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Ausgabe:

1942 Nr. 3

Spalte:

90-91

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Ġazzālī, Abū-Ḥāmid Muḥammad Ibn-Muḥammad al-

Titel/Untertitel:

Al-Ġazzālī's Buch vom Gottvertrauen 1942

Rezensent:

Paret, Rudi

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Theologische Literaturzeitung 1942 Nr. 3 4 90

aer-,de nach dieser Seite sehr weitgehend als authentisch in der Orphik und dem Pythagoreismus sich ausgewirkt

fn Ansnmch nimmt (7 B im Jens! itsglauben). hat. Die Orphik stellt N. in besonnener Weise aus-

, P " " SliU wird natürlich das8 Probien! der Beeh, schließlich aufgrund der älteren Zeugnisse dar und ver-

huMung der einwandernde» Griechen durch die Religion der Prä- steht sie auch im Punkte dei•Seelenwanderung (S. 6o7f.)

heiienen akut Für NlUaona Einstellung ™ dieser Frage ist es nun ohne Annahme fremder Einflüsse. Em wichtiges Motiv,

wie schon in seinem früheren Buche (vgl. u. a. B. Schweitzer, Onomon das sjcn durch diesen Abschnitt 7ieht, ist das Verhältnis

iv i«28, 173 ff.) charakteristisch, daß er die Religion der vorgrie- des sich demokratisierenden Staates zum Kulte; das De-

chischen Fertlandsbewohner mit der dank den Denkmälern unmittel- sjderat einer Darstellung der politischen Ausnützung

barer /ugänglichen Religion der miuoischeu Kreter einigermaßen ^ M then /g 6?3) g, emer Arbdt meines Schülers

identifiziert (S. 241); die Auseinandersetzung der Griechen«*! dies dje Tübinger Beitrage"

Religion verlegt er in die myken.sche Ze.t (S. 230), »obe er an . • f

Beeinflussung durch die Kreter über See wie auch durch die fest- vorgesehen ist. a... .

uSr^rbevolkemng selber denkt. Diese ganze Anschauung ba- Trat schon 1.1 diesem Abschnitt die Religion der

siert auf der Ansehung der Einwanderung der Griechen gegen Ende Olympier merklich ZUrilck, SO verliert SIC im 5. lind

der mittelhelladischen Periode, also in der Zeit, in der der minoische letzten der hochklassischeil Zeit geltenden Abschnitt für

Kuitureinfluii tatsächlich auf dem Festland beginnt, herbeigeführt, j. noch mehr an Bedeutung. Da es ihm ausgesproche-

wie N. glaubt, durch kriegerisches Übergreifen der Griechen auf die nermaßen auf die Dlirchschnittsreligioil ankommt, SO

Insel (S. 308). Sicherlich wird man für die Religion der Mino« wjdmet er den großen Geistern der Literatur mehr als

und die der festländischen Vorgriechen wegen .hrer völkischen Nahe Repräsentanten der allgemeinen religiösen Lage eine

eine gewisse Weseusverwandtschaft voraussetzen dar ^ ^ verhältnismäßig kurze Behandlung; ihre direkte Wir-

wird steh schwerlich] schlecht.,,,, <£^^ t^J£ kuitg auf Mit- und Nachwelt schätzt er gering ein

Namen hüben und drüben verehrt denken können, unu «iiu im 6 ,, ,__. . ,, .__. , », ° Ii. _n _

meinem, Züge,, braucht durchaus nicht immer Obereinatünmung ge- (S. 703 f ). Als typischer Vertreter der Normalhaltung

herrscht zu habe,,: so seheint mir das Fehlen des Phallizismu« in der der Altglaubigkeit erscheint Xenophon, und dementspre-

minoischeu Religion keinen-Anlaß zu geben, auch bei den Festlands- cheild treten SeherkllllSt, üpferzeicheil Und Omina III

vorgrieche,, i'haiiosknit zu leugnen (S. 150. 428. 467. 560f. 568). ihrer Bedeutung für das praktische Leben stark hervor;

Setzt man nun mit den meisten Gelehrten die griechische Einwände- dazu kommen als bezeichnende Erscheinungen da:'. Wu-

rung früher als N., nämlich zu Beginn der m.ttelhelluh.chen Zeit an, chern yon r)cisidaimonie Und Magie und auch der Tru-

so ist mit einem Einfluß des auf den, Festland bel der Panegyreis. Mit Recht hebt N. hervor, daß sich

griechentuma zu rechnen, noch ehe der kultureinfluß Kretas »irksam Pelicnosität der großen Masse Lokalffötter und

wurde" dann aber fragt es sich, wie tief dieser in der Religion 1" der KeilglOSltat Utr grOUeil Masst LOka gOUU UDO

überhaupt „och gehen konnte. Daß sich unter den von Kreta e„t- ; Heroen starker vorgedrängt haben müssen, als w ohne

lehnten Daratellungiformen bei den Mykenäern andersartige Glau- weiteres nachzuweisen vermögen (S. 361t. d07 t. 694 f.

benamhalte bergen" können, hat auch N. nicht verkannt (S. 313. 753. 761), aber repräsentativ sind doch nach wie vor die

33if. 358), und tatsächlich ist es denn nicht allzuviel, was er an Olympier geblieben, und ein Asklepios, der sich damals

spezifisch minoischem Gut in der griechische,, Religion aufzeigt: vor | aus klejnen Anfängen ZU panhellenischer Geltung ent-

allen, sieht er in Artemis die kretische Herrin der Iiere, weil ihre ' wjckertej hat sich im Selben Maße ihren Kreisen nähern

