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Ausgabe:

1947 Nr. 2

Spalte:

84-85

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Archiv der deutschen Dominikaner 1947

Rezensent:

Zoepfl, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung 1947 Nr. 2

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langt der Verf. zu folgender — vorläufigen — Feststellung: Die
Völker selbst erklären die Entstehung des S. durch ätiologische
Mythen. Diesen ist weithin die Annahme eines übernatürlichen
Wesens gemein, dessen Besonderheit in seiner
Stimme lag und dessen Manifestation das S. ist. Diese Wesen
haben im Mythus das gleiche Schicksal, das sich an den
Novizen der von ihnen geschaffenen Reifeweihen vollzieht:
Tod und Wiedergeburt. So gehört das S. mit den Reifefeiern
(im Sinne Jensens) zu einer frühen Weltanschauung mit der
Problematik von Fruchtbarkeit, Leben und Tod.

Bonn Hermann Trimborn

KIRCHENGESCHICHTE: PROLEGOMENA
UND TERRITORIALKIRCHENGESCHICHTE

Droysen, Johann Gustav: Historik. Vorlesungen über Enzyklopädie und
Methodologie der Geschichte. Im Auftr. der Preuß. Akademie der Wissenschaften
hrsg. v. Rudolf Hübner. 2. Aufl. München: Oldenburg 1943.
XIX, 444 S., 1 Titelb. gr. 8». geb. RM 16.—.

Mit großer Freude ist es zu begrüßen, daß dieses Werk
schon nach sechs Jahren in 2. Auflage erscheinen kann, und
man möchte hoffen und wünschen, daß unter den Lesern sich
zahlreiche Theologen befunden haben und befinden werden —
es ist immer ein gutes Vorzeichen für eine Wissenschaft, wenn
sie in Selbstbesinnung ihre Methodologie erörtert. Wer in
früheren Jahren sich mit den Grundfragen der Historik, oder,
etwa in Vorbereitung einer Doktordissertation, mit der Technik
der Darstellung und den literarischen Hilfsmitteln beschäftigte
, griff zu Ernst Bernheims „Lehrbuch der historischen
Methode", das durch die stetig wachsende Zahl seiner
Auflagen seinen praktischen Wert bezeugte. Und nun kommt
ein Werk, das in seinen Ursprüngen bis auf 1857, in seiner
letzten Fassung auf 1882/83 zurückreicht, und erobert sich
rasch eine führende Stellung! Wie kommt das ? In seiner bekannten
Encyklopädie der theologischen Wissenschaften sagt
Hagenbach einmal, man könne die theologische Encyklopädie
als Einführung in das theologische Studium lesen oder als
Rückblick und Vergegenwärtigung nach vollbrachtem Studium
. Jenes ist mutans mutandis Bernheim, dieses Droysen.
Von literarischen Hilfsmitteln, Einzeltechnik und dergleichen
ist wenig bei ihm die Rede, die ganze Kraft konzentriert sich
auf die Frage: was heißt Geschichte ?, und diese Wissenschaftslehre
der Geschichte zieht nicht sowohl im Rückblick auf die
bisherigen historischen Leistungen, über die der Leser manches
weniger Bekannte erfährt, das Fazit geschichtlicher Arbeit,
als sie vielmehr zu den letzten menschlichen Fragen überhaupt
vorstößt und Erkenntnistheorie, Geschichtsphilosophie und
Theologie nicht nur berührt, sondern bewußt einstellt. Man
darf nicht übersehen, daß Droysen seine Wissenschaft vertrat
in einer Zeit, da die Naturwissenschaft sich anschickte, die
Geschichte zu erobern und zu vergesetzlichen, die Statistik
ihr sekundierte und Buckles Geschichte der Zivilisation in
England in der Übersetzung von A.Ruge dem deutschen Publikum
die naturwissenschaftliche Geschichte zu demonstrieren
schien (Droyseus Besprechung derselben aus der
Histor. Zeitschr. ist dem Buche beigegeben). Ebenso bleibe es
unvergessen, daß Droysens Geschichte des Hellenismus II.
dem Theologen Olshausen 1843 gewidmet war und die Überschrift
trägt: Theologie der Geschichte (ebenfalls dem Buche
beigegeben). Hier steht der Satz (S. 371): „Die höchste Aufgabe
unserer Wissenschaft ist ja die Theodicee", hier der
andere: „die Geschichte hält fest an dem Glauben an eine
weise und gütige Weltordnung Gottes" (S.373), und in gewissem
Sinne gilt das Wort vom Hellenismus als (vor Droysen
gern gemiedenes) „Feld zwischen den Studien der klassischen
Philologie und denen der Theologen" auch von der Historik,
die sich ständig zwischen diesen beiden Wissenschaften bewegt
und nicht zuletzt darum so starken Eindruck hinterläßt. Sie
kann dem Theologen nahezu eine Enzyklopädie, wenigstens
was die Methodenlehre angeht, ersetzen; aus eigener Erfahrung
heraus möchte ich den Fachgenossen sehr anraten, den
(ebenfalls diesem Buche beigegebenen, separat von Er. Roth-
acker edierten) „Grundriß der Historik" zur Grundlage von
Seminarübungen zu machen.

