Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1944

Spalte:

138

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Semeria, Giovanni

Titel/Untertitel:

La messa nella sua storia e nei suoi simboli 1944

Rezensent:

Fendt, Leonhard

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

137

Theologische Literaturzeitung 1944 Nr. 5/6

1P.8

Dieser Spannung zwischen den beiden sakramentalen Auf-
fassungen kann man dann auch in den weiteren kirchenge- |
Schichthöhen Perioden folgen. In der Aufklärungszeit, die 1
übrigens nur wenige echte Vertreter in der schwedischen Pre- |
digt hat, spricht man sehr selten über diese Dinge. Wenn ,
es vorkommt, geschieht es in der Weise, daß die göttlichen |
Heilsversprechungen im allgemeinen betont werden.

Hin schwedischer Prediger von der rationalistischen Richtung
des Kontinents, der Erzbischof und Psalmendichter Johann |
Olof Wallin, spricht von den Sakramenten als eine Erin- I
nerung und Bestätigung der Gnade Gottes. Doch findet man
bei ihm schöne und ergreifende Worte für die Erhabenheit und
Größe der Sakramente.

Die obejktiven Güter treten wieder stark hervor bei dem
echtschwedischen Prediger Henrik Schartau, der von dem 1
württembergischen Pietismus Eindrücke gewonnen hat. Bei
ihm gewinnt besonders die Taufe eine ungeheure Bedeutung
als Grund der Erlösungsgewißheit. Der Getaufte lebt wirklich j
in der Gnade Gottes und ist dadurch für immer in diese Gnade 1
eingeschlossen. Auch bei dem Abendmahl wird alles Gewicht 1
auf die objektive Seite gelegt. Aber auch die persönliche !
Seite ist dadurch mit berührt, daß der Prediger eindringlich
von der Gewichtigkeit der Vorbereitung und der Gefahr einer
unwürdigen Abendmahlsfeier redet. So ist Schartau ein guter
Vertreter der echten sakramentalen Predigt.

Brandt umspannt also in seiner Untersuchung eine große
und äußerst wichtige Periode der schwedischen Predigt. Bei
jedem der untersuchten Prediger tritt klar heraus, daß die i
Verkündigung von den Sakramenten tief in den ganzen lypus I
einführt, so daß man den Hauptcharakter der Predigt feststellen
kann. Wie jede homiletische Untersuchung ist deshalb
auch diese eine Art Zeitgeschichte.

Man könnte hier vielleicht wünschen, daß gerade die allgemeinen
theologischen und kirchlichen Zeitunistände etwas breiter
gezeichnet worden wären. Man vermißt nämlich allzu oft
jede' Notiz über die Zeitgeschichte, die theologische Lage und
die allgemeine Kulturrichtung der behandelten Prediger. Das
Material ist hier nur homiletisch. Doch schenkt diese Beschränkung
eine wertvolle Geschlossenheit, und die Abhandlung
ist ohne Zweifel ein interessanter und bemerkenswerter Versuch
, neue Wege in der homiletischen Wissenschaft zu betreten.

Uppsala Heli;e P:ton Backman

Matzner, Elfriede: Das Kind in der Kirche Christi. Religiöse
Formung d. Kindes durch d. kirrhl. Religionsunterricht. Mit Geleitwort
v. Bischof Di. Konrad Grafen von Preysint: U. C. Hilf. V. Pfr. Felix
Krajcwski. Mit 4 Taf. Preiblirg i. Iir.: Herder 1942. (XV, 159 S.)
jjr. 8°. RM 2.20; geb. 3.40.

