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Ausgabe:

1948 Nr. 4

Spalte:

213-214

Kategorie:

Altertumswissenschaft

Titel/Untertitel:

Kirchengeschichte Palästinas im Zeitalter der Kreuzzüge 1099 - 1291 1948

Rezensent:

Elliger, Karl

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213

Theologische Literaturzeitung 1948 Nr. 4

214

arbeit berücksichtigt, nachdem Werke wie Watzingers „Denkmäler
Palästinas" oder Gallings „Biblisches Reallexikon",
auch Barrois' „Manuel d'Archeologie Biblique" in ihrer Art
vorgearbeitet hatten.

Das Ganze gliedert sich nach einer Einleitung über Ziel
und Weg, Quellen, Chronologie, die archäologische Forschung
in Palästina, das Land, Vorgeschichte (S. 1—23) in fünf große
Hauptabschnitte: A. Haus und Haushalt (S. 24—69), B. Familie
(S. 70—104), C. Staat und Gesellschaft (S. 105—167),
D. Wirtschaft (S. 168—263), E. Religiöse Bräuche und Einrichtungen
(S. 263—371). Ein umfassendes Register (S. 372—
392) schließt den Texteil ab.

Daß man nicht mit allem einverstanden ist, liegt in der
Natur der Sache. Teils hängt das mit der Verschiedenheit des
Geschichtsbildes zusammen, das die protestantische Forschung
erarbeitet hat. Immerhin sollte z. B. in der Beurteilung des
verfassungsrechtlichen Charakters des judäischen bzw. nordisraelitischen
Königtums nach A. Alts Arbeiten keine Meinungsverschiedenheit
mehr bestehen. Sätze wie den: „Im
Nordreiche ist das Königtum vom Volke allein ausgegangen"
(S. 109) oder den, daß Sauls „Machtbereich über Juda und
Benjamin kaum hinausging" (S. 114), würde ich nicht unterschreiben
mögen. Aber auch in rein archäologischen Fragen
scheint mir z. B. die Zurückhaltung in der Beurteilung des
Wertes der Keramik als Mittel zur Zeitbestimmung ein wenig
zu weit zu gehen. Ob hier nicht doch der Eigenwille des sonst
durchaus verdienstlichen P. Vincent hemmend gewirkt hat ?
(S. 225L). Glücklicherweise ist die Skepsis des Verf.s mehr
grundsätzlicher Natur, während in der Praxis die Datierungen
der Ausgräber angenommen werden.

Gelegentliche Unzulänglichkeiten der Darstellung könnten bei einer Neuauflage
vermieden werden. So weckt z. B. die Beschreibung des großen Quergraben
» zwischen den samarischen und galiläischen Bergen (S. 14) den Eindruck
, als sei die Wasserscheide überhaupt nur 2 m hoch, während sie zwischen
der Jesreeebene und dem Talgebiet des nahr dschalüd die Höhe von 63,7 m erreicht
. Auch die die drei Landschaften Galiläa, Samaria und Judäa verbindende
„nordsüdliche Heerstraße", die im Norden nach Damaskus, im Süden
nach Ägypten weiterführt (S. 14), weckt falsche Vorstellungen, die man vielleicht
durch einen Hinweis auf Abb. 9 unterbinden könnte. Doch das sind
Kleinigkeiten ebenso wie die z. B. im Übersichtskapitel über die archäologische
Forschung in Palästina (S. 5ff.) auffallenden Unregelmäßigkeiten in der
Umschreibung der arabischen Namen. Auch sollte Herr Garstang von dem ihm
regelmäßig zudiktierten r in der zweiten Silbe befreit werden.

Der Bildanhang, ohne den eine moderne Biblische Archäologie
nicht zu denken ist, bietet eine sorgfältige Auswahl von
106 Abbildungen — 7 weitere sind im Text voraufgenommen —
auf 48 Tafeln in tadelloser Reproduktion. Nur für die Übersichtskarte
auf Tafel 1, die nach Lachish I wiedergegeben ist
und teilweise andere Schreibungen und Identifikationen als im
Text aufweist, auch starke Ansprüche an die Augen des Betrachters
stellt, wünscht man sich Ersatz.

