Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1942

Spalte:

49-50

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Maurer, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Gemeindezucht, Gemeindeamt, Konfirmation 1942

Rezensent:

Schian, Martin

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

49

Theologische Literaturzeitung 1942 Nr. 1/2

BO

neuen Kreatur, um das Erlöstwerden von der Übermacht
der Sünde, um den gereinigten Wandel zur Verherrlichung
Gottes. Spörri gibt zu, daß die methodistische
Heiligungslehre auch ihre Gefahren und Schwächen hat.
Schon Wesley hat sich darum im Alter veranlaßt gesehen
, gewisse perfektionistische Übertreibungen abzustoßen
. Mit Recht wird ferner daran erinnert, daß die
heutigen Erfahrungen der Tiefenpsychologie und menschlichen
Schicksalsverkettung uns den Blick geschärft haben
für die Abgründigkeit von Anfechtung und Schuldzusammenhang
in der menschlichen Existenz. Es ist darum
zu warnen vor allen allzu lauten Worten, vor naiven
Verwechslungen von seelischer Begeisterung und gottgewirkter
Lebenserneuerung. Man darf darauf gespannt
sein, wie sich diese positiv-kritische Entfaltung des me-
thodistischen Ansatzpunktes in der in Aussicht gestellten
Dogmatik II auswirken wird und man möchte dem Verfasser
, der auf dem ersten Blatt seines Buches von geschwächter
gesundheitlicher Kraft spricht, von Herzen
wünschen, daß ihm die Erreichung des gesteckten Ziels
in nicht allzu ferner Zeit gelingen möge.
Tübingen Adolf K ö b e 11 (

Alt haus, Paul: Evangelium und Konfession. Zur Auseinandersetzung
mit Helmuth Kittel. Leipzig: A. Deicliert 1940. (20 S.)
gr. 8° = Theologia militans 25. RM —60.

Die Schrift von Helmut Kittel, dem Neutestamentier
in Münster, „Religion als Geschichtsmacht" (Leipzig,
Teubner, 1938, inzwischen in 3. Auflage erschienen), mit
der sich Althaus auseinandersetzt, ist ThLZ 1940, 102
durch Merkel besprochen worden, mit Heraushebung der
Hauptpunkte, wesentlich berichtend, ohne Polemik. Althaus
übt Kritik an Kittel vom lutherischen Standpunkt
her (und geht so nicht darauf ein, daß Kittel, dessen
Schrift rechter und falscher Bedeutung oder segensreicher
und unheilvoller Bedeutung — des Christentums
in der deutschen Geschichte gilt, die Reformierten überhaupt
unerwähnt läßt; das überrascht bei Kittels hoher
Schätzung des Preußentums und dem reformierten Bekenntnis
der Hohenzollcrn). Was Althaus bekämpft, ist
namentlich Kittels Begriff der Konfession, nach dem römische
wie evangelische Kirche Konkurrenten des Staates
seien, nicht bloß das Evangelium, sondern auch eine
sittlich-kulturelle Gesetzgebung vertretend. In solchem
Konfessionalismus liegt nach Kittel Abfall vom Evangelium
; erst das dritte Reich mache diesem Abfall ein
Ende. Hier wendet Althaus ein, da seien lutherisches
und römisches Wesen allzusehr in Parallele gestellt. Und
wenn in der Republik die Kirche in der Tat zu aktiv zu
werden schien, so fragt Althaus, ob der Kittel nahe stellende
Hirsch, als er 1929 in seiner Schrift „Staat und
Kirche" den Verzicht des Staates auf sein Schulmonopol
forderte, damit etwa Konfessionalist geworden sei. Ebenso
verteidigt Althaus die ökumenische Bewegung, deren
deutsche Mitarbeiter oft ihr Deutschtum erwiesen hätten,
gegen Kittels schlechthiniges Verwerfungsurteil. Und bei
Kittels (von Stapel u. A. beeinflußter) Lehre, daß jedes
Volk sein eignes Sittengesetz als Gottes Gesetz habe,
werde die christliche Kirche allzusehr von sittlicher Erziehungsarbeit
abgesperrt. Wo Gegensätze zwischen Alt-
naus und Kittel bestehen, stimme ich wesentlich mit Alt-
naus überein, hätte aber bei aller Schätzung für
Kjttels sehr anregende Art — weitere Kritik an Kittels
Gatzen hinzuzufügen, z. B. an seinen zeitgemäß ungerechten
Urteilen über die Aufklärung.

