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Ausgabe:

1944

Spalte:

214

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Theocharidis, Georgios J.

Titel/Untertitel:

Beiträge zur Geschichte des byzantinischen Profantheaters im IV. und V. Jahrhundert, hauptsächlich auf Grund der Predigten des Johannes Chrysostomos, Patriarchen von Konstantinopel 1944

Rezensent:

Eltester, Walther

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Theologische Literaturzeitung 1944 Nr. 9/10

214

nicht gekannt habe, ist eine durch nichts zu beweisende
Behauptung. Wieviel griechische Götter arbeiten!
Hephaist schmiedet, Hermes handelt, Hera spinnt, wieviel
schöne Zeugnisse treuer Arbeit gibt es auf Grabsteinen
, auch mit religiöser Wertung der Arbeit. Inschriften
lesen ist hier wichtiger als Philosophen! Es
ist doch eben nur die eine Seite, die Hauck sieht, d,iese
freilich klar und schön. Ethisches und Liturgisches zugleich
steckt in Apotaxis (Rothcnhaeusler Oppenheim
). Der Weg von Lk. 14,33 bis zum kirchlichen
Abrenuntiationsritus und zum Mönchsverzicht ist materialreich
dargestellt, nur fehlt bei letzterem ein Hinweis
auf die kynischen Parallelen.

Juristisches, Kirchenrecht: Den Apocri-
s i a r i u s, einen erst in byzantischer Zeit wichtig gewordenen
Beamtentitel, bearbeitet mit besonderer Berücksichtigung
der byzantinisch-päpstlichen Nuntien und dei
Hofgesandten der östlichen Patriarchen Treitinger. Das
sehr schwierige Aposteldekret (K. Th. Schäfer) isl
sehr sauber, aber auch reichlich konservativ behandelt.
Immerhin kommen alle entscheidenden Meinungen zu
Worte. Unter Appellation findet sich auch Provokation
und Supplikation (Wenger), wobei außer der
lückenlosen Mitteilung des juristischen Befundes ein
längerer Abschnitt über den Prozeß des Paulus eingeschoben
ist. Nur glaube ich weder Act. 23,35 noch
26, 29 nach dem Wortlaut an Fesseln. Dankbar wird der
Nichtfachmann den ausführlichen kanonischen" Teil begrüßen
. Apostasion (Schmidtke) wird noch durch
Ehescheidung ergänzt.

Eschatologie: Ein schöner Aufsatz ist Apo-
katastasis (Lenz), der sowohl an philologischer Akribie
wie an umfangreicher Stoffkenntnis auf allen Gebieten
als Vorbild für sehr viele Aufsätze dienen könnte.
Alle Teile, vom hellenistischen bis zum patristischen, sind
wohltuend gleichmäßig bearbeitet, Stellungnahmen werden
vermieden, das Literaturverzeichnis ist reich.

Magisches: Ein Nachlaß W. Krolls ist der
unerschöpfliche Artikel Aphrodisiacum, der neben
Medizinischem und Magischem manches Curiosum enthält.

Liturgisches: Dieser Teil ist auch diesmal wieder
besonders reich vertreten. Apertio aurium behandelt
ausschließlich den lateinischen Ritus. Für das
Religionsgeschichtliche wird auf „Ohr" verwiesen (Botte).
Wir'werden erst nach dessen Erscheinen darauf zurückkommen
. Die vierfache Bedeutung von Apex (Messer-
scb.mi.dt) ist auch vom Etruskischen und Archäologischen
her behandelt, besonders ausführlich als Spitze
des pilleus des flamen Dialis mit zahlreichen Anknüpfungen
und Literaturverweisen. Unter A q u a r i i (Gentz)
werden nicht nur christliche, sondern auch mithrische
Gruppen aufgeführt, die das Kultmahl ohne Wein feiern.
Arbeitsruhe (Steinmetzer) kommt im griechischen
Teil etwas kurz weg, der römische ist besser, der christliche
sehr gut, mit viel Entlegenem und schwer Zugänglichem
. Sollte Archiereus (Botte) wirklich erst
hellenistischer Titel sein? Piaton leg. 12,947a erklärt
sich dann doch schwer; gerade an dieser Stelle kann ich
mir eine ägyptische Herleitung kaum vorstellen. Es
liegt doch nahe, daß der Priester der Hauptgottheit
einer Polis schon so hieß, wenn freilich auch, soweit
ich sehe, Belege fehlen.

Symbolworte: Apfel (Zenker-Stemplinger) läßt
manches vermissen. Seit wann wird die Frucht von Gen.
3,6 auf einen Apfel gedeutet und dargestellt? Lassen
sich Verbindungen zu Kora herstellen, aber wo sind die
Zwischenglieder? Solche Fragen erwartet man in der
RAC auch beantwortet. Arche (Schmidtke) ist sehr
knapp, enthält aber das Wesentliche. Beziehungen zwischen
den einzelnen Flutsagen werden nicht hergestellt
(die indische fehlt übrigens).

