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Ausgabe:

1943

Spalte:

287

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Erbse, Hartmut

Titel/Untertitel:

Fragmente griechischer Theosophien 1943

Rezensent:

Leipoldt, Johannes

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Seite 1

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287

Das Buch ist sauber gedruckt; es fallen nur wenig Druckfehler
auf (z. B. S. 28 Z. 8 xov st. im; S. 85 Z. 12 buxcpOQW. st. -oi;
S. 119 A. 1 Z. 12 Praed. st. Paed.; S. 146 ist die ganze Zeile 4
falsch); einigemal ist die Stellenangabe weggefallen (S. 77 Z. 2 v.
u. Paed. 1 15,3; S. 87 Z. 19 Strom. VI 92,1; S. 91 Z. 12 v. u.
Paed. 1 6, 3; S. 98 Z. 5 Strom. V 35,4; S. 101 Z. 9 v. u. Paed.
I 71,3; S. 112 Z. 3 v. u. Strom. V 53,3). Erfreulich ist die Beigabe
von Namen-, Sach- und Stellenregister.

Nürnberg Ludwig Fruchtet

Erbse, Hartmut: Fragmente griechischer Theosophien. Herausgegeben
und quellenkritisch untersucht. Hamburg : Hansischer Gildenverlag
1941. (V, 234 S.) gr. 8° = Hamburger Arbeiten zur Altertumswissenschaft
4. RM 15—.
Das griechische Altertum hat frühzeitig angefangen, Orakel
zu sammeln: sie gelten als eine Weisheit, die Gott selbst eingegeben
hat; durch die Tatsache, daß ausgerechnet der delphische
Apollon oft schlechte Verse macht, ließen sich die Wenigsten
stören (vgl. Plutarchs Schrift: Warum die Pythia nicht mehr
in Versen antwortet). Schon die Peisistratiden legten auf
der Athener Akropolis eine Orakelsammlung an (Herodot
V 90 Ende). Auch die sibyllinischen Bücher gehören in diesen
Zusammenhang. Das ganze Schrifttum wird später, wie
teilweise schon von den Juden, so von den Christen zu einem
Weissagungsbeweise benutzt. Von den Sibyllinen ist das allgemein
bekannt.

Vorliegende Ausgabe gilt der sog. Theosophia, einer altchristlichen
Sammlung griechischer Orakel und verwandter
Texte; sie ist leider größtenteils nur in einem alten Auszuge
erhalten. Der Sammler, wohl ein Alexandriner, arbeitete um
500 nach Chr. Seine eigenen Oedanken werden dort besonders
deutlich, wo er erklärt: „man dürfe diese Zeugnisse griechischer
Weiser über Gott nicht verwerfen; denn man verwerfe Gott
mit ihnen, der die Sprecher inspirierte" (S. 2). So ist nicht
nur das einzelne Sammelgut für den forschenden Benutzer
lehrreich, sondern auch die Gesamtanschauung des Sammlers.
Seine „Theosophia" soll wohl unter den gebildeten Heiden für
das Christenttim werben.

Die Ausgabe, die Erbse vorlegt, macht einen vorzüglichen
Eindruck: er hat sich die Sache nicht bequem gemacht.
Eine 'ausführliche Einleitung unterrichtet nicht nur über die
Handschriften und die Textgeschichte, sondern ebenso über
die Quellen, die der Sammler benutzte; zu ihnen gehört z. B.
der Lateiner Lactantius. Es wird außerdem gezeigt, daß noch
andere Sammlungen der Art entstanden.

Oroßpösna bei Leipzig loh. L e i p o 1 d t

Barth, Paul: Die Stoa. 5. Aufl., völlig neu bearb. v. Albert
Ooedeckemeyer. Stuttgart: Frommann 1941. (VIII, 344 S.) 8" =
Frommanns Klassiker d. Philosophie 16. RM 7.20; I.w. RM 8.80.

