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Ausgabe:

1944

Spalte:

27-29

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Ploeg, Johannes P. M. van der

Titel/Untertitel:

Oud-syrisch monniksleven 1944

Rezensent:

Baumstark, Anton

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27 Theologische Literaturzeitung 1944 Nr. 1/2 28

B. verhält sich gegenüber diesem Oedanken der „inneren über Ausbreitung und konfessionelle Spaltung des Christen-
Form" skeptisch, weiß sich aber der Kritik Reinhardts ver- iums auf syrischem Boden einen Überblick über Quellen und
pflichtet und durch sie zur Vorsicht ermahnt. Mehr als bisherige Literatur. Ein erster Hauptabschnitt (S. 18/32) ist
diese allgemeinen Urteile besagen die Spezialuntersuchungen, j dem altsyrischen Mönchtum gewidmet. Auf Gruna wesentlich
bei denen B. gern auf Anerkennungen von Poseidonios-üut [ der aus rund der Mitte des 9. Jahrhs. stammenden Historia
durch Reinhardt aufbaut, ihn aber in den Einzelurteilen zuweilen ; Monastica des Thomas von Margä und der in den ersten Jalir-
■widerlegt. Die Skepsis Reinhardts und ebenso des Theologen ; gängen der Revue de l'Orient Chretien von Chabot iiber-
Paul Schubert (der bei Carl Clemen über „Die Esehatologie i setzten, von Jöhannän bar Kaldün (gest. 979) verfaßten Bio-
des Poseidonios" arbeitete und jetzt Direktor des Yankton- , graphie eines Joseph Busnäjä behandelt von zwei weiteren der
College in South Dakota ist) richtete sich allerdings gerade : eine (S. 33/73) die Reform des nestorianischen Möuchhinis
gegen das Aufspüren von Poseidonios-Gedankeu bei Seneca, j durch Abraham von Kaskar (gest. 588) und die Organisafion
und ihr gegenüber hat B. nicht immer einen leichten Stand; j und die äußeren Lebensformen des von ihr geschaffenen,,
der Leser fragt sich bisweilen, ob hier nicht allgemeiner ver- : der andere (S. 74/96) das Ideal des syrischen Mönchtums
breitete Ideen, an denen Poseidonios teil hat, zu Unrecht mit i und das Maß seiner praktischen Verwirklichung. Seitenblicke,
der Etikette „Poseidonios" versehen werden. Die Verbindung ! die dabei zuweilen auch auf die Verhältnisse auf jakobitischer
von Frömmigkeit und Gerechtigkeit z. B„ die auch Reinhardt ; Seite fallen, haben das von Wensinck (Leiden 1919) über-
dem Poseidonios zuweist (vgl. Blankert S. 108) findet sich j setzte „Buch der Taube" des Bar 'Eb(h)räjä zur Quelle, fün
schon auf einer kleinasiatischen Inschrift aus der Zeit, da ; Schlußabschnitt (S. 97—102) beschäftigt sich mit dem gegen-
Poseidonios noch ein Kind war (Dittenberger Orienlis Inscr. j wärligen Stand des Mönchtums in den verschiedenen syrischen
339,47) in einer typischen Formulierung. Bei Seneca steht j kirchlichen Gemeinschaften. Als Anhang wird (S. 103/6) in
überdies in § 3 gar nicht diese Zweiheit, sondern eine Drei- Übersetzung eine S. 86 erwähnte Ansprache eines Abtes Gabriel
heit religio, pietas, iustitia; der Schluß auf Abhängigkeit ist j an die Mönche eines Kyprianosklosters mitgeteilt. Ein Namen-
also nicht zwingend.

Trotz solcher Bedenken wird man von der Lektüre der
reichhaltigen Schrift Gewinn haben. Zwar der Kommentar
selbst ist meist auf literarische Fragen beschränkt; man
wünschte gern etwas mehr zu hören, etwa über die Zivilisations
-Errungenschaften, von denen Seneca § 14 ff. und dann
wieder § 25. 26 spricht. Auch völkerkundliche Nachrichten
verdienten Beachtung, wie etwa die aus § 17, die den Erfahrungen
manches deutschen Afrika-Kämpfers von heute entspricht
: daß sich die Völker an den Syrten in Gruben
bergen, da nur der glühende Boden selbst die Hitze abzuhalten
vermag.

