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Ausgabe:

1944

Spalte:

37

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Diekamp, Franz

Titel/Untertitel:

Katholische Dogmatik nach den Grundsaätzen des heiligen Thomas ; 3 1944

Rezensent:

Koch, Wilhelm

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daß der religiöse Charakter des Volkes von dem Nationalen
beeinflußt ist, wird polemisiert.

Die kritischen Bemerkungen hier dürfen aber nicht die

Tatsache verhüllen, daß wir vor einem Verfasser stehen, der
sehr ernst eine Reihe von ethischen Problemen neu erfaßt
und sorgfältig durchdacht hat.

Kopenhagen Alfred Th. J ö r g e n s c n

Grimm, Leonhard: Der katholische Christ in seiner Welt. Ein

Buch vom kath. Glauben u. Leben f. Erwachsene. Bd. 1 ! Gott u. sein
Werk. (XII, 259 S.) 8°. Bd. 2: Der Christ und sein Leben. (XII, 410 S.) 8°.
Freiburg: Herder 1940/41. 1.RM3.20. Hlw.4.40; 2. RM 4.40, Hlw. 5.80.
Eine gemeinverständliche katholische Glaubenslehre und Ethik,
lebendig geschrieben. In der Haltung kirchentreu: „wer Glaubenszweifel
freiwillig in sich nährt, begeht schwere Sünde" (II 90);
der Priester ist „ein zweiter Christus" (II 265); „wir beten zu den
Heiligen" (II 268; nur beten wir sie nicht an). Andrerseits versöhnlich
; anathema sit wird übersetzt: „Der sei ausgeschlossen". Unter
den eingestreuten Liedern sind auch evangelische, z. B. von Paul
Gerhard; nur wird dieser Ursprung nicht angegeben. Einiges ist
auch dem Nichtkatholiken des Nachdenkens wert, z. B. daß nach
der katltolischen Obersetzung von Jes. 11,2 die fünfte und sechste
Oeistesgabe „der Geist der Wissenschaft und der Frömmigkeit"
Rind. „Nicht das Geringste vermögen wir zu unserem ewigen Heil
aus eigener Kraft allein" (II 69). Die doppelte Prädestination wird
(ir 70 f.) tatsächlich verworfen. Das Fegfeuer ist kein wirkliches
Feuer. Zugegeben wird, daß es auch einseitig religiöse Menschen
gibt. Eine Ehe zwischen Oetauften und Nichtgetauftcn gebe die
Kirche „nur ganz selten" zu. Ernst ist die Charakteristik menschliehen
Strebens: „der ich hin, grüßt traurig den, der ich sein
sollte". Unkritisch ist die Behandlung der biblischen Wunder, bisweilen
die Apologetik zu kühn, einige Deutungen gekünstelt (weil
Christus der Oesalbtc heißt, sollten auch wir Christen mit heiligem
Geste gesalbt sein II 32); etwas vom gesetzlichen Geist katholischer
Moral meldet sich in dem Satz: „niemand ist verpflichtet, einen
andern mehr als sich selbst zu Heben" (II 170). „Der geheimnisvolle
Leib Christi" ist keine ganz treffende Übersetzung von corpus Christi
mysticum (I 222). Tatian von Barcelona (II 23) wird Druckfehler
sein, II 256 st. Oehlcr 1. Oetinger. Im Ganzen: auch für den
Protestanten zur Einführung in heutiges katholisches Wesen und
Denken wohl geeignet.

