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Ausgabe:

1942

Spalte:

100

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Steidle, Basilius

Titel/Untertitel:

Die Kirchenväter 1942

Rezensent:

Matzkow, Walter

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99

Theologische Literaturzeitung 1942 Nr. 3/4

10O

kolls aber lateinisch. Die Entwertung des Geldes und die
Steigerung der Preise erreichten etwa um die Wende des
4. zum 5. Jh. n. Chr. ihren Höhepunkt: wenn laut Nr. 5
unsrer Papyri im Jahre 417 Aurelia Eirene für zwei
Zimmer 11 000 Silbertalente, d.h. 66 Millionen Denare
jährlich Miete zahlt, so fühlen wir uns an die Zeit der
Inflation lebhaft erinnert.

Als die Araber über Ägypten herrschten, wurde in
der Gauhauptstadt Arsinoe die Urkunde Nr. 8 geschrieben
, in griechischer Sprache, die der arabische Sieger
nicht nur duldete, sondern z. T. selbst benutzte. Die Eingangsformel
durfte nun nicht mehr den Namen des
byzantinischen Kaisers und sein Regierungsjahr bringen
; aber da man auch nicht mit der Formel des Islam
und der Anerkennung des Profeten Muhammed beginnen
wollte, half man sich durch einen rein christlichen
unpolitischen Anfang: ev 6vö|xoti tov xvQiov xori bean6-
toi! 'iiiaoO Xoiarofi toO 0eoö xal Scott) po? f|(icöv xal
ffjs Seajtoivijc t\z tlyiuq öbotoxou zai Jtavroyv to>v ayUov.
Darauf folgt das Datum nach der diokletianischen Ära
der Märtyrer: exovq AioxtaiTiavoö toÖ = 663 n. Chr.
Sarapion, ein Arbeiter auf dem Gute des Bischofs Ab-
ba Petros, hat seinen Herrn bestohlen und Verzeihung
erlangt, verpflichtet sich aber in dieser Sicherheitsurkun-
de, im Falle der Wiederholung Buße zu zahlen und sich
der Polizei zur Prügelstrafe zu stellen. Man versteht
diese seltsame Erklärung am ehesten, wenn man annimmt
, daß der bestohlene Bischof jede Arbeitskraft
braucht und deshalb sich mit diesem Druckmittel begnügt
.

Die Privatbriefe, die Z. mitteilt, erheben sich nicht
über den Durchschnitt und nur einiges verdient erwähnt
zu werden. Nr. 10 beantwortet einen Brief, der unterwegs
ins Wasser gefallen zu sein scheint: „ich fand keinen
Buchstaben darin, sondern den Brief durchnäßt."
Mehrmals begegnen im Einleitungswunsch der Briefe
Formeln wie: jiqö u,ev rcdvrwv ni/omu n« xuq(üj v\i&v &eö>,
so in Nr. 12 aus dem 3. bis 4. Jh. Ob man daraus unbedingt
auf einen Christen als Briefschreiber schließen
darf, ist die Frage, denn in einer Gruppe von Familienbriefen
, die in den Michigan-Papyri 3,214 ff. vereinigt
sind, wechseln damit die Worte reapä toi? Oiou «aca,
die man auf keine Weise christlich deuten kann. Eine
Seltenheit findet sich in Nr. 13, einem Briefe aus dem
6. Jh., nämlich der Name OtUiaoix, der gotisch anmutet und
an Ulrich erinnert. Darin liegt nichts Befremdliches, sobald
man liest, was H. Kortenbeutel in den Mitteilungen
des Deutschen Instituts in Kairo 8 (1938) 177 ff. unter
dem Titel „Germanen in Ägypten" gesammelt hat.

Ganz und gar christlich und byzantinisch zugleich
klingt der lange Brief Nr. 14, der auf einem großen
äußerst dünnen Papyrusblatte in stattlicher Buchscluift
geschrieben aber sehr verblaßt ist; ihn zu entziffern und
zu deuten, stellt sich als eine sehr anerkennenswerte
Leistung des Herausgebers dar. Bei der Prüfung des
Originals bin ich nur an wenigen Stellen etwas weiter
gekommen als Z. Der Brief beginnt, wie es im 6. Jh.
üblich war, ohne Einleitungsgruß und ohne Namen; man
sieht nur, daß der Schreiber wahrscheinlich Geistlicher,
vielleicht Mönch ist und sich an zwei Personen wendet,
deren eine er ttjv xoü brxmoxov jiou &yiooi5vt)v, die andre
oe tov dwKpiAearcaTov xai yvi'imov iov doeXcpcrv $oifk£|i|tova
nennt; uyioaiVi) weist auf einen Bischof. Wenn er im
Anfang bestätigt empfangen zu haben tö Wmov YotWa
tt)5 ufiETtortg koxqw^q xai öora<; ftemcoruxc, xai xf|; evti'jju?
xai yvf|o&*s aoF?.(puciic ftsoifdiuc, so unterscheidet er auch
hier den hochgestellten Geistlichen von dem gleich geordneten
christlichen Bruder. Er erbittet Vermittlung
und Fürsprache bei einem xoivö$ 8eoji6tt)5, dem er viele
Jahre gedient habe; jetzt möchte er im Guten und in
Gnaden entlassen werden: <xü ouvauai m'i ^sXf>elv nM.<
iexu iyaxtq föXw, und weiterhin iexa xuXov &xoXvei
ne. Was in diesem Falle mit AitoMuv gemeint
ist, sieht man nicht klar: Erlaß einer Schuld, Entlassung
aus dem Dienste? Das ganze Schreiben wimmelt