Wenn Droysen zeigen will, wie „aus Geschäften Geschichte
" wird, so ist ihm Geschichte „Bewegung der sittlichen
Welt", und was da nun alles zum Aufbau dieser sittlichen
Welt gehört in Vergangenheit und Gegenwart, wird
meisterhaft herausgearbeitet, und ebenso die Bewegung abgegrenzt
gegen etwa Gesetzmäßigkeit bei A.Comte oder
E.Häckel und luftige Spekulation. Dabei verkennt Dr. keinen

Moment die Unerfüllbarkeit der Forderung, zu zeigen, „wie
es eigentlich gewesen", sondern stellt die historische Arbeit
unter den Austausch von Objekt und Subjekt, wobei dieses
den entscheidenden Blickpunkt stellt: „in der Frage und Fragestellung
spricht sich die historische Genialität aus" (S.34).
Man wundert sich daher auch nicht, sehr feine Worte über die
Unerkennbarkeit der Anfänge der Religion oder über den
Glauben zu finden, und der Kirchenhistoriker freut sich, die
Leistung von F.Chr. Baur wiederholt anerkannt zu sehen, wie
überhaupt die theologische Wissenschaft, namentlich die alt-
testamentliche, stark als Illustrationsmaterial benutzt wird.
Immer wieder aber bricht das Ethos durch, das dem Historiker
als persönliche Pflicht eingeschärft wird (S.191). Sittlicher
Wert heißt Wert überhaupt (S. 178), die Persönlichkeiten
sind Mittel für den Gang der sittlichen Mächte. Bestimmt Dr.
das Wesen des Staates als Macht — „er ist Herr, um die Macht
zu haben, das ist die Summe aller Politik" — so folgt sofort
der Satz: „aber sein Fortschreiten ist, daß er das Wesen der
Macht tiefer, wahrer, sittlicher zu fassen lernt". So wird hier
die Geschichte „das Gewissen der Menschheit" (S.267), und
an den Einzelnen ergeht der Appell, „daß jene sittlichen
Mächte (Familie, Staat, Religion u.a.) eben doch nur in den
einzelnen und durch sie ihre Verwirklichung haben und durch
deren Willensakte zur Erscheinung und weiter steigenden Gestaltung
kommen können, durch sie und nur durch sie" (S. 311).
Hat die Gegenwart z.T. für den Historiker auch neue Fragen
gebracht, den unverrückbaren Kern der Geschichtswissenschaft
, wie sie sein soll, gibt dieses Meisterwerk.

Heidelberg W. Köhler t

Archiv der deutschen Dominikaner. Hrsg. von Laurentius Sicmer. Band 1,
-2 u. 3. Vechta, ab 1939 Köln: Albertus-Magnus-Verlag 1937—1941. 240, 236
u. 235 S. 8°. je RM 10.—.

Um die Erforschung der dominikanischen Geschichte ist
es nicht schlecht bestellt. 1929 wurde in Rom durch den Gene-
ralmeister des Dominikanerordens Martin Gillet das Institu-
tum historicuin ad S. Sabinae begründet, in dessen Hände die
planmäßige Erforschung der Ordensgeschichte gelegt ist. Das
Institut setzt die Bearbeitung der Monumenta ordinis Praedi-
catorum historica fort und gibt zwei ordensgeschichtliche Zeitschriften
heraus, die Dissertationes historicae und das Archi-
vum fratrum Praedicatorum. Mit der Geschichte der einzelnen
Ordensprovinzen oder gar einzelner Konvente kann sich das
römische Institut bei seinen weitgesteckten Zielen allerdings
nicht befassen. Dieses Gebiet ist der nationalen und territorialen
Durchackerung überlassen. Zur Erforschung des Doniini-
kanertums im deutschen Raum haben sich nun mehrere Gelehrte
zusammengetan, an deren Spitze Laurentius Siemer
steht. Als letztes Ziel schwebt dieser nicht satzungsmäßig gebundenen
Vereinigung eine quellenmäßig unterbaute, erschöpfende
Geschichte sämtlicher Konvente der ehemaligen Provinzen
Teutonia und Saxonia vor Augen. Vorerst aber soll
jeder Konvent sein Urkundenbuch erhalten oder doch wenigstens
eine Regestensammlung. Zu diesem Behuf werden die
Archive und Bibliotheken gründlich und planmäßig auf dominikanische
Quellen hin durchforscht. Die Veröffentlichung der
Fundergebnisse übernimmt das Archiv der deutscheu Dominikaner
, das 1937 erstmals erschien und sich ab 1939 als „Veröffentlichung
des historischen Instituts der Alber'tus-Magnus-
Akademie der Dominikaner in Walberberg Bezirk Köln" bezeichnet
. In erster Linie sollen im Archiv Quellenbeitrage zum
Abdruck kommen. Doch ist dem dem ersten Band beigegebenen
Plan zufolge auch die Aufnahme von kleineren Abhandlungen
, Literaturberichten, Hinweisen auf Arbeiten in
älteren territorialen Zeitschriften vorgesehen. Größere Abhandlungen
sollen wie bisher den seit 1907 bestehenden
„Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens
in Deutschland" vorbehalten bleiben.

Bis jetzt sind, im Abstand von je zwei Jahren, drei Bände
im Umfang von jeweils gegen 240 Seiten erschienen. Den Inhalt
der drei Bände bestreiten drei Forscher, der Herausgeber
Laurentius Sieiner, Heribert Chr. Scheeben und Placidus Weh-
brink. Siemer veröffentlicht das vor allem personell-, aber
auch kulturgeschichtlich ertragreiche Toten- und Jahrzeitbuch
der Osnabrücker Dominikaner (1, 15—95), die dominikanischen
Abschnitte aus dem Monasticon Wormatieiise des Stephan
Alexander Würtwein von 1759, vorhanden in Cod. 359,54
der U.-B. Heidelberg (2, 11—53), che für die Geschichte der
Ordenszucht und des Ördensstrafrechts wichtige Schrift „De
correctione fratrum in ordine delinquentium", verfaßt 1349/50
vermutlich von Burchard von Weißensee (3, 96—155). Der unermüdliche
H. Chr. Scheeben beschreibt (1, 149—202; 2, 134
—214; 3, 201—226) verschiedene für die dominikanische Ge-