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Ausgabe:

1944

Spalte:

67-68

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Steiger, Hugo

Titel/Untertitel:

Geschichte der Stadt Augsburg 1944

Rezensent:

Schornbaum, Karl

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1944 Nr. 3/4

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man aus den kapitularischen Protokollen ein Bündel Grotesken schreiben
. Beachtlich ist z. Ii. die Abgabe der Complutensischcn Bibel,
eines besonders schönen Exemplars, dessen Wert auf 200 bis 300
Reichstaler geschätzt wurde, als Geschenk an den Kurfürsten in
Dresden (Prot. Cap. vol. 61 f. 1Q9', 220), der dies Geschenk mit
„Wohlgefallen vormerkt".

Wichtiger, interessanter und reichhaltiger als die Kapitelsbiblio-
thek ist die heute fast noch unbenutzbare Bibliothek des Herzogtums
Sachsen—Merseburg (die fürstliche oder herzogliche, die
Kanzlei- oder Regierungsbibliothek), deren Reste sich seit
etwa einem Jahrhundert in einem als Bibliothek einrichteten, nicht
leicht zugänglichen Räume über der Michaelskapelle befinden. Interessant
wie diese gan/e echte Renaissanceschöpfung überhaupt war
z. B. die Landesverordnung, nach der die Strafgelder für die Übertretung
gewisser Landesgesetze den Vermehrungsfonds für die Bibliothek
bilden sollten. Die fürstliche Kammer mußte dann aber immer
wieder berichten, daß zur Vermehrung der Bibliothek nur wenig Mittel
zur Verfügung gestanden hätten, da bei obwaltenden schweren
Zeiten die Landeseinwohner nur wenig Neigung gehabt hätten, die
Landesgesetze zu übertreten. — Diese Bibliothek stellt namentlich
in ihren Anfängen ein vollendetes Spiegelbild der hochentwickelten
Buchkultur des kurfürstlichen Hofes in Dresden dar. Wahre Meisterte
istungen aus der Werkstatt Jakob Krauses, des weltberühmten kurfürstlichen
Hofbuchbiiidcrs, und anderer erstklassiger Könner sind
in prachtvoll erhaltenen, kaum benutzten Exemplaren vorhanden.
Diese Regierungsbibliothek, die im eigentlichen Sinne die Stifts-, d. h.
die LandesbibKothek sein dürfte, hat seit 1838 einen gedruckten
Katalog mit zwei Nachträgen von 1877 und 1894. Die schönen
alten Jurioica, vortrefflich gedrückte Corpora uid Glossatoren in
z. T. prachtvollen Renaissancebänden stellen seit 1815 dem (Oberlandes
-) Gericht in Naumburg zur Verfügung, in dessen schönem
Bih'iothekssaalc sie in einer dunklen oberen Galerie und in einem
Nebenraum d ah [«dämmern, ohne daß sie für die heutige Rechtsprechung
oder für die Ausbildung der Referendare irgendwie v.m
Nutzen sein können. Die wertvollsten Teile der Theologie, darunter
rara und rarissima, namentlich die durch hochkünstlerischcu Einband
ausgezeichneten Stücke, etwa 230 Werke, sind seit 1915ff.
an die Lutherhalle in Wittenberg ausgeliehen, WO sie zun Teil
sogar mit einem häßlichen Eigentumsstempel des Instituts versehen
wurden. Ob die Bücher gerade hier richtig am Platze sind, durfte wohl
bezweifelt weiden. Der Raum der Regierungshihlintlick selbst ist
heute schlecht zugänglich, nie gelüftet, überaus schmutzig; er macht
bei den hier und da erheblich ausgeraubten Regalen einen trostlosen
Eindruck und wird von Benutzern nie besucht. Es wäre gewiß zu
wünschen, daß auch diese Reste einer alten Kulturstätte mehr beachtet
und wenn möglich einer regelrechten Auswertung zugeführt würden.

Das vorgelegte Verzeichnis der Wiegendrucke ist sauber und
zuverlässig. Bei jedem Druck ist angegel>en, wo das betreffende
Werk bereits in einer modernen Inkunahelbihliugjaphie verzeichnet
Ist. Nicht weiter bekannt war bisher lediglich die Nr. 3 in Merseburg
, die bei Markus Brandis in .Merseburg wohl 147° gedruckte
Agenda Merseburgensis, von der eine beigegebenc Tafel einen Eindruck
vermittelt.

