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Ausgabe:

1944

Spalte:

73-76

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Cartellieri, Alexander

Titel/Untertitel:

Der Vorrang des Papsttums zur Zeit der ersten Kreuzzüge 1095 - 1150 1944

Rezensent:

Dörries, Hermann

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Theologische Literaturzeitung 1944 Nr. 3/4

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Schmidt und H. <). Schröder (Der Alethcs Logo» des Celsus, i Was dem Zeitalter das Gepräge gibt, ist danach ein
Auszug HabilitstkaMchr. Qießen 1939), er habe die in der ersten kirchengeschichtliches Thema. Die Kirehengeschichte geht auch
Partie" behandelten xr.füJuiui aus dem ganzen Buche seines Qcg- gleich das erste Buch: „Der erste Kreuzzug" besonders an.
ncrs exzerpiert; Bader hat dagegen wie die Früheren angenommen, Aber wenn es geradezu von einer Predigt den Ausgang nimmt,
daß auch diese' Partie sich an die Ordnung des Kelsos hilf, also den : dem Kreuzzugsruf Urbans zu Clermont, so ist doch das InAnfang
des Alcthes Logos repräsentiert. Mit Recht, denn aus Ori- teresse des Verf.s wesentlich auf die äußeren Geschehnisse
genes' Worten geht mit Evidenz hervor, daB er seinen Plan änderte, gerichtet, weniger auf ihre innere Begründung und ihr gei-
als er in seiner Widerlegung bis zu der Rede des Juden (ab I 28) stiges Verständnis. Der Gang des Kreuzzugs wird erforscht,
gelangt war. Es ist also an der alten Anschauung festzuhalten, und nicht seine Idee abgeleitet.

zwar auch dann, wenn man mit Wifstrand der Ocgcnthese so viel Die grundsätzliche Beschränkung auf die Fragen der
zugiht, daß Origcnes einzelne kelsiamschc Passus, die sich innerhalb ; äußeren Politik ist freilich keineswegs überall von Schaden:
der Anfangspartie finden, aus späteren Abschnitten vorweggenommen ' sie lehrt Nüchternheit im Blick auf die Machtkämpfe, die
hat; diese Fälle stehen eben grundsätzlich auf derselben Linie den Vordergrund der Geschichte ausfüllen. Allerdings verführt
wie ähnliche in anderen Partien. Immerhin wird man sich zurück- j sie an Stellen, wo die Ideen so unübersehbar die Ereignisse
halten und auch an das von Origenes so oft gerügte ^aXiUoveTv j bestimmen, wie in der Kreuzzugsbewegung, zu raschen Ur-
des Kelsos denken müssen. ! teilen. Bedeuten die Kreuzzüge wirklich einfach die Aktualt-
Die Partie I 1—27 hält Wifstrand nun nicht wie üblich in sierung des für den Christen „eigentlich Selbstverständlichen",
ihrer ganzen Ausdehnung für das Proömium des Alethes Logos, für seinen Glauben zu kämpfen, zu siegen und zu sterben
sondern läßt dieses mit Pelagaud (auf Orund einer richtigen Dcu- (S. 5)? Ls ist doch gerade umgekehrt aus christlichen Voraus-
tung von III I S. 203, 1 ff. K.) schon mit I 12 abschließen. Der | Setzungen allein unerklärlich, wie aus gewaltlosetl, wenn auch
Hauptteil des Buches begann dann also mit der Erwähnung jenes i gewiß für ihr Zeugnis sterbensbereiten, Glaubenshoten Kreuz-
alten, allen heidnischen Völkern gemeinsamen Logos (I 14 c. 21), fahrer haben werden können, die grundsätzlich auf die gleiche
der, wie Kelsos hier darzutun suchte, in der mosaischen Religion | Ebene traten, wie ihre islamischen Gegner! Mit der gerin-
eutstcllt und in deren christlichem Ableger noch verderbter vorliegt, j geren Beachtung der Idee und ihrer Voraussetzungen hängt
Dieser Logos ist „die harmonisierte heidnische Überlieferung von j dann weiter zusammen, daß etwa das Fernbleiben der dettt-
Qott und den Oöttern, etwa so aufgefaßt, wie sie in der Spätan<ikc i sehen Ritter hauptsächlich mit der Abwesenheit des gebannten
von Neupythagoreern und Neuplatonikern in großen Systemen ge- i Kaisers erklärt wird, nicht mit einem Zurücktreten der Kreuz-
kammcU wurde" im 4. und 5. Jhdt. nicht selten in bewußtem Oege«- j zugsidee auf deutschem Boden, wo es an der Vorarbeit der
saitz zum Christentum" (S. 0; vgl. Max. Tyr. 11,5). Nach Wifstrand« Cluniazenser gefehlt hat.

