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Ausgabe:

1943 Nr. 1

Spalte:

306-307

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Kersten, Otto

Titel/Untertitel:

Praxis der Erziehungsberatung 1943

Rezensent:

Faber, Hermann

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Theologische Literaturzeitung 1943 Nr. 11/12

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profanierend, der Katholik darin die Lebensnahe seines Olauhens. PRAKTISCHE THEOLOGIE

Man möchte mit einem Schleiermacher'schen Ausdruck sagen: der---_-

,.Geschmack am Unendlichen" (Universum) zeigt hier verschiedene «ersten, Dr. Otto: Praxis der Erziehungsberatung. Ein Hand-

löuungen. Gewiß ist aber, daß bei einem alltägliiclien Wundergc- bllci, mjt Bibliographie. Stuttgart: Enke 1941. (XII 551 S) 8"

s< heben eine sogenannte Naturgesetzrichkeit ihren Sinn ciiibuHt; 1 ^ ^ •

sie ist günstigenfalls dann eine gesetzmäßige Geschehensform neben Dieses Buch will der Praxis der Erziehungsberatung da-

inderen. Und nachdenklich stimmt doch eben die Tatsache, durch dienen, daß es „das unentbehrliche Fachwissen vermit-

dafl all die kleinen Wunder, ebenso auch die Ahnungen, Wri» (ein" (Vorwort) will. Das geschieht auch in sehr sachkun-

.•agungen, Fern- und Vorgewißheiten okkulter Art das wirkliche diger, erfahrener Weise. Durch die Fülle des dargebotenen

/. B. geschichtliche Oeschehen nirgends erweislich beeinflußt haben, Stoffes, durch die Reichhaltigkeit und Gründlichkeit der Fr-

v ährend die auf der erforschten Naturkau^alität ruhende Technik die Ziehungsbeobachtungen, durch die ruhige Sachlichkeit und be-

inenschlkhen Lebensformen aufs tiefste umgestaltet hat. Fliegen ge- währte Weisheit der Erziehungsvorschläge, auch durch die

lehrt hat uns nicht die okkulte „Telekinese", sondern die wissen- genaue Kenntnis der einschlägigen Literatur wird das Buch der

• haftlichc Aerodynamik; in den Körper hineinschauen ließ uns Praxis der Erziehungsberatung ""gewiß einen hervorra"eiuien

nicht der Visionär, der angeblich Verborgenes sieht, sondern der Dienst tu„ Hiel. so|,en nur 3 Fragen hervorgehoben und

Physiker Röntgen mit seiner Entdeckung. Ich kann mir weht , beantwortet werden: 1) Wie bestimmt der Verfasser das Wesen

helfen, für mich hat es etwas Profanierendes zu denken daß in der Erziehung? 2) Welches sind die wichtigsten Erziehungs-

diesen winzigen und völlig belanglosen „nukroprophctischcn Erlebnis- grundsätzc, die hier durchgeführt werden? 3) Welche Rolle

sen, wie Winnig sie erzähl*, eine „Berührung mit der AlKvesenhc.t gpielt das religiöse Moment in dieser Erziehungsberatung

., i ■ ■da n* Her aii Leichtgläubigkeit dem massiven Massenaber- .

Glaubens der an lcici mjaui igKi ,nh„,.annte» mit dem ! »Der Kern des Erziehungsziels ist immer der gleiche: Erhüben
nichts nachgibt j*?*** £«J»f*^ "VisseV : 'ur Volksgemeinschaft, Erziehung zum deutschen Menschen,
Titel der W.'schen Schrift zu reden, kann ^J^J^^^^ll der körperlich und seelisch gesund, geistig entwickelt sittlich i>e-
schaftsdisziplin «rfo«ht V^n^eit es aber «jtoJU M, £ , fesligt> berufHeh tüchtig> rassehewuß in B?ut und B^den yer rz" t
weigere Ich mich zu glauben, daß es ich in K'opispu , itt und sich Volk und Reich verpflichtet und verbunden fühlt" (S 20)

es brenne irgendwo an « v. bekanntgebe. Aber, wie 1 "«stimmt und allgemein gehalten. Ein deutlicheres Bild v.m den tat-
ge'sagl Äntnltt 'uiÄ"^ I Siic,,Kc".e" ™™ c,argesto,Ue„ Erziehungsberatung bekomm, man,
gesagt, letzten cnue* m ui „ Hellnaeh ' er Vf- an cmer anderen stclle a,s ein« „wesentliche Haupt-
Heidelberg 1 ' | gruppe erstrebenswerter Eigenschaften" die folgenden nennt: „Geradheit
, Zucht, Kameradschaft, Einsatzbereitschaft, Haltung, Gemeinnutz,

