Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1943

Spalte:

79-83

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Kees, Hermann

Titel/Untertitel:

Der Götterglaube im alten Ägypten 1943

Rezensent:

Otto, E.

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

7!»

Theologische Literaturzeitung 1943 Nr. 3/4

80

Kirchengeschichtlich ist wenig veröffentlicht worden.
Hervorzuheben sind die Zusammenfassungen über die
vorhandenen Kirchenbücher auf evangelischer und katholischer
Seite.'1 Es liegen kleine lokale Arbeiten vor,
unter denen ich die evangelische Kirchengeschichte von
Hammerstein und WehnershofM hervorheben möchte.
Es ist hier kircheiigesehichtlich wenig vorgefallen, aber
dennoch läßt sich vielleicht mehr sagen, wenn man die
Statistik auch in den Kreis der Betrachtung zieht. So

51) Fr. Märtinat, Die evangelische» Kircbenbucheintraguiigen dw
Oren/mark. Schneidemühl 11>3'J. W. Volkmaiin, Die Kirchenbücher
der katholischen Pfarrei in der früheren Provinz Oren/mark Posen-
Westpreußen, Sehneidemühl 1930.

52) H. Adam, Kirchengeschichte der evangelischen Gemeinde
Hammerstein und Wehnershof zu beziehen von der evangelischen
Frauenhilfc in Hamm erste in,

könnte man feststellen, in welchem Verhältnis in verschiedenen
Zeitabschnitten die Taufen zur Geburt stehen,
wieviele Ehen kirchlich eingesegnet sind, wie der moderne
Ort Hammerstein plötzlich auch Unkirchlichkeit
in die alten Ueberlieferungen hineinträgt usw.

Das letzte Heft der Grenzmärkischen Heimatblätter
enthält 2 Beiträge zur Kirchengeschichte: zunächst63 von
Laubert über die Ausbildung der Priester nach Auflösung
des Jesuitenordens in Preußen 1822 mit ihren
Folgen für das Schulwesen und einen Aufsatz von
Wotschke über Würdenträger im 16. Jahrhundert in
Mcserilz.

53) M. Laubert, Die Auflösung der Missionaricnkongregationeii
ZU Gnesen und Posen 1822 und einige ihrer Folgen für das Schulwesen
der Provinz. Th. Wotschke, Meseritzer Würdenträger im Re-
forniationsjahrhundert, Grenzmark. Heimatblätter F941, I. U, 2. Teil.

RELIGIOISSWISSENSCHAFI'

Hees, Hermann: Der Götterglaube im Alten Aegypten. Leipzig:
J. C. Hinrichs Verlag 1941. (XI, 479 S. m. 14 Textabb., 10 Taf.)
gr. 8° = Mitteilgn. d. Vorderasiatisch-ägypt. Ges. Bd. 45. RM 30—.
Der Historiker oder Religionswissenschaftler, der
nach einer Darstellung der Religion des alten Ägypten
suchte, war auf eine Anzahl z. T. ausgezeichneter Teiluntersuchungen
angewiesen, die nur ein mehr oder weniger
enges Problem begriffen, oder auf Oesamtdarstellungen
, die entweder wie die Brugschs u. a. sachlich
überholt und in der Fragestellung veraltet waren oder
die wie Ermans vom Standpunkt des „aufgeklärten Europäers
" nur für den rein, menschlichen Gehalt der ägyptischen
Religion einen Blick hatten, ihrer Eigengesetzlichkeit
aber mit wenig Verständnis gegenüberstanden.
Daneben lagen in verschiedenen religionsgeschichtlichen
Quellensammlungen Übersetzungen ausgewählter religiöser
Texte vor. Aber die sprachliche Übertragung gibt
gerade hier nicht nur den geistigen Gehalt recht unvollkommen
wieder, sie bietet vor allem noch keine Handhabe
zu ihrem historischen und religionsgeschichtlichen
Verständnis. Aber auch der Ägyptologe selbst, der die
Religionsgeschichte nicht gerade zu seinem eigensten
Arbeitsgebiet gemacht hatte, bedurfte eines Werkes, an
Hand dessen er in die ungeheure Stoffmasse eindringen
konnte und durch das ihm die nicht ohne weiteres verständlichen
seltsamen Erscheinungen der Denkart ägyptischer
Theologen geklärt wurden. Denn es fehlte ja
nicht nur eine systematische Darstellung der ägyptischen
Religion als einer unter geschichtlichen Gesetzen stehenden
Erscheinung, ebenso wenig gab es eine Einführung
in die eigenartige, schwer zugängliche Denkart und Begriffswelt
der ägyptischen Theologie, als deren Produkt
die Religion, wie sie sich uns in fast unerschöpflichen
Quellen darstellt, anzusehen ist. Es herrschte ja auch
keineswegs Übereinstimmung über die anzuwendende
Methode und über die notwendige Fragestellung, von
einer Einheitlichkeit in der Auffassung einzelner Erscheinungen
ganz zu schweigen. In diese Lücke tritt das
Werk von H. Kees, Der Götterglaube im alten Ägypten
. Es ist als das Ergebnis jahrzehntelanger Arbeiten
auf diesem schwierigen Gebiet anzusehen. K. behandelt
in ihm das Wesen und die Entwicklung der ägyptischen
Gottesvorstellung zusammenfassend auf Grund einer einzigartigen
Kenntnis ihrer Quellen und eines ebenso einzigartigen
Verstehens ihrer geistigen Hintergründe. Natürlich
bedeutet das Buch in keiner Weise einen Schlußstrich
unter die vielseitige Problematik des Stoffes, sondern
eine vorsichtig abwägende Darstellung der heute
möglichen Ergebnisse bei der Untersuchung einer geschichtlichen
Frage, deren Erforschung im übrigen aber
noch durchaus im Fluß ist und durch das vorliegende
Werk nur gefördert werden kann.