einleuchtender Deutung ist es dieser Logos, nach dem die Schrift
„Die Wahre Lehre" heißt; so darf man dem Kelsos auch zugestehen
daß er der durch den Titel erregten Erwartung einigermaßen Genüge
Retan hat, denn so sehr die Polemik seine Darlegungen beherrschte

Eine Entschädigung für den an dieser Stelle besonders
fühlbaren Verzicht auf ein tieferes Eindringen in die geistigen
Hintergründe der Ereignisse bildet schon hier der im weiteren
Fortgang immer von neuem hervortretende fast überwäl-

(Or. IV 47 S. 310, 29 f.), so trat jener Logos doch in seinem Haupt- : tigende Stoffreichtum, auf dem der Wert des Werkes ganz

punkte immer wieder klar hervor, nämlich der Existenz des einen, I wesentlich beruht. Das Gefühl der Zuverlässigkeit all dieser

Kroßen und unsichtbaren Oottes und darüber hinaus der vielen ! Nachrichtenfülle gegenüber wird durch das gelegentliche Be-

l'iimoncn. kennen eines Nichtwissens nur erhöht.

Wifstrand .hat dann zum ersten Male einen über alle Exkurse j |)as g. Buch über den „Fortgang des InvcsiiturslrclU
und Abschweifungen hinweggehenden, klaren und in sah geschlos- | um__,, ln.< brinst Vrieüc übcr Heinrich IV., seine Person ( ,in
seilen Gedankengang des Ganzen aufgezeigt. Nach der Vorrede und j sjch sel(hst /errisscn.. s 80)) seinc Haltung („Hätte er nur den
dem schon erwähnten Abschnitt I 14 - 27 folgte die Rede des Juden ; Vorteil des Reiches im Auge gehabt, ... so wäre es richtiger
gegen Christus und die Judenchristen, die den Abfall vom jüdischen j gewesen, bald freiwillig abzudanken". S. 58), seine ItaiienpoÜtik
Viitcrglaubcn brandmarkte (I 28 11). Dann spann Kcl-os im eigenen (allf die Italiener machte der päpstliche Bann weniger Eindruck
Narnicn das Thema weiter: er leitete den Streit der Juden und der xU al|f vielc Deutsch«! S. 57) und seinen Erfolg (trotz des Er-
Christeu aus der Oppositionssucht und der Phantasterei der letzteren Hegens war sein Ringen um die Majestät des weltlichen Staates
her und stellte ihn in seiner Sinnlosigkeit bloß, indem er die Aus- ■ nic|lt vergeblich S. 80). Oegenüber der Alternative einer deutschen
ein.mdersetzung darüber, ob der Erlöser schon auf Erden erschie- |ta|.j€n- oder Ostpolitik wird der Zusammenhang beider hervorge-
nen sei oder nicht, durch den Nachweis der Vernunftwidrigkcit der | ho(,,en: „Nichts konnte der Ostpolitik förderlicher sein als die Willheiden
Parteien gemeinsamen Voraussetzung einer Herabkunft Oot- | fährigkeit eines Papstes und der Ertrag der italienischen Staatssteuern,
♦es ad absurdum führte (III -IV). Für die „Engel", d. h. die i Ostpolitik und Italienpolitik ergänzten sich glücklich, vermehrten beide
Dämonen, gab er eine solche Möglichkeit zu, wies aber doch den die Kraft des Reiches" (S. 104).

jüdischen wie den christlichen Engelglauben ab und legte die Un- . Dm 3 Buch handelt vom „Ende des Investiturstreits 1109

Selbständigkeit der Christen in diesen, Punkte S/k in dem Gros ; my,. ,)ie Darstellung müht sich zunächst um eine De*

u-or sonstigen Lehren dar (V -VI 61). Die Schlußpari* Vit dc< Avar Epkod< ^bliebenen. «her in sich bedeutende

» VIII brach e die Polemik gegen ihr Haupt*,«...« das „ach ,h, VoaM „ durch VerricW luf die Rc|?alicn dic Ent.