Niederbobritsch b. Freiberg, Sa. H, M u 1 e r t

Diekamp, Dr. Franz: Katholische Dogmatik nach den Grundsätzen
des heiligen Thomas. Bd. 3: Die Lehre von den Sakramenten
. — Die Lehre von den letzten Dingen. 9. u. 10., verm. u.
verb. Aufl. Münster i. W.: Aschendorff 1942. (VIII, 511 S.) 8° =
Lehrbücher z. Gebrauch beim theolog. Studium. UM 11 — ; geb. 13 -
Von diesem Lehrbuch katholischer Dogmatik war in der Thl.7.
letztmals 1940 Nr. 39 die Rede; sie betraf die 8. und 9. Aufl.
des zweiten Bandes. Nun liegt auch der dritte Band, der in 6. Aufl.
in ThLZ. 1933 Nr. 24 angezeigt wurde, in 9. und zugleich 10. Aufl.
vor; die 7. und 8. Aufl. ging uns zur Besprechung nicht zu. Sie ist wieder
um 20 Seiten vermehrt, indem viel neue Literatur nachgetragen,
statt des Sperrdrucks Fettdruck verwendet, der Stoff drucktechnisch
übersichtlicher verteilt und in vielen Paragraphen der Inhalt erweitert
wurde. Die Vermehrung ist durchweg wirklich eine Verbesserung
. Unsere Berichtigungen wurden mit Ausnahme von Seite
181. 188 f. (Lit.-Angabcn) berücksichtigt. S. 410 Lit»Angaben Z. 8
steht noch, wie in früheren Auflagen, das von uns bis jetzt nicht
erwähnte Druckversehen bei Liege (Lüttich). Seit wenigen Jahren
ist Diekamp emeritiert. Mögen seine patristischen Kenntnisse, seine
Maßhaltung und Akribie noch über weiteren Auflagen seines trefflichen
Lehrbuches walten!

Stetten bei Tuttlingen (Württ.) Wilhelm Koch

KIRCHENRECHT

Fo erst er, trieb: Rudolph Sohms Kritik des Kirchenrechtes.

Zur 100. Wiederkehr seines Geburtstags 29. Okt. 1841 untersucht. Von
„Teylers Godgeleerd Genootschap" bekrönte Preisschrift. Haarlem:
De Erven F. Bohn N.V. 1942. (X, 131 S.) er. 8° = Veihand. rakende
den Natuurlijken cn üeopenbaarden Oodsdienst uitgeg. d. Teylers
Godgeleerd Genootschap, Nieuwe Serie, 25. Deel. hfl. 3.50.

P. spricht gelegentlich (S. 89) von einer seit 1910 allmählich
„versickernden Diskussion" über Sohms l ehre vom
Wesen des Urchristentums und des Katholizismus. Auf den
ersten Blick scheinen die ziemlich zahlreichen Auseinandersetzungen
mit Sohm, die in den letzten 10 Jahren veröffentlicht
wurden, eine Einschränkung dieses Urteils zu erfordern. Aber
sachlich hat F. im Grunde recht. Denn diese Diskussion ist
ziemlich eintönig in ihren Argumenten und richtet ihre Angriffe
mit Vorliebe gegen Positionen, auf denen Sohtn garnlchl

i steht. So ist es verständlich, daß F. sich nicht um eingehendere
: Darstellung der Kritik an Sohm bemüht hat und sich mit
der Behandlung einiger besonders hervorgetretener Gegner begnügt
(Haniack, Kahl, Stutz, Holl, Holstein, Schönfcld). Sein
: Anliegen ist vielmehr, das Bleibende an den Ideen Sohms her-
I auszuarbeiten und interpretierend nachzuzeichnen; sein Buch
, enthält, was der Titel verspricht: eine Darstellung von Sohms
Kritik des Kirchenrechts.

