Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1943

Spalte:

207-209

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Klauser, Theodor

Titel/Untertitel:

Vom Heroon zur Märtyrerbasilika 1943

Rezensent:

Schneider, Alfons Maria

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

207

Theologische Literaturzeitung 1943 Nr. 7/8

verständliches bewiesen, während die zweifelhaften
Punkte und die offenen Fragen mehr oder weniger
unsichtbar werden. Ausführlicher ist das Problem der
privaten Buße behandelt, dasselbe, das einst zwischen
Adam und Poschmann für Augustin so lebhaft erörtert
wurde. Der Verf. entscheidet sich für ein Nebeneinander
der einmaligen, öffentlichen und einer wiederholbaren,
privaten Buße, die ebenfalls „sakramentalen" Charakter
trägt — eine Lösung, die im engen Anschluß an die
wenigen, einander scheinbar widersprechenden Äußerungen
des Ambrosius viel zu schnell gewonnen wird, um
wirklich zu überzeugen.

Die Schrift erinnert in ihrer Methode an die alten
patriotischen Untersuchungen mit kontroverstheologischer
Zielsetzung, wiewohl der Ton der Darlegungen durchaus
sachlich und ruhig ist. Die Belege aus Ambrosius
sind fleißig zusammengetragen, auch in den Anmerkun-
kungen steckt mancherlei an scholastischer Gelehrsamkeit
. Die mittelalterlichen Dogmatiker werden hier stellenweise
mehr zitiert als die Werke der modernen wissenschaftlichen
Literatur, die zum guten Teil nur im
Literaturverzeichnis erscheinen. So kann die Arbeit einen
historisch und dogmenhistorisch eingestellten Leser nicht
befriedigen; dem katholischen Dogmatiker wird sie vielleicht
willkommen sein.

Wien, z. Zt. im Heeresdienst H. v. Campenhausen

Mad o z, Jose, S. J.: Epistolario de S. Braulio de Zaragoza.
Ed. crit. segtin el cod. 22 del Aich. Capit. de Leon, con una intro-
dueeiön hist. y coment. Madrid: Imprcnta Aldecoa 1941. (VII, 244 S.)
gr. 8° = Biblioteca de Antigucs Escritorcs Cristianos Espaiioles. Vol. I.
Bei der führenden Bedeutung, die Bischof Brau-
lius von Saragossa (631—651) nach dem Tode Isidors
von Sevilla (636) in der westgotisehen Kirche innehatte,
ist es besonders dankbar zu begrüßen, daß nun sein
wesentlichster schriftlicher Nachlaß in einer allen Anforderungen
entsprechenden Ausgabe vorliegt. Es sind
43 Briefe und ein Briefbruchstück, von denen 32 Brau-
iius selbst zum Verfasser haben, während die übrigen
an ihn gerichtet sind. Unter den Empfängern befinden
sich Papst Honorius I., die Könige Chindaswinth und
Receswinth, Isidor von Sevilla nebst andern Bischöfen
und Geistlichen und eine Anzahl vornehmer Westgoten.
Braulius ist Schüler und Lehrer, Freund, Ratgeber, Vermittler
und nicht zuletzt Bibliophil. Den König berät
er u. a. in Sachen der Thronfolge; der gotische Adel
scheint Wert darauf gelegt zu haben, in Trauerfällen
von ihm ein Wort des Trostes zu hören. Unter den
vielfältigen Schreiben in kirchlichen Angelegenheiten ragt
die exegetische Abhandlung an Fruktuosus, den späteren
berühmten Bischof von Braga (seit 656), hervor.
In der vom Verf. vorausgeschickten Einleitung ist der
kurze Lebensabriß und die kritische zeitliche Einstufung
der Briefe (610—651) von Wichtigkeit. Ein Übriges
tut der sorgfältige Kommentar, so daß die sonst lobenswerte
Arbeit von Ch. H. Lynch, Saint Braulio,
Bischop of Saragossa (1938), in manchen Einzelheiten
schon wieder überholt ist. Mit dem Bande eröffnet
der theologische Ausschuß (Instituto „Francisco Suärez")
des Consejo Superior de Investigaciones Cient'ificas innerhalb
seiner umfassenden Zielsetzung die Reihe der
altspanischen christlichen Schriftsteller.

Freiburg i. Br. Johannes Vincke

CHRISTLICHE ARCHÄOLOGIE
UND KUNSTGESCHICHTE

Klauser, Prof. Dr. Theodor: Vom Heroon zur Märtyrerbasilika.