Niederbobritzsch H. M u 1 e r t

PR IKTISCHE THEOLO(iIE

Maurer, Wilhelm: Gemeindezucht, Gemeindeamt,Konfirmation.

t'ne hessische Säkularcriiinerung. Kassel: Johannes Stauda-Verlag
WO. (120 S.) 8° — Schriftenreihe d. Pfarrvereins Kurhessen-
Wakleck. H. 2. RM 4.80.
in i FraSen des Aufbaus der Kirchengemeinde haben
der hessischen Kirchengeschichte, zumal in der Reformationszeit
, im Vordergrund gestanden. Das Jahr 1939
brachte das Vierhundertjahrjiibiläum der beiden grundlegenden
hessischen Kirchenordnungen (Ziegenhainer und
Kasseler) und damit eine wertvolle geschichtliche Arbeit
über ihren Inhalt. W. Maurer hat, was er einer Jubi-
! läumstagung vorgetragen, hier in erweiterter Form nie-
; dergelegt. Er stellt alle Gedanken zur Sache in drei
: Gruppen zusammen: Gemeindezucht, Gemeindeamt, Kon-
i firmation. Was zu diesen Themen gehört wird historisch
! in Zusammenhang mit den hessischen Verhältnissen sorgfältig
erörtert. Hatte Walter Sohm den Satz vertreten,
; in den genannten Kirchenordnungen seien die besten und
größten Gedanken Luthers aufgegeben, so vertritt M.
genau den entgegengesetzten Standpunkt, der Lutherschüler
Butzer habe in diesen Ordnungen entscheidende
Anliegen, die Luther für die Gestaltung der evangeli-
■ sehen Kirche bewegten, verwirklicht. Das Motiv der Kir-
! chenzucht ist Luther keineswegs fremd gewesen; aber sie
gehört für ihn ausschließlich in die kirchliche Sphäre,
I darf also keine bürgerlichen Folgen haben. Besonderes
Interesse erregt, was M. in diesem Zusammenhang über
das Gemeindeamt sagt: das Wortverkündigungsamt sei
als solches zugleich ein pneumatisches Regieramt, das
eine Fülle von Funktionen birgt. Besonders ausführlich
wird die Konfirmation behandelt (etwa 60 S.). Hier
trägt M. eine Fülle sonst minder oder gar nicht beachteten
geschichtlichen Stoffs zusammen: Konfirmation bei
den böhmischen Brüdern, Zwingli, Ökolampad, Hefenträger
, Schwenkfeld, die Entwicklung der Konfirmations-
i gedanken bei Butzer, Nachwirkungen der ursprünglichen
hessischen Konfirmation. Diesen Stoff ordnet er nicht
bloß übersichtlich und sachgemäß, sondern er beleuchtet
ihn auch von seinem eigenen (oben angedeuteten) Stand-
I punkt aus, doch so, daß nicht die Darlegung seiner
Meinung die Hauptsache ist, sondern die Sache selbst.
| Bei dieser Ausdehnung der Darstellung ist es selbstver-
I ständlich, daß sich auch Anlaß zu Kritik und Widerspruch
findet, auch bei solchen, die in der grundsätzlichen
Auffassung weithin mit M. übereinstimmen. Ich
möchte besonders betonen, daß die Ausführungen über
das Gemeindeamt (Kap. II) mir zu weit der Theorie von
einem ein für alle Mal geordneten neutestamentlichen
„Amt" entgegenkommen, so weit dann auch dieses Amt
gefaßt wird. Aber diese Bemerkung mindert nicht den
großen Dank, den die geschichtliche Forschung wie auch
die grundsätzliche Erörterung der in Rede stehenden
Fragen M. für seine anregenden Aufstellungen und seine
fördernden und klärenden Untersuchungen schuldet —
und das für das ganze Gebiet der Reformation, nicht
etwa bloß für Hessen.

Sibyllenort M. S c h i a n

Asmussen, Hans: Die Kirche und das Amt. München: Chr.
Kaiser 1939. (303 S.) gr. 8°. RM 5.50; geb. RM 0.80.

Die Frage nach der Kirche steht heute wieder im
Mittelpunkt theologischer Arbeit. Das vorliegende Buch
bemüht sich nicht um eine „Wiederentdeckung der Kir-
! che" in Auseinandersetzung mit der modernen Kirchen-
! scheu, es geht sofort handfest in medias res und beginnt
! mit dem Zeugnis der Väter und einem umfangreich geführten
biblizistischen Schriftbeweis. Dieser Ansatz hat
seine großen Vorteile. Dadurch, daß die Kirche sofort
i als festgegebene Größe sichtbar wird, bleibt hier wirklich
Raum zu einer ausführlichen Behandlung der innerkirchlichen
Struktur und ihrer Lebensäußerungen in Amt
j und Ordnungen. Auf der andern Seite fehlt die Ge-
! sprächsbegegnung mit den vielen Menschen, die heute
nach der Kirche fragen und den Zugang zu ihr nicht finden
können.

Asmussen stellt an den Beginn seiner Arbeit eine
i kurze Darstellung der Lehre von der Kirche in Calvins
Institutio und in Johann Gerhards Loci. Über beide
Theologen wird das Urteil abgegeben, daß ihr Verständ-
; nis von der Kirche in entscheidenden Punkten hinter dem