Im einzelnen legt er diese Darstellung so an, daß er einer
kurzen Einleitung (S. 1—7), die Angaben über Sohms Wissenschaft-
. liehen Werdegang und über die allmähliche Entwicklung seiner kir-
i chcnrechttichen Ansichten enthält, in vier Kapiteln eine eingehende
Analyse seines „Kirchenrechts" folgen läßt. Im 1. Kapitel „Absicht
und Aufnahme des Buches" (S. 8—48) stellt er zunächst energisch
klar, daß Sohm mit vollem Bewußtsein seine kirchenrechtlichen
Thesen vom Standpunkt des evangelischen, reformalorischeii Chri-
: stentumsverständnisses aus aufgestellt hat, insofern also, wenn man
' will, nicht objektiv, sondern subjektiv verfährt. Dann folgt, ge-
Iegentlich in Auseinandersetzung mit Sohms Kriiikern, eine eingehende
! Erläuterung dessen, was Sohm unter der Freiheit der Gemeinde
! versteht, nämlich Freiheit von jeder anderen Autorität und Freiheit
! auch gegenüber ihren eigenen früheren Urteilen, und was unter dem
Recht, nämlich formale Bindung an bestimmte Tatsachen und Vor-
I schritten der Vergangenheit, sowie eine interessante Erörterung des
I praktischen Zieles, das Sohm mit seinem „Kirchenrecht" verfolgte: die
I Beseitigung der staatlichen Kirchengewalt und der (verfaßten) Kirche
| überhaupt. Die folgenden drei Kapitel schließen sich den drei Stufen
; an, in denen sich nach Sohm KtrchenbcgTiff und Kirchenrqcht
entfaltet und gewandelt haben: Urkirche, Katholizismus, Reformation.
! Im II. Kapitel „Sohms Ausgangspunkt und Voraussetzungen" (S. 49
! bis 76) stellt F. der beim Auftreten Sohms herrschenden Lehre
I von der Urkirche als einem Produkt des allgemein-menschlichen Asso-
' ziationsbedürfnisses dessen Auffassung von der Struktur der urchristlichen
Gemeinde entgegen. Diese sei nicht eine Gemeinde im
j technischen Sinne, sondern eine, von charismatischer Autorität zu-
| sammengehaltene Versammlung - und akl solche nur dem Olauben
| sichtbar, mit menschlich-rechtlichen Kategorien aber nicht faßbar
, gewesen. Die charismatische Verfassung des Urchristentums wird im
III- Kapitel „Urchristentum und Katholizismus" (S. 77—95) zunächst
! nochmals gegen eine im weltlichen, „juristischen" Sinn rechtlich
: verfaßte Gemeinde abgegrenzt, und dann, etwas in Abweichung von
, dem durch die Überschrift vorgezeicliueten Thema, der Übergang
! von der charismatischen zur Rechtsordnung, vom Urchristentum zum
j Katholizismus nicht positiv, sondern im Widerspiel von Reflexionen
darüber geschildert, wie sich die Kirche entwickelt hätte, wenn das
j Kirchenrecht nicht gekommen, wenn sie also nicht „katholisch" geworden
wäre. Auch in diesem Zusammenhang werden die Einwände
von Harnack, Stutz und Holstein eingehend gewürdigt und abge-
! lehnt. Das letzte, IV. Kapitel (S. 96—131) bringt dann eine kurze
) Untersuchung über „Reformation und Landesherrliches Kirchenregi-
I ment" im Gedankengang Sohms, die vor allem um zwei Fragen
| bemüht ist, um die Heraushebung der reformatorischen Ordnung
der Kirche all durch das Wort bedingt und um die Aufklärung der
! sonderbaren Tatsache, daß Luther trotzdem dem landesherrlichen Kir-
chenregimeut den Weg gebahnt halie. in'dicscm Zusammenhang nimmt
; F. das einzige Mal gegen Sohm Stellung, indem er mit der allgemeinen
Ansicht daran festhält, daß das landesherrliche Kirclien-
; regiment sich ohne Bruch aus dem Eintreten Luthers für eine
i landesherrliche KirchenvUitation in Sachsen ableiten lasse. Allerdings
; sei Luther durch ein konkretes und insofern relatives Moment zu
; seiner Haltung bestimmt worden, durch seine Hochschätzung der
' sächsischen Kurfürsten. Indem auf diese Weise Luthers S'.cllung-
nalbiue nicht aus absolut gemeinten Erwägungen über das Wesen
der weltlichen Obrigkeit, sondern aus geschichtlich und kirchenpolitisch
bedingten Vorurteilen abgeleitet wird, ist gleichzeitig das
grundsätzliche Gewicht von Sohms Gedankengang verstärkt, der
Luther von der Verantwortlichkeit für das landesherrliche Kirchen-
regiment freihalten wollte: die richtig verstandene lutherische Haltung
verlangt ein regiments- oder rechtsloses Gemeinlehen der Re-
I ILgion.

Das Verdienst des Buches liegt in dieser einläßlichen, um
Zusammenfassung der einzelnen Oedankenreihen nach systema-
i tischen Gesichtspunkten bemühten Darstellung der Sohmschen
! Lehren, bei deren Deutung F. durch seine Zustimmung zu
Sohms Kritik des Kirchenrechts Einsichten in sein Werk gewinnt
, die den landläufigen Meinungen darüber an Tiefe
und Richtigkeit weit überlegen sind. Dieses intime Verhältnis
zur Gedankenwelt Sohms bewährt sich besonders an zwei
Stellen. Auf S. 27—32 beschränkt er den Begriff des Kit*
eben rechts Im Sinne Sohms auf das Recht, das Wort und
Sakrament und damit die einzigen und eigentlichen irdischen
Lebensäußerungen der Kirche regeln will, während die der
weltlichen Obrigkeit überlassen« Sorge für die äußere Ord-
nttrig der Kirche kein Eingriff in ihr Leben, sondern nur Ord-