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Ausgabe:

1944

Spalte:

22-23

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Jirku, Anton

Titel/Untertitel:

Der Kampf um Syrien-Palästina, die Brücke zwischen Afrika und Asien 1944

Rezensent:

Eissfeldt, Otto

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Theologische Literalurzeitung 1944 Nr. 1/2

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und religiös-sittliche Ernialimingen bilden sollten. Dies entspricht | Eine geordnete Disposition des Koheletbuchs wird weder

durchaus der Wirklichkeit- den fttftV fehlen die freigeistigen An- behauptet noch gesucht, wer hier Oedankengang und Gedan-

•chumngea an denen die Luziimiyyat so reich sind. Das Werk kenfortscliritt iindet, verkennt in der Tat das Wesen dieser

stan.mt zweifellos aus den mittleren Lebensjahren des Dichters. A. Dichtung; die krause Architektonik des Kohelet tritt ja schon

Fischer hat hier mit einem alten, vielleicht sogar böswilligen in dem verschiedenen Umfang der einzelnen „Sentenzen" sehr

Irrtume aufgeräumt; aber wir sind unserem Altmeister der Arabistik ' deutlich hervor. Ihr entspricht auch nach Beutzens Mei-

auch für die' zahlreichen gelehrten sprachlichen Erklärungen und nung eine innere Uiieinhcitlichkeit des Denkens und Fühlens im

Be'ege in den umfangreichen Anmerkungen zu tiefem Dank ver- : Prediger. Zwar mit der Annahme ausländischer Einflüsse auf

pflichtet ' Kohelet ist Bentzen sparsam; griechisch-westliche Einflüsse sieht
' WHeffeningier kaum am Werk urul unterschätzt dabei wohl die Berührun-

^>nn ! gen des Predigers mit der griechischen Gnomik; aber die

■ Grundhaltung des Buches, soweit man bei dessen schillern-

ATTtTQ TVSTAMFNT UND AITER ORIENT i £en ^ben von einer Grundhaltung reden darf, kommt bei
ALTES lhblAMIAM UlU ALI uniüiyi Bentzen gcwiß richtig heraus Dieser israeiit des hellenistischen

Zeitalters wertet die beiden wichtigsten Gegebenheiten der
menschlichen Existenz, Tod und Leben, gegenüber dem älteren
Alten Testament radikal um, er gibt ihnen die entgegengesetzten

Bentzen, Prof. Aage: Praedikerens bog. Kopenhagen: O. E. C.

Oad 1942. (138 S.) ET. 8°.

Es handelt sich um einen ausführlichen Kommentar zum | Vorzeichen, sieht das Leben im Grunde ohne Werte, findet

Koheletbuch, der, wie der Vf. bemerkt, vorzugsweise für dä- ! eine positive Stellung zum Todesproblem (7,1); und da ihn

nische Studenten' gedacht ist. Diesen wird er bei der Text- ; die Gedanken an den Gott seiner Väter nicht loslassen und

lektüre vortreffliche Dienste leisten, zumal wenn sie die vielen ! ihm die Einheit seiner skeptisch-pessimistischen Weltdeutung

I iteraturhinweise zum Anlaß nehmen, sich darüber zu orien- , stören, so ist es nicht verwunderlich, daß Kohelet diesen Gott

tieren wie die früheren Bearbeiter des Themas geurteilt haben : als eine fast feindliche ihm fremde Macht empfindet, der er

und dem audiatur et altera pars zu huldigen. Bentzen hat sei- | sich als Mensch gnadenlos ausgeliefert fühlt. „Leben ist für

nein Buch weder eine Einführung in die Probleme der Kohelet- i Kohelet beinahe ein Kampf mit Gott". Das alles sind Oedan-

forsebung noch eine Zusammenfassung der Ergebnisse seiner j Ken, che in dieser Form einigermaßen „unalttestamentüch" sind,

