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Ausgabe:

1944

Spalte:

120-121

Kategorie:

Kirchengeschichte: Territorialkirchengeschichte

Autor/Hrsg.:

Bobák, Joannes

Titel/Untertitel:

De caelibatu ecclesiastico deque impedimento Ordinis Sacri apud Orientales et praesertim apud Ruthenos 1944

Rezensent:

Hagen, August

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Theologische Literaturzeitung 1944 Nr. 5/6

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Wie mir Denissoffs Mitarbeiter A. Oleroff mitteilt, ist das
besprochene Werk inzwischen von der französischen Akademie
in Paris mit dem Thiers-Preis ausgezeichnet worden.

Berlin R. A. Klostermann

B i n o n, Stephane: Les origenes lögendaires et l'histoire de
X6ropotamou et de Saint-Paul de l'Athos. Etüde diplomatique
et critique. Louvain: Bureaux du Musdon 1942. (XV, 335 S., 11 Taf.)
gr. 8° = Bibliotheque du Museon. Vol. 13.

B., der erstmals mit mustergültigen Untersuchungen uhcr
die Legende des hl. Merkurios, ein besonderes Problem der
byzantinischen Hagiographie, hervorgetreten ist, hat sich, begünstigt
durch einen dreijährigen Aufenthalt in Athen als
belgischer Stipendiat der französischen Schule, weiterhin der
Erforschung der Bibliotheken und Archive verschiedener Athos-
klöster mit leidenschaftlicher Hingabe gewidmet. Ehe er jedoch
sein größer angelegtes Werk über die Geschichte der Athos-
klöster Xeropotamu und Hagiu Paulu abschließen konnte,
wurde er zu den Waffen gerufen und fiel als belgischer Reserveoffizier
im Mai 1940, kaum 32 Jahre alt; ein wissenschaftlich
viel versprechendes Leben fand damit sein allzufrühes Ende.
Angehörige und Freunde vereinigten ihre Bemühungen um die
Veröffentlichung seines wissenschaftlichen Nachlasses; die
Hauptlast fiel im Auftrag von H. Dekhaye dem Bollandisten
F. Halkin zu, der in langwieriger, entsagungsvoller Freundesarbeit
das noch vielfach im Rohzustand befindliche Ms. bis zum
Drurk förderte.

Welches ist das eigentliche Anliegen des Buches? Viel
prägnanter als in dem vom Herausgeber gewählten Titel
kommt die Absicht des überall frisch zupackenden, kämpferisch
eingestellten Verf. in dem von ihm erwogenen Titel „Der
Athos, seine Fälschungen, seine Fegenden" zum Ausdruck; in
erster Linie geht es um den ausführlichen Nachweis der Rolle,
welche Erdichtungen und Fälschungen jeder Art für die Bildung
der Überlieferung, in dem Ringen um die Sicherung
der Existenz und bei der Verfechtung der Rechtsansprüche der
beiden Klöster, insbesondere aber von Xeropotamu gespielt
haben: Fälschungen von Urkunden byzantinischer Kaiser und
osmanischer Sultane, des ökumenischen Patriarchen und privater
Gönner, monumentaler Zeugnisse und der Stifterlegende;
Art und Umfang dieser Fälschungen werden in genauer Nachprüfung
ermittelt, die Frage nach den Voraussetzungen und
Gründen führt gleichzeitig zur Bestimmung der Entstehungszeit
. B. ist nicht der erste, der solche Fälschungen erkannt
und nachgewiesen hat; schon um 1800 hatte der kritisch
eingestellte Theodoret, Mönch des Lauraklosters und nachmals
Hegumenos von Esphigmenu, der als weißer Rabe einen schweren
Stand hatte und mit seinen Erkenntnissen nicht durchdringen
konnte, mit dem Nachweis begonnen, manche anderen
Athosforscher, auch aus den Reihen der orthodoxen
Kirche, waren ihm seither gefolgt und die Frgcbnisse wurden
umso unangreifbarer, je feiner die byzantinische Urkundenforschung
ihr Arbeitsinstrument in den beiden letzten Jahrzehnten
besonders durch das Verdienst von F. Dölger zu
entwickeln verstand; aber während die bisher zerstreuten Bemühungen
von späteren teils unabsichtlich übersehen oder
auch als unbeachtlich zur Seite geschoben wurden — noch
das 1926 in Saloniki erschienene Buch des Prohegumenos
Eudokios Xeropotaminos über die Geschichte des Klosters
Xeropotamu hat sich taub gegen alle kritischen Einwände gestellt
—, ist das Beweisverfahren nun so eingehend und mit
so unerbittlicher Konsequenz durchgeführt, daß es kein Ausweichen
mehr gibt. Es zeigt sich, daß hinter den Fälschungen
viel weniger das ideale Bemühen steht das Ansehen des
Klosters dadurch zu steigern, daß ihm ein möglichst hohes
Alter und enge Verbindung mit byzantinischen Herrschern
vindiziert werden, als vielmehr durchaus materielle Ziele:
es soll in erster Linie das Alter und die Echtheit bestimmter
Reliquien durch vorweisbare und überzeugende Dokumente
gesichert werden, weil solche Reliquien die wichtigste Voraussetzung
für weitausgedehnte erfolgreiche Bettelreisen sind, die
dem Kloster aus größter finanzieller Bedrängnis heraushelfen:
in zweiter Linie sollen sie dazu dienen, alte Besitztitel oder
bestimmte Rechtsansprüche gegenüber Behörden oder anderen
Klöstern nachzuweisen. Diese Zwecke sind, gerade im Falle
von Xeropotamu, voll erreicht worden.