Spengler, Oswald. Gedanken. Hrsg. v. Dr. Hildegard Komhardt. i Liel>e, Treue, Ehrgefühl

inchen: C. H. Beck 1941. (IV, 131 S.) 8°. Hhr. RM 3.80. ! Be2«W« können inhaltlich „och sehr verIi . diese

Hildegard Kornhardt hat unter Benutzung des unveröffenl- aber mfln siel,t doch, wie der Vf in ,w"ii !■ Kefa(it vverdcn

lichten Nachlasses eine „Sammlung nach bestimmten Themen ' '">,""ur"i'>l* hwiM. Äi*„ mi» j_ ™ung des Er"

geordneter Aphorismen" herausgegeben, in welcher der Mensch
im Vordergrunde steht, „sein Wesen und sein Leben, sein Ver-
hältnis zum Nachbarmenschen, zur Umwelt besonders des
Staates, zu den überweltlichen Mächten des Schicksals und der

... „„.»„ I tiegntfe können inhaltlich noch sehr verschieden gefaßt werden,
München: C. H. Beck 1941. (IV, 131 S.) 8. ^ nlve. K*| ^ (' i aber ma„ sieht doch, wie der Vf. in der Bestimmung des

ziehungsziels das bewährte Alte mit dem wertvollen Neuen ohne
dikaile Einseitigkeit verbindet.

2) Zum Verständnis der erzieherischen Grundhaltung, die
für diese Erziehungsberatung charakteristisch ist, möge auf
2 Gesichtspunkte hingewiesen werden:

a) Durch das ganze Buch hindurch zieht sich die Tendenz, den
Gottheit". Die Herausgeberin ItWfiM WON m * Sätze „unentbehrlichen Optimismus" (S. 47) des Erziehungsberaters zu
aufmerksam, daß eine solche Herauslöst!n • „m so wedcen und zu stärken. Diesem Zweck dient einmal die Warum
aus umfassenderen Zusammenhangen^ oei apenK«. fJ— „„ ---------

weniger Hedenken auslösen dürfte7 als er „alle" seine Ideen
zunächst in aphoristischer Form niederzuschreiben pflegte".
Daß sie im übrigen darauf verzichtet hat, die geschichtsphilo-
sophischeu Hauptlehren aus dem „Untergang des Abendlandes
" in diese Sammlung einzubeziehen, dürfte gleichfalls
zu billigen sein, weil deren abstrakte Wiedergabe am wenigsten
den großen Eindruck verständlich machen würde, den dieses
Buch vor 20 Jahren gemacht hat.

Im Übrigen überwiegen die ungedruckten Beiträge, die im
wesentlichen unvollendet gebliebenen „vor- und frühgeschicht-

n Arbeiten" entnommen sind, in den ersten grundsätzlichen

vor der „Uberschätzung des Anlagemäßigen" (S. 47) und der Hinweis
darauf, daß viele Kinderfehlcr „glücklicherweise Erziehungs-
d. h. Milieuschäden und nicht aralagcbedingt" (S. 47) sind.
Sodann wird wiederholt hervorgehoben, daß man sogen, schwererziehbare
Kinder nicht sofort als krank betrachten und mit den
Mitteln der Heilerziehung behandeln dürfe. Der Vf. will vielmehr
zeigen, „wie außerordentlich weit der Rahmen für die noch mit
Mitte'.n der Normalerziehung nichtig zu leitenden Kinder gesteckt sein
kann", und er will „die Oefahren aufzeigen, die sich bei einem zu
frühen Einsetzen mit medizinisch-heilpädagogischen Schlagworten ergehen
" (S. 89 f.).