Berlin Otto Lerche

Steiger, Dr. Hugo : Geschichte der Sladt Augsburg. München :
R. OWenbourg 1941. (296 S., 16 Tat.) 8". geb. RM 9.50.

Die Stadt Augsburg entbehrt seit langem einer der Bedeutung
der alten Reichsstadt entsprechenden Würdigung. Es ist' ja
mancherlei in den letzten Jahrzehnten geschehen, um einzelne Perioden
ihrer Entwicklung aufzuhalten. Matt denke an die vielen Forschungen
Fr. Roths zur Reformationsgeschichte und die Untersuchungen
Jak. Strieders über ihre Wirtschafsgeschichte. Aber es fehlt au der
Zusammenarbeit und Zusammenschau. Man muß bis in die Mitte des
18- Jahrlults. bis zu Paul von Stetten zurückgehen, wenn man eine
zusammenfassende Darstellung haben will. Um so bedauerlicher,
als Augsburg lange Zeit im Mittelpunkt des Weltgeschehens stand,
als die splendidissima colonia Rhaetiae dazumal mit neuem Glänze
in der ganzen Welt erstrahlte. Und doch war es begreiflich; die
Anlange der Stadt liegen in der Römerzeit; fast 2000 Jahre sind
hier zu durchwandern. Wieviele Fragen erheben sich, wenn es
gilt, die Geschichte einer Stadt im Mittelalter zu schreiben. Und
doch ist gerade hier Aufklärung um so dringender nötig, als eben in
der bischöflichen Zeit die Wurzeln für den späteren Aufstieg liegen.
Mit der Wende zur Neuzeit tritt Augsburg in den Mittelfunkt alles
Geschehens. Handel und Gewerbe bilden die Grundlage für das
Geldwesen, bei dem die Hankhäuser Fupper und Welser führend
in der Welt waren. Damit war der Boden für ein reiches, vielseitigen
Kulturleben bereitet, mochte es sich um die Pflege der Wissenschaften
, man denke an Peuntinger, oder um Förderung der Kunst,
man denke an Burgkinair, Hol'bein, Holl, handeln. Und wiederum
wirkte dieses Kulturleben befruchtend auf die Arbeit der Gold-
und Sil'berschmiedc. Dieses reiche Leben konnte auch durch die religiösen
Wirren, in die die Reichsstadt in der Reformationszeit weitest
hineingezogen wurde, nicht empfindlich gestört werden. Der Ausgang
dieser Periode zeigt ein Herabsinken der Reichsstadt in ein
kleinbürgerliches Gewand, ein allmähliches Erlöschen alles dessen,
das seine Größe begründet hatte. Erst die bayr. Zeit bringt durch
die Entwicklung der Industrie — Riedinger, Buz, Mcsserschmitt Diesel
sind des Zeugen — neuen Aufschwung. Eine Fülle von Stoff;
dem Verfasser ist es gelungen, sie zu meistern. Die Liebe zur Heimat
führt ihn nach 33 Jahren nicht nur an die Stätte seiner Geburt zurück,
sondern gibt ihm immer die Kraft, dem Vorsatz, eine Geschichte der
Heimat zu schreiben, treu zu bleiben. Dann aber hat er in weiser
; Zurückhaltung sich allein auf die Durcharbeitung des gedruckten
Materials beschränkt und ist nicht der Versuchung erlegen, die vielen
auftauchenden Probleme durch eigne archivalische Studien zu klären
zu suchen. Der Abschluß des Werkes wäre dadurch auf lange hinaus
in Frage gestellt worden. Nicht umsonst ist der Verfasser in die
Weite über ein Menscheualter geführt worden; sein Blick hat sich
geweitet, seine Schau des Geschehens und der historischen Entwicklung
vertieft. Darum hat er mit vollem Bedacht davon abgesehen,
Einzelheiten nachzugehen oder Augsburg in Isolierung zu betrachten,
er stellt alles mitten hinein in das Geschehen der Zeit und kommt
dadurch erst zu einer rechten Wertung des Ganzen. Glückliche Umstände
, z. B. die Funde aus der Römerzeit 1013 haben dazu auch erst
ermöglicht, -ich ein Bild, das Anspruch auf Wirklichkeit machen
kann, zu schaffen.

