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Ausgabe:

1943

Spalte:

119

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Katholische missionsärztliche Fürsorge 1943

Rezensent:

Schomerus, Hilko Wiardo

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119

Theologische Literaturzeitung 1943 Nr. 3,4

120-

er das empirische Sosein der urtümlichen Bindungen
bei den Dschagga mit der ursprünglichen Ordnung in
eins setzt, ohne die Gebrochenheit dieses Zustandes
durch den Urfall in Rechnung zu ziehen. Warum in
aller Welt wäre dann Gutmann eigentlich Missionar?
Warum würde denn dann in seinem Moshi dem zur
Taufe kommenden Heiden nach allem Taufunterricht
noch bei der Taufhandluug selber mit einer unüberbietbaren
drastischen Deutlichkeit der radikale Unterschied
von einst und jetzt, vom heidnischen Alten und christlichen
Neuen vor Augen geführt, so daß man unwillkürlich
an jenes alte: „Verbrenne, was du bisher angebetet
hast, bete an, was du bisher verbrannt hast" erinnert
wird? Seltsam mager fallen die Ergebnisse aus,
wenn zum Schluß Gutmanns Anweisungen für die kirchliche
Praxis geprüft werden. Nur mit Verwunderung
kann man lesen, daß für Tauffeiern, Patenamt und Kon-
firmandenunterricht Gutmann eigentlich keine originellen
Vorschläge für die Praxis biete. Erklärlich wird es
nur dadurch, daß der Verfasser sich damit begnügt,
die christliche Sitte, wie sie in den Dschaggagemehideu
Gestalt gewonnen hat, mit der augenblicklichen Lage der
Kirche in der Heimat zu konfrontieren. Natürlich kann
es sich hier nur um Grundgedanken und um eine der
Heimat angepaßte, neue Form handeln. Aber dann
sind freilich z. B. Anregungen über das Patenamt und
über die Schildschaften sehr viel fruchtbarer, als der Verfasser
meint.

Die Fülle der Probleme, die mit Gutmanns Schrifttum
und seinem Lebenswerk zusammenhängen, ist so
groß, daß man ihr in einem so engen Raum schwerlich
gerecht werden kann. Daher ist die theologische Diskussion
über seine Schriften mit dieser Dissertation
sicherlich nicht zu Ende gekommen. Doch sind immerhin
an manchen Stellen die Fragen richtig gestellt und das
Bemühen des Verfassers, sich und andern über Gutmanns
Gedanken theologisch Rechenschaft zu geben, ist zu begrüßen
. Möge die kleine Schrift, grade weil sie in ehrlichem
Suchen zwischen Kritik und respektvoller Anerkennung
schwankt, manchem ein Anstoß zu gründlichem
Studium der Gutmannschen Gedankenwelt werden.

Berlin Siegfried K n a k

Katholische missionsärztllche Fürsorge. 1 Irsg. v. Dr. 1 lugo Schnell.
1941. Würzöurg: Fränkische Geselischaftsdruckerei 1941. (144 S.,
8 Bl. Abb.) gr. 8». KM 2.80.

Trotz des Krieges ist es dem kath. missionsärztlichen
Institut in Würzburg möglich gewesen, ein umfangreiches
und reichhaltiges mit mehreren Bildern versehenes
Jahrbuch, das 18., herauszugeben. Außer dem Jahresbericht
, der sich hauptsächlich mit dem Würzburger
Missionsärztlichen Institut beschäftigt, aber auf S. 14—20
auch mehrere kurze Nachrichten über die Ärzte und
Ärztinnen im Dienste der deutschen kath. Mission bringt,
enthält der Band zwei Beiträge einer Ärztin, die einen
Einblick in die Arbeitsweise der kath. ärztlichen Mission
bewähren, ferner drei tropenmedizinische Artikel,
einen völkerkundlichen über die Pygmäen des Ituri-
waldes und einen theologischen über göttliche Natur-
ordnung und christliche Frömmigkeit. Der Schluß bietet
noch einige Mitteilungen. Es ist zu begrüßen, daß
dieses Jahrbuch hat erscheinen können.

