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Ausgabe:

1944

Spalte:

66-67

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Die Wiegendrucke der Domstiftsbibliotheken zu Merseburg und Naumburg 1944

Rezensent:

Lerche, Otto

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des hehr Estherbuches. Sch. erklärt das Fehlen des nach Sittenzuständen gruppiert: aus pax folgt ubertas, aus

(- ' j ;•__i- u ,,„,i r^fonkiinrlia" he- überlas luxus, aus diesem bellum, aus ihm paupertas, aus ihr

Gottesnamens, das ursprünglich und Ol««""g ™ ,uduS( dann 'wleder pax. In den Niederlanden selbst werden
absichtigt sei, aus der Eigenart des I urimtestes aas Douaj ^ Ant ^ a,s Kultuntlittelpunkte herausgearbeitet,
„nicht die kultische Weihe wie die andern reste naiie, Antwerpei1) einst die Wiege des Luthertums, ist Zentrale des
was mit seiner Entstehung in der östlichen Diaspora ZU- enorm€n Einflusses der Jesuiten geworden. Hier, im l ande, gibt
sammenhänge; der Verfasser habe darum zwar „den es cjann aucn die l>esondere Klasse der amtliehen Qeschichts-
Namen Gottes und jede Erwähnung spezifischer Gottes- , schreiber. Die zahlreichen Historiographen stehen nahezu alle
Verehrung vollständig vermieden, aber dabei doch das . miteinander in Verbindung, einer schreibt den andern aus,
verborgene Wirken lahves und die stille kultlose Ver- ; die Werke haben daher als Compilationen nicht allzu hohen
ehrung, die ihm zuteil wurde, durchscheinen lassen", i historischen Wert. Der sie beseelende einheitliche Geist sieht
Die moralischen Bedenken die gegen das Buch aus- i in der Sunde der Ketzerei die Ursache alies Übels, m Uranien
imk moraiiscnen reacnitcn, uic B^S mindesten 1 den archimimus totius tragoediae, in Philipp II. den gesetzlichen

gesprochen worden sind halt ^ch. für zum mjnuestcn Fflrstei aber vom Humanismus her kann auch kritischer Oeist,
stark übertrieben; sie scheinen ihm so wenig ernennen, , etwa fa Tade, von A,bas Regiment iebendig werden. Das mit
daß er mit dem Satze schließen kann: „Die *J , zeitgenössischen Porträts gezierte Buch bietet auch inhaltlich
Esthers ist ideal genug, um ähnlich wie Judith als , ikonographische Nachrichten (vgl. S. 201). Aus dem Brüs-
Vorbild der Kirche und Marias im Kampf und Sieg se|er Reichsarchiv sind einige Dokumente zur Geschichte des
gegen Teufel und Sünde weiten zu dürfen." Historiographen und Löwener Professors Jean Baptiste Gramaye

Der umfängliche Band, in seiner Eigenart weithin heigegeben,
durch die besondere Lage des Gegenstandes für den Heidelberg w. Köhler

katholischen Schriftforscher bedingt, verdient durchaus j

die Beachtung auch der protestantischen Forschung. Als | juntke, Fritz: Die Wiegendrucke der Domstiftsbibliotheken
Kirchenchrist empfindet Ref. freilich tiefe Dankbarkeit j zu Merseburg und Naumburg. Halle-Saale: Max Niemeyer 1940.
dafür, daß Luther zum massoretischen Text ZUrÜCKkeh- (47 s., 1 Taf.) 8° = Die Stiftsbibliotheken zu Merseburg, Naumburg

und Zeitz, die Verzeichnisse ihres Bestandes, Teil 1.

Die alten Kulturstätten, mit denen das territorial in Klein- und
Kleinststaaten zerrissene Heilige Römische Reich Deutscher Nation
außerardenitlich gesegnet war, sind schlecht in das pulsierende
Leben der neuen Zeit einzuordnen. Mit den besten Verzeichnissen dient

rend, den Kanon der deutschen Bibel von den Buchern
Tobit und Judith und von den griechischen Zusätzen des
Estherbuches befreit hat (trotz seiner zum Teil rerM
positiven Äußerungen zu diesen Schriften, auf die lner

leider nicht eingegangen werden kann.), undI as - ^ ^ Wissenschaft nur in beschränktem Umfange, denn der

dauern, daß er das Buch Esther, weil es deii^neor^aiscneii , Qe]chrtej der elwa dk Schätze an Qrt ^ steIle wiu, ver.

mißt dort immer wieder das unentbehrliche wissenschaftliche und
bibliographische Handwerkszeug, das erwünschte Verglciehsmaterial
sowie die üblichen für die wissenschaftliche Arbeit heute erforderlichen
technischen Einrichtungen. Wäre es nicht doch das G ergebene
, die wissenschaftlichen Bücherschätze aus Zeitz, Naumburg
und Merseburg nach Halle in die Universitätsbibliothek zu bringen
und die Städte selbst durch öffentliche, moderne, reichhaltige Bil-
dungshibliotheken zu entschädigen?

