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Ausgabe:

1944

Spalte:

180-181

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Kathedralen in Frankreich 1944

Rezensent:

Ficker, Johannes

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179

Theologische Literaturzeitung 1944 Nr. 7/8

180

Wir haben mit diesem Beispiel zugleich eine Probe der
Methode der Aktenwiedergabe geboten. Das Aktenverzeichnis j
(S. XI—XVI) und das sehr splendid gedruckte Register (S. 1
784-818) sind fehlerhaft.

Berlin Otto Lerche

Mietzsc hke, Alfred: Heinrich Milde. Ein Beitr. z. Gesell, d. slavist.
Studien in Halle. Leipzig: Harrassowitz i. K. 1941. (121 S.) 3°. RM 6—

Ein bisher stark vernachlässigtes Kapitel in der Geschichte
des pietistischen Einflusses des Kreises um August Hermann
Francke behandelt die vorliegende Haller Dissertation über
Heinrich Milde (1676—1739). Dieser hatte als Theologiestu- (
dent im Rahmen der Franckeschen Stiftungen Fühlung mit J
tschechischen Exulanten bekommen, die ihn zur Erlernung ihrer i
Muttersprache und darüber hinaus zu einer Beschäftigung mit
den Schicksalen ihres Volkes anregten. Später veranlaßte die Be- i
kanntschaft mit andern slawischen Studenten, Polen, Slowaken i
und Russen, ihn zur Erweiterung seiner Forschungen auf die
übrigen slawischen Idiome, denen sich zeitweilig auch estnische |
Studien anschlössen. Seine Sprachkenntnisse verwertete Milde
nicht nur zur dauernden Beratung und Unterstützung seiner slawischen
Bekannten, sondern vor allem auch zur Verbreitung pietistischen
Gedankengutes in Böhmen und Mähren, der Slowakei
, dem Baltikum und Polen durch Übersetzung einschlägigen
Schrifttums. Insbesondere auf dem Gebiete des Tschechischen
entfaltete Alilde eine rege Tätigkeit, die deutsch-evangelischem
Gedankengut unter den Glaubensgenossen Böhmens viel Einfluß
gewann. Natürlich ist auch die Lektüre tschechischer
Schriften, die Milde in seiner Bibliothek sammelte, nicht ohne
Einfluß auf seine geistige Ausrichtung geblieben. Es handelt
sich hier um ein Gebiet deutsch-tschechischen Kulturaustausches
, das von der bisherigen Forschung — im Gegensatz etwa
zu den böhmischen Beziehungen de»' Brüdergemeine — kaum berücksichtigt
worden war.

München, z. Zt. Tauroggen (Litauen) Bertold Spuler

CHRISTLICHE ARCHÄOLOGIE
UND KUNSTGESCHICHTE

Swoboda, Karl M.: Barock und Gegenreformation. Reichen-
berg: Sudetendtsch. Verlag Fr. Kraus 1943. 12 S. 4° = Abh. d. Dt.
Akad. d. Wiss. in Prag. Phil.-hist. Kl. H. 4. RM 1-.

Gegenüber einem engen und einseitigen ästhetischen Dogmatismus
, der seit langer Zeit und weithin bestimmend gewesen
ist, macht sich für den Bereich der christlichen Kunstdenkmäler
immer stärker eine geschichtliche Betrachtung geltend,
auch in der vorliegenden Abhandlung, die das Verhältnis der
Gegenreformation zur italienischen Kunst (nur der Maleren
von der Hochrenaissance bis zum Ende des Hochbarock skizziert
. Der Vf. geht darin über seine Vorgänger hinaus, daß er
die beobachtete Parallelität der geschichtlichen und der künstlerischen
Bewegung nicht nur in den beiden großen Abschnitten
: Regeneration und Gegenreformation — entsprechend:
„Manierismus" und Barock erkennt; er findet sie auch in den
beiden Unterabteilungen eines jeden von beiden in voller
Analogie sogar bis auf einzelne Jahre wieder, in vier analogen
„Stufen", für die er sich — für die Geschichte — auf Rankes
Geschichte der Päpste beruft, doch weder in der Fixierung der
Stufen noch in der Ausdehnung „grundsätzlicher" Verschiedenheit
auf alle vier mit vollem Rechte. Eine umfassende
Abhängigkeit der einen Reihe von der andern findet er nur
in einer der Stufen, dem Barock seit 1580 (bis 1630). Doch
weist er jeder künstlerischen Stufe ihre Besonderheit zu, und
er steigert die Verschiedenheit des Verlaufes noch dadurch,
daß die einzelne Stufe als qualitätsfördernd oder -mindernd
gewertet wird.