Neue archäolog. Balkanfunde u. ihre Deutung. Bonn: Gebr. Scheur
1942. (26S.m.8Textabb.) 8° o Kriegsvorträge d. Rhein. Friedrich Wil-
helms-Univ. Bonn. H.62. Aus d. Vortragsreihe: Griechenland. RM—65.
Angezeigtes Heft nimmt in anschaulicher Weise zu
einer These des dänischen Ausgräbers Dyggve Stellung
, welcher die altchristliche Basilika auf antike
Heroenkultstätten zurückführen möchte. Ausgangspunkt
ist das von D. selbst freigelegt Heroon von Kalydon in
Aetolien. Diese, dem ersten vorchristlichen Jahrhundert
angehörende Kultanlage eines heroisierten Klanhäupt-
! lings besteht aus einem Peristylhof, der auf drei Seiten
von Annexbauten umgeben ist, die nur in losem Zusammenhang
mit dem Hof stehen. Von den Anbauten sind
die der Nordseite am wichtigsten, nämlich ein Breit-
i räum mit ringsumlaufenden Bänken, der sich auf eine
durch Schranken abgeschlossene Kultnische mit Altar
und den Standbildern des Heros und seiner Familie
öffnet. Unter dem Altar findet sich eine gewölbte Grab-
j kammer, welche von außen zugänglich ist.1 Diese An-
: läge weist frappante Ähnlichkeit mit einem gleichfalls
von D. erforschten altchristlichen Begräbnis in Salona
! auf: es ist dies das Anfang des 4. Jahrh. erbaute Mausoleum
des Märtyrers Anastasius, mit Kultraum, Altar-
[ nische und Gruft. Von den anschließenden späteren
Anlagen verdient besonders ein Totenkultplatz Aufmerksamkeit
, der aus einem offenen, dreiseitig mit Portiken
I umgebenen, mosaikbelegten Platz besteht, an den sich
I nach Osten eine querschiffartige Anlage artschließt, deren
| Seitenarme tonnenüberwölbt waren. In der Mitte des
Querraumes befindet sich der Altar, davor eine Apsis
I mit Grab — also eine Anlage, die in etwa der von
Kalydon entspricht. Da wir nun aus vorkonstantinischer
I Zeit nur apsidenlose Kirchensäle kennen, so hält D.
i dafür, daß die großen konstantinischen Basiliken mit
j Querschiff und Apsis nicht aus der geläufigen Bau-
I tradition hervorgegangen seien, sondern aus" Anlagen
■ wie die der eben beschriebenen „basilica discoperta" von
! Salona. Die Basilika habe sich also aus dem offenen
I Hof mit Breitraum und abschließender Kultnische ent-
J wickelt. Klauser meint nun, diesen Entwicklungsgang
i mit Hinweis darauf ablehnen zu müssen, daß Kultnischcn
| nicht nur bei Heroenheiligtiimern, sondern auch bei
Tempeln und sonstigen Anlagen zu finden seien. Fer-
I ner stehe weder das Peristyl in klarem Zusammenhang
i mit dem Heroon, noch sei der Breitraum eigentlich ein
j Querschiff zu nennen. Entscheidend ist für ihn jedoch,
j daß die älteste Basilika, nämlich die des Lateran, keine
Martyrerkirche ist und trotzdem eine Apsis aufweist. Der
Lateranbasilika sind aber, soweit wir wissen, keine grö-
j ßeren Martyrerkirchen vorausgegangen: mit anderen
Worten, die altchristliche Gemeindebasilika ist nicht vom
Märtyrerkultraum abzuleiten. Immerhin gesteht K. zu,
daß der Meister der Lateranbasilika — einer der ganz
Großen in der Geschichte der Architektur — Anregungen
für sein Schiffsystem aus Peristylbauten übernommen
habe.1' Mir scheint jedoch, daß selbst diese Modifikation
auszuschließen ist. Denn der Basilikatypus hat keines-
| wegs von der Laterankirche her seinen Ausgang genom-
I men, weil gleichzeitig mit dieser auch die Bischofskirche
in Tyros erbaut wurde (Eusebius h. e. 10, 4, 37 f.), die
Pylon, Atrium, erhöhtes Mittelschiff sowie Apsis mit
| Priesterbänken und Altar aufwies. Hatte dieser Bautypus
j nun Vorläufer oder ist er in Ost und West spontan entstanden
? Unmöglich das zu beantworten! Da müßten
wir zuvor eben wissen, wie die in der diokletianischen
Verfolgung zerstörten Kirchen etwa in Nikomedien und
j Tyros aussahen. Eines ist indessen doch klar und hätte
auch nie bestritten werden dürfen: Vorbild der christ-
' liehen Prachtbauten konstantinischer Zeit ist die römische
' Marktbasilika. Darauf weist doch schon der Name hin!»
Konstantin selber (Eusebius, Vita Const. 3,31) bezeichnet
die zu bauende Grabeskirche ganz selbstver-

1) Eine weitere gleichartige Anlage, das sog. Prinzessinnenpalais,
ist in Pergamon aufgedeckt worden.

2) Derlei Abteilungen sind übrigens nicht neu: schon F. X. Kraus
wollte die Basilika aus oberirdischen Coemeterialanlagcn, Dehio u. a.
dagegen aus dem Peristylhaus entwickeln.

3) Die „basilica discoperta" sollte übrigens aus der Diskussion
verschwinden, denn was der Anonymus Placentinus damit meint ist
alles andere als klar; vgl. Gnomon 1940, 465.