Der Hauptwert der Schrift liegt aber in den zahlreichen
Nachweisungen und Überlegungen des eigentlichen Untersuchungs
-Teils. Hier werden nicht nur Parallelen gesammelt,
hier wird das Gedankengut des einen gegen das des andern
Aulors abgegrenzt; Senera-Interpre'ation, Po-eidonios-Forschung
und Oeistesgeschichte haben den Gewinn. Naturgemäß läßt sich
von diesen weit ausholenden Untersuchungen durch Beispiele
kein genügendes Bild geben; so sei nur kurz bemerkt, dnß ein
besonderer Teil der Auffassung des Bilderdienstes bei Poseidonios
gewidmet ist und daß B. hier mit Erfolg die These
Heinemanns bestreitet, Poseidonios habe die Götterbilder
schlechthin abgelehnt; er betrachtet sie vielmehr als Symbole
, notwendig für das Verständnis des Volkes. In diesem
Zusammenhang wird eine ausführliche Analvse von Dios oratio
XII gegeben, die wieder mit zahlreichen Parallelen unterbaut
wird; auch Augustin, De civitate Dei VII 5. 6, die Polemik
gegen Varro, wird herangezogen und mit Seneeas Worten
§ 28 von den initiamenta. per aitae . . . mrinrlus ipse resera-
tur verglichen. Weitgesnannte ZuKammenhä'ifre werden dabei
sichtbai gemacht; die „GeheimreUgion der Gebi'deten" in der
beginnenden Kaiserzeit wird auf mancherlei Weise erhellt;
das Poseidonios-Problem freilich erfährt wohl manche neue
Beleuchtung, kann aber nach Lage der Sache durch eine
solche Untersuchung nicht restlos geklärt werden.

Zum Schluß sei noch einiges Textkritische angemerkt. Im allgemeinen
ist B. geneigt, möglichst mit der Überlieferung auszukommen
. In dem viel umstrittenen Sitze § 5 Ende liest B. ut abiret e
reir.no — der König konnte ihnen nichts Schlimmeres drohen, als
daß er sieh aus dem Land entfernen würde. In der Tat scheint mir
die andere Lesart ablrent einen etwas oberflächlichen Gedanken einzuführen
: Verbannung; als schlimmste Strafe; der Singular bietet die
viel originellere Idee, daß der König den Untertanen mit seinem
eigenen Abgang droht. — § 31 sagt, die G'asbläserei wäre erst
nach einem bestimmten Termin erfunden; überliefert ist postquam
saplentem Invenire desimus; B. vermutet postquam snplenlem invenire
desiisse seimus". — § 36 ist überliefert sicut aat fnrtunatn tempora;
8. vermutet, sicut erant; das scheint mir jedenfalls besser zu sein
als alle Versuche mit secuta.

Heidelberg Martin D i b e 1 i u s

Ploeg, Dr. J. van der, O. P.: Oud-^yrisch monniksleven. Leiden:
E. J. Brill 1942. (XI, 109 S.l er. R°. Old. 2.50.

Herausgewachsen, wie das Vorwort mitteilt, aus der Vor

und Sachregister (S. 107 ff.) beschließt die in ihrer ehrlichen
Selbstbeschränkung durchaus gewinnend wirkende Arbeit. Von
ihr neue und unabhängig gewonnene Forschungsergebnisse
zu erwarten, würde naturgemäß von vornherein unbillig < In.
Immerhin hat der Verfasser sichtlich gegenüber den Problemen
der Ur- und Frühgeschichte des syrischen Mönchtums sich mit
den Quellen und ihren bisherigen Beurteilungen und Deutungen
selbständig auseinandergesetzt.