Arbeit beigegeben: vielmehr verweist er den, der sich darüber . und doch glaube ich, daß sie in gewissen Schichten des älteren

orientieren will, auf seine gleichzeitig in dänischer Sprache er
scheinende Einleitung in das Alte Testament, die in der Tat in
der Hand jener dänischen Benutzer des Werkes, die den Kommentar
wirklich durcharbeiten, wohl vorausgesetzt werden darf.
Aber außerhalb Dänemarks wird wohl leider weder der Kohe-
letauslegung noch der Einleitung stärkere Wirkung beschieden
sein, wenn Bentzen sich nicht entschließt, eine Übersetzung
beider Bücher ins Deutsche vorzunehmen. Eine solche Übersetzung
wäre sehr wünschenswert. Bedauerlich gerade im Interesse
der Kreise, für die der Vf. sein Buch gedacht hat, ist,
daß er auf die Beigabe einer Übertragung des hebräischen
Textes verzichtet hat. Die teilweise sehr eingehenden Erläuterungen
der sprachlich schwierigen Stellen können solche
Übertragung nicht ersetzen. Man sollte heute keinen Kommentar
ohne Übersetzung des Urtextes mehr publizieren; jede
Übersetzung ist in sich bereits ein Stück Kommentar, und
das erste und gewichtigste Stück; sie gehört also zum Kommentar
wesenhaft hinzu. Noch besser wäre es, wenn unsere
Kommentare zur Übersetzung auch den zugrunde gelegten
hebräischen Text abdruckten, also nicht etwa den Text der
BHK, sondern den in der Arbeit gewonnenen ältesten erreichbaren
Text.

Ein Hauptproblem der Koheletforschung liegt in der Abgrenzung
der einzelnen literarischen Einheiten des Buches; an ihr hängt
durchaus das Verständnis des Oedankengangs der Dichtung, noch mehr,
Site es bei den meisten prophetischen Texten, abgesehen vielleicht von
Hosea und Deuterojesaja, der Fall ist. Es wäre nun instruktiv, durch
eine vergleichende Zusammenstellung der Textcinheiten, die Bentzen
und seine letzten Vorgänger in der Kohelctainslegung gefunden haben,
zu demonstrieren, wie erheblich die Abweichungen der Analyse noch
sind; da aber eine solche Tabelle allzuviel Raum beanspruchen
würde, sei zu den Differenzen der einzelnen Exegeten bei der Zählung
der ..Sentenzen" des Kohelet auf Eissfeldts Einleitung in das
AT. (1Q34) S. 553 verwiesen: Hertzberg zählt 12, Budde 23, Galling
37 — so ist bei Eissfeldt a. a. O. statt 36 zu lesen —
literarische Einheiten im Kohelet (dazu noch 2 „Nachworte"!),.
Bentzen weicht von den Ergebnissen des letzten deutschen Kommentators
Galling teilweise erheblich ab, obwohl die Zahl der „Sentenzen
" bei ihm annähernd die gleiche ist; er nimmt, wenn ich seine
Analyse richtig interpretiere, 30 selbständige Abschnitte im Kohelet
an. Ich setze deren Abgrenzung hierher: 1,1—2; 1,3—11; 1,12—15;
1,16—18; 2,1 — 11; 2,12—26; 3,1—4,16; 4,17—5,6; 5,7—8; 5,

9— 19; 6,1—6; 6,7—9; 6,10—12; 7,1—6; 7,7—10 (keine Einheit
?); 7,11-12; 7,13—14; 7,15—22; 7,23-8,1; 8,2-9; 8,

