonyme Gift aufdecken, welches die Menschen durchsetzt
, ohne daß Einhalt zu gebieten wäre", anderseits dem
Wandel der Vorstellung vom Dämonischen nachgehen, der sich
heute notwendig im Verhältnis zum biblischen Befund vollzieht
. Der 1. Abschnitt (S. 5—11) skizziert die biblischen Vorstellungen
, die für den Gedankengang wichtig scheinen, unter
besonderer Betonung der paulinischen ,,Gewalten", und führt
zu dem Satze, daß in der Bibel die Einheit des Bösen unter
zwei Gesichtspunkten verstanden wird: subjektiv als Sünde
(hamartologisch; „Herz" des Menschen), objektiv als die alle
Weltwirklichkeit durchziehende Verlockung zur Sünde (dämo-
nologisch). Der 2. Abschnitt (S. n—14) faßt nun speziell das
Dämonische ins Auge. Er stellt 4 Merkmale zusammen: es ist
„ein außerweltliches immateriell-fluides Prinzip"; es ist „all-
zeits und allerorts potentiell, kann also immer und überall
hervortreten, aktuell werden"; es „vollendet sich nach dem
Gesetz der Lawine"; der Mensch, der sich in seinen Dienst
stellt, „ist stets betrogen". Der 3. Abschnitt (S. 15—18) zeigt
die Wirksamkeit des Dämonischen auf dem wirtschaftlichsozialen
, dem politischen, dem ästhetischen, dem religiösen
Gebiet. Der 4. (S. 18—26) konkretisiert die gewonnenen Ergebnisse
an dem Erleben der jüngsten Vergangenheit, das
gleichmäßig von der Schuld des Menschen vor Gott und von
der „Verwobenheit des Menschen in meta-logische Gesetzmäßigkeit
", eben in die des Dämonischen, zeugt. Den Schluß
(S. 26—28) bildet der eindrucksvolle Hinweis auf Gott als die
rettende Wirklichkeit der Wirklichkeiten und auf das Gebet als
die allein wirksame Waffenrüstung gegen die schleichende
Macht des Dämonischen.
Schon diese Ubersicht beweist, daß hier in straffster
Knappheit ein großer Reichtum von Gedanken dargeboten
wird. Man fühlt sich fest an die Hand genommen. Und man
folgt dieser Führung gern; denn man spürt, daß ein selbständiger
Kopf am Werke ist, der auf ungewohnten Wegen
beachtenswerte Anregungen zu geben weiß. Und inhaltlich hat
nicht nur das Thema, das Fr. sich stellt, zweifellos gerade
heute hohe Bedeutung, sondern auch das Ziel, das er dabei
verfolgt, ist verdienstlich: eine Entmythologisierung, die den
Wirklichkeitsgehalt des Dämonischen nicht psychologisch oder
ideologisch auflöst, sondern mit kräftigen Strichen positiv
herausarbeitet. Darum sind der Schrift viele aufmerksame
Leser zu wünschen. Allerdings macht Fr. es seinen Lesern
keineswegs leicht. Die durch den Vortragscharakter und den
Papiertnangel bedingte Knappheit führt dazu, daß vieles, das
der Klärung bedürfte, im Dunkel bleibt. Schon die Art Metaphysik
des Dämonischen, die dem Verf. am Herzen liegt
(2. Abschnitt), kommt in solcher Kürze kaum über Behauptungen
hinaus. Und der Drang, dem Dämonischen eine feste,
rational faßbare Eigenstruktur zu geben, läßt das Verhältnis
zu Gott, damit das Geheimnis des Bösen und dos an sich sehr
wohl gesehene Moment der Schuld undeutlich werden. Eine
stärkere Berücksichtigung dieser Fragen würde dem 3. Abschnitt
größere Tiefe geben. Vielleicht wäre manches deutlicher
geworden, wenn Fr. Raum gewonnen hätte, sich einerseits
mit den Vorstellungen der christlichen Uberlieferung
(Erbsünde, Reich der Sünde), anderseits mit dem Begriff des
Dämonischen bei Goethe sowie bei Tillich und andern neueren
Theologen auseinanderzusetzen. Aber angesichts der Kürze
wäre es unfruchtbar, mit Einzelkritik zu beginnen. Der Leser
tut besser, sich durch den positiven Gehalt des Heftes anregen
zu lassen, und zwar sowohl im Sinn der weiteren Durchdenkung
des Themas selbst wie in dem der Geschichts- uud
Zeitkritik.