Doch das alles soll den schuldigen Dank an den Verf.
nicht schmälern.

Tübingen Karl Elliger

Hotzelt, Wilhelm, Dr.: Kirchengeschichte Palästinas im Zeitalter der

Kreuzzuge 1099- 1291. Köln: J. P. Bachem 1940. VIII, 254 S., 24 Tafel-
abb., 1 Kte. gr. 8* - Kirchengesch. Paläst. von d. Urkirche bis z. Gegenwart
. III. Teil ■= Palästinahefte d. Dt. Vereins v. Hl. Land. H.29—32.

RM 10.50.

In der Palästinaliteratur, die, wie P. Thomsens Sammelverzeichnisse
zeigen, sich Jahr für Jahr um eine stattliche
Reihe von Veröffentlichungen mehrt, klafft seit langem eine
empfindliche Lücke. Es fehlt an einer wissenschaftlich zuverlässigen
Darstellung der eigentlichen Kirchengeschichte des
Heiligen Landes. Desto mehr ist es dem Verf. zu danken, daß
er die Aufgabe in Angriff genommen hat, diese Lücke zu
schließen. Die vorliegende Arbeit ist gedacht als Mittelstück
eines fünf Teile umfassenden Werkes, das die Kirchengeschichte
Palästinas von der Urkirche bis zur Gegenwart behandeln
soll. Daß gerade mit diesem Teile begonnen wird, hat
natürlich seinen Grund vor allem darin, daß für das Zeitalter
der Kreuzzüge die meisten Quellen und Vorarbeiten zur Verfügung
stehen. Mit staunenswerter Geduld und nüchterner
Kritik hat der Verf. das umfangreiche Material gesichtet und
es, die Belege in einer Fülle von Anmerkungen unterbringend,
zu einer flüssigen, leicht lesbaren Darstellung verarbeitet.
Dabei ist manche unrichtige Tatsachenwiedergabe der älteren,
oft des nötigen Uberblicks entbehrenden Einzelliteratur und
manches schiefe Urteil zurechtgerückt. Vor allem wird der
Verf. darin recht haben, daß er die vielfachen Zwistigkeiten
zwischen Patriarch und König von Jerusalem, vor allem bei
der Entstellung des Kreuzfahrerstaates, nicht so sehr auf theo-

kratische Tendenzen, wie sie seit v. Sybel wohl tatsächlich zu
stark und zu einseitig betont worden sind, als auf begründete
wirtschaftliche Ansprüche der Kirche zurückführt.

Im übrigen versteht der Verf. Kirchengeschichte im
wesentlichen als Geschichte der kirchlichen, und zwar der
lateinkirchlichen Organisation. Die Hauptmasse der Seiten
füllen die Taten und Leiden der Patriarchen, bei deren Schilderung
freilich auch manches Streiflicht auf das Verhältnis
zu den östlichen Kirchen und auf das religiös-kirchliche Leben
fällt. Die Amtszeiten der Patriarchen liefern denn auch das
wichtigste Gliederungsprinzip. Sie sind sachgemäß in zwei
größeren Abschnitten zusammengefaßt. Die Darstellung des
„Verlaufs der Ereignisse" (S. 35—139 bzw. 162—231) ist jedesmal
durch eine kurze Betrachtung über „die Lage der Kirche"
(S. 6—35 bzw. 145—162) eingeleitet, die die allgemeinen Gesichtspunkte
(Kirche und Staat; Organisation der lateinischen
Kirche; die östlichen Kirchen in Palästina; religiöses Leben)
heraushebt, und durch eine Zusammenfassung des „Ergebnisses
" (S. 139—149 bzw. 231 f.) abgeschlossen. Die Zäsur, die
die Kirchengeschichte Palästinas im Zeitalter der Kreuzzüge
in zwei fast gleich große Zeitabschnitte teilt, ist mit der Katastrophe
bei karn hattin (seltsamerweise erscheint der Name
immer in der halbübersetzten Form „Horn Hattin )gegeben.
Saladins Sieg brachte mit der Beschränkung des Königreichs
Jerusalem auf einen schmalen Küstenstreifen auch die Organisation
des lateinischen Patriarchats zum Zusammenbruch.
Seitdem lebten Kirche wie Staat von Hoffnungen und Ansprüchen
, bis die Eroberung Akkos durch die Sarazenen auch
diesen ein Ende bereitete.

