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Ausgabe:

1942

Spalte:

109-112

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Rahner, Karl

Titel/Untertitel:

Hörer des Wortes 1942

Rezensent:

Eisenhuth, Heinz Erich

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109 Theologische Literaturzeitung 1942 Nr. 3/4 110

Diese auf Anlaß der dreihundertjährigen Wiederkehr metaphysischen Frage aus; denn die Antwort auf eine
seines Regierungsantritts (1640) gehaltene Festrede über solche Frage kann nur von dort her kommen, von wo
Ernst den Frommen zeichnet in klaren Strichen das Bild die Frage stammt (ähnlicher Ansatz auch bei Heiseiner
Persönlichkeit und seiner geschichtlichen Leistung deggcr):

auf allen Gebieten der Staatsführung, wobei freilich das 1. Der Mensch fragt nach dem Sein überhaupt,

Bild des „Pädagogen unter den Fürsten" im Vorder- 2, er m u ß nach dem Sein fragen,

gründe steht und in Verbindung damit seine kirchlichen 3. er weiß um den Unterschied zwischen Sein und

Maßnahmen besondere Beachtung finden. Wie diese Seite Seiendem.

seiner erfolgreichen Wirksamkeit, so wird auch seine i. Aus der Frage nach dem Sein ergibt sich für das Wesen

OesamtauffaSSUng vom Dienst des Fürsten abgeleitet aUS des Seins die erste notwendige Feststellung, daß ursprünglich eine

seiner lutherischen Haltung' er gilt dem Verfasser als Einheit zwischen Erkennen und Erkanntsein des Seins besteht. Diese

einer der wenigen deutschen Fürsten des 17. Jahrhun- Einheit nennt Verf die Gelichtetheit des Seins. Das Sein seiher ist

Lebensauffassung in das Buch der Uescnichte eingeiia- mruckkehrt. Erkenntnis ist Intichreflekttertheit des Seins Die Haupt-

gen sind. Dabei verschweigt der Verfasser aber auch die fTage der Religionsphilosophie bezieht sich nun darauf, in welcher

Züge im Bilde Emsts des Frommen nicht, die auf eine Weise der Mensch das ungegrenzte reine Sein Qottes innerhalb der

gewisse pietistische Haltung hinweisen. Diese bedeutet irdischen Transzendenz vernehmen kann. Der Mensch ist grundsätz-

dann aber keineswegs nur eine Modifizierung des Lu- Uch für das Sein geöffnet und muß geradezu auf eine Offenbarung

thertums orthodoxer Art sondern der lutherisch-reforma- 0°ttcs «arten, weil er in seinem Sein auf das absolute Sein hin

torisrhen ririindlnltiina 'selber transzendent ist. Diese Transzendenz ist die apriorische Voraussetzung

ToriSClien Urundlialtung seiner. , | für das Vernehmen der Offenbarung. Indem aber der Mensch nach

Königsberg, l>r. Leopold £tcnam*CK dem fragen muß, erweist sich dieses in seiner Analogiebedeutung
, d. h. die „innere Dynamik" des Seins drängt „auf die

««».mnr„iz,£.z.mrFr ™'C SeinS" <62' lyl>- Es S'bt für Menschen innerhalb der

PHILOSOPHIE UND RELIGIONSPHILOSOPHIE Endlichkeit kein fragloses Sein. Wenn der Mensch in dieser seiner

----1----' 1 Orundhestimmung als Oeist bezeichnet wird, und zwar im Verhältnis

Rahner, Karl: Hörer des Wortes. Zur Grundlegung einer Re- zu dem absoluten Qeist Gottes, dann soll dies bedeuten, daß der

ligionsphilosophie. München : Kösel-I^.stet 1941.(229 S.) 8°. RM 4.80 Mensch nicht nur in einer Umwelt lebt, sondern auch in dieser urteilt

Im »„„c(p„ Ancrhluß in die thomistische Ontologie und sich selbständig dem Gegenstände gegenüberstellt. Mit dieser

Im engsten ^»j^^Tr fundamen- ^Bestimmtheit ist die Möglichkeit für das Verstehen des göttlichen

und in kritischer Auseinandersetzung mit der runaamen GcistL.s gegeben

talontologischen Oeschichts- Ulld Existenzauffassung Hei- 2 Der zwdte Aspekt der metaphysischen Fragestellung hat die

<leggers wird hier mit eine RellglOnsphllOSOpnie VOrge- Bedeutung, die Fraglichkeit des Seins für den Menschen aufzuzeigen

legt, die in besonderem Maße für die heutige aggressive i Dadurch wird jeglicher direkte Zugriff dem absoluten Sein gegen-

Haltung des Katholizismus auf geistigem Gebiet kenn- über abgewehrt. Verf. lehnt deshalb mit der gleichen Schärfe, mit

zeichnend ist. Sie endet mit dem Nachweis von der Not- der er auf Grund der ursprünglichen Gelichtetheit des Seins einen

wendigkeit der katholischen Kirche für die menschliche ; grundsätzlichen Irrationalismus bettritten hatte (53, 119), auch einen

Existenz- die Kirche ist der alleinige Ort für die gött- direkten, ungeschichtlichen Rationalismus ab. Er wendet sich daher

liehe Offenh-irunp- ' gegC" Mvstll< u"d gegen einen von ihm allerdings sehr einseitig

V. . , , . . • i i verstandenen und als panentheistisch gedeuteten Idealismus <su ds

Es wird zunächst nach der Verhaltnisbesttmmung - ()0 u. g7 . 1 Mp„„.h ,' c' f ,ueailsnu,s »■>.

