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Ausgabe:

1944

Spalte:

23-24

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Das Heilige Land in Vergangenheit und Gegenwart ; 3 1944

Rezensent:

Jeremias, Joachim

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hat bisher diesen religiösen Gegensatz zwischen Proplvelen und
* Juden besser gedeutet als die These Houston Stewart Chamber
1 a i n s, daß in diesen Männern arisches, vom semitischen
Völkerchaos verschlungenes Blut lebendig wird; daß, wie auf allen
die Menschheit treibenden und emporhebenden Gebieten (Kurast,
Musik, Wissenschaft), so auch in der Religion Träger arischen Blutes
die ersten Verkünder höchster Gedanken waren; wenn auch Houston
Stewart Ch am be riain vieles erst seherisch schaute,
was wir heute wissenschaftlich deutlicher und klarer sehen können" und
dazu die Anmerkung: „So weit wir etwas über die Heimat der
Propheten des Alten Testamentes wissen, stammten sie aus dem Süden
Palästinas; dorther, wo sich einst Israeliten und Philister vermischten
".

Halle/Saale Otto Eißfeldt

Das Heilige Land in Vergangenheit und Gegenwart. Gesammelte
Beiträge und Berichte zur Palästinaforschung. Dritter Band. Mit 1 Vierfarbendruck
, 1 Karte, 58 Abbildungen und 2 Faltbildern. Herausgegeben
von Va 1 m a r C ra m e r und Gustav Meinertz. Köln:
J.P.Bachem 1941. (372 S.) gr. 8° = Palästinahefte des Deutschen
Vereins vom Heiligen Lande, Heft 33 - 36. RM 7.50.

Zum dritten Male läßt der katholische Verein vom
Heiligen Lande als Ersatz für seine Zeitschrift „Das
Heilige Land" und für sein Nachriehtenblatt einen Sam-
melband „Das Heilige Land in Vergangenheit und Gegenwart
" erscheinen; die Sammelbände I (1939) und II
(1940) sind in dieser Zeitschrift 66 (1941) Sp. 319f.
besprochen. Auch der vorliegende Band trägt der Eigenart
und Breite des Mitgliederkreises des Vereins Rechnung
, indem er neben wissenschaftlichen, aber allgemeinverständlich
gehaltenen Studien auch Beiträge aktuellen
Inhalts bringt, insbesondere eine Berichterstattung über
das politische Schicksal Palästinas im Jahre 1940 (S.
311—348) aus der Feder von V. Cr am er. Auffällig
ist dieses Mal die Ungleichwertigkeit der abgedruckten
Arbeiten.

Der wertvollste Beitrag steht am Anfang des Sammelbandes
. Es ist ein überaus kenntnis- und inhalt-
reicher Aufsatz von C. Peters, Die Bibel und die
wichtigsten handschriftlichen und inschriftlichen Funde
seit der Jahrhundertwende (S. 9—42). Auf eigenen
Untersuchungen fußend bietet der Verf. mit reichen Lit.-
Angaben einen Überblick über die für die Bibelwissenschaft
wichtigen Funde von der Entdeckung des Syrus Sinai-
ticus (1892) bis zur Ermittlung eines weiteren Zeugen
für das arabische Diatessaron in der Bodleiana in Oxford
(A. F. L. Beeston 1939). Das zeitlich, sprachlich
und geographisch weit auseinander liegende Material
von den altsinaitischen Buchstabeninschriften bis zum
altnubischen Lektionarbruchstück, von den ins Soghdische
übersetzten neutestamentlichen Texten bis zu den koptischen
Manichaica wird mit ungewöhnlichen Kenntnissen
beherrscht und dargestellt. Fesselnd geschrieben vermittelt
der Forschungsbericht nicht nur eine Übersicht
über die Funde, sondern — was wichtiger ist — auch
eine eigenständige, wiederholt vom landläufigen Urteil
abweichende Beurteilung derselben.