Z "nri .f l'»rakter,strsches ausmachte, die Ablehnung von B, I - wcInit|, d„ Kirche zu erreic|u,,. M„ Rcdlt ,,cißt „ da|, damjt

«euhenst und Vielgötterei, und mundete ,n emen dr.neenden Appell , späterc Armutsideat angestrebt, sondern die alte Freihe ts«

der Staatsre igion aus; der Anschluß dieser Partie an die ' Rewendet ist. Dag^n wird man /weife n dürfen ob

VOrheiWhende ist insofern sehr irlatt, as Kelsos den Engelglauben , ... .. ., . , ., . ... . 7 . "*™ .. . ■ "n,>

.1 ,', . .. . , t ? fur dl* Unterscheidung der beiden Aufgaben im b schöf ichen Amt

Oer ehr sten als Widerspruch zu ihrem Monotheismus empfand. . ...... , . ......, ... ' r «.">,

' , ' 1 "jl . , • • ,, , „ ,.,„J„ . 1 „ emer kirchlichen und einer königlichen, wie sie im Wormser Konkordat
wifstrand lewHlirl weiterhin noch einige Kelsosworte aus dein , . , , . , . , „ _ ... _ „
w.udw Bjwmui ..iiniMii - „, festgelegt ist, der moderne Begriff einer „Trennung von Staat und
Ongenes ext und reduziert den Bestand des Fragments VI 3. * an |ft. Erst echt erscheint es anfechtbar, be
r>c„ Schluß seiner Abband ung bildet eine Reihe von Verbesserungen ^ dwch ,v<) v()„ chartrc< vor|,,rciteten Scheidung auf den
Lesung und Interpunktion des Origenes- und Kelsostcxtes ,ow,e fnMMa llnd deutschen N'atk.nalcharakter zurückzugreifen. Danach
Bemerkungen zur Interpre ation: man wird auch hier meistens gerne „„„„ m üfieil franzö^^-hen Staatsmänner geistlichen Stande,
e.stimmen. III 10 S. 21. 3 f. kommt der ge orderte Sinn .wenn |ä„zen(| verstanden> Geistliches und Weltliches rdnlich zu Sche den
• m d,e Lehre von der künftigen Strafe ausnimmt" am besten heraus ^ ^ ^ staa,Uc|l0|, Be, den kirchlichen geop er nenn
man ,„v Arp^T); («ts.« ".'K/.i):) r.,v W01 wXAwmfl h™* best den Dt,|tsdlcI1 sei das bei ihrer mehr innerlichen Auffa"sun-
Konn M;tns Hl'rtcr der Religion so häufig nicht gelungen (S. 157). .Nicht um reinliche

1 Scheidung, sondern um rechte Rangordnung dürfte es sich gehandelt

frnz.irn»7/1™z.r,iz.Tmr «jrTTF/ AI VLU haben! Bemerkenswert ist das Interesse des Machtpolitikers an der

K1IH .///vVfr/ySf ,HI(J11 ft : Ml 1 l hLAh I hn gewiß machtstrebenden, aber doch utiköni glichen Gestalt Heinrichs V.,

„ _ _ in dem der Verf. den Mann erblickt, der ,/uni Besten des deutschen

kartellier!, Prof. Dr. Alexander: Der Vorrang des Papsttums Reiches in die Welthändel einzugreifen" imstande gewesen wäre

zur Zeit der ersten Kreuzzüge. 1095—1150. München : R.Olden- (S. 123).

bourg 1041. (LVII, 460 S.) gr. 8° — Weltgeschichte als Machtge- An kirchengeschichtlich interessanten Einzelheiten Bei der für die

scmcn,<"- eeh. RM 16.50. religiöse Vorstellnngswelt des Mittelalters aufschlußreiche Wunsch

Der vierte Hand der „Weltgeschichte als Machtgeschichte" Philipps l. von Frankreich erwähnt, sich nicht in St. Denys,

Kl" nach dem „Aufstieg des Papsttums" (Bd. III) dem der Begräbnisstätte der französischen Könige, sondern in St. Bcnoi't

■ Aorrang des Papsttums" in der Zeitspanne zwischen den l>ei- sur Loire htisettttt tu lassen: er fühle sich seiner vielen Sünden

Wjn Kretizzut;späpsten Urban II. und CUgeil III. Da8 nächste wegen unwürdig, neben dem hl. Dionysius zu ruhen, vertraue aber

'•eitalter wird dann durch die „Weltherrschaft des Papsttums" auf die erbarmende Liebe des hl. Benedikt (S. 108). — In die Ge-

larakterisiert. schichte der GcrmanHicrung des Christentums gehört das Verbot