Der Verfasser hat sich die Aufgabe gestellt, eine Oesclmhtc
seiner Heimat für den gebildeten Laien zu schreiben. Diese Aufgabe
hat er auf Grund des Standes unseres jetzigen Wissens gelöst. Nicht
zum wenigsten, weil er auch die Gabe einer edlen, auch das Gemüt
berücksichtigenden Sprache besitzt.

Nach Abschluß der Arbeit ist der Verfasser bald verschieden.
Er hat damit ein teures Vermächtnis seiner Heimat hinterlassen.
; Möge es die Anerkennung finden, die es verdient, besonders dadurch,
I daß viele in gleicher Umsicht an die Lösung der vielen aufgeworfenen
Probleme herantreten. Die Ausstattung und die schönen Bildbeigaben
erhöhen den Wert des Buches.

Nürnberg K. S e h o r n b a u in

Die Pastoren der Landeskirchen Hannovers und Schaumburg-
Lippes seit der Reformation. Im Auftrage des I.andeskirchen-

amtes Hannover namens der Gesellschaft für N:cdersächsische Kir-
chengeschiehte in Gemeinschaft mit zahlr. Mitarbeitern hrsg. von
Philipp Meyer. 1. Band. Abbensen bis Junker-Weningen. 380 S.
2. Band. Kaarßen bis Zevern. 567 S. Göttingen: Vandenhoeek
u. Ruprecht 1941 u. 1942. In Kommission. je RM 12 ,

Die Hannoversche Landeskirche hatte in dem Snp. D.
Kayser, dem Schriftführer der Gesellschaft für niedersäch-
i siselie K. Ci. (verst. 1012), einen sachkundigen Bearbeiter für
Pfarrerverzeichmsse, Unter seiner Verantwortung sind von
; verschiedenen Bearbeitern die Kirchenlcretse Einbeck, Groß-
Berkcl, Osterode, Pattensen, Springe in den Jahren 1904—1909
, bearbeitet worden. Mit seinem Tode schlief die Arbeit ein
[ und wurde nicht fortgesetzt. Das Landeskirchenamt hat auf
i Anregung des l.andeskirchentages der Gesellschaft für nie-
dersächsische K. Ci. den Auftrag gegeben, das Sannover sehe
Pfarrerbuch in Arbeit zu nehmen. Nach i() Jahren liegt
nun diese Arbeit in zwei Bänden vor. Es ist eine Gemein-
! schaftsurheit, zu der 26 Bearbeiter herangezogen worden sind.

Iis müJB aber hervorgehoben werden, daß der Landeskirchen-
! rat Philipp Meyer, der Vorsitzende des Vereins für nieder-
| sächsische K. G., die treibende Kraft gewesen ist, die die Zn-
| sanunenarbeit der Bearbeiter ermöglicht hat. jedem Bear-
| heiter ist ein Territorium übertragen worden, für das der
i Bearbeiter die Verantwortung trägt.

Es ist Sitte geworden, daß die netteren Pfarrbücher in
einem ersten Teil die Pfarrstellen mit ihren Inhabern aufführen
, im 2. teil in alphabetischer Reihenfolge die Pfarrer
mit ihren Personalien Illingen. An dieser Einteilung hat die
1 faniiliengesclüchtliche Forschung ein Interesse. Das Hanno-
I versehe Buch schließt sich dieser neuen Sitte nicht an, son-
| dem lügt die Personalien in die Pfarrerverzeichnisse selbst
j ein, und weist auf die andern Pfarrstellen hin, wo sich weitere
Personalien finden. Das Aufsuchen der einzelnen Per-
! sonalien macht bei vielen mancherlei Mühe. Wenn der 1 Band,
! der das Register enthält, erschienen ist, so wird die Zusam-
I menstellung leichter. Der Familienforseher wird aber immer
i der neuen Sitte den Vorzug geben. Die firüudc für die Anlage
des Werkes sind folgende: 1. Weil die Arbeit sich auf 1660
geistliche Stellen zu erstrecken hatte, war äußerste Rautner-
I sparnis geboten. Dieser Gesichtspunkt sprach aber dafür, die
i biographischen Daten der Pastoren gleich in die Pastoren-
| listen der einzelnen Stellen einzufügen, zumal sehr viele Pa-
| stören der älteren Zeit nur eine Pfarrstelle innegehabt haben.