Es seien einige der Urteile und Hinweise des Vf.s notiert, die
besondere Beachtung verdienen. Das Alphabeth der altsinaitischen
Buch staben in Schriften hat nach P. als das
schlechthin älteste semitische Alphabeth zu gelten; die Buchstaben der
phönizischen Schrift stehen mindestens teilweise in Verbindung zur
Sinaischrift. Die Lesungen von Hubert Grimme hält P. für grundsätzlich
richtig, wenn auch der Korrektur bedürftig (S. 29 f.) —
Was das im Jahre 1933 in Dura-Europas gefundene Fragment des
griechischen Diatessaron anlangt, so ist der Nachweis
von A. Baumstark als gelungen zu betrachten, daß das Fragment die
(besonders von Th. Zahn und D. Plooij behauptete) syrische Ori-
uinalgestalt des Diatessaron bestätigt (S. 38). — Der 1899 von
M. D. Gibson herausgegebene arabische Text der Apostelgeschichte
hat nach P. noch nicht die Würdigung gefunden,
die er für die dringend notwendige erneute Untersuchung des schwierigen
Problems der textlichen Überlieferung der Apostelgeschichte
beanspruchen kann (S. 13). — Diie von der deutschen Turfanr
expedition heimgebrachten Bruchstücke einer Übersetzung neu-
testamentlicher Texte ins Soghdische beruhen auf
syrischer Grundlage. Der zugrunde liegende Text folgt im allgemeinen
der Peschitta, enthält jedoch ältere LAA., die vermutlich der

i assyrischen Textform entstammen (S. 40 f.). — Dagegen entstammen
; die 78 hebräischen Zitate, die sich hei dem Scholastiker
Odo (12. Jhdt.) finden, nicht vor- oder aiißermasoretischer
i Überlieferung des hebräischen Bibeltextes (gegen J. Fischer), vielmehr
handelt es sich um für die Geschichte des hebräischen Bibeltextes
wertlose Rückübersetzungen, vermutlich auf lateinischer Grundlage
(S. 15).

Auf diese ausgezeichnete Untersuchung folgt ein
! Beitrag, den man mit Kopfschütteln liest, weil er von
j Fehlern wimmelt.

Es handelt sich um B. Qauer, Dscherasch (Gerasa), die
Stadt der 1000 Säulen (S. 45—52). Hier wird z. B. S. 45 zwar
1 richtig gesagt, Dscherasch sei eine hellenistische Gründung, aber
nichtsdestoweniger auf derselben Seite behauptet, die Stadl sei im
j Jahre 800 v. Chr. an die Assyrer verloren gegangen! Schon der
I Prophet Obadja soll von ihr geredet (!) und sie mit dem arabischen
Städtenamen (!) Galaad identifiziert haben (S. 45, offenbar ein
I groteskes Mißverständnis von Hieronymus, In Obadjam 19). Die
| Stadt soilil unter dem Namen Chrysorras (sie!) aufgeführt werden
] (S. 46, in Wahrheit hieß der Bach, an dem sie liegt, Chrysoroas) usw.
— K. Pieper, War Jakobus, der erste Bischof in Jerusalem,
Apostel? (S. 07—73) rennt offene Türen ein, wenn er die Identität
des Herrenbruders Jakobus mit dem Apostel Jakobus Alphaei bestreitet
. Freilich sei der Herrenbruder Jakobus kein leiblicher Bruder
] Jesu gewesen, sondern der Sohn einer Schwester der Mutter Jesu
namens Maria — also hätten die Mutter Jesu und ihre Schwester
beide den Namen Maria gehabt?? — J. Peters, Der Islam Ara-
; biens und das abendländische Christentuni. Methodenfragen des
Maimapostolates (S. 250—271), Weiht in grauer Theorie stecken.