Leipzig Horst Stephan
Die Veröffentlichungen der Vatikanischen Bibliothek 1935-1947
Soeben erscheint I libri editi dalla Biblioteca Vati-
cana MDCCCLXXXV—MCMXXXXVII. Catalogo ragionato
e illustrato. Citta del Vaticano; Biblioteca Apostolica Vati-
cana MCMXXXXVII. 52, 188 S., 6 Taf., 8 Abb. 2». Diese
glänzend ausgestattete Publikation der Vatikanischen Bibliothek
enthält nach einem Vorwort von Anselmo M. Albareda
(S. V—X) eine umfangreiche Einführung und Übersicht über
die editorische Arbeit der Vatikanischen Bibliothek (S. XI—
LH). Dann folgt als Hauptteil eine Bibliographie sämtlicher
Publikationen, in 4 Gruppen gegliedert, wobei jeweils eine
kurze Würdigung beigefügt sowie das Inhaltsverzeichnis abgedruckt
wird. Mit Rücksicht darauf, daß etwa seit 1935 nur
noch ein Bruchteil dieser zum Teil grundlegenden und für die
wissenschaftliche Arbeit unentbehrlichen Werke in die Hand
der interessierten Fachkreise kam, wird an Hand dieses Katalogs
nachstehend eine Zusammenstellung der Publikationen
der Jahre 1935—1947 geboten. Für die Publikationen der
Jahre 1945—1947 wird die Einführung (von einigen Ausnahmen
abgesehen) voll mit abgedruckt, denn es wird wohl
noch manche Zeit vergehen, bis all die aufgeführten Arbeiten
zur Rezension vorliegen oder bis die Fachgelehrten sie selbst
werden erlangen können. Selbstverständlich kann die nachstehende
Ubersicht eine Rezension der Werke nicht ersetzen.
Aber die ThLZ erhofft dennoch den Dank der Leser für die
gebotene Orientieruugsmöglichkeit. Sobald die Arbeiten selbst
vorliegen, werden ausführliche Rezensionen folgen. Einteilung
und Reihenfolge der nachstehenden Ubersicht entsprechen dem
Katalog der Vatikanischen Bibliothek; in Klammern sind jeweils
die Nummern dieses Katalogs angegeben, da wohl nur
wenige der deutschen Leser der ThLZ den Katalog selbst in
die Hand bekommen werden, sich aber vielleicht gelegentlich
darauf beziehen wollen.
Handschriftenkataloge und Allgemeines
Codices Vaticani latini. Codices 10701—10875. Recensuit Johannes Bapt.
Borino, Bibliothecae Apostolicae Vaticanae scriptor. 1947. 581 S.
Codices Vaticani latini. Codices 10701—10875. Recensuit Johannes Bap-
tista Borino, Bibliothecae Apostolicae Vaticanae scriptor. Indices. 1947.
380 S. (6).
Codices Reginenses latini. Tomus I. Codices 1—250. Recensuit Andreas
Wilmart, presbyter et monachus ordinis S. Benedicti. 1937. XVIII,
846 S. (15).
Codices Reginenses latini. Tomus II. Codices 251—50ü. Recensuit Andreas
Wilmart, presbyter et monachus ordinis S. Benedicti. 1945. VIII, 991 S.
[1]. (16).
Codices Ferrajoli. Tomus I. Codices 1—425. Recensuit Franciscus Alolsius
Berra, Bibliothecae Vaticanae scriptor. 1939 [4]. 898 S. (21).