Die Raumknappheit verbietet es hier, auf Einzelheiten näher
einzugehen, es muß genügen, für den interessierten Forscher
eine kurze Inhaltsübersicht beizufügen. Im 1. Teil wird die Geschichte
der Klöster bis zum 12. Jh., insbesondere die Gründung
nach den diplomatischen, monumentalen und hagiographi-
schen Quellen handelt, wobei neben den gefälschten natürlich
auch die echten zu Wort kommen. Im 2. Teil werden die

Schicksale der beiden Klöster seit dem 12. Jh. geschildert,
j wobei H. Paulu sich mit einem Fünftel des verfügbaren Raumes
begnügen muß. Die Ergebnisse der Untersuchungen wer-
j den zusammengefaßt. In kurzen Bemerkungen werden dann
die älteren offiziellen Ausgaben der Akten von Xeropotamu
und die Arbeiten von Smyrnakis und Vlachos zur Geschichte
des Athos besprochen. Daran schließen sich noch 3 umfangreiche
Anhänge: Die ersten drei geben die griechischen Ori-
' ginaltexte der Chrysobulle (Goldsiegelurkunden) der byzantinischen
Kaiser Romanos Ltkapenos und Andronikos II. Pa-
1 laiologos und des moldauischen Woiwoden |ohann Theodor
I Callimachi; der vierte erhält seinen besonderen Wert da-
| durch, daß er das erste vollständige Inventar der Urkunden
I des Paulusklosters mit einem eingehenden Kommentar für
| jede der 40 Nummern gibt. Ein Verzeichnis der Eigennamen,
der wichtigsten Literatur, der Abbildungen und Kapitelüber-
; schritten beschließt den mit größter Sorgfalt gedruckten Band,
der im Rahmen der außerordentlich weitschichtigen Athos-
| Uteratur einen ehrenvollen Platz beanspruchen darf.

E. W c i g a n d

Seriski, Petrus M , O. F. M.: Poenae in iure byzantino eccle-
siastico ab initiis usque ad saeculum XI (1054). Rom: Officium
Libri Catholici 1941. (XV, 146 S.) gr. 8°.

