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Ausgabe:

1944

Spalte:

115-116

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Bover, José Maria

Titel/Untertitel:

San Pablo, maestro de la vida espiritual o la ascética de San Pablo 1944

Rezensent:

Fendt, Leonhard

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115

Theologische Literaturzeitung 1944 Nr. 5/6

116

Lagrange berichtet und abschließend geurteilt: „Gar. P. Denifie,
examinatis sententiis exegetarum, invicte probavit Lutherum
et christianae doctrinae contradixisse et a traditione exegetica
recessisse. Omnes de cetero concedunt Lutherum in fingenda
doctrina sua de iustificatione, minus fuisse ductum obiectiva
exegesi, quam subiectivis dubüs et scrupulis, desperatione
nempc faciendi bonum et perseverandi in eo."

Das Buch ist für Studenten der Theologie in römischen
Missionsseminaren bestimmt und dient diesen schon in einer
zweiten Auflage. Andere Leser finden in ihm keinerlei wissenschaftliche
Förderung, aber eine manchen evangelischen
Theologen vielleicht nützliche konfessionskundliche Belehrung.

Marburg H. v. Soden

Camön Aznar, Jose: Dios en San Pablo. Zaragoza: Libr. General
1040. (176 S.) kl. 8° = Ediciones Partenön. Pes. 8—.

Das ist kein Beitrag zur Paulusforschung, sondern eine
christliche Lebensphilosophie, die sich an Paulus anlehnt.
Es handelt sich dabei nicht um den uns geläufigen Paulinismus,
vielmehr um eine Philosophie des Schmerzes und der Liebe,
eingetaucht in die christliche Erlösungsidee, wie sie bei Paulus
vorliegt und in den Katholizismus eingebaut wurde. Aber
Aznars Ideen sind oft von überwältigender Kühnheit, so daß
ein durchaus originales Werk vorliegt. Die Sprache erhebt sich
immer wieder zu einer förmlichen Pracht. So erweist sich das
Buch als ein interessantes Stück spanischer Erbauungsliteratur
der Gegenwart für höchste Ansprüche. Wenn man den Vergleich
wagen darf: ein katholischer Kierkegaard! Die Aufnahme
des Buches in die Ediciön Partenön ist besonders beachtenswert,
da in dieser Ediciön die Bücher erscheinen, welche ,,die hervorragenden
Themen der modernen Kultur" behandeln. Aznar
sciirieb diese christliche Lebensphilosophie in schweren Tagen
(1938), als er, ähnlich wie Paulus, den Frieden aus Not und
Wunden zu erkämpfen hatte.

Ein paar Proben aus den 40 Abhandlungen mögen die Art des
Verfassers illustrieren. ,,ln der christlichen Religion verwandelt (se
transubstancia) Gott sich in seine elendsten Kreaturen, und der
Weg dieser Verwandlung (transformaeiön) ist das Opfer seiner seihst"
(90). „In jedem Sein, in jedem Ding, realisiert sich das Martyriuni
Gottes. Jede Form ist eine göttliche Tortur, eine neue Kreuzigung
" (03). „Die Transformation des Fleisches in den (hl.) Geist
wird nur möglich dadurch, daß es in den Leih Christi umgesetzt
wird. Oder mit anderen Worten: daß es mit Schmerz angefüllt wird.
Denn jeder Tod hat nach sich die Auferstehung. Und das, was aufersteht
, ist das vergossene Blut" (133). „Obermäßig gewogen ist
die Last deiner Liebe, o mein Gott! Aber nur im Kriege, nur unter
dem Wühlen brennender Eingeweide, fließt der Friede. Uns zu ChrMus-
sen zu machen, mein Gott, das ist deine Forderung. Möge unser
Fleisch und unser Herzeleid in den Händen der unersättlichen
Henker bleiben! Daß dort der Böse sich erlabe und zur Vollendung
komme und unter seinen leidenschaftlichen Torturen unwandelbar
bleibe unsere Inbrunst für die Tragödien des Schicksals! Und eine
unaitssehöpfhare Auferstehung wird unsere Zukunft sein. Der Körper
in jedem Schmerze Jesu Christi, die Seele in jeder Pein des heiligen
Geistes" (137).