Diese Neuaufgabe des in früheren Jahren bewährten Buches
unterscheidet sich von den vorangehenden dadurch, daß sie
nicht mehr wie bisher eine Gesamtdarstellung der Stoa nach
Disziplinen aufgeteilt zu geben sucht, sondern die Entwicklung
der Lehre an den Systemen ihrer großen Vertreter aufzeigen
will. So gleicht sie mit dem Hauptteil in nichts mehr dem
Werke Barths und der doppelte Verfassername ist gerechtfertigt
. Deshalb sachlich Neues zu erwarten, ist man trotz
der großen Arbeitsleistung nicht berechtigt. Einzelausstellungen
übergehe ich. Doch die Umformung des von Barth schwungvoll
und lebendig geschriebenen Werkes scheint mir ein
empfindlicher Fehlgriff.

Jeder der großen Namen, vom Gründer Zenon bis zu Marc
Aurel, ist nun Überschrift zu einem eigenen Kapitel — ohne daß
jedoch damit Persönlichkeiten umrissen werden können. Denn der
Orundzug der Darstellungsart ist reiner Positivismus. Diese Art
ließ sich mit einigem Recht noch durchführen bei Zenon, zumal
sich der Verf. allein auf die Fragmente beschränkt, die für Zenon
als gesichert gelten dürfen. Doch selbst schon in dem langen
Chrysippkapitel (S. 47—107) kommt nur schwach zum Ausdruck,
welch besondere Stellung er einnahm mit seinem Zwiespalt, einmal
in seinem Streben Zenons Lehre zu rechtfertigen und zum andern
in seinem Kampf gegen die Schulen Piatons und Aristoteles, in dem
er am Ende doch unterlegen ist. Offenbar aber muß das Ungemäße
so rein antiquarischer Darstellung natürlich in den Kapiteln
zur mittleren und gar zur römischen Stoa werden. Es ist doch bezeichnend
, daß in des Verf.s Darstellung kein Raum ist für Panaitios'
Begriff der „humanitas" — hier gerade verfehlend in einem Punkt,
der für die , .institutio christiana" von Bedeutung ist. Und der
Repräsentant einer Epoche, Poseidonios, wird in die engen Schul»
geleise systematischer Lehre gezwungen, sodaß das erregend Neue,
das hier in der Stoa zum vollen Durchbruch kam und Mutterboden

für einen großen Kreis der Folgezeit wurde, wiederum ungesagt
bleibt. Ungemäß ist es doch auch, wenn Seneca daraufhin befragt
wird, inwieweit er die stoische Lehre weiterentwickelt hat. Stoiker
sind diese Männer in der Grundhaltung ihres Geistes; doch ihre
stoische Lehre kann nicht dargestellt werden, ohne zugleich eine
Geschichte ihrer Hinneigung zur Akademie und Peripato^ damit zu

i verbanden. Hier liegt auch der Grund dafür, daß die gerade in
den 20 Jahren seit der letzten Auflage aufblühende Forschung
um die Stoa (so z. B. Reinhardts Poseidoniosbücher) einen kaum

J sichtbaren Niederschlag in des Verfassers Darstellung hinterlassen hat.
Die Leser dieser Zeitschrift werden es mit mir ebenfalls

I als besonders bedauerlich empfinden, daß der Abschnitt „Die Nach-

j Wirkung der Stoa" mit all seinen Schwächen, deren sich Barth wohl
bewußt war, wörtlich aus der letzten Auflage übernommen ist, selbst
mit der längst überholten Zitierweise — so z. B. grotesk Pliüon z. T.
noch nach Mangey, weil zu Barths Zeit die Edition von Cohn-
Wendland gerade im Erscheinen begriffen und noch nicht vollen-

i det war.

Im Felde R. B e u 11 c r

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

| Brechter, P. Dr. Suso: Die Quellen zur Angelsachsenmission
Gregors des Großen. Eine historiograph. Studie. Münster - Aschen-
dorff 1941. (XVI, 304 S., 4 Taf.) gr. 8° = Beitr. z. Gesch. d. alten
Mönchtums u. d. Benediktinerordens. H. 22. RM 1 5.75.