Die umfangreichsten Beiträge sind wieder der Kir-
chengeschichte Palästinas gewidmet. Erfreulicher Weise,
denn evange'lischerseits ist dieses Forschungsgebiet, abgesehen
von den terriitorialgeschichtlichen Arbeiten von
(i. Beyer in ZDPV, in letzter Zeit leider vernachlässigt
worden.

J. Kr einer, Zur Geschichte des Begriffes „Terra Saneta"
(S. 55—66) zeigt, daß diese Bezeichnung Palästinas, zuerst Sap.
12,3 und 2. Makk. 1,7 helegt, sich erst in der Zeit der Kreuzzüge
eingebürgert hat und zwar als Sammelname für die heiligen Stätten
(Loca Saneta). — W. Holt zeit, der 1940 eine Kirchcngeschichte
Palästinas im Zeitalter der Kreuzzüge veröffentlichte, steuert zwei
Einzcluntcisucluingen bei. In dem Aufsatz „Die Wallfahrt Bischof
Günthers von Bamberg" (S. 74—91) entwirft er auf Grund sorgfältiger
Quellenkritik ein anschauliches Bild von einer Wallfahrt

! in der Zeit vor den Kreuzzügen (1064/5). Sein zweiter Beitrag

i „Gregor X„ der letzte Kreuzzugspapsit (1271—1276)" (S. 92 — 110)
schildert die beiden Hauptziele des Pontifikats Gregors X.: die
Kettung des Heiligen Landes und die Einigung der römischen und

] griechischen Kirche. — Den umfangreichsten Beitrag liefert V. C r a-

; m e r, Das Rittertum vom Heiligen Grabe im 14. und 15. Jahrhundert
(S. 111—200, mit 25 Abb.). Cramer setzt seine verdienstliche
Untersuchung im II. Sammelhand (1940, S. 137—199)

: über die Entstehung und Frühgeschichte des Ritterordens vom Heiligen
Grabe fort, in der er, mit weit vorbereiteten irrigen Ansichten
über diesen legendenumwobenen Ritterorden definitiv aufräumend,

! nachwies, dar) der Orden erst im 16. Jahrhundert als päpstilichetr
Ritterorden entstand, und daß er seine Entstehung dem erstmalig

, 1335 bezeugten Brauch des Ritterschlages am Heiligen Orabe zu
Jerusalem verdankt. Die vorliegende Fortsetzung dieser Untersuchungen
schildert in derselben nüchternen, etwas breiten, aber soliden
Darstellung die Fahrt nach der Grabesritterschaft, ihre Beziehungen
zum Königtum von Jerusalem, zur St. Katharinen-Ritterschaft (Bethlehem
, Sinai) und zur St. Georgs-Ritterschaft (Kairo), sowie vor

; allem die mit der Grabesritterschaft verbundenen Bräuche und die

! Vorrangstellung, die sie verlieh. Erneut ergibt sich: die Erlangung
der Ritterwürde vom Heiligen Grabe bedeutet im 14. und 15. Jahr-

' hundert noch iftcht die Aufnahme in einen Ritterorden, sondern
lediglich, daß der der Ritterschlag unter besonders weihevollen Umständen
im Rahmen einer Pilgerfahrt erworben wurde. Eine umfangreiche
Liste zählt die überlieferten Namen der deutschen Ritter

, des Heiligen Grabes von 1335—1499 auf (S. 118—124). — F.
W. Lohmann, Aus den Beziehungen der Erzdiözese Köln zum
Heiligen Land in früheren Jahrhunderten (S. 201—231) handelt

i über Palästinakollekten im 17. und 18. Jhdt. und eine Qrabes-
ritter-Inauguration 1737. — In die Neuzeit führt der ÜberMick
von O. Meinertz, Ein Jahrhundert Kampf um den Besitz und

i die Erhaltung der heiligen Stätten (S. 232—249).

Ausführliche Buchreferate (S. 271—307) runden das

Bild des interessanten, aber nicht überragenden Sammelbandes
ab.

Göttingen Joachim Jeremias