Halle a. S. H. W. Schorn er ui

Mitteilungen

In memoriam. Am n. 11. 42 starb nach langer Krankheit
im Alter von 54 Jahren der Ordinarius für neutestamentl. Wissenschaft
in Greifswald, D. Kurt Dcissncf. Geb. am 10. 4. 1888
in Froltse (Elbe) studierte er Theologie in Tübingen, Marburg und
Oreifswald. In systeniat. Beziehung besonders durch C. Stange
airgeregt, promovierte er, nachdem er 1910 das I. theologische
Examen in Stettin abgelegt hatte, bei J. Haussleiter 1912 mit einer
Arbeit über „Auferstehungshoffnung und Pneumagedanke bei Pau-
Jus". Nach einer Vikariatszeit in Stettin habilitierte er sich 1915 als

Privatdozcnt für N. T. in Oreifswald. Hier war er auch im Welt-
, krieg hu Sanitätsdienst und als Lazarettgeistlieher tätig, wurde 1919-
a. o. Prof., 1920 persönl. und 1920 etatsmäßiger Ordinarius. — Als
akademischer Lehrer von großer pädagogischer Begabung, Hingabe
und nachhaltiger Wirksamkeit — er las auch Publica in erhehlicher
Zahl — als Dekan zu wiederholten Malen, zuletzt im Kriege bis knapp
ein Jahr vor seinem Tod — als Rektor für 1931/32 und, mit seltener
Mehrheit wiedergewählt, für 32,33, weiter als Ephorus des Theolog.
Studienhauses — als allseitig geschätztes und immer wieder in
Anspruch genommenes Mitglied vieler akademischer, nicht bloß theologischer
Ausschüsse und Kommissionen hat er der Universität,
z. T. in schwieriger Lage große und weithin bemerkte Dienste
geleistet. — Abgesehen von seiner reichen kircbl. Tätigkeit, im
Gemcindckirchcnrat, in Provinzial- und Oencralsynoden, im Kirchen-
seraat, auch als Kons. Rat (seit 1936) entfaltete er eine besonders
große Tätigkeit durch Vorträge, zumal auf Pfarrerkonfercn/cu und
-kiiTscn, auch dies bis ein Jahr vor seinem Tode, dabei stets die
Bedeutung echt Wissenschaft]. Theologie für die Kirche unterstreichend
. Seine eigenen theologischen Arbeiten — wir schicken voraus,,
daß er in der „Theologie d. Gegenwart" von 1917—1922 den jährlichen
Bericht über die ntl. Arbeit schrieb, sowie daß er mit mehreren
Beiträgen Mitarbeiter an G. Kittels Theolog. Wörterbuch zum
N. T. war — galten vor allem der Paulusforschung (s. o., ferner Pau-

• his u. Seneca. 1917; PI. und die Mystik seiner Zeit. 2. Aufl. 1921)
und, im Zusammenhange damit, Fragen der urchristlichen Mis-