Personen: In allen christlichen Biographien tritt
die Verbindung mit der Antike in den Vordergrund
und zum Teil recht gut heraus, so Apollinaris von

! Laodicea (Gentz) und Apollinaris von Side
(Früchtel), der vielleicht doch etwas zu negativ gewertet
wird. Eine gewisse — übrigens verständliche — unsichere
Haltung gegenüber Apollonius von Tyana
zeigt Groos; wertvoll ist die Zusammenstellung der
christlichen Aussagen über ihn. Der verdienstvolle Apu-
leiusherausgeber Helm gibt das wichtigste biographische
Material zu A p u 1 e i u s, ohne sich auf die schwebenden
Streitfragen einzulassen, die Metamorphosen hätten wegen
ihrer großen Bedeutung für die gesamte spät-

I antike Religionsgeschichte einer viel ausführlicheren Behandlung
bedurft, kommt sie unter einem anderen Stichwort
?

Archaeologie: A p s i s (A. M. Schneider) zeigt
die gewohnte Zuverlässigkeit und Sachkenntnis des Verf.,
Architektur (Deichmann) ist ein ganz besonders vor-
i züglicher Sammelaufsatz, dem man in dem von mir
vorgeschlagenen Bildband recht viel Bildmaterial wünscht.
Endlich findet sich noch eine Uebersicht über die verschiedenen
Bedeutungen von Area (Kollwitz).

Königsberg Pr., z. Zt. irn Heeresdienst Carl Schneider

'• Theocharidis, Georgios J.: Beiträge zur Geschichte des byzantinischen
Profantheaters im IV. u. V. Jahrhundert, hauptsächlich
auf Grund der Predigten des Johannes Chrysostomos, Patriarchen von
Konstantinopcl. Thessaloniki: Triantaphyllou 1940. 127 S. 8" (Philosoph
. Diss. München) = Laographia, Beiheft 3.

Studien über das byzantinische Profantheater scheinen
i den Interessen dieser Zeitschrift fern zu liegen. Und doch
| zeigt der tinblick in die unter Leitung von Fr. Dölger
| entstandene Dissertation von Theocharidis, daß der Freund
; der alten Kirche sie nicht ohne Nutzen liest. Findet hier doch
i ein wichtiger Teil des kulturgeschichtlichen Hintergrundes,
| vor dem sich das Leben der Kirche in der Spätantike abspielt,
, eine weitreichende Aufhellung. Die Anziehung des Theaters
| auf die städtische Bevölkerung sicherte ihm die polemische
j Beachtung der christlichen Prediger. Unter ihnen ragt Johan-
| nes Chrysostomus wegen seiner dem Leben abgewonnenen
i Sprache und seiner verständnisvollen Einfühlung in das Denken
und Trachten seiner Hörer hervor. Seine Predigten sind
infolgedessen die Hauptquelle für die vorliegende Untersuchung,
j und ihre Interpretation wird durch sie in erster Linie ge-
; fördert. Aber nicht nur die Erklärung mancher in der Ver-
: einzelung schwer verständlichen Textstelle durch die systematische
Gegenüberstellung mit dem Sachverhalt bei Theochari-
1 dis ist eine Frucht seiner Arbeit. Von Wert für die Kirchen-
| geschichte wird sie unmittelbar durch die Ausführungen über
j den „christologischen Mimus" S. 93 ff. Darunter ist die sa-
] tirische Verspottung christlicher Riten im Mimus, der belieh-
j testen Volksbelustigung im Altertum, zu verstehen. Sie muß im
j 3. Jh. eine gewisse Verbreitung erlangt haben. Aber eine solche
j öffentliche Verhöhnung des Christentums kann schwerlich noch
I in der Zeit der Reichskirche vorgekommen sein, und Nach-
i richten darüber sind in der Tat nur aus Märtyrerakten zu
entnehmen, deren Helden, mit einer Ausnahme unter Julian,
der vorkonstantinischen Epoche angehört haben sollen. Bei
den Kirchenvätern des 4. Jh. findet sich nichts mehr davon.
I Die Stelle bei Gregor v. Nazianz, die Theocharidis S. 99 f
I anführt (oratio II 84; PG 35,489 b) gehört nicht hierher.
I Gregor geißelt dem ganzen Zusammenhang nach die Entartung
i des Christentums seiner Zeit, den Streit der Bischöfe untereinander
. Der wurde gelegentlich im Mimus verhöhnt, wie es
Gregor selbst widerfuhr, als ihm zu Konstantinopel in dem
Kyniker Maximus ein unerwarteter Konkurrent auf den bischöflichen
Thron erwuchs. Die Verspottung der Arcana des Chri-
; stentums wie im Mimus der Märtyrerakten liegt dagegen hier
j nicht vor. Auch der andere Beleg bei Theocharidis aus Augu-
i stin De baptismo 7,53, 101 ist nicht mehr ein unmittelbarer
Nachhall, sondern lediglich durch Märtyrerakten literarisch
vermittelt, deren Typus des bekehrten Mimen deutlich den
Ausführungen Augustins zugrunde liegt. So dürfen wir wohl,
, entgegen Theocharidis, den christologischen Mimus aus dem
! Spielplan seit Konstantin streichen.

Hervorzuheben ist der saubere Druck der im Ausland deutsch
j erschienenen Abhandlung. Versehen, wie S. 94 Antn. 2 Diokletian
j statt Konstantin oder S. 101 Zeile 3 Chrysostomus statt Palladius
l fallen nicht dem Setzer zur Last. Auch hatten gelegentlich patri-
stische Texte in neueren Ausgaben, nicht nach Migne, zitiert werden
können.

Ber'in W. Eltester