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Ausgabe:

1944

Spalte:

19

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Bertholet, Alfred

Titel/Untertitel:

Der Sinn des kultischen Opfers 1944

Rezensent:

Leeuw, Gerardus

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19

Theologische Literaturzeitung 1944 Nr. 1/2

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besonderen jüdischen Friedhof, sondern neben den Nichtjuden
begraben sind, besteht an sich die volle Möglichkeit, daß auch
noch in anderen Gräbern, soweit sie keine besonderen Kennzeichen
haben, Juden liegen. Dafür kämen vor allem solche
in Frage, die spezifisch jüdische Namen haben; griechische
Namen sind nicht auszuschließen, aber bei ihnen haben wir
überhaupt keinen Anhaltspunkt, ob jüdisch oder nichtjüdisch.
Nun haben die meisten anderen Gräber in Korykos aber ein
Kreuz, sind also als christlich gekennzeichnet. Ich zähle auf
Gräbern ohne Kreuz und ohne Menorah, die also noch jüdisch
sein könnten: 2 mal den Namen Abraham, 2 mal Samuel,
1 mal Jakob, 1 mal Sabatios."8 Dagegen zähle ich auf
christlichen Gräbern — die also mit dem Kreuz gekennzeichnet
sind — erstaunlich viele jüdische Namen (wozu zu bemerken
ist, daß, nach allem, was ich feststellen konnte, im Zweiten
und Dritten Jahrhundert in der kleinasiatischen Christenheit
an sich die Neigung zu alttestamentlichen Namen noch sehr
gering war)."6 Ich finde in Korasiou und Korykos auf christlichen
Gräbern: 1 mal David, 4 mal Daniel, 5 mal Sabatios,
5 mal Samuel, 7 mal Elias, 8 mal Abraham, 14 mal Jakob.117
Dieser Einbruch alttestamentlich-jüdischer Namen in die
christlichen Gräber läßt sich nur so erklären, daß diese
Leute Judenchristen waren. Das aber bedeutet In dieser Gegend

344. 440. 448. 607. 679. — 145) Ebd. Nr. 113 f. (vgl. Abb.) 166.
432. 681. 684. — 146) Zum Vergleich: M. A. M. A. V enthalten
1 Eliades, Keil-Swoboda 1 Samuel und 1 Elis, Keil-
Premer stein I—III 1 Sambathios. Vgl. R a m s a y, Cities and
Bishoprics S. 524: „M. Le Blant remarks that names of Hebrew
origin are excessively rare In the Christian inserrptiotu of (he West".
147) Vgl. die Register bei K e i 1 - W i 1 h e 1 m.

: bei einem Großteil von ihnen, daß sie Proselyten oder Prosely-
j tensöhne oder Proselytenenkcl waren: das heißt aber, Men-
i sehen, die wohl jüdische Namen, aber nicht oder nur zu ge-
| ringen Teilen jüdisches Blut hatten. Judenchristentum ist in
i diesem Fall nicht ein Vorgang der rassischen Judaisierung
und Infiltration einer nichtjüdischen Bevölkerung, sondern das
| genaue Gegenteil: ein Tatbestand, durch den die rassisch
i nichtjüciischen Elemente, die dem Judentum zugefallen waren,
i diesem wiederum entzogen werden. Es ist genau derselbe rückläufige
Prozeß, den wir im Pisidischen Antiochia schon in
1 Apg. 13 beschrieben sehen: daß nämlich die Mehrzahl der
I der Synagoge zugewendeten Proselyten und Halbproselyten der
i Predigt des Paulus zufallen und die Juden dafür den Christ«
I liehen Prediger mit ihrem Haß von Stadt zu Stadt verfolgen.

