Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1947

Spalte:

86-87

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Stürmer, Karl

Titel/Untertitel:

Gottesgerechtigkeit und Gottesweisheit bei Martin Luther 1947

Rezensent:

Wolf, Ernst

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

85

Theologische Literaturzeitung 1947 Nr. 2

schichte bedeutsame Handschriften aus Münster, Freiburg
i. Br., Soest, München, Wien (von allgemeiner Bedeutung eine
dem 13. Jhd. entstammende Mirakelsammlung aus Olm.
18622, die im Wortlaut mitgeteilt wird); er veröffentlicht
weiter Teile des Dokutneutenanhanges einer ungedruckten
Freiburger (Schw.) Dissertation (rooö) des verstorbenen Kol-
niarer Professors Edmund Ritzinger über Hermann von Minden
(3, 11—95) und steuert Untersuchungen über einige mittelalterliche
dominikanische Chroniken, so über die Brevis histo-
ria, das Chronicon des Heinrich von Herford (1, 202—222) und
über den nur einmalig bezeugten Dominikauerkonvent in Hof
bei, ohne allerdings das Dunkel, das über diesem Konvent
liegt, aufhellen zu können (2,215—221). P. Wehbrink legt
uns (1,96—148; 2,54—98; 3, 156—200) dominikanische Urkunden
und Urkundenregesten aus dem Pr. Staatsarchiv
Osnabrück, umfassend die Jahre 1259—1680, vor, ferner eine
allerdings nicht sehr bedeutsame ungedruckte Schrift des
Ordenshistorikers Johannes Meyer von 1469 über „Das Leben
der Brüder Predigerordens" (2, 99—133).

Texte, einführende Darlegungen, erläuternde Anmerkungen
sind bei sämtlichen Beiträgen mit aller erforderlichen
Gründlichkeit und Zuverlässigkeit bearbeitet. Mehrfache Register
am Schlüsse eines jeden Bandes ermöglichen die Auswertung
der dargebotenen Quellenstücke.

Dillingen a.d.D. Friedrich Zoepfl

Urkunden und Akten des Württembergischen Hauptstaatsarchivs.

I.Abt. Württembergische Regesten von 1301 bis 1500. Hrsg. v. Württ.
Hauptstaatsarchiv in Stuttgart. I. Altwürttemberg. Dritter Teil. Stuttgart
: W. Kohlhammer 1940. S. 595—823 m. Vorwort zum ganzen Werk
S. I—VI. 4».

Das große Regestenwerk über Altwürttemberg 1301—1500
hat vorläufig seinen Abschluß erreicht. Hausarchiv, Kanzlei
und Weltliche und Geistliche Amter sind abgeschlossen, aber
die in Aussicht genommenen Teile: Adel und Lchensleute und
Klöster mußten leider zurückgestellt werden. Deshalb erhalten
wir neben Nachträgen S. 595—605, Berichtigungen und Ergänzungen
S. 606—609 ein eingehendes Verzeichnis der Orts-
und Personennamen S. 609—823.