Berlin Leonhard Fendt

Bover, P. Jose" M., S. J.: San Pablo, Maestro de la vida espi-
ritual o La ascetica de San Pablo. Segunda Ediciön. Barcelona:
Catölica Casals 1941. (XII, 326 S.) 8°.

Das Buch enthält eine eingehende Untersuchung der praxis
pietatis in den Paulusbriefen. (Der Untertitel „Aszetik des heiligen
Paulus" ist für uns irreführend; es handelt sich nicht
um die Theorie der eigentlichen Askese — aber im katholischen
Sprachgebrauch redet man auch in Deutschland von den
Schriften zur praxis pietatis als von „aszetischen Schriften").
Bover geht aber nicht historisch, nicht schlechthin exegetisch
vor, sondern er hat eine Theorie der praxis pietatis (nämlich
die katholische), und diese Theorie sucht und findet er in den
Paulusbriefen. Einzelne Abschnitte (besonders im zweiten Teil)
sind aber der eigentlichen exegetischen Methode näher und
können daher den Paulusexegeten stärker interessieren. Im
Ganzen bietet das Buch einen für uns Deutsche erwünschten
Einblick in die Arbeit der gegenwärtigen spanischen Theologie;
man legt es mit Achtung aus der Hand.

Die Theorie zur praxis pietatis (I. Teil) geht von der
Sünde aus, sehreitet weiter zur Gnade, dann zur sittlichen
Vollkommenheit, die in Gerechtigkeit und Heiligkeit besteht;
die drei großen Energien der Vollkommenheit sind Glaube,
Hoffnung, Liebe; das sittliche Leben verläuft in Ausübung
der Demut (humilitas), des Gebetes, der Abtötung, in Liebe,
Keuschheit, Arbeitsamkeit. Die mit dieser Systematik verbundene
Paulusauslegung zeigt stets, daß dies alles bei Paulus

dieselbe Rolle spielt wie im Katholizismus. Der II. Teil des
Buches bringt Einzelbehandlungen zum I. Teil: 1. Das theologische
System des Paulus (gipfelnd in dem „In Christo");
i das „aszetische" System des Paulus (gipfelnd in der Gottesgerechtigkeit
); 2. Die Beiträge des Hebr. zu diesen Fragen;
3. Die Liebe bei Paulus; 4. Der soziale Gedanke bei Paulus
i (= die Kirche); 5. Die Charismen der actio catholica bei
j Paulus; 6. Paulus und das „Prinzip und Fundament" der
| Exerzitien des Ignatius von Loyola (Ignatius: das Ziel, zu
welchem der Mensch geschaffen ist — Paulus: „Prinzip und
! Fundament" ist Christus allein); 7. Der Geist der Diskretion
und der Reflexion bei Paulus- 8. Das aszetische und das
i mystische Gebet bei Paulus; 9. "Die unio mystica „in Christo"
bei Paulus; 10. Das „Herz Jesu" in den Paulusbriefen; mit
Beziehung auf die „Herz-Jesu-Verehrung" — Margareta Maria
Alacoque wird als besonders gut „paulinisch" bezeichnet).
Die Nummern 2, 3, 4, 8 sind exegetisch beachtenswert, allerdings
mit Vorbehalten.