Das hier gegebene Verzeichnis der Wiegendrucke der beiden
Bibliotheken enthält 210 Nummern, von denen 184 auf Merseburg
, die restlichen 26 auf Naumburg entfallen. Die Merseburger
Bestände sind die weithin reichhaltigeren und zahlreicheren, wie
überhaupt die literarische Überlieferung von Merseburg eindrucksvoller
und interessanter ist als die von Naumburg. Für die Geschichte
der Merseburger Bibliotheken sind die Eintragungen in die
Bücher selbst, die zahlreichen alten, wenn auch mehr oder weniger
unzulänglichen Kataloge, die Akten der Archive — besonders auch
die des Sächsischen Hauptstaatisamchivs in Dresden, zumal hier
13 274, 13 319 ff. — sowie die langen Reihen der kapitulariscl.cn
Protokolle in Merseburg wie in Naumburg noch auszuschöpfen. Die
Bibliotheken wurden unter anderem mit dem Archiv und mit etwaigen
Kleinodien in der napoleonischen Zeit aus Merseburg geflüchtet, sie
haben längere Zeit in Halle gelagert und sind ziun Teil nach
Dresden gekommen. Darüber geben Aufschluß unter anderem die
Akten 13 273, 13 344, 13 364 des HauptstaatsaJrchivs in Dresden,
zum Teil mit Verzeichnissen.

In Merseburg sind heute von Bedeutung die Dombib.lio.

Kanon angehört, nicht mit jenen in die Reihe der Apokryphen
stellen konnte (was angesichts einer wunderlichen
Überschätzung des Estherbuchs, die heute auf
protestantischer Seite gelegentlich zu hören ist, einmal
ausgesprochen werden mag).

Münster, Westf. Johannes Herrinann

KIRCHENGESCHICHTE: A LLGEMEINES
UND TERRITORIALKIRCHENGESCHICHTE

Vermaseren, Dr. B. A.: De Katholicke Nederlandsche Ge-
schiedschrijving in de XVIe en XVHe Eeuw over den Op-
stand. Maastricht: Oebrs. van Aelst 1941. (XXXV, 320 S., mehrere
Taf.) 4°. Fl. 5—.

Arbeiten zur Geschichte der Historiographie sind nicht gerade
häufig, aber sie haben einen eigenartigen Reiz, wenn sie,
wie es dem Verfasser vorliegenden Buches gelungen ist, als ein
Stück Kulturgeschichte ihrer Zeit erscheinen. Unter diesem
Blickpunkt sei hier auf sein Buch hingewiesen. Denn die zahlreichen
, nach Lebenslauf, Werken, Quellen derselben eingehend
behandelten Historiker auch nur teilweise aufzuzählen, erübrigt
sich, aber Vf. ist es gelungen, die Geschichtsschreibung
in die Geschichte der Gegenreformation, insbesondere des Aufstandes
der Niederlande hineinzustellen und infolgedessen zum

Beiträge ZU liefern. Besonders | thek, die im Wesentlichen die Sammlung alter Handschriften
Verständnis derseh^n wertw l^ einleitende Ab- enthält. Diese Bibliothek ist in ihrem Bestände älter als das

glücklich ist in dieser H n ?chJ ag 8™ t hrie. ; ^ M. ihre Geschichte ist außerordentlich interessant, aber

schnitt: Köln, der Mittelpunkt de | schwiicrfe. die Bestände sind sehr wertvoll. Wir dürfen damit rechnen
, daß ein Katalog dieser Handschriften demnächst von Prof.
Walter Holtzmann vorgelegt werden wixd. Dabei sprechen wir den
Wunsch aus, daß auch einmal die Fülle der großen und sehr schönen,
alten Pergamentbruchstücke von Handschriften, in die die lange Reihe
der kapiitularischen Protokolle gebunden ist, eingehend untersucht

~~..mn. lV»i, ---- ......—,-------

°en; die gegenwärtige Lokalisierung der wissenschaftlichen
deutsch-niederländischen Beziehungen erfährt ihre geschichtliche
Legitimation. Die devotio moderna, einst präparatorisch
für die Reformation, wirkt jetzt gegenreformatorisch, Kartäuser
und je länger desto mehr Jesuiten, deren Oberbefehlshaber
Johannes Rethius wird, treten ihr zur Seite, die Universität ist

von jeher antihumanistisch gewesen, und last not least arbeiten : und auf etwaige Palimpseste nachprüft

dfc mederländischen Emigranten., und die Verbindung mit Rom | Wert und bXuo* ISTSL SKu^ftÄk'Ä ?

Kap.tclshibliothek, von der die hier von juntke beseht
benen Wiegendrucke einen Teil bilden. Das D.mstift als ,ol"
ches fct mit der Säkularisation verschwunden, bestehen geblieben ist

^^cWchÄ^mÄ brevis (1586), eine Fort- ^ ^ T R

Setzung des Laurentius Surius, war wie schon das seine Martishur,ensis Bibliotheca. Daß * »cht st. ».sehen, sondern

Vorgängers als Gegenschrift gegen Sle.dan gedacht V nenn_ ^ schen Ei„cntUim, ist geh aus der Behandlung der BibUo-

ihn den „Seelsorger-Oeschichtsschreiber , we er tncksangclcgenheiten in den kapitulansd.en Protokollen durch die

schichte als Lehrmeisterin und R^J^ "he & Jahrhunderte immer wieder hervor. Nebenbei bemerk sei auch, daß

Zukunft faßt, indem die Ketzere, die. .J*^r "einen es nicht richtig ist, von Bischofen und St, tsherren (S 13) zu han-

Gegenwart ist. Dem gegenüber st Michael A ts.nge- einen ,„ Bfartaffl ist nur e i n Stiftsherr das M der B.schof

Schritt weiter, wenn er den konfessionellen■ Bhckpunkt aus ^ ^ ^ Admillistrjtor spS1er^LandesherrV«^*"*"*

schalten und neutral arbeiten will büeressant ist seine, au Sü(tt s'iftshenen muß es heißen Kap.tulareoder n -

graphisch (S. 105) dargestellte Kre.slai.ftheorie, nicht nac k Obef dk Verwaltung der kap.tular.schen B.bhothek konnte
den aufeinanderfolgenden Verfassungen (Aristoteles), son