Allerdings ist ihm gerade liier auch einzelnes nicht Unwesentliches
gewiß eher entgangen, als daß er bewußterweke es sollte unberücksichtigt
gelassen haben. Das gilt gegenüber dem S. 17/23
eingehend erörterten Problem der „Bundessöhne" und ,,-töchter"
nicht nur von dessen jüngster Behandlung durch M. Maude Jonni.
of Theol. Studies XXXVI S. 13/21, sondern auch von dem ihm gewidmeten
, jedenfalls höchst beachtlichen Ausführungen Burkitts (Urchristentum
im Orient. Deutsch von Erw. Preusclien S. 97/103),
denen zufolge es sich ursprünglich um die durch den Empfang der
Taufe zu geschlechtlicher Enthaltsamkeit verpflichteten Vollchristen
gehandelt hätte. Es gilt bezüglich verschiedener Formen altsyrischen
Asketentums vom seltsamstem Wildwuchs bis zu schon regelrechtestem
Koinobitentum von der jetzt am bequemsten in der Brooks'schen Ausgabe
und Übersetzung (Patroloir. Gr. XVII. Fase. 1. XVIII Fase. I)
zu henützenden „Oeschichten morgenländischcr Seliger" des Johannes
von Ephesus und gilt bezüglich der Blüte gerade des klösterlichen
Lebens im syrischen Osten zur Zeit der kirchlichen Kämpfe der
ersten Hälfte des 6. Jahrhs. von einer Reihe von Schreiben, mit denen
in diese von Äbten dortiger Koinohien eingegriffen wurde, jetzt
bei Chabot, Documenta ad origines Monophysitarum illustnandas
(CSCO. Script. Syri. Sei: II. Tom. XXXVIII). Reachtliche 7eugni :c
für das geistige Leben, Bücherherstellung und Bücherbesitz in Klöstern
dieser zeitlichen und räumlichen Sphäre bieten schließlich, worauf
hier einmal beiläufig hingewie-en sein mag, einzelne Subskriptionen
von hier späterhin in den Besitz des syrischen Muttergottosklosit inj
der ägyptischen Natronwüste gelangter Hss. des Brit. Mus.

Auch in den dem nestorianischen Mönchtum gewidmeten Abschnitten
bleibt naturgemäß für gelegentliche Ergänzungen Raum.
So wäre bei den Bemerkungen über Frauenklöster und deren Seltenheit
(S. 71 ff.) die Erwähnung eines solchen in einem Briefe des
Katholikos Timotheos I. (780—823) an den Metropoliten Sergios
von Elam (CSCO. Script. Syri. Ser. II Tom. LXVII. S. 86 f.
Obers. 55/9) hinzuzufügen. Im Zusammenhang des über Gebet und
Psalmodie Gesagten (S. 87 f. bzw. 41 f.) hätte eine Berücksichtigung
der über das monastische Officium in der großen Liturgieerklärung
angeblich des Georgios von Arbela (CSCO. Script. Syri. Ser. II.
Tom. XCI f.) gemachten Angaben nahe gelegen. Studienfeindlichen
Strömungen gegenüber, wie sie S- 43,75 berührt werden, ist es
doch auch wieder sehr beachtenswert, wie Timotheos in Briefen an Sergios
mehrfach (a. a. O. S. 166, 279. Obers. 106, 194) das Vorhandensein
von ihm gesuchter patristischer Texte in der Bibliothek eines bestimmten
Klosters vermutet und einmal (S. 129. Obers. 86) die
Obersendung des Katalogs einer Klosterbibliothek erbittet, und wenn
S. 93 eine starke konfessionelle Versteiftheit und Unduldsamkeit als
ein nur ganz ausnahmsweise einem Manne wie dem großen Jakobiten
Bar 'FWhlräiä fremder W'-senszug syrischen Mönchtums hervorgehoben
wird, so liegt geradezu in entgegengesetzter Richtung die

bereitung auf eine in mündlichem Vortrag zu bietende Ein- j überkonfessionelle_Wertschätzung und Verbreitung,^die jimmer wieder
führung in das syrische Klosterwesen, ist die Schrift des
Nvmwegener Dominikaners von vornherein bewußtermaßen weit
von dem Anspruch entfernt, auch nur abrißhaft etwas wie
eine Gesamtgeschichfe des svrischen Mönchtums liefern zu wollen
. Fine kurze Einleitung (S. 1/9) gibt nach einigen Sätzen I und Übersetzung durch Budge (London 1902) möglicherweise zu den

für bestimmte Erscheinungen der asketischen Mönchsliitoratur zu
beobachten ist. Befremden kann schließlich die Nichtberücksichtigung
zweier weiterer wertvoller Quellentcxte aus den ,.Geschichten" des
Rabban HörmTzd und des Rabhan Rar 'Idtä. Doch hat deren Ausgabe