Die Behandlung einiger Bibelstellen sei besonders notiert: Hebr. 6,
4—6: S. 147; Rm. 8,28: S. 156, Rm. 5,5: S. 161. S. 50f;
die justitia Dci M die Gerechtigkeit a) mit welcher Oott selbst
gerecht ist und Gerechtigkeit übt, b) mit welcher Gott uns gerecht
macht. S. 71 ff.: der Glaube ist tätig; hier wird ungerecht gegen
Luther polemisiert, der doch das Schönste über die Aktuositäl des
Glaubens geschrieben hat — daß in der Rechtfertigung die fides
Sola in Betracht kommt, das ist etwas ganz anderes, nämlich dasselbe
, was auch Bover mit der Rolle Christi bei der Rechtfertigung
meint. S. 51, 128, 129 wird die forensische Rechtfertigung unter
J die „frostigen und abstoßenden Irrtümer" der lutcranos und prote-
stantes gerechnet, gegen welche „Paulus sich mit apostolischer
Indignation erhoben" hätte. Trotzdem darf Bover überzeugt sein,
daß bei Luther und bei den luteranos gerade zum Thema des vorliegenden
Buches vieles zu finden wäre, was neues Licht brächte;
man ist nicht umsonst Jahrhunderte lang dezidiert Paulincr. Aber
: deutsche theologische Literatur, auch katholische, kennt Bover nicht
i eigentlich (E. Haupt, Belscr, Knabenbauer, v. Soden werden ge-
| legentlich erwähnt, da/u Hetzenauer, Theologia hiblica 1908; wo bleiben
unsere großen Kommentare zu Paulus, unsere Einzelabhandlungen
zu den paulinischen Themen, unser Theol. Wörterbuch zum
N. T.V). Hauptbuch für Bover ist Ferdinand Prat S. L, La thiologie
de St. Paul, Paris 1923; unter dem Einfluß dieses Buches hat Bover
„Konferenzreden", die er 1914 hielt, zu wissenschaftlichen Untersuchungen
.ausgestaltet — er gestalte nun diese 2. Ausgabe durch'
Studium der deutschen Theologie zu einer 3. Ausgabe um, dem echten
Paulus zuliebe.

Berlin Leonhard Fendt

KIRCHENGESCHICHTE: DER OSTEN

Denissoff, E.: Maxime le Grec et l'Occident. Contributlon
ä l'histoire de la pensee religieuse et philosophique de Michel Trivolis.
Paris-Louvain 1943. (XL, 460 S) = Universite' de Louvain, recueil de
travaux d'histoire et de Philologie, 3e scrie, 14e fascieule.
Nach meiner Leipziger Dissertation „Maxim Grek in der
I Legende" (/.KG 1934) hat E. Denissoff auf Grund langer
I Studien in Bibliotheken und Archiven die Beschäftigung mit
1 der faszinierenden Gestalt jenes griechischen Mönches wieder
j aufgenommen, der in seinen Jugendjahren die Renaissance
! in Italien erlebte und später als Athosmönch nach Rußland
berufen dort ähnlich seinem größeren Zeitgenossen Martin
, Luther Übersetzungen von Bibeltexten und Kommentare an-
I fertigte. Infolge seiner schriftstellerischen Leistung, seiner Her-
! kunft und Bildung hat dieser Mann in Rußland noch |ahr-
hunderte nach seinem Tode eine geradezu dominierende Stellung
auf geistig-religiösem Gebiet eingenommen, die ihn (jedenfalls
der äußeren Einwirkung nach) den bekanntesten Persönlichkeiten
der Renaissance zur Seite stellt: Ein Reformator,
den ein widriges Geschick um seine Lebensarbeit gebracht
hat und zum Märtyrer werden ließ.

Während ich seinerzeit von der - Persönlichkeit und dem
eigenartigen Schicksal dieses ungewöhnlichen Menschen beeindruckt
den Ursprung und die Entwicklung des um Maxim
gebildeten Legendenkranzes vom 16.—18. Jahrhundert als einen
1 Beitrag zur russischen Hagiographie festzulegen suchte und
dabei immer wieder auf die Dürftigkeit wirklich gesicherter
Quellenangaben hingewiesen wurde, hat E. Denissoff wohl
aus ähnlichen Erfahrungen heraus sich zunächst einmal darauf
konzentriert, das Leben Maxims zu erforschen und — trotz
der zahllosen früheren russischen Arbeiten — auf eine neue,
völlig überraschende Basis zu «teilen. Mit ganz anderen
Hilfsmitteln ausgestattet, als sie mir damals zu Gebote standen
, ist es dem Verfasser unter der Mitarbeit eigens Angesetzter