Schon hieraus wird ersichtlich, daß die Sicherheit einer
geschlossenen geschichtlichen Betrachtung fehlt. Was hier hindert
, ist wohl zuerst der neuerdings lebhaft behandelte Begriff
des „Manierismus". Er ist in seiner Mehrdeutigkeit unklar und
soweit er als besonderer Stil geltend gemacht wird, in
Seiner Eigenart noch nicht, und erst recht nicht in der Zeit
seiner Erscheinung, ganz deutlich erkennbar. Er ist nach
dem Vf. eine „entstellende Störung" der „Klassik", d. i. der
Hochrenaissance, ist aber vor deren voller Entfaltung schon
da, bei Michelangelo c. 1506, seit 1510 auch bei Raffael u. a.
(Andere Kunsthistoriker setzen ihn noch früher an, andere
seit 1520). Die „Störung" ist also schon vor der gestörten
Klassik da, erscheint in ihr selber, und Michelangelo „ist in
seinen späteren Werken ihr Hauptrepräsentant" (S. 8). Man

kann nicht drastischer das Schwankend-Widerspruchsvolle solcher
Darlegungen und damit die Notwendigkeit eines bestimmteren
und umfassenderen Verstehens der Renaissancekunst offenkundig
machen, als mit dieser stilistischen Aufteilung, des
Großen, der auch die den Kanon der „Renaissance" durch-
brechende unsterbliche Linie der Peterskuppel gezogen hat.
Die Unsicherheit der Skizze steigert sich noch mit der mechanisierenden
Auffassung des geschichtlichen Werdegangs. Man
kann katholische Restauration und Gegenreformation (im akuten
Sinne) weder sachlich noch zeitlich scharf von einander
trennen und ebensowenig lassen sich allgemeine geistige Veränderungen
, auch Stilwandelung auf ein bestimmtes Jahr festlegen
(z. B. „bis 1550 Anwachsen der Spannung", „um 1550
Kippen der Situation", „bis 1580 Zustand der inneren Spannung
"); wir haben es auch bei den religiös-kirchlichen Veränderungen
, etwa bei Paul III. nicht bloß mit „innerpersönlichen
'' Konflikten zu tun. Und daß in dieser Epoche
die allgemeine geschichtliche Bewegung und die künstlerische
auf die weiteste Strecke neben einander laufen sollen und
nur auf verhältnismäßig kurze Zeit eine innere Beeinflussung
stattfinde, widerspricht dem Grundcharakter und dem unmittelbar
und mittelbar, in der Kunst über das Gegenständliche
hinaus wirkenden Grundtriebe dieses Zeitalters, das trotz allen
Abzusetzenden und Gegensätzlichen bei aller Verschiedenheit
der Mittel und der Erscheinung durchaus kirchlich-religiös
bestimmt ist und bleibt, vielmehr sich im Gedanken der
kirchlichen Einheit der Kirche und ihres Universaiismui
zur vollen, äußeren wie inneren Totalität noch steigert. Das
Wesenhafte der Papstkirche, das hier wirkt, steht strahlend
deutlich vor uns an den Ursprüngen dieser Epoche, in der
Hochrenaissance, in der unter Führung und Förderung der
Kirche sich an zentraler Stätte ein Neben- und Miteinander der
verschiedenen geistigen und künstlerischen Elemente darstellt,
auch der einander entgegengesetzten und gerade der gegensätzlichen
