Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1943

Spalte:

111-114

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Weber, Franz

Titel/Untertitel:

Geschichte des Katechismus in der Diözese Rottenburg 1943

Rezensent:

Fendt, Leonhard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

111

Theologische Literaturzeitung 1943 Nr. 3/4

112"

führungeil über das Interpretationsproblem mit einigen
Deutungsproben des Goethe'schen Faust-Dramas.

Die philosophische Weite und Tiefe der Betrachtung
ist der große Vorzug des Buches, das sich oft
durch glänzende Formulierungen auszeichnet; es steckt
voll von wertvollen und geistreichen Anregungen und
ist ein wichtiger Beitrag zum Irrationalitätsproblem.

Wien H. W. Schmidt

Krudewig, Dr. Maria: Vom Stand der Psychologie des Gefühls
und von ihrem bleibenden Erlrag. Berlin: Junker u.
Dünnhaupt 1942 (139 S.) gr. 8° = Neue dt. Forschungen Abt.
Charakterologie, psychol. und philos. Anthropologie, Bd. 16 =
Bd. 308 d. Gesamtreihe. RM 0—.

In der Reihe neuer deutscher Forschungen zur Cha- j
rakteriologie, Psychologie und philosophischen Anthropologie
, herausgegeben von Hans R. G. Günther legt die
Verfasserin ihre der Erforschbarkeit des Gefühls und der
Aufstellung einer Lehre vom Gefühl gewidmete Arbeit
„Vom Stand der Psychologie des Gefühls und von
ihrem bleibenden Ertrag" vor, die sehr interessante
Einblicke in das Gebiet der Psychologie und Charakterkunde
vermittelt. Das Zustandekommen und die Erklärung
der Gefühle innerhalb der übrigen psychischen
Elemente ist durchweg klar und methodologisch gut herausgearbeitet
. Zunächst werden die gegenwärtigen Probleme
der Gefühlsforschung aufgezeigt und dann im
Einzelnen behandelt. (Wesen des Gefühls, Leiblichkeits-
empfindung und Gefühl, Verhältnis der Instinktvorgänge
zum Gefühl, Gefühlsqualitäten, Einteilung der Gefühle).

Das Gefühl umfaßt und durchdringt alles psychische
Geschehen. Es ist eine wunderbare Mitteilung des Bewußten
an das Unbewußte, ein ganz eigentümliches Be-
und Getroffensein. Es ist auch dasjenige Erlebnis, das
den vollsten Sinn liefert, der einem Menschen überhaupt
zugänglich ist. Solche Deutung der Gefühls- und Be- 1
wußtseinssphäre muß man zuweilen vornehmen, um Klarheit
über sich selbst zu erringen. Aus diesem Grunde ist
die Lektüre eines solchen Buches wie des vorliegenden i
gelegentlich außerordentlich nutzbringend und anregend, i
Der für das Leben des Menschen so wichtige Zug zum |
Geistigen, zur Harmonie und Schönheit findet durch
Eindringung in die Lehre der Gefühlspsychologie Erklärung
und Bestätigung. Im Rahmen der fesselnden
Darstellung von Frl. Krudewig hätte man gern noch
nähere Bezugnahme auf so unmittelbar im Leben eines
jeden Menschen vorhandene Gefühle, wie beispielsweise
die Liebe oder religiöse Vorstellungen gesehen.

Berlin Werner H a u g g '

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Weber, Franz: Geschichte des Katechismus in der Diözese
Rottenburg von der Aufklärungszeit bis zur Gegenwart.

Mit einer Vorgeschichte über die schwäbischen Katechismen von
Canisius bis Felbiger. Freibirrg/Br.: Herder 1939 (VIII, 292 S.)
gr. 8°. RM 0.50; geb. 8—.

Weber setzt ein bei den Katechismen des Canisius 1
1555—61 bezw. 68 (jetzt zu benützen in der Ausgabe
von Frid. Streicher, S. Petri Canisii Doctoris Ecclcsiae
Catechismi Latini et Germanici, I 1933, II 1Q36), nicht
weil dies etwa die ältesten katholischen Katechismen
wären (die ersten katholischen Bücher mit diesem Titel
waren der Catechismus ecclesiac von Witzel 1535 und
der Catechismus von Dietenberger 1537, aber Bücher
mit dem Katechismus-Inhalt oder Teilen desselben gab
es schon im 14. Jahrhundert, wenn nicht noch früher;
siehe darüber P. Bahlmanu, Deutschlands katholische
Katechismen bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, 1894),
sondern a) weil die Katechismen des Canisius in deutscher
Sprache das Gegengewicht gegen Luthers Katechismen
bilden sollten und weithin bildeten, b) weil die
Katechismen des C. in den süddeutschen Diözesen alsbald
„der" Katechismus wurden, c) weil sie inhaltlich