Das Buch ist für die Praxis der „Kinderseelsorgstunden"
geschrieben, die der katholische Episkopat zur Ergänzung bzw.
anstelle des schulischen Religionsunterrichts eingerichtet hat.
Sie entsprechen der „Kirchlichen Kinderlehre" in den evangelischen
Gemeinden. Deshalb ist es gut und nützlich, auch für
den evangelischen Pastor und Kirchlehrer, die Art dieser Bemühungen
kennenzulernen. Das Buch hat ein Geleitwort des
Berliner Bischofs und eine grundsätzliche Einführung von
Pfarrer F. Krajcwski. Dann folgen Lektionen für 42 „Wegstunden
.

Methodisch kommt die Anlage dieser Lektionen vom Prm-
Ih) der Arbeitsschule her, die dem Kinde ein hohes Maß von
Mittun einräumen will: „Das Kind will seine schöpferischen
Kräfte auslösen in religiös-manu eller Tätigkeit".
So wird die Lektion eingeteilt In 1. Zielangabe mit Hinweis auf
die Katechismusstelle, 2. Anknüpfung und vertiefende Erklärung,
3. Lebenskundliche Vertiefung, 4. Anwendung - a) religiös,
b) manuell. Die religiöse Anwendung geht auf Teilnahme an
gottesdienstlichen Handlungen und Kennenlernen der liturgischen
Geräte, die manuelle läßt die Kinder in jeder Stunde
zeichnerisch den behandelten Stoff gestalten. Die Grundhaltung
des Buches wird durch seinen Untertitel gekennzeichnet
: „Religiöse Formung des Kindes durch den kirchlichen
Religionsunterricht".

Dem evangelischen Katecheten drängen sich vor allem
*wei Fragen auf, eine kritische und eine positive. Aufgebaut
*ird durchweg auf der „naturhaften Gläubigkeit" (einf. S. 1),
die das Kind für die Glaubenswelt der Kirche aufnahmefähig
»acht. Daher auch eine starke Berücksichtigung der Psvcholo-
g,1( die religiöse Einbeziehung des Brauchtums und die Durchdringung
des alltäglichen Lebens mit Weihehandlungen. (Einf.
s- 10f.: „Wieviel Trost und Geborgenheit empfindet das Kind,
Jttin das Auto der Eltern, sein eigenes Fahrrad oder das
Motorrad des großen Bruders geweiht wird, oder gar die Skier
und Bergsteigegeräte?") In der Anwendung zur Osterlektion

(S. 122 f.) wird das Osterei als Symbol für den auferstandenen
Christus erklärt; „das Felsengrab ist gesprengt, der lebendige
Chrisiiis bricht hervor." Für eine Lektion zur Fastenzeit
lautet die Zielangabe: „Das Kind soll in Mitgefühl mit dem
leidenden Heiland seinen Charakter bilden lernen." (S. 113)

Es ist aber nicht nur die natürliche Theologie, gegen
die wir uns gewappneter halten, sondern im Zusammenhang
damit die starke kirchliche Tradition und Sicherheit, in der es
für selbstverständlich gehalten wird, das Kind „religiös zu
formen", d. h. das Formbare, nämlich die Lebensgestaltung
und -Vertiefung und die Gewöhnung in die kirchliche Liturgie
sozusagen als Methode der Olaubenserweckung zu nehmen.
Denn hinter diesem allen wissen die Verfasser sehr wohl,
daß allein der heilige Geist Glauben wecken kann. Sie betonen
auch die Unentbehrlichkeit der biblischen Grundlage. (S. 5)
Aber die biblischen Geschichten stehen nicht im Vordergrund
der Stoffdarbietung, sondern die Förderung des Gebetslebens,
die Heimischmachung in Gotteshaus und Messe, die sakramentale
Welt und das Kirchenjahr einschl. Marienverehrung und
einer Lehre von den Engeln und Schutzengeln. Die Lektionen
ziehen dabei des öfteren Beispielsgeschichten hinzu, zum Teil
gute, zum Teil nach unserem Geschmack auch bedenkliche.