Wie die Patriarchen bauend, störend, zerstörend an dieser
Geschichte ihren Anteil nahmen, schuldig und unschuldig;
hineinverflochten in das Kräftespiel ihrer Zeit, das zieht in
klarer Darstellung am Auge des Lesers vorüber. Eingehende
Personen-, Sach- und Ortsregister erhöhen die Brauchbarkeil
des Buches. Ein Anhang von 24 sehr guten Bildbeigaben (auf
der Karte des Patriarchats Jerusalem [Abb. 1] ist bei der Ein-
zeichnung von Montgisard-tell dschezer südöstlich von Gaza
offenbar ein Irrtum unterlaufen) bildet eine wertvolle Bf -
reicherung des Ganzen, das sich als Heft 29—32 der schönen
Reihe der „Palästinahefte des deutschen Vereins vom Heiligen
Lande" würdig anschließt.

Tübingen Karl Elliger

NEUES TESTAMENT

Schmidt, Karl Ludwig: Ein Gang durch den Galaterbrief. Leben, Lehre,

Leitung in der Heiligen Schrift. Zolllkon-Zürich: Evangelischer Verlag 194?

104 S. 8* = Theol. Studien H. 11/12. Fr. 5.—.

Eine Kluft pflegt zu klaffen zwischen wissenschaftlicher
Exegese und der Schriftauslegung kirchlicher Verkündigung.
Schwer zu finden ist oft der Weg von der historisch-kritische n
Forschung zum Zeugnis von dem lebendigen Gotteswort, oft
genug fehlt umgekehrt der Predigt das gewissenhafte Bemühe 11
um das saubere Verstehen des Textes, das allein dem Ernst
der gestellten Aufgabe entsprechen würde. Viel diskutiert ist
die Frage nach dem Verhältnis von historischer, theologischer,
praktischer, pneumatischer Exegese. Hier legt ein Fachgelehrter
der NT-Wissenschaft eine Arbeit vor, die nicht über
dies Problem theoretisiert, sondern es an einem Beispiel prak -
tisch zu lösen versucht. Von den 10 Abschnitten, in denen
der Galaterbrief behandelt wird, sind die ersten drei geschrieben
als Betrachtungen für den in Bern erscheinenden
„Kirchenfreund" (1942, Mai und Juni), also als Auslegung für
die Gemeinde, und die folgenden Abschnitte dann mit der
gleichen Zielsetzung hinzugefügt. Ganz abgesehen von dein
bei diesem Autor selbstverständlichen reichen Ertrag seiner
Arbeit für zahlreiche exegetische Einzelfragen liegt ihre besondere
Bedeutung in der Art, wie hier der Weg von der
streng wissenschaftlichen Exegese zur Verkündigung gesucht
und beschritten wird.

Bemerkenswert ist schon die Tatsache, daß der Auftrag,
für ein Kirchenblatt 3 Andachten zu schreiben, nicht mit der
Überlegenheit des Fachmannes so nebenbei erledigt wird, sondern
Anlaß wird zu einer erneuten tief grabenden Durcharbeitung
des ganzen Briefes, bei der „Mühe und Lust am
Gegenstand gemischt waren" (101). Nirgends wird der Weg
zu rascher Erbaulichkeit beschritten, die so oft der Er-
schleichung nahe kommt. Keine Mühe wird dem Leser erspart
.

Mit dem „wunderlich spitzfindigen Einzelschriftbeweis" von 3, 15 ff
muß er sich auseinandersetzen. Zu 4, 25 taucht das Problem der Allegoristik
auf. Fragen der Textgestalt werden eingehend erörtert (zu 4, 12; 4, 25 u. 0 )