Stuttgart G.Bossert

Mayer, Karl: Gemeinde- und ev. Pfarr-Registraturen des Kreises

Nürtingen 11 (früheren Oberamts Kirchheim ti. Teck). Stuttgart: Kohl-
haffinier 1942. 108 S. gr. 8" - Württ. Archivinventare, H. 17. RM 1.50.
Das vorliegende Heft enthält das archivalische Gut des ehemaligen
Oberamtes Kirchheim und Teck, und zwar in 26 Ge-
nieindearchiven und 21 ev. Pfarrarchiven. Urkunden werden
nur bei den Genieinderegistraturen vorgetragen; 99 an der
Zahl, 28 Pergament- und 72 Papierurkunden aus den Jahren
1429—1834. 75 befinden sich in Kirchheim, 12 in Weilheim,
8 in Neidlingen, die letzten 4 in 3 anderen Gemeinden. Manche
sind nur Abschriften. Verschiedenes könnte, streng genommen,
nicht als Urkunde bezeichnet werden. Über den lokalen Inhalt
gehen nur die Stücke hinaus, die sich mit der Bürgschaft
für den Herzog befassen. Den Hauptbestandteil des vorhandenen
archivalischcn Materials bilden bei Gemeinden wie Pfarreien
die Akten. Hier steht an erster Stelle Weilheim mit
386 Nummern; au zweiter Stelle Kirchheim mit 369 Nummern.
In den übrigen Gemeinden wird die Zahl 100 zumeist nicht
erreicht; am geringsten ist das Material in Weiler, wo nur 17
Betreffe vorgetragen sind. Der Großteil der Akten entstammt
dem 19. Jahrhundert; nur bei etlichen Gemeinden finden sich
größere Bestände aus früherer Zeit; das älteste Archivale ist
das Stadtbuch von Owen vom Jahre 1499. Wie bei den Urkunden
greift der Inhalt über Lokales wenig hinaus. Güter-
rechtliche Vorgänge, Inventuren, Verwaltungssachen usw.
bilden den Hauptbestandteil; nur in Oberlenningen finden sich
Akten über die Freiheitskriege 1813. Die Frage nach den Gesichtspunkten
der Verzeichnung erhebt sich. Der chronologische
wie sachliche kommt nicht in Betracht. Allem Anschein
nach begnügte man sich mit einer primitiven ersten Aufnahme.
Das wird verständlich, wenn man hört, daß nur in einem Falle
ein planmäßig geordnetes Archiv vorliegt. Es wurden offenbar
alle aus der laufenden Registratur zufällig ausgeschiedenen
Bestände, mochten sie auf der Bühne, im Scliulzimmer, im
Heimatmuseum usw. lagern, ohne weiteres verzeichnet. Daher
erklärt sich das Auftauchen der gleichen Betreffe an verschiedenen
Stellen, das völlige Fehlen des ordnenden Prinzips. Es
erhebt sich dann die Frage, ob dieser Grundsatz künftig beibehalten
werden soll. Die archivalische Forderung bleibt bestehen
: Trennung der Registratur von allen nicht benötigten
Bestandteilen und Orduung derselben nach sachgemäßen Rubriken
. Dann wird von selbst Nichtzugehöriges ausgeschieden,
Zusammengehöriges auch vereinigt, und in Bälde ein brauchbarer
Überblick ermöglicht werden. Dieselben Bedenken gelten
für die Pfarregistraturen. Hier merkt man deutlich, daß subjektive
Maßstäbe die Abschreibungen geleitet haben. Dem
Kundigen stößt sofort der Unterschied in den einzelnen Orten
auf, der bei der Zugehörigkeit zum gleichen Territorium nicht
berechtigt ist. Aber besondere Bedenken erregt die Kontrolle,
die hier möglich ist. Die Angaben bei M.Dunker, Verzeichnis
der württembergischen Kirchenbücher, Stuttgart 1912 decken
sieh in vielen Fällen nicht mit den Notierungen des vorliegenden
Heftes.