.. . ... . . . —.. ■__j e i i 'u' »*i y* u. 0.1« IXt Mensen besitzt nicht eine materiale. sondern

zwischen Rel.gionsphilosophie und Theologie gefragt, j nur cine formalc EteilcW in dM Scjn (]f)5) ^

Diese Frage soll von einer metaphysischen Untersuchung [ schcn oft so dunkle Setzung seines Seins ist für Gott als eigene

her beantwortet werden, weil alle Einzelwissenschaften
seinsmäßig auf metaphysischem Grunde ruhen und von
hier aus erst in ihrem wechselseitigen Verhältnis bestimmt
werden können. Die Religionsphilosophie, die in diesem
Sinne vom Grunde her aufgebaut werden soll (S. 155),

freie Tat Gelichtetheit. Diese Tat ist als Liebe zu bezeichnen, weil
Liebe „der gelichtete Wille zur Person in ihrer unableitbaren Einmaligkeit
" ist (125). Daher gibt es auch eine Erkenntnis Gottes
nur in der Liebe.

3. Die Hauptschwierigkeit für die Religionsphilosophie besteht

erweist sich als identisch mit einer fundamentalontologi- aber .dann- na,clm'we,sA'; a" wdchem„ °rl die Offenbarung Gottes

erweist SlCll als Krausen imjui« anderes ZU erkenn€n lst- Die Offenbarung muß innerhall, der geschichtlichen

sehen Anthropologie (215) und ist Selber nichts anderes Transzendenz liegen, damit sie überhaupt verstanden werden kann

als die Selbstbegrundung der Metaphysik (10, IM). Uas Oer dritte Aspekt der Seinsfrage mit der Unterscheidung von Sein

menschliche Sein, das durch die metaphysische Frage- ! und Seiendem erweist den Ort der Offenbarung in der Geschichte;

Stellung einen Vorrang vor anderem Seienden besitzt,
ist mit dieser Frage gegen das absolute Sein geöffnet
und erweist sich im Verhältnis zu diesem selber als endlich
. In dieser endlichen Geistigkeit ist es notwendig
auf die Geschichte und auf die sinnlichen, raumzeitlich

denn alle menschliche Erkenntnis ist hinnehmender Art. Mit diesem
Begriff kommt Verf. auf die thomistische Auffassung der maleria zu
sprechen, die er eingehend begründet. Sie ist der Grund für die
vielfache Vereinzelung des Seins, prineipium individuationis. Diese
matcria ist auch zugleich der Grund für Räumlichkeit und Zeitlich-
I keit; für die Räumlichkeit, weil sich in der matcria die Möglichkeit
bestimmten Erscheinungen angewiesen, weil es im vor- rfer Wiederholung und damit der quantitativen Zählbarkeit ergibt

griff zwar den Horizont des Seins erreicht, aber dieses j für dic zeitlichkeH, weil sich das materiell Seiende auf die Ganzheit

"Ur dort begreift, WO dieses Sich von sich aus zeigt. Mit seiner Verwirklichungen zubewegt. Dabei versteht Verf. die Zeit
der notwendigen metaphysischen Frage hat der Mensch j nicht als Dauer, sondern dynamisch als die innere Erstreckung (ihn-

nicht nur für sein Denken, sondern auch für sein Han- lieber Begriff auch bei Heidegger) des Dinges selbst in die verwirk-

deln die Notwendigkeit einer Antwort vorausgesetzt, weil hchte Ganzheit seiner Möglichkeiten (164). Verf. hat mit dieser

der Mensch in alt seinem Tun mit dem Sein rechnen Bestimmung des Sems ,n der materia die geschichtliche und primär

mi.R /c Tc c - l i J~Ai* ,„f *inp Offenbarung slnnIldre Verwiesenhe.t menschlichen Seins nachweisen wallen,
muß (S. 45). Er ist also notwendig auf eine UttenDarung Abschließend entsteht die Frage, ob eine sinnliche Erscheint..."

angewiesen. Deshalb ist die Religionsphilosophie semer übcrhaupt ta der Lage ist, Außerweltlichcs zu offenbaren. Nur dann

als eine Ontologie der potentia oboedientiallS ZU be- könnte es eine Offenbarung des Göttlichen innerhalb der Sinnlichkeit

stimmen. geben. Eine solche Offenbarung wird nun als denkmöglich mit

Eine metaphysische Begründung der Theologie Hilfe des Begriffs der Negation nachgewiesen (via negationis; Schleierkann
allerdings nur insofern in Betracht kommen, als es macher hat mit Recht dieser Methode einen religiösen Erkenntniswert
Sich in ihr um die Hörerbereitschaft des Menschen han- bestritten). Das menschliche negative Wort, das von der sinnlichen
delt; denn sie selbst gründet nicht in einer Metaphysik, ; Erscheinung ausgeht, kann zu Gottes Offenbarungswort werden, weil
die atrf €iM <M^JwttW*rUn muß, sondern in der es ™** f"r e'"e" n«e„ Begr.« ist, der ein Außerweltlichcs
~ , aul cme iuiudrung »<ii iui ' , ' . „ , , meint und als solches van Gott spricht (10.41 n9i w/,,,., i.i ,i0i,.,r
Tatsache, daß Gott sich geoffenbart hat Im Grunde ha- d£r Qrt dtr Offenbarung, weil der Mensel! m7t d m „cS ve Beg
ben alle philosophischen und rellgionsphllosophischen Be- das Außerweltliche von der Erscheinung aus erfaßt TtehS
mühungen nur das eine Ziel, auf die Theologie hinzu- wjrd aber von der Theologie aus der Ort der Offenbarung konkret
Weisen und damit eine praeparatio evangelii ZU leisten. : in der katholischen Kirche festgelegt, weil hier exklusiv die Ein-

Methodisch geht Verf. von den drei Aspekten der maligkeit einer bestimmten Geschichte gelehrt wird.