von Ausdrücken christlicher Demut und byzantiniscnen
Wortschwalls, wodurch der Sinn nur dunkler wird. Wer
aber ein Gefühl für die Sprache hat, wird die Kunst,
den Reichtum und die Fülle der Worte, ihre Wahl, ihr
I Gleichgewicht nicht verkennen. Um dies deutlich zu
machen, müßte ich den ganzen Brief abdrucken und im
einzelnen erläutern; aber damit würde ich nach Raum
} und Inhalt die Grenze einer Anzeige überschreiten. |e-
| denfalls verdient schon um dieses Textes willen Z. un-
sern Dank für die mühsame Arbeit, die er geleistet hat

Berlin Wilhelm S c h u l> a r t

Steidle, Basilius, O. S. B.: Die Kirchenväter. Eine Einführung in
ihr Leben und Werk. Regensburg: Fr. Pustet [193QJ. (230 S.,
1 Kte.) 8". RM 3.50; geb. RM 4.50.

Basilius Steidle O. S. B., in Fachkreisen durch seine
lateinisch geschriebene „Patrologia" bestens bekannt, legt

| eine für weitere Kreise bestimmte Einführung in Leben

j und Werk der Kirchenväter vor, die ebenso leicht lesbar
wie wissenschaftlich sauber geschrieben ist. Obwohl der
Verfasser seinen katholischen Standpunkt nirgends verleugnet
, kann das Büchlein doch auch nichtkatholischen
Laien empfohlen werden, die sich einen Überblick über
die frühchristliche Literatur verschaffen wollen. Das Ziel
des Verfassers, nicht nur das Biographische zu <rcben,
sondern auch die geistige Wesensart der Kirchenväter

i und die Grundrichtung ihrer Werke in Kürze, trotzdem
aber klar und verständlich herauszuarbeiten, ist im allgemeinen
gut gelungen. Besonders zu begrüßen ist das angefügte
Verzeichnis der ins Deutsche übertragenen Werke
von Kirchenvätern, das manchen Leser zur Lektüre

[ dieser Schriften anregen wird.

Die durch Akzente angedeutete Betonung der Namen weicht in
! einigen Fällen von der üblichen ab: Alexandrien, Antiochien, Nazianz,
' Cyprian, (aber Tertulliän). Adeodätus siebt S. 174 gegen da* richtige
Adeödatus S. 177. Ein Druckfehler versetzt S. 114 Kaiser Decius
! in die Zeit um 35t).

Berlin Walter M a t Z k O *

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Megenberg, Konrad von: Werke. Stück 1: Planctus ecclesiae
in Germaniam. Bearb. v. Richard Scholz. Leipzig: Hierseinann
1041. (VI, 104 S.) 4° Monumenta Oermaniae historica. C 2,
Bd. 2, 1. * RM 7.50.

Konrad von Megenberg, ein Franke aus Mainberg
bei Schweinfurt, der von 1309 74 lebte und seit 1348
Domherr in Regensburg war, heißt bei Ottokar Loren/,
Deutschlands Geschichtsquellen seit der Mitte des 13. Jhs.
I3 (1886), 185 der „fruchtbarste Schriftsteller des 14. Jahrhunderts
", obgleich Lorenz nur wenig von ihm kannte,
da gerade die wichtigsten Werke als ganz oder zum
größten Teil verloren galten (vgl. ebd. 2, 358 f.). In
der Tat wissen wir von etwa 30 Schriften, die Konrad
verfaßt hat, theologische, kirchenrechtliche, historische
und naturwissenschaftliche. Und ganz so schlimm wie
vor einem halben Jahrhundert steht es heute nicht mehr
mit unserer Kenntnis. Zwar seine viel berufene Chronik
hat es nie gegeben, und manches bleibt verloren, darunter
die Schrift Oeconomica, die er seinem Freunde Lupoki
von Bebenburg gewidmet hat. Aber zu den wieder-
aufgefundenen Werken gehören die drei wertvollen Traktate
, die R. Scholz bereits in seinem 2-bändigen Buch
„Unbekannte kirchenpolitische Streitschriften aus der Zeit
Ludwigs des Bayern" (1911—14) veröffentlichte: der
Planctus ecclesiae in Germaniam von 1337/38 und die
beiden Abhandlungen von 1354 De translatlone Romani
imperii (eine Auseinandersetzung mit Lupoid) und Contra
Occani oder De toranatione Caro/i IV. Auch konnte
erst kürzlich Helmut Ibach, Leben und Schriften des
K. v. M. (1938) eine gut fundierte Biographie vorlegen.

Jetzt eröffnen die Monumenta Germaniae historica
eine neue Reihe „Staatsschriften des späteren Mittelalters
" mit der frühesten dieser publizistischen Schrif-