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Ausgabe:

1947 Nr. 6

Spalte:

358-359

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Strömberg, Bengt

Titel/Untertitel:

Magister Mathias och fransk mendikantpredikan 1947

Rezensent:

Fendt, Leonhard

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Theologische Literaturzeitung 1947 Nr. 6

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ihrem Recht kommen: alle Hilfswissenschaften werden als
willkommene Dienerinnen bei der Interpretation herangezogen
, der Leser wird mit vielen Hypothesen der modernen
Bibehvissenschaft vertraut gemacht (z.B. Pentateuchkritik,
synoptische Frage), ja, mit den Widersprüchen innerhalb der
neutestamentlichen Schriften, aber doch immer mit dem Ergebnis
, daß die Tradition recht behält. Es handelt sich also um
ein biblisches Lese- und Nachschlagewerk, das vor allem dem
katholischen Studenten nützlich sein wird, aber doch auch
stark auf Laien abgestimmt ist, z.B. durch das reichhaltige
Bildmaterial, das leider dadurch, daß es thematisch ausgewählt
ist und die gesamte Kunstgeschichte heranzieht, zu unhistorischen
Vorstellungen verleitet.

Anerkennenswert ist die Fülle der Tatsachen, die hier auf
verhältnismäßig knappem Raum zusammengetragen wird
(z. B. auch in Bezug auf historisches Material), so daß das Buch
als Nachschlagewerk auch für nicht katholische Studenten
und Laien empfohlen werden kann. Pädagogisch ist die Aufgabe
ausgezeichnet gelöst, die Berichterstattung im einzelnen
ist knapp und sachlich, und die Einwände und Hypothesen
werden verständlich formuliert und in Thesenform übersichtlich
angeordnet. Tabellarische Zusammenstellungen (z.B. der
Könige von Juda und Israel S.58), Landkarten, Textvergleichungen
(der Evangelien in Bezug auf Leiden und Tod Christi)
erhöhen die Brauchbarkeit des Buches. Daß die deutsche protestantische
Forschung in der Bibliographie nur sparsam zur
Geltung kommt, ist bei der katholischen Tendenz des Buches
nicht erstaunlich.

Jena Hanna Jursch

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Neuß, Wilhelm: Das Problem des Mittelalters. Kolmar: Alsatia-Verlag
1944. 126 S. 8°.

Die Grundlinien dieser ebenso anziehenden wie historisch
sorgfältigen Studie hat Vf. bereits in seinem Aufsatz: „Wege
zum Verständnis des Mittelalters und seiner Kunst" (Kunstgabe
1940 d. Ver. f. christl. Kunst im Erzbistum Köln und
Bistum Aachen, S. 70—99) entworfen. Daß sie jetzt etwas eingehender
durchgezogen und durch wertvolle, vielfach den
Stand der Forschung kurz skizzierende Exkurse erläutert
werden, ist lebhaft zu begrüßen. Das Ergebnis ist eine ganz
ausgezeichnete Einführung in den „Geist" des Mittelalters. Es
geht dabei Vf. nicht eigentlich darum, Licht und Schatten in
einer Gesamtskizze jenes Jahrtausends richtig zu verteilen,
sondern vielmehr darum, das Verständnis für ihre richtig erkannte
Verteilung zu erschließen. Schlüssel dazu ist die Einsicht
, daß das MA. nicht nur „die Zeit einer verchristlichten
germanischen Welt", sondern auch „einer tief in die germanische
Weltlichkeit hinein versenkten und eng an sie gebundenen
Kirche" war. Diese enge Verbindung von Kirche und
Welt, derzufolge die Kirche „nirgends ihr Alibi anmelden"
kann, unterscheidet das MA. von Antike und sog. Neuzeit derart
, daß ein zutreffendes Verständnis des MA. schwierig sein
muß. Eine Fülle von Vorurteilen und Fehlurteilen bestätigt
dies.

Insbesondere sucht der Vf. die „Germanisierung der organisatorischen
Formen des Christentums", d. h. den Prozeß der
Feudalisieruug der Kirche in den Grundlagen aufzudecken und
kritisch zu beurteilen, innerhalb dieses geschichtlichen Vorgang
! sowonl die Vorzüge wie auch das Nachteilige für das
geschichtliche Kirchentum zu erfassen. Das geschieht in einer
durch klare Linienführung ausgezeichneten Darlegung der
rechts-, sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Entwicklung
und ohne Belastung des Urteils durch apologetische oder
polemische Tendenzen. Man wird sich dieser Darlegung auf
weite Strecken hin anvertrauen dürfen. Was Vf. hier zu sagen
sucht, müßte m. E. weit mehr, als es zumeist geschieht, in der
Vermittlung eines Geschichtsbildes des MA. beachtet werden.
Dann können vielleicht geläufige antikatholische und „pseudo-
germanische" Vorurteile ausgemerzt werden. Gerade in der
mittelalterlichen Kirche mit Einschluß des sog. Weltherrschaftsanspruchs
des Papsttums kommt die germanische Tradition
rechts- und frömmigkeitsgeschichtlich zu stärkster Auswirkung
; vom Krönungsritus bis hin zum Widerstandsrecht,
das in der päpstlichen Entbindung des Untertanen vom Treueid
gegenüber dem König sich etwa geltend macht. Sehr schön
wird gezeigt, wie in der zum Kampf zwischen sacerdotium und
imperium drängenden FreiheiLsförderung der Kirche als in
einem Kampf um die rechte Ordnung in der christlichen Welt
eine durchaus germanische Umformung des christlichen Freiheitsbegriffs
treibendes Motiv ist. Auch die Einordnung der
Häresien des hohen MA. als Reaktionserscheinungen in diesen