10— 15; 8,16—9,6; 9,7—10; 9,11—12; 9,13—10,1; 10,2—11; mischung von Israeliten und Philistern vergangen, da zeigt sich inner-
10,12—15; 10,16—20; 11,1—8; 11,9—12,8 und das „Nachwort" ! halb der Welt des Alten Testamentes ein bis heute noch nicht gedcu-
12,9—14. Einige der größeren Einheiten werden dabei noch in i tetes religionsgeschichtlichcs Phänomen. In einer durch mehrere
kleinere Stücke zerlegt, wie es auch bei Hertzberg und Budde ge- I Jahrhunderte nicht abreißenden Kette treten hier plötzlich Männer
schiebt. Die früher beliebte Methode, durch Umstellungen (so j auf, die sog. Propheten, die in scharfem Gegensatz zu den breiten
Bickek, 1884) oder Quellcrtscheidung (so Siegfried, 1898) dem Ver- Massen des jüdischen Volkes eine bisher nicht gekannte Oottesschau
ständnis des Koheletbuchcs näher zu kommen, scheint endgültig aufge- verkünden: einen geistigen, über die Natur erhabenen Oott der die
geben; auch Bentzen macht von ihr nicht Oebrauch, sondern bespricht ! Oeschicke aller Völker lenkt und der das dem Semiten so selbst-
Abschnitt nach Abschnitt in der überlieferten Reihenfolge. Ohne verständliche tierische Opfer ablehnt; ohne dabei dem Menschen eine
daß dabei die Fragen der Textkritik und Literarkritik über Qcbühr , Belohnung im Jenseits in Aussicht zu stellen. Wir kennen
in den Vordergrund rückten, gibt der Vf. so eine Vers für Vers heute die Welt der semitischen Religionen so gut, daß wir
vorgehende Einzelerklärung, hei der großes Gewicht auf die rein | mit aller Sicherheit feststellen können" daß der OottesgedanUe
philologische Interpretation fällt. I der Propheten so u n semitisch ist wie nur möglich. Keine Tlieirie

Alten Testaments sehr wohl ihre Vorläufer haben; von den
auch von Bentzen betonten außeralttestamentlichen Parallelen
im Alten Orient ganz zu schweigen. Vielleicht hätte Bentzen
auch mehr betonen sollen, daß im Kohelet die Auseinandersetzung
des altteslamentlichen Denkens mit der hellenistischen damaligen
Moderne stattfindet; eine Auseinandersetzung, die das
Erbe des Alten Testaments nicht schlechter verteidigt hat, als
das Schwert der Makkabäer. Deutlich betont Bentzen gelegentlich
die Berührungen Kohelets mit der Chokmaliteratur. Im
übrigen bietet der Kommentar vor allem eine Fülle von Einzelbemerkungen
zum Text, und hier, in der Einzelerklärung,
liegt wohl seine Hauptstärke. Mit gutem Recht predigt der
Vf. auch gelegentlich die ars nesciendi dem oft so schwer erfaßbaren
Gedankeiigehalt des Kohelet gegenüber; so z. B. zu
8,10—15. Ein als Studentenbuch gedachtes Werk wie dieser
Kommentar hat ja im übrigen nicht die Aufgabe, der Forschung
neue Anregungen zu geben, er soll nur einführen in
Sprache, Form und Geist der Dichtung. Und daß der Kommentar
Beutzens dieses Ziel erreicht und noch einiges Beträchtliche
mehr, wird jeder Leser dem Vf. mit gutem Recht versichern
können.

Güttingen Kurt Möhlenbrink

J i r k u, Prof. Dr. A.: Der Kampf um Syrien-Palästina, die Brücke
zwischen Afrika und Asien. Bonn: Gebr. Scheur (Bonner
Univ.-Buchdruckerei) 1942. (24 S.) 8° = Kriegsvorträge der Rheinischen
Friedrich-Wilhelms Univeisität Bonn a. Rh., Heft 101. RM - 50.
Diese mit einer Kartenskizze vom Vorderen Orient und
mit 6 auf eigene Aufnahmen des Verfassers zurückgehenden
Abbildungen ausgestattete kleine Schrift will einem weiteren
Leserkreis einen Überblick über die kampferfüllte Geschichte
Syriens und Palästinas vermitteln und vermag — nicht beeinträchtigt
durch ein paar Druckfehler, die stehen geblieben
sind — aufs Ganze gesehen diese Aufgabe auch zu erfüllen.
Für die Leser der ThLZ dürfte am wichtigsten sein, was nach
Feststellung ihrer Überflutung durch das israelitische Volkstum
S. 10 f. über die Bedeutung der Philister gesagt ist, und so
sei das hier im Wortlaut wiedergegeben:

„Die Philister sind aber nicht spurlos verschwunden. Dieses
indogermanische Volk hat nicht nur dem Lande Palästina den Namen
gegeben — diese Tatsache allein unterstreicht schon ihre Bedeutung
— sondern wir erkennen es heute immer deutlicher, daß ihr Blut im
israelischen Volkstum selbst eine Auferstehung gefeiert haben muß.
Denn kaum sind etwas mehr als hundert Jahre nach dieser Ver-