ältesten Darstellungen an minoische anknüpfen [S .285 tt. 407)i, und müssen Dje Olympier bilden noch immer die Norm,

in Athen, die kretische Haus- und Palartgö«JjJfJ^J&JJ; „ach der das Göttliche gemessen wird, und die religio-

Wirkung der mvken,sehen Verhiltmuc In knegcrisuitr unnonnung bl , .... '__, <=> ,

(S 322 ff) Die Dominanz des Eindrucks der minoische, Denk- sen Vorstellungen der Allgemeinheit werden umso nach-

mäler 'hat auch viel dazu heigetragen, daß N. die vorgriechische drücklicher von ihnen bestimmt, als sie dem Griechen

MUtter-Erde-Rellglon, die dort weniger eindeutig In Erscheinung tritt, j in den Schöpfungen höherer und niederer Kunst (vgl.

so gut wie ganz aus dem Wege zu räume,, sucht (S. 276 f. 427 ff.), s. 766 f.) allenthalben vor Augen stehen, ein Umstand,

wie er auch die helladischcu Frauenidole nicht auf eine Göttin he- der nicht gentig betont werdeil kann lind auch für die
zogen wissen will (S. 263 ff. 316 f.); er leugnet auch ursprüngliche präValei1Z des AnthropomorphisillUS hl dieser Zeit ausMütterlichkeit
der Artemis und der Athena, hält aber andererseits schlagaebend ist.

ihre Jungfräulichkeit, die einen so stark indogermanischen Eindruck ^ ^ ^ ^ befriedigende Geschichte der

macht, „ieht für e,n pnmares Motiv (S 410t«Mj. griechischen Religion für den behandelten Zeitraum noch

Die Einengung, che das Vo.g..ech.se e durch die ^ bieten ^ ^ g ^ ^ ^

Identifikation mit dem Minoische erfahrt, muß Sich ^ ^ am ^ Werk ^ dag ^ nach dem

zugunsten des Griechischen auswi«en. was s. jij ms griechischen Religionsgeschichte zu messen,

316 der urgriechischen Religion *»gW*™JW "J das sich jeder einzelne nach seiner Art praeformiert hat

zwar zunächst nur sehr wenig; aber im J. ADscnniu aer Wjr dürfcn diegen „ewichtjgen Band vielmehr mit freu-

die systematische Behandlung der einzelnen UOB« di Danke begrüßen, weil er uns das geschenkt hat,

bringt, empfangen wir einen imponierenden L na UCK von ^ wjr neben koilstniktivercn und selektiverei. Dar-

Umfang und Stärke des echtgriechischeu tlciu smuti Stellungen von der Art der Bücher von Wilamowitz und

hellenischen Religion. Von den alten, a. n. urS"r^"' Kern brauchen: ein möglichst vorurteilsfrei unmittelbar

sehen (oder im Falle der Artemis unu ae *™L"'' aU8 der Überlieferung geschöpftes Gesamtbild dessen,

nach N. vorgriechischen) Gottern werdeni hier »nge« wag wir wigsen kömieil) und damit die denkbar soHde

Götter geschieden, d. h. solche, die die Unenen naen Grundl jeder weiteren Forschung,
'hrer Einwanderung aus der ägäischen Umwelt entlehnt
haben: zu diesen rechnet Apollon, den N. von den Hetzern
, und Dionysos, den er teils aus Thrakien teils aus
dem lydisch-phrygischen Kleinasien herleitet, aber gerade

hei diesen beiden betont er mit Nachdruck die innere Bach des Ihyä"ulQm ad-Dln. übersetzt u. mit Einleitung u. An-

Hellenisieninrr die sie durch die Griechen erfahren merkungen versehen. Halle (Saale): Max Niemeyer 1«40. (XXVII,

h ib 117 S.) gr. 8° = Islamische Ethik. Nach d. Originalquellen übers.

Unter den Strömungen der archaischen Zeit, der der " Henu*. t. Maus Hauer t H. IV. im 6.50.
4-Abschnitt gewidmet ist, tritt die ekstatische der Diony- Das vierbändige, Werk >Mm ad-tin (Neube-
sosreligiou besonders markant hervor: mit Recht verum- lebung der I heologie) von Gazzal. 1058-1111) ,st ,n
tet N in ihr ein Aufbrechen verschütteter vorgr.echi- doppelter Weise bedeutsam geworden. Es hat der My-
seher Tendenzen (S iOlf 549 567 f. 581), einer emo- stik endgültig ihren Platz innerhalb der islamischen Ortionellen
Ver inh.run'p- wie sie sich später auch im Ado- , thodoxie angewiesen und damit eine jahrhundertelange
niskult der Frauen m bescheidenerem Ausmaße geltend Entwicklung zum Abschluß gebracht. Außerdem wirkte
gemacht haben könnte (S 690). Als Gegengewicht ge- es auf die Zeitgenossen und auf alle folgenden Üenera-
gen diese ekstatische Strömung erscheint die legalisti- tionen in paranet.schem Sinn als ein Erbauungsbuch,
sehe die vor allem durch Hesiod und die delphische das die sittlich-religiösen Forderungen des Islam klar
Apoilonrclmion'und weiterhin, mit mystischen Tendenzen und eindeutig formuliert und so jedem, der Anspruch
verquickt und sektenhaft eigene Ordnungen begründend, darauf erhebt, ein trommer Muslim zu sein, die notigen

Bonn Hans H e r t e r

Wehr, Hans: Al-Gazzali's Buch vom Oottverlrauen. Das 35.