Nürnberg K. Schornbaum

Kl Ii CHENGESCHICHTE: REFORMA TIONSZKIT

Stürmer, Karl, Dr.! Gottesgerechtigkeit und Gottesweisheit bei Martin
Luther. Ludwigshafen a. Rh.: Robert P. Thiesen 1940. 106 S. 8°. RM. 2.85.
Vf. dieser Heidelberger Diss. will mit seiner Stellung der
Frage Luther ,,zu einem theologischen Hauptproblem der
Gegenwart" abhören, nämlich zum Problem der „Weltanschauung
", der sapientia mundi. Des näheren handelt es sich
um eine Untersuchung dieses Begriffs und seiner Synonyme:
sapientia carnis, prudentia carnis, spiritus, mens, intellectus,
sensus hominis, ratio, und zwar nicht je für sich, sondern In
stetem Hinblick auf ihre Entsprechungen zu den den Komplex
der „Werkgerechtigkeit" ausmachenden Parallelbegriffen.
Luthers wechselnde und gegensätzliche Beurteilung der „Vernunft
" bildet den Ausgangspunkt. Man ist dieser Frage bisher
in der Tat nur gelegentlich nachgegangen und hat sie zu lösen
versucht, indem mau verschiedene Bedeutungsstufen des Begriffs
bei Luther unterschied oder die gegensätzliche Wertung
der ratio aus der Verschiedenheit der jeweiligen Objekte erklärte
, auf die sie sich richtet. Vf. setzt in Kap. 2 ein bei der
Beobachtung, daß der junge Luther sapientia carnis und
iustitia carnis „jeweils zusammen ablehnt"; ferner dabei, daß
„opera" sowohl für die Menschengerechtigkeit verwendet wird
wie für die „Werke der Schöpfung", sofern sie zum Ausgangspunkt
einer natürlichen Gotteserkenntnis genommen werden
(wobei Vf. auch auf die Unterscheidung von opera Dei und
opus Dei bei Luther hätte sichernd eingehen sollen); auch
theologia gloriae und theologia crucis weisen ein entsprechendes
Doppelantlitz auf, je nach der Seite des Handelns und der
des Erkennens. Eine ausführliche und sorgfältige Analyse der
Heidelberger Thesen von 1518 bestätigt die zentrale Bedeutung
dieser Beobachtungen und des hinter ihnen liegenden
Sachverhalts, daß auch Luthers Stellung gegen die sapientia
mundi begründet ist in dem Hauptanliegen des sola gratia.
„Die Verdammung der Vernunft steht im Rahmen seiner refor-
matorischen Grundgedanken unmittelbar gleichberechtigt
neben der Verdammung der mönchischen Werkerei." —

Kap. 3 entfaltet die Stellung Luthers zur Vernunft in fünf
Abschnitten: 1) Die Vernunft im natürlichen Menschen. 2) Die
Überwindung seines Vernunftstandpunkts durch die Gottes-
weisheit. 3) Der usus civilis der Vernunft. 4) Der Mißbrauch
der Vernunft. 5) Der tertius usus der Vernunft. Trotz des zunächst
etwas starr anmutenden Schemas wird man dieses Vorgehen
als sachgemäß und fruchtbar ansehen dürfen. Eine Reihe
von Einzelbeobachtungen zur Anthropologie Luthers seien
herausgehoben: so die Herausarbeitung des Sinnes von sensus
sui gegenüber der Meinung, die der Vernunft zumindest eine
gewisse Neutralität zuspricht, darüber hinaus sogar die Funktion
eines religiösen Apriori (R. Seeberg). Ferner daß Luther
„nicht unter allen Umständen" die skotistische Lehre vom
Willensprimat teile. Dagegen ist es mir doch recht fraglich, ob
man vom Zorn Gottes nach Luther lediglich als von einer
„Fiktion" der ratio reden darf. — Die wahre sapientia wird
analog der iustitia ausdrücklich von Gott „imputiert", ist also
sapientia Dei „passiva"; Luther nennt sie insbesondere auch
intellectus; und intellectus ist nahezu synonym mit fides. Beim
älteren Luther tritt freilich der Begriff der sapientia Dei ähnlich
zurück wie der der iustitia. Der Glaube umfaßt dann
beides. Daß die sapientia aliena aber letztlich mit dem Spiritus
sanetus zusammenfällt, entscheidet gegen die Annahme eines
religiösen Apriori bei Luther.

Noch nicht ganz geklärt erscheint von da aus der sog.
tertius usus der Vernunft, wenn Vf. nun doch (S. 85) meint,
es sei „ein und dieselbe Vernunft", die bald vom Teufel besessen
, bald vom Hl. Geist erleuchtet wird. So gewiß der
wiedergeborene Mensch erst „das natürliche Erkenntnisvermögen
richtig zu gebrauchen" vermag, so sehr ist hier angesichts
der auch vom Vf. betonten Blickrichtung Luthers auf

t