Positiv zu beachten bleibt für uns die starke Ausrichtung
nach der Seite, die wir in unserer Weise „Eingewöhnung in
das Gemeindelehen" nennen würden, mitfeiernde Teilnahme an
Tauf- Und Abendmahlsgottesdiensten, Verstehen der Liturgie,
Stärkung der kirchlichen Gebundenheit außerhalb der kirchlichen
Räume, in Familie und Volk. So ist dieses katholische
Buch voll von Anregungen gerade auch für den evangelischen
Katecheten zur Beachtung von sehr notwendigen Dingen, die
bei uns noch immer allzu leicht vernachlässigt werden.

Berlin O. Hammelsbeck

Semeria, P. Giovanni ß.: La Messa nella sua storia e nel
suoi simboü. Terza ed. a cura de) P. V. M Colciago, B. Torino:
L I. C. F. R. BemMi & C. o. J. (XVI, 312 S.) 8" = Collana Scrittori
Barnahüi X. L. 12—.

Semerias Buch über die Messe erschien in 1. Auflage
1904, in 2. Auflage 1907; jetzt liegt es in 3. Auflage vor,
welche der Ordensbruder Semerias, der Barnabit Colciago besorgte
. Wenn man an die Reformer- und Modernistenjahre
denkt, in denen auch der Name Semeria in vieler Munde war
(vgl. Rgg=V419), so liest man die vielen Druckgenehmigungen
und das Vorwort des Generalabtes von Monte Cassino
mit Interesse. Semerias Buch entstand einst aus 7 Vorlesungen;
die Vorlesungen wie das Buch hatten das große Verdienst,
In Italien der historischen Erklärung der Meßfeier das Tor
geöffnet zu haben, nämlich nicht irgend einer historischen
Weise, sondern der ernsten Forschung, wie sie in Frankreich,
1 Deutschland, England betrieben wurde. Semeria besaß den
I großen Schwung, den einschlägigen historischen Problemen
| standzuhalten und den Historikern vertrauensvoll in die Augen
I zu blicken. Das wissenschaftliche Urteil über sein Buch hat S.
i selbst vorweggenommen, da er in der Vorrede zur 1. Auflage
! die Leser warnte, hier neue Dokumente, Forschungen, Resultate
zu erwarten; vielmehr sei sein Werk ein Buch zur Popu-
! larisierung der Resultate und Forschungen anderer, besonders
des Msgr. Duchesne. In der Tat war S. zu stark von Duchesne
abhängig; dabei kannte er erst die 2. Auflage von Duchesnes
! „Origines du culte chretien". Dem Herausgeber Colciago ist
es zu danken, daß in dieser 3. Auflage des Buchs von S.
einerseits die 5. Auflage von Duchesnes „Origines" benutzt
I ist, anderseits in den Anmerkungen viele neuere und neueste
Literatur (auch deutsche, auch evangelische) zu Worte kommt,
endlich auch aus Semerias sonstigen Schriften Parallelen oder
Antithesen beigebracht sind. So dämpft zwar Colciago des
öfteren den Schwung Semerias, aber vom Standpunkt des Liturgiewissenschaftlers
aus ist Colciago nicht immer der Schwächere
. Im Ganzen kann man die 3. Auflage von La Mess;i
als durchaus geeignet ansehen, dem italienischen Klerus und
den gebildeten italienischen Laien die Messe (und die bei der
Messe angewandten Gewänder) historisch zu erklären, ja die
Leser in die Fülle der historischen Probleme dieses Gebietes
einen tüchtigen Blick tun zu lassen, zugleich über die unent-
i wegte, immer wieder neu bohrende liturgiewissenschaftliche
Forschung soweit zu unterrichten, daß dieser Forschung neue
Freunde gewonnen werden. An unsere deutschen liturgiewissenschaftlichen
Handbücher reicht das Buch aber nicht
heran. Merkwürdigerweise ist auch bei Semeria-Colciago mit
keinem Worte vom „Kultmvstcrium" der Benediktiner die
Rede.

Berlin Leonhard Fendt