; sionstheologie (z. B. „Das Sendungsbewußtsein der Urcbrisicnheit"
j (Zeiitschr. syst. Theol. VII 29/30) und „Anpassung und Abwehr
, in d. ältesten Missionspredigt" (ebd. XVI. 38 40). Über letzteres
1 Thema liegt ein ausführliches M. S. vor, das bereits zur Veröffentlichung
bestimnit war. Aufgrund stets sehr sorgsamer Exegese —
I). führte in Auseinandersetzung mit Barth s. Z. aus, daß der Text
in der Exegese gewiß „transparent" werden müsse, aber von den
Ittl. Männern und ihrem Verständnis, nicht von unserem Denken
her — arbeitete vor allem in steter Aufmerksamkeit auf die rel.
geschichtliche Forschung und in quellenmäßiger Mitarbeit mit ihr
(insbesondere die Stoa und die hellenistische Mysterien f nimm igkeit
betreffend) (vgl. oben, ferner: Die Seelentechnik in der antiken
Religion und Sittlichkeit im Licht des Ev's., in Festgabe für V.
', Schultze. 1931, sowie Religionsgeschichtliclic Parallelen. 1921, sowie
2 akademische Reden: Das Idealbild des stoischen Weisen. 1930)
am Verständnis der „Einzigartigkeit der ntl. Gedankenwelt" und
i ihrer „überzeugenden Oröße". Er sah das Problem dadurch gegeben
, daß die ersten Apostel „zur Missionierung von dem Be-
, wußtselu getrieben wurden, etwas schlechthin Neues der Welt ver-
. kündigen zu können", und daß sie gezwungen waren, dies in ein bereits
vorliegendes Sprach- und Begriffsgut von anderer Bedeutung
zu kleiden. So verstand er PI. (nicht Mystiker, sondern gegen
die Mystik seiner Zeit und im Verhältnis von Ich und Du denkend)
und das N. T. überhaupt, indem er sie zugleich konkret und lebendig
in die geschichtliche und geistige Umwelt hineinstellte (das Um-
weltkolleg las er Im nur wieder besonders gern) und sie doch
■ stets zuerst und zuletzt aus dem Grunde der ntl. Botschaft seihst
' deutete, die nicht eine Synthese aus zeitgeschichtlichen Linien war,
sondern etwas ganz Neues von oben in die damalige und alle Welt
hineinbrachte (vgl. noch die akademische Rede: Autorität u. Freiheit
im ältesten Christentum 1931, ferner die Schrift: Das völkische
Christushild. 1925, auch: Die Einzigartigkeit der Person
; Jesu. 1919). Auch bei Jesus selbst führte er das durch, zumal
an der zentralen Frage: Jesus und das A T., Jesus und das Gesetz
. Von Matth. 19, 4 ff. ausgehend verstand er Jesus als den
Bringer des neuen Aons, der an den ursprünglichen und ur-
zeiM'ichen Willen Gottes, nach dessen geschichtlichen Darstellungen
und z. T. Trübungen, wieder anknüpfte und ihn verwirklichte, wodurch
Bindung an das A. T. und Freiheit ihm gegenüber bei ihm,
dem Sohn, und dann für die Gotteskindschaft überhaupt ans Licht
trat. — Die Lebensarbeit des Lehrers und Wissenschaftlers D.

• ist vielen ins Herz und Gedächtnis geschrieben.

Greifswaid R H e r m a n u

LiC. theol. Heinz. Ortmann, Assistent am Alttestaincutliclien
Seminar in Berlin, geb. 28. 2. 1912 folgte als Obergefreiter der
Heeresflak am 26. November 1942 vor Stalingrad seinem 1941 in
Rußland gefallenen Bruder. Mit ihm ist ein Mann aus unserer Mitte
genommen, der nach seiner wissenschaftlichen und menschlichen Entwicklung
zu Leistungen von geprägter Eigenart berufen erschien.
Aus ostdeutschem Bauerntum stammend, erschloß er sich nicht leicht.
Auf einem Mandl des Fachschaftslagers in Rittmar^hausen lernte ich
ihn kennen, wie er am Schluß des Zuges seinen Weg für sich ging
und doch mit lebendiger innerer Beteiligung hei der Sache war,
in deren Dienst das Lager und der Ausmarsch stand: der inneren
Verbindung von Theologie und gegenwärtiger deutscher Wirklichkeit
. Diese Szene scheint mir jetzt symbolisch für sein Leben
und Sterben. O. war keinem Schema hörig. Von Oogarten stark
beeinflußt, hat er doch über ein exegetisches Thema promoviert (Der