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Ausgabe:

1942

Spalte:

32-33

Kategorie:

Pfarrerbücher, Kirchenbücher

Titel/Untertitel:

Evangelisches Pfarrerbuch für die Mark Brandenburg seit der Reformation 1942

Rezensent:

Wendland, Walter

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Theologische Literaturzeitung 1942 Nr. 1/2

32

mal sich diese Unterschiede, wie feine Beobachtungen
über Lukas im Unterschied zu den anderen Evangelisten
zeigen, im NT wiederholen. Sowohl dem griechischen
wie dem alttestamentlich-jüdischen Zeitgefühl gegenüber
stellt das NT ein neues Verständnis dar, das zugleich
vor allem auf das griechische Leiden unter der Zeit befreiend
wirkt. Die Bedeutsamkeit des neutestamentlichen
Zeitgefühles wird in dem inneren Zusammenhang zwischen
Pleroma und Telos erkennbar. „Die tbXt] der bisherigen
Weltzeiten laufen auf das Pleroma hinaus, das
der Christ eingetreten weiß... Das Pleroma ist ja gewiß
noch nicht die eigentliche Vollendung, die Erreichung des
Telos, es ist recht verstanden tatsächlich weithin Unterpfand
. .. Man weiß von der kommenden Vollendung im
doppelten Sinn dieses Wortes: sie ist ganz gewiß zukünftig
, aber sie ist auch ebenso gewiß schon im Kommen
begriffen" (S. 113 ff.). Delling macht darauf aufmerksam
, daß es an dem inneren Zusammenhang zwischen
Pleroma und Telos liegt, daß mit dem Ausbleiben
der Parusie das Christentum nicht zerbrach. „Hätte im
Telos-Begriff der zeitliche Wortgehalt die ausschlaggebende
Rolle gespielt, so wäre mit dem Scheitern der Naherwartung
des Endes ein Scheitern der Zukunftserwartung
überhaupt verbunden gewesen: durch seinen inneren
Zusammenhang mit der Pleroma-Vorstellung erhielt
der Telosgedanke seine volle Kraft. Damit hängt entscheidend
das Andere zusammen: auch der Pieroma-
Gedanke bewahrte dadurch seine letzte Tiefe, die er eben
darin hat, daß er auf das kommende Telos hinweist".
Dieser Zusammenhang von Pleroma und Telos hängt
mit einer ihn prägenden Schau des Heiles zusammen,
auf die Delling eindrucksvoll aufmerksam macht: Im
Unterschied zum jüdischen Verständnis des „Tages des
Heiles" (2. Kor. 6, 2), das an „ein äußerlich machtvolles
Eingreifen in die Lage derer, die ihm vertrauen, eine
Wendung ihres Zustandes von Unterdrückung in äußere
Herrschaft, von Kargheit in Überfülle, von Mühsal in
Rausch" denkt, lebt die christliche Gemeinde „gerade
durch ihr Christsein erst recht in Unterdrückung und
Kargheit und Mühsal — eben das soll der Anbruch der
neuen Zeit sein, die allmählich sich vollenden wird! Damit
ist in der Tat ein ganz neues Zeitverständnis gegeben
, auch und erst recht vom Griechentum her gesehen:
die Ewigkeit bricht herein in die Zeit..." (S. 122).

Delling begründet diese bedeutsame Herausarbeitung
des eigenartigen neutestamentlichen Zeitverständnisses
durch eine Fülle von Einzelbeobachtungen und exegetischen
Hinweisen. Auf wesentliche Fragen der neutestamentlichen
Theologie fällt ein neuer Lichtstrahl. Man
wird freilich an manchen Stellen seine Anmerkungen
und Fragezeichen setzen müssen. So erscheint uns der
apokalyptische Charakter der paulinischen Theologie zu
sehr abgeschwächt, was etwa in der These zum Ausdruck
kommt, Paulus wisse nichts von dem tausendjährigen
Reich des Messias. Auch gegen die Darstellung der Verhältnisse
von Johannesevangelium und Apokalypse erheben
wir Bedenken (S.128 f.). Vor allem wird die Deutung
der Saatgleichnisse Jesu Widerspruch erwecken, wobei wir
doch zu beachten bitten, daß Delling beachtliche Gesichtspunkte
beibringen kann und mit der üblichen apokalyptischen
Deutung dieser Gleichnisse noch nicht das
letzte Wort gesprochen ist. Wir finden unsere eigene
Sicht der Frage Eschatologie und Apokalyptik bei Jesus
durch Dellings Untersuchungen vollinhaltlich bestätigt.
Dieser Arbeit kommt aber eine über den theologischen
Rahmen hinausgehende Bedeutung zu. Das neutesta-
mentliche Geschichts- und Zeitverständnis ist grundlegend
für das europäische Geschichts- und Zeitverständnis
geworden. Damit deckt die Arbeit die Grundlagen
des europäischen Geschichtsdenkens auf und gewinnt
wesentliche Bedeutung für die geschichtsphilosophische
Arbeit. Dellings Arbeit ist ein theologisches und geistesgeschichtliches
Verdienst.

Jena W, Orundmann

PFARRERBÜCHER UND KIRCHENBÜCHER

Evangelisches Pfarrerbuch für die Mark Brandenburg seit der
Reformation. Herausg. v. Brande nburgischen Provinzialsynodenver-
band. 1. lid.: Verzeichnis der Pfarrstellen und der Pfarrer. (XII,
317 S.). — II. Bd.: Verzeichnis der Geistlichen in alphabetischer
Reihenfolge. (IV, 1066 S.). gr. 8°. Bearb. v. Otto Fischer.
Berlin: E. S. Mittler & Sohn 1941. RM 60—.

Über die älteren Predigergeschichten berichtet Georg
j Arndt in der Vierteljahrsschriit für Wappen-, Siegel- und
Familienkunde des Vereins (Berlin Heft 1, 1920. S. 59ff.)
| und gibt zugleich eine Einführung in die Quellen der
Predigergesciüchten. Über neuere Presbyteroiogien be-
i richtet Arndt in der Z. K. G. 3. Folge, Band 4 (63. Band
| 1934, S. 312 ff. Der Ausdruck Presbyterologie wird neuerdings
ersetzt durch den schlichten Ausdruck Pfarrerbuch.
| Der erste, bei dem sich dieser Ausdruck findet, scheint
j mir Wilhelm Diehl in seiner „Hassia sacra" zu sein