Wer über die Bekehrungsgeschichte der Germanen arbeitet,
empfindet überall den Mangel einer durchdringenden Quellenkritik
; er hat das Gefühl, auf weite Strecken unsicheren
Boden unter den Füßen zu haben. Wo brauchbare Ansätze ge-
j macht sind, sind sie vielfach unter zu engem Gesichtskreis
j versucht worden und konnten daher nicht zum Ziele führen.
I Das gilt besonders auch für die Angelsachsenmission Gregors
des Großen, der für die geistig-kulturelle Entwicklung des
i Abendlandes eine so große, ja grundlegende Bedeutung zu-
| kommt. Es war darum eine eben so notwendige wie dank-
j bare Aufgabe, das gesamte Quellenmaterial für diese Mission
I einer kritischen Untersuchung zu unterziehen.

Die Arbeit von Dr. B., die dieser Aufgabe gewidmet ist,
| zeichnet sich durch methodischen Scharfsinn und eine bei-
| spielhafte Gründlichkeit aus. Sie kommt zu Ergebnissen, die,
j soweit sie sich als stichhaltig erweisen, die bisherige Beurtei-
i lung wichtiger Quellen oder von Teilen derselben — darunter
j Bedas Kirchengeschichte — in wesentlichen Punkten korri-
! gieren und die Vorgänge der Bekehrungsgeschichte Englands
z. T. in neuem Lichte erscheinen lassen. B. teilt das Material
j auf in (zeitgenössische) römische und (entfernte) englische
i Quellen, wobei er aber — aus methodischen Gründen — die
Gregor-Viten in einem selbständigen mittleren Teil gesondert
behandelt.

Von den römischen Quellen kommt dem liber pontificalis
j geringer Quellenwert zu, so daß es sich hier vor allem um die
i wichtigen Briefe Gregors des Großen handelt. Sie sind uns
in drei — nach P. Ewalds Nachweis einer gemeinsamen Quelle
(dem Lateranischen Register L) entsprungenen — Sammlungen,
den Auszügen R C P erhalten. Das angelsächsische Missionswerk
betreffen 29 Briefe, von denen jedoch zwei — Ep. VI 50 a
und Ep. XI 56 a — sich nicht in jenen Briefsammlungen finden.
Auch sonst lassen sich bis ins 8. Jahrhundert keine Spuren
von ihnen nachweisen — sie tauchen zuerst in Bedas „Kir-
j chengeschichte" auf.

Ep. VI 50 a, in der Gregor die in Frankreich unschlüssig ge-
| wordenen Missionare, die er für die angelsächsische Mission abge-
! ordnet hatte, ermuntert, sich durch keine Beschwerden und Befürchtungen
abschrecken zu lassen, ist durch Oedankenführung und
Inhailt (sie ist ganz tendenzlos) als echt erwiesen. Daß sie nicht im
Lateranarchiv registriert war, wird sich nach Br.'s einleuchtender
i Vermutung wohl so erklären, daß Oregor sie Augustin, der aus
Gallien noch einmal zu ihm zurückgekehrt war, persönlich übergab.
Dieser hat sie dann mit nach England genommen. Beda lag
wahrscheinlich eine Abschrift (wenn nicht das Original selbst) vor,
! die ihm sein Gewährsmann, der Abt Albinus, zugestellt hatte.

Ep. XI 56 a ist jenes bekannte Schreiben, in dem der Papst
auf neun Anfragen des Missionars Atigustin über kirchen-
i disziplinarische Schwierigkeiten Auskunft gibt. Die Echtheit
dieser sogenannten Interrogationes Augustini hat man schon
; früher angezweifelt. Ein Hauptteil der vorliegenden Untersuchung
ist dem Nachweis gewidmet, daß es sich in der Tat um
eine Fälschung handelt, deren Urheber der Presbyter Nothelm
I war, der sich 731 in Rom aufhielt und dem ehrwürdigen Beda
I von dort neben anderen Papstbriefen, darunter 5 echten Gre-
gorbriefen, auch diesen überbrachte.