Fragt man aber, wie das kam, so kann die Antwort wohl
| nur die sein, daß tatsächlich jener Judaisierungsprozeß nicht
! nur ein äußerlicher war, sondern — wie eben jene Inschriften
' des 0eö; "Yi|'tfixo; und jene Bezeichnung der q>oßovu«voi
| xöv Oeöv zeigen — ein gleichzeitig sehr innerlicher geistiger,
I in den metaphysischen Tiefen des seelischen Lebens^ in der
| Frage nach dem Theos, wurzelnder. Zum Stehen gekommen
1 ist deshalb jener Prozeß der Judaisierung innerhalb der ausgehenden
Antike erst an einer anderen Bewegung, die von
den metaphysischen Hintergründen, welche aufgebrochen waren,
wußte, und die zugleich jenen Menschen, welche einen ,,Theos
; Hypsistos", einen ,.Höchsten Gott'', suchten, eine Antwort
i auf ihr Suchen und ihr Fragen zu geben imstande war.

Sie erst hat hier wie anderwärts diesen Prozeß, wie er in
der Judaisierung gleich wie in der Assimilation sich angebahnt
I hatte, unterbrochen und rückläufig gemacht.

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Bertholet, Alfred: Der Sinn des kultischen Opfers. Berlin:
Akad. der Wiss. in Kommission bei W. de Gruytcr & Co. 1042. ,'27 S.) 4"
= Abh. d. Preuli. Akad. d. Wiss. Jhrg. 1042. Phil.-hist. Kl. Nr. 2. RM2—.

Der Altmeister der Religionswissenschaft hat auf diesen
wenigen Seiten so ziemlich alles zusammengetragen, was über
das Opfer zu sagen ist. Er hat auch den neuesten Ansichten
der Forschung und den verschiedensten Aspekten des Gegenstands
Rechnung getragen, so daß seine Zusammenfassung
für die künftige Behandlung dieses Themas in den verschiedensten
Abteilungen unseres weiten Forschungsgebietes unersetzlich
werden dürfte.

Es gibt kaum einen Begriff, der so viel Ungleichartiges
deckt wie derjenige des Opfers. B. unterscheidet die weit auseinanderliegenden
Formen sorgfältig; er geht auch auf die
dem Opfer verwandten oder daraus hervorgegangenen Erscheinungen
im allgemeinen Kulturlehen ein, z. B. auf den
Zusammenhang zwischen Opfer und Geldwesen.

Wir haben somit allen Anlaß, dem Verfasser dankbar zu
sein. Bloß am Schluß hätten wir vielleicht statt des Hinweises
auf das Opfer als humanitäre Idee, einen Übergang
in die Theologie erwarten dürfen, in der ja das Opfer die
zentrale Stelle einnimmt.

Groningen Q. van der Lcetiw

Peterich, Eckart: Vom Glauben der Griechen. Freiburg i. B.:
Herder 1042. (15 S., 25 Taf.) 8° = Der Bilderkreis, hrsg. von Dr. H.
Uitzeler. Bdchn. 17. RM 1.25.

An Hand bedachtvoll ausgewählter und wohlgelungener
Abbildungen, die z. T. auch weniger bekannte Kunstwerke wiedergeben
, wird in diesem Büchlein eine Vorstellung von griechischer
Frömmigkeit vermittelt. Peterich hat dazu eine Erläuterung
verfaßt, die mir etwas zu kurz scheint, um dem
Laien so viel Aufklärung über die Darstellungen zu geben,
wie er braucht; auch wird die allgemeine Charakteristik der
Gottheiten im Text nicht immer der Eigenart der speziellen Bilder
gerecht. In der vorausgeschickten, warm geschriebenen allgemeineren
Einführung gibt Peterich der Oberzeugung Ausdruck,
daß es das von der Uroffenbarung stammende Ewig-Wahre
an den griechischen Göttern ist, das heute umso reiner
wirkt, als alle es einst verdunkelnde Unwahrheit davon abgefallen
ist, weil sie im Lichte der neuoffenbarten Wahrheit
nicht bestehen kann. Peterirhs besondere Ansichten über die
„Theologie" der Griechen, die ich Th L Z. 1939, 241 ff.
charakterisiert habe, klingen auf diesen Seiten nur gedämpft an.
Bonn Hans Herter