kirchlichen, wie es in solcher Harmonie einzig ist,
i wie ein ruhiger, die Gewässer von weither — auch zeitlich —
sammelnder Stausee, zugleich die unerschöpfliche Kraftquelle
für die Folgezeit. Nach dem jähen Ende bricht in der Folge
das Miteinander zu lebensbedingten Spannungen hervor, um
dann, zugleich mit der Aufnahme erneuter und neuer, Energie
und Grundtendenz verstärkender Elemente, von der Kirche,
die beides ist, religiös und politisch, zusammen mit der wachsenden
Politik zu gesteigerter Kirchlichkeit geführt zu werden.
Gerade Ranke hat wie auf das Universale dieser Lebensmacht
so auf die Gegensätzlichkeit in ihrem Wesen hingewiesen.
Die Kunst, die in der Renaissance nicht nur ein unvergänglicher
Ruhmestitel der Päpste, vielmehr auch der sichtbare Ausdruck
der geistigen Führung und des geschichtlichen und religiösen
Erweises ihrer unbedingten Autorität gewesen war, bleibt eine
der innerlich und äußerlich stärksten Kräfte der sich erneuernden
Kirche der Herrschaft. Man mag an Michelangelos tiefe
Frömmigkeit und an das Anerbieten denken, das er dem Gründer
der |esuiten machte, dem Orden in Rom die Kirche zu
bauen, ebenso an Berninis von den Exerzitien geleitete Religiosität
, und man mag die gesteigerte Kirchlichkeit in einem
Symbole in Roms größtem Denkmale sehen, das ja selber ein
Sinnbild jener Epoche ist: in die Riesenpfeiler der Kuppel
baute Bernini die mächtigen statuarischen Verkörperungen der
Hauptreliquien der Peterskirche ein — in die äußere Struk-
I tur den sichtbaren heiligen Kern.

Damit ist das Nötige gesagt: die Schöpfungen der kirchlich
-religiösen Kunst erfordern für ihr volles Verständnis
die Aufschließung der ihr Zeitalter bestimmenden kirchlich-
religiösen Grundlagen und Grundkräfte.

Halle j. Ficker f

Hörmann, Hans: Kathedralen in Frankreich unter deutschem
Schutz. Bilder und Beschreibgii. Hrsg. v. Dr. Franz Albrecht Medicus.
2., venu. u. verb. Aufl. Paris (92, Avenue des Champs-Elysees): Wegleiter
Verl. 1943. (121 S. m. Abb., 1 Titelb., 1 Kt.) 8°. Pp. RM 3 - ; ffrs. 60—.
Geistige Versorgung ist für unsere Soldaten so nötig wie Wasser
und Brot. Sie geschieht in erheblichem Umfange und ist sehr
: vielartig. Aus dem vielen Outen hebt sich auch Weit- und Tief"
; greifendes heraus und hierzu gehört das Büchlein der französischen
t Kathedralen (an 30) im besetzten Gebiet, für unsere Soldaten in
! Frankreich bestimmt und von den empfänglichen, wie nicht wenig
Stimmen bezeugen, gern zur Hand genommen als ein Führer zu sel-
, tenen Höhen und Herrlichkeiten, der die Steine reden heißt, der das
| Fremde vertraut und zum Lebensgut größter Erinnerungen macht,
j Ein besonders schönes Taschenbuch (1. Aufl. 1942), von der Militärverwaltung
veranlaßt — das von ihr beigegebene Geleitwort
ist unter die Namen von Goethe und Rodin gestellt — und von
J einem bewährten fachmännischen Denkmalpfleger bearbeitet, ge cliickt