die ungekürzte katholische Substanz darboten, d) weil siepädagogisch
insofern einen Gipfel bildeten, als sie in
volkstümlicher Form und Sprache auftraten, wenig Spekulation
und wenig Polemik enthielten, nicht Kompendien
der Theologie waren, sondern Lernbücher für die
Jugend, reichlich die Bibel und die Väter zu Wort kommen
ließen, Innigkeit und nicht Trockenheit atmeten,
im Umfang mäßig waren (der „kleinste deutsche C."
hatte nur 47 Fragen!), e) weil der volkstümlichste von
ihnen, eben jener „kleinste deutsche Katechismus des
C." (in der endgültigen Fassung von 1568, welche
den Catechismus Romanus von 1566 berücksichtigte)
eine Einteilung bot, die W. als klassisch ansieht, weil
sie dem Inhaltlichen wie dem Didaktischen am meisten
entspricht: Vom christlichen Glauben Von den Sakramenten
—■ Von den 10 Geboten — Vom Vaterunser
— Von der christlichen Gerechtigkeit (hingegen die anderen
Katechismen C.s und auch der kleinste deutsche
vor 1568 hatten die Einteilung: Von dem christlichen
Glauben Von der christlichen Hoffnung und dem
heiligen Vaterunser — Von der Liebe und den 10 Geboten
Gottes - Von den heiligen Sakramenten Von
der christlichen Gerechtigkeit). W. führt nun die Linie
von den Katechismen des Canisius weiter bis zum Rot-
tenburger Diözcsankatechismus von 1848, 1849, 1887
und 1920; er untersucht fortwährend (neben den historisch
-literarischen Einzelheiten) die Abkehruiigeu und
Zurückwendungen der auf Canisius folgenden Katechis-
musarbeit gegenüber dem Canisius; schließlich erscheint
ihm der Rottenburger Diözcsankatechismus von 1920
als die bis heute beste (wenn auch noch verbesserungs-
fähige) Leistung, gewissermaßen als der Canisius des
20. Jahrhunderts aber mit großem Bedauern sieht
W. den Katechismus von 1920 der Einteilung des kleinsten
deutschen Canisius ermangeln, die doch Württemberg
im Schusterschen Katechismus und bis zum Entwurf
von 1Q08 besaß (der Katechismus von 1920 hat die
Einteilung von Deharbe: Glaube — Gebote ■— Gnadenmittel
, freilich ohne das theologisch üble Wort ,,(hia-
denmittel", sondern so: Glaube — Gebote —- Sakramente
und Gebet). Indem so W. den reichen Stoff mit seiner
an Canisius gehärteten katechetischen Idee bezwingt,
entsteht ein Buch, das keineswegs (wie oft in ähnlichen
Fällen) bloße Materialsammlung ist, sondern Reichtum
in straffer Systematik. Nun läßt sich ja sicherlich darüber
streiten, ob die Katechismen des Canisius das
Ideal W.s tatsächlich so kräftig repräsentieren (aber
auch K. Raab, Das Katechismusproblem in der katholischen
Kirche 1934, der S. 9 f. aus seiner katholisch-
katechetischen Idee heraus Luthers Kleinen Katechismus
hoch zu preisen weiß, stimmt S. 31 ff. mit W. in der
Bewertung des Canisius, und ebenso des Catechismus
Romanus, überein) — schließlich kommt alles darauf an,
daß die Maßstäbe W.s, auch abgesehen vom Canisius,
katholisch-katechetisch in Ordnung sind. Und sie sind
es! Ein katholischer Katechismus muß (so kann man
W.s Grundsätze zusammenfassen) die katholische Substanz
in der Weise der „Verkündigungstheologie" (Gegensatz
: Schultheologie als Wissenschaft) enthalten, und
er muß den didaktischen Forderungen entsprechen.

Aus dem Reichtum an Einzelheiten (S. 202 ff. eine „Bibliographie
der Katechismen", nach dem Erscheinungsjahr der ersten Ausgabe geordnet
; S. 285 f. ein Register hierzu; S. 275 ff. eine ausgiebige Li-
teratnrangabe; S. 247 ff. Dokument«) seien diejenigen ausgewählt,
welche die EntwtckhlflKsliaie hervorheben. Im 17. und 18. Jahrhundert
fand CaoMlN in Siiddvutschland viele Bearbeiter, W. konstatiert
aber nur Verschlechterung (Einfügung ganzer Fragenreihen,
gelehrter Distiuktioneti, Polemik, Scholastik, „Exempel" aus trübsten
Quellen). Mitte des 18. Jahrhunderts ein Podtivum: Rückgriff
auf die Bibel und auf den Catechismus Romanus — aber
die schon bezeichnete Verschlechterung geht trotzdem weiter. Relnn
sie stantibus waren doch die Katechismen von Ignaz Felbiger (1760
der von Sagan, 1772 der kleine, 1777 der Wiener EinliciKkatcchis-
ttlMi besonders der letztgenannte) eine Leistung von Oewlcht;
gerade der Wiener von 1777 erwies sich als ein Dtmm gegen die
Verwässerung der katholischen Substanz in der Aufklärungshcweguiig:
der Stoff des Canisius, wenn auch in geänderter Einteilung, wurde