In der für die Anlage geschichtlicher und rechtsgesehicht-
, licher Studien typischen Art der römischen theologischen Ausbildungsstätten
behandelt der Vf. das kirchliche Strafrecht der
] Byzantiner in der Zeit vor der endgültigen Trennung der Kir-
i chen. Ein geplanter zweiter Band soll aas Mittelalter und die
j Neuzeit, also die eigenständige Entwicklung der Ostkirchen, dar-
j stellen. Der Gegenstand ist spröde und stellt einer Schilderung
erhebliche Schwierigkeiten entgegen, da es für die in Frage
stehende Zeit keine Zusammensetzung des kirchlichen Strafrechts
gibt und auch keine allgemeine moderne Darstellung des The-
j mas vorliegt. Seriski sieht sich daher gezwungen, aus den Be-
, Schlüssen der Konzilien und Synoden sowie aus den Schriften
| der maßgebenden Kirchenväter alles mosaikartig zusammenzu-
; tragen und zu einer Gesamtschau zusammenzufügen. Dabei
j steht natürlich in manchen Fällen Meinung gegen Meinung,
! und der Vf. muß nun seinen eigenen Standpunkt zur Geltung
! bringen. Daß dies stets im Sinne der römisch-katholischen
l kirchlichen Autoritäten geschieht, versteht sich von selbst.

Das Buch Seriskis ist durchaus geeignet, dem Kirciien-
] historiker und Rechtsgeschichtsforscher einen klaren Einblick
I in dieses bisher unerschlossene Forschungsgebiet zu gewähren.
' Der Vf. behandelt die Definition und Qualität der kirchlichen
1 Strafen, ihre Anwendung, die um die Wende vom 6. zu.n 7. Jh.
ihren endgültigen gesetzlichen Niederschlag fand (S. 5), die zur
Verhängung von Strafen berechtigten Stellen und die Persönlich-
Keit der Bestraften sowie die Absolution. Daran schließt sich
vrine Untersuchung über die einzelnen Strafen, vor allem die Ab-
| setzung und die Exkommunikation, sowie die Suspension und
den Interdikt. Dabei untersucht S. die rechtlichen Formen,
I unter denen diese Kirchensirafen vor sich gehen, die Folgen
der Kirchenstrafen und ihre Abstufung. Abschließend behau-
j delt der Vf. einzelne besondere Vergehen und ihre Ahndung,
so den Abfall vom Glauben, die Häresie und den Umgang mit
| Häretikern, sowie Vergehen gegen kirchliche Würdenträger, den
, Papst, den Patriarchen, Bischöfe und Kleriker. Weiterhin befaßt
er sich noch mit Amtsanmaßung und Einmischung in fremde
; Jurisdiktionsbereiche. Es handelt sich hierbei, wie überhaupt
! in der ganzen Abhandlung, immer um die kirchlichen Vor-
, schritten und Angaben über das einzuschlagende Rechtsverfahren
, also lediglich um rechtsgeschichtliche Angaben. Dabei
; werden nicht etwa geschichtliche Fälle behandelt und als geschlossener
Fragenkreis durchgesprochen.

Ausführliche Literaturangaben und verschiedene Indices er-
höhen den Wert der fleißigen und übersichtlich gegliederten
Darstellung.

München, z. Zt. Tauroggen (Litauen) Bertold Spul er

Bobäk, Dr. Johannes: De caellbatu ecclesiastico deque impe-
dlmento Ordinis Sacrl apud Orientales et praesertim apud
Ruthenos. Rom: Officium Libri Catholici 1941. 167 S. gr. 8° =
Urbaniana II, 3.

Jeder Beitrag zur Kunde des Ostens ist heute willkommen,
zumal wenn er etwas Licht in die verwickelten kirchlichen und
rechtlichen Verhältnisse wirft. Ein stark in die Auge fallendes
Unterscheidungsmerkmal von der lateinischen Kirche ist die
Möglichkeit, daß die Geistlichen der Ostkirche vor dem Empfang
der höheren Weihen heiraten dürfen.

Die Schrift zerfällt in zwei fast gleich große Teile. Im
ersten Teil behandelt der Verfasser die Geschichte des Zölibats