Streng genommen zerfällt das Buch in zwei Teile, einen allgemeinen
, der die Grundlagen der ägyptischen Religion, ihre Topographie
, die Methode und ihre geistige Struktur behandelt (Kap. 1
bis 2), und einen zweiten historischen, in dem die geschichtliche

I Entwicklung, ihre geschichtliche Bedingtheit dargestellt wird. (Kap.
i 3 bis 6).

K. geht aus von einer kurz gefaßten, aber äußerst vielseitigen
Betrachtung der typologischen und topographischen Gegebenheiten,
der Tier- und Pflanzengötter, der ,,Fetische", der anthro^niorphen
Gottheiten und ihrer ursprünglichen und sekundären Kultorte, lehnt

| es also schon damit ausdrücklich ab, die ägyptische Religion von
irgendeiner Theorie aus (Totemisinus, Fetischismus u.s. w.) zu verstehen
. Überhaupt stellt er nirgends die Theorie, sondern allein die
historischen Tatsachen als Ausgangspunkt der Untersuchung hin.

: Als Beispiel aus diesem Teil des Buches sei die vorsichtige Deutung
der Osiris-Gestalt als eines heroisierten und vergöttlichten Gauherrschers
genannt. Im Folgenden („Grundsätze der Formung") untersucht
K. die geistigen und politischen Kräfte, die zur Gestaltung
der historischen ägyptischen Religion und ihrer verschlungenen Sy-

' steme beitrugen. Denn es ist zugleich Zweck des Buches, „als
eine Einführung in das religiöse Denken der
Ägypter zu dienen". Zu diesen Gestaltungskräften zählt K. vor
allem auch die politischen Kräfte, die von den Gauen und Gauverbänden
zum Einbeitsreich, damit auch zu einer religiösen Auseinandersetzung
und Vereinheitlichung in den Teilen des Landes führten.
Dieser Abschnitt gibt ihm Veranlassung, sich ausführlich mit Sethes
Rekonstruktion der ägyptischen Urgeschichte auseinanderzusetzen. Auf
derselben Grundlage deckt er an einzelnen Beispielen die Entstehung

j von Göttervereinen an einzelneu Orten (Triaden, Neunheiten, Osiris-
kreis) auf. Dies leitet über zu einer Betrachtung der Bedeutung
der Zahlen in der ägyptischen Religion, der anonymen oder benannten
Zweiheiten, Dreiheiten, Vierheften, Achtheiten u. s. w. und des
eigenartigen ägyptischen Ganzheitsbegriffcs, der sich aus einer sich
ergänzenden Vielheit zusammensetzen kann. Oft sind es anonyme
Gottheiten, die hier oder da verehrt werden und ihre sekundäre
Namengebung läßt oft genug deutlich erkennen, daß politische Kräfte

, im Spiel waren (z. B. die Ausbreitung des Horusnamens auf die
verschiedensten Gottheiten). Gerade dieser Abschnitt wird dem Rc-
ligionswisscnschaftler willkommen sein. Er wird hier zahlreiche Begriffe
aus der allgemeinen und vergleichenden Religionsgeschichte
in ägyptischem Gcw.and treffen. Eine Bezeichnung wie „Seelen"
(nicht „Götter") für die an manchen Orten heimischen Numina führt
wohl in eine sehr frühe Zeit der Religion zurück, auf eine Stufe,

I bei der man von „Gott" vielleicht noch garnicht sprechen kann
(vgl. v. d. Leeuw, Phänomenologie'der Religion, S. 87: „Gott ist
ein Spätling in der Religionsgeschichte"). Auch die Untersuchung
über die Namengebung als einer oft sekundären und die Macht der
Gottheit festlegenden, einschränkenden Handlung wird der Religionswissenschaftler
mit verwandten Erscheinungen auf anderen Gebieten
verknüpfen können. Dabei ist es aber von ausschlaggebender
Wichtigkeit, daß solche Ergebnisse nicht aus der Beschäftigung mit
vergleichender Religionsgeschichte von außen an die ägyptische Religion
herangetragen werden, sondern von innen heraus, aus ihrer
eigenen Vorstellungs- und Ausdruckswelt entwickelt und gedeutet
werden.

Den folgenden Teil des Buches kann man als eine Darstellung
der geschichtlichen Entwicklung der ägyptischen Religion bezeichnen.
Allerdings verbot es die ungeheure Fülle des Stoffes von seihst,

1 alle Lokalkulte und alle theologischen Phänomene in gleicher Weise
ausführlich zu behandeln. Zweck des Buches ist vielmehr, „auf Kosten
einer verwirrenden Fülle von Einzelfällen die 'dominanten

; Züge' der ägyptischen Auffassung herauszuschälen
. Daher wurden auch die religiösen Bildungen am ausführlichsten
behandelt, die sich innerhalb der Oeschichte als die arteigensten
und kräftigsten Sohöpfungen ausweisen". Also kein Handbuch der
ägyptischen Religionsgeschichte im üblichen Sinn, kein Kompendium
aller überlieferten Erscheinungen, sondern Beschränkung auf das

i Wesentliche, auswählende und wertende Gestaltung des ungefügen