negativen Abwehr. Die „aufbauende", die „entfaltende" Pädagogik
muß nach seiner Meinung der „heilenden" oder der „Gegenerzichuiur"
stets vorangehen (S. 90. 102). Deswegen hält er auch das Vorbeugen
auf alle Fälle für besser als das nachherige Korrigieren.
Erziehung wird mit Recht positiv bestimmt aJs „Förderung aller
fördertingsfähigen und förderungswürdigen Anlagen" (S. 271). Eine

neuen rtrooren ciiuimiiiii«ii»ui«# 'XJTpMp^ii "und def Ge- 1 b) Weiterhin ist für die erzieherische Grundhaltung des Vf.

Abschnitten, die dem Sclncksal, Oer W£ Lebenden beson- charakteristisch die Betonung der positiven Förderung gegenüber der

schichte gewidmet Sind. Dabei mag es °'L p „ rsiu ; neeativen Abwehr. Die ..aufhauende" i& pnH*lwin« ds,i----iL.

ders angehen, daß dem Leid eine bestimmende KOiie zmmi.
„Erst am Leiden eröffnet sich der Rang emes Menschen ( 7)
Das Leid ist der große Erzieher der Menschheit, und dem um
gangenen Leid folgt die Leere auf dem Fuße (98). „UM ue
schichte ist ein Meer von Leiden, abet• «stäwdt W -^M

hohe Leben möglich: Stolz auf die Harte ner° Frsebunfi wesentliche Frage ist nun freilich die, ob der Erzieher auch über die

den, hart im Wollen, die Klage verachtend, ok £8 ^ i ausreichcnd€I, llnd wlitatmen Kräfte verfügt, die nötig sind, um so

nicht kennend" (145). Spengler steht "inerhci n cier ; ^ ^ ^ erreichen Mm m den Ein(Jruckj daß jn der Be.

des Helden, der das große Beiahen vo IDring unu i antwortling riie?cr Frafre „och mehr in die Tiefe hätte gegangen

verachtet, aber er verkennt auch nicht das anüere ., ^ m&Men Dts mbrt nun aber weiter zum 3. ,,unkt

den Heiligen, der da* '.eben V^fo^ [D 'den Horizont 3) Es fällt auf, welche bescheidene Rolle das kirchliche und

Er FeraSen,eS°„Was ta UnS«, Händen bleibt am Ende , religiöse Moment in dieser Erziehungsberatung spielt,

des Kreislaufs unseres Strebens und Suchens, ist der•uiaupe , aj r)ic Eiziehungstäligkeit der Kirche wird entweder überhaupt

— an eine offenbarte Lösung irgendeiner Art oder an die ewig : nicht iDeachte.t ooer docli sehr einseitig erwähnt. Das Wenige,

verschlossene Pforte". Und am Ende sichtet er in der liefe | das von der «irche gesagt wird, bezieht sich z. B. auf die Er-

dieses Gegensatzes sogar eine Zuordnung. „Schöpfensch ist nur wahnung der „kirchlich eingeimpften Furcht vor Höllcnsitrnfen"

der höhere Mensch, der beten kann". (38—40). [ /§. 1 ol). An einer anderen Stelle wird auf den Unterschied von

p vp|.ctp|,t cich von selbst daß der Rezensent sich durch Kirchlichkeit und Pflichterfüllung im Alltag hingewiesen („man geht

]. Aiitwflhl nicht zu einer Stellungnahme zur ' treu und willig morgens in die Kirche, aber die Kinder bekommen

PuSJSST SMnriaT herausgefordert findet. So kann er , ,<ein Schu*rot, weil die Zeit häufig dazu nicht langt. Man erfüllt

mir wih sHien d.ß auch dies Buch „Leser findet, die ge- ! »uch die übrigen vorgeschriebenen Verpflichtungen, gebärdet sieh als

s, l PiJr ei,,,! i'ls der Rezensent" (370). äußerer und fühlt sich als innerer Christ, aber für die Erziehung

stheiter sind als der Kezensent ^/w, Knittermeyer | der Kinder bleibt.....nicht die Zeit. S. 261). Du Ist eigent-

Bremen