Prozeß fortschreitender Feudalisieruug der Kirche und vor
allem die entsprechende Beurteilung der in der Ordensbildung
zutage tretenden innerkirchlichen Abwehrversuche gegen den
Feudalismus dürften für manchen erhellend wirken. Insbesondere
auch die Sicht des Spätmittelalters als der „Krise"
dieser ganzen Entwicklung, über Einzelheiten wird man da
und dort etwas anders denken können. Daß der Katholizismus
des MA. jedoch die germanische Form des Christentums darstellt
, wird besonders jenen gegenüber betont werden müssen,
die die religionsgeschichtliche Synthese zwischen Deutschtum
und Christentum bei Gottschalk anklingen und in Luther sich
verwirklichen lassen; man darf sich durch die Angriffe auf
„Rom" im Namen der „deutschen Nation" nicht täuschen
lassen. Sie liegen auf einer anderen Ebene. Mit Recht weist also
Vf. darauf hin, „daß es gerade auch der germanische Einschlag
im mittelalterlichen Christentum war, der Luthers Anstoß erregte
und den er als Papismus von sich wies" (75). Das hätte
allerdings im einzelnen doch etwas stärker angedeutet werden
sollen, wie es sich z. B. besonders an der Ablaßfrage nahelegt,
aber auch in Luthers Polemik gegen die römische Messe mitwirkt
. Daß Luther nicht primär gegen bloße Mißstände der
mittelalterlichen Kirche praktische Reformen anstrebt, sondern
daß sein Ausgangspunkt „dogmatischer" Natur ist,' zeigt
ja eben, daß er sich gegen jene religionsgeschichtliche Germanisierung
im Prinzip wendet und nicht interessiert ist an
einer bloßen Reparatur der erst im 16. Jh. selbst kraft des
inneren Zerfalls des trotzdem imposanten „Systems" stärker
bemerkbar machenden „Mißstände" aus der schon im Ansatz
eingeschlossenen „Verweltlichung". — Eben darum aber gilt
der reformatorische Protest in unveränderter Richtung auch
dem nachreformatorischen Katholizismus, der auf der Linie
einer sich mehr individualisierenden Frömmigkeit jenen Ansatz
zur Synthese zwischen dem hoiuo religiosus — der sich in
der kirchlichen Rechtsgeschichte des MA. als homo religiosus
germanicus geschichtsmächtig durchsetzt — und der Botschaft
des Evangeliums aufs neue ausformt. — Unter den Exkursen
seien die lehrreichen knappen Zusammenfassungen zur Donatio
Constantini (Nr. 12) — „die Entstehung auf fränkischem
Boden zu Beginn der Regierung Ludwigs des Frommen ist
sehr wahrscheinlich" —, zur Königsweihe und Kaiserkrönung
(Nr. 15), zur Ostpolitik (Nr. 16) und zum Hexenwahn (Nr. 30)
besonders hervorgehoben.

Nochmals sei betont, daß Neuß mit dieser überaus gehaltvollen
Skizze eine ganz ausgezeichnete Einführung in die Geschichte
des abendländischen MA. darbietet, die geeignet ist,
zu einem wirklichen Verstehen der jene Vorgänge bestimmenden
Institutionen und der ihren Geist repräsentierenden Monumente
(insbesondere der mittelalterlichen Baukunst) zu verhelfen
.

Güttingen E.Wolf
Ström berg, Beugt: Magister Mathias och fransk mendikantpredikan.

(Magister Mathias und die französische Mendikantenpredigt.) Stockhohn:
Svenska Kyrkans Diakonistyrelses Bokfiirlag 1944. XVI, 192 S. 8"= Sam-
lingar och Studier ed. Pleijel No. 9. Kr. 5.—.

Magister Mathias (sie!), geboren etwa 1281, gestorben
etwa 1350, war der Beichtvater der heiligen Birgitta (Birgitta
Birgersdotter, 1316 Gattin des U"lv Gudmarsson), der Stifterin
des Konvents von Vadstena. M. scheint in Paris studiert zu
haben und dort Magister der Theologie geworden zu sein;
1333 ist er Kanonikus in Liuköping. Sein Grab fand er in Stockholm
bei den Dominikanern. Nach seinem Tode wurde er als
Heiliger verehrt. Von ihm stammen folgende Schriften: Testa
nucis, eine Rhetorik (ed. Sawicki 1936) — Poetria, eine Poetik
(ed. Sawicki 1936) — ein Kommentar zur Apokalypse des
Johannes (Uppsala, Universitätsbibliothek C 126) — eine Konkordanz
(Reste im Kammerarchiv Stockholm und im Landesarchiv
Vadstena) — Homo conditus, Inhalt: die Katechismuspunkte
und Predigten (Uppsala, Universitätsbibliothek C 217)
— Copia exemplorum, eine Exempelsammlung für die Predigt
(Uppsala, Universitätsbibliothek C 54, fol. 61 n— 110 n).

Strömbergs Studie gilt der Copia exemplorum, im Zusammenhang
damit der Mendikantenpredigt und der schwedischen
Predigt des 14. Jahrhunderts, zugleich der Predigt im Birgitta-
Kreise — und den Hilfsmitteln solcher Predigt.

Die Copia exemplorum, verfaßt zwischen 1344 und 1350,
bringt die Exempel in alphabetischer Anordnung, beginnend
mit Absolucio, schließend mit Uxor; im ganzen sind es etwa
600 Exempel. Solche Exempelsammlungen für die Predigt entstanden
im Anfang des 13. Jahrhunderts. Jakob v. Vitry gab
Sermones de tempore heraus, keine wirklich gehaltenen Predigten
, sondern Materialien für Predigten, darin finden sich
viele Exempel. Die erste eigentliche Exeinpelsanimluug