Otten, Heinrich: Die Überlieferungen des Telipinu-Mythus.

j Leipzig: Hinrichs Verl. 1042. (77 S.) gr. 8° = Hethitische Texte 7 =
Mitteilungen d. Vordcrasiatisch-Ägypt. Oes. Bd. 46, H. 1. RM 6 — .
Die Ausgrabungen der letzten Jahrzehnte haben das
| Mythen-Material des Vorderen Orients um werlvolle Stücke be-
' reichert. So haben vor allem Boghazköi und Ras Schamra
! viel Neues und Bemerkenswertes ergeben. Gewiß sind die in
! alphabetischer Keilschrift geschriebenen Texte von Ras Schamra
I noch nicht in allen Einzelheiten erklärt. Wesentlich bess-.T steht
i es in diesem Punkte mit den hethitischen Texten. Otten legt
! hier eine Bearbeitung des Mythus von Telipinit, dem Sohne
des Wettergottes vor. Die Arbeit ist entstanden im Anschluß
; an eine Übung, die H. Ebelorf im Winter-Semester 1936/37

gehalten hat. Es stellte sich bald heraus, daß man bei diesem
. Mythus vom verschwundenen und wiedergefundenen Gott, der
! an Adonis- und Tammuz-F.rzählungen erinnert, mit einer bunten
j Überlieferung zu rechnen hat. Seinen ursprünglichen Plan,
: die ganzen Textgruppen zu behandeln, mußte Otten wegen
; seiner Einberufung zum Heer aufgehen und sich entschließen,
: einen Ausschnitt aus der ganzen Textgruppe zu behandeln.
: Es werden vier verschiedene Fassungen des Mythus behandelt.
Seine literaturgeschichtlichen Untersuchungen schließt der

Verfasser ab mit folgenden Worten: „Aus den verschiedenen
I Fassungen ist die Erkenntnis zu gewinnen, daß beim Mythus
; vom verschwundenen und wiedergefundenen Gott im Hethili-
; sehen keine kanonische Überlieferung vorliegt, sondern eine
| buntere Mythenerzählung in den Texten ihren Niederschlag ge-
I funden hat. Diese geben mannigfache Beispiele einer drama-
: tisch aufbauenden und in Einzelzügen wundervoll plastischen
; Erzählungskunst." (S. 69).

Hiddensee A. O ft st avs

Fischer, A.: Der „Koran" des Abu l-'Alä' al Ma'arn. Leipzig:
Hirzel 1042. (100 S.) gr. 8° = Berichte über d. Verlidlgen. d. Sachs.
Akad. d. Wiss. zu Leipzig. Philo!.-hist. Kl. Bd. 04. 1042, H. 2. RM 3.80.
Iti der abendländischen Literatur wird von den namhaftesten Gelehrten
seit Jahrzehnten die Auffassung vertreten, daß Abu l-'Alä'
i al-Ma'arrl unter dem Titel al-Fn^ül wai-jrayät eine Nachahmung des
Koran geschrieben habe. Diese Behauptung stützt sich wiederum auf
i die Aussage älterer islamischer Autoren, von denen aber kein cht-
! ziger das Werk selbst eingesehen hatte. 1010 tauchte nun in
: Mekka das Bruchstück einer alten Hs. dieses verschollenen Werkes
j auf, das in die Bibliothek Taimur Pascha in Kairo und von da in
j die Khedivial-Bihliothek kam und 1038 von Mahmud Hasan Zanati
I veröffentlicht wurde. A. Fischer bietet hier einige Proben des in
I Deutschland fast imbekannten Werkes in Text und Obersetzung.

Zunächst geht schon aus einem bisher unbekannten Zusatz zum Titel
i hervor, daß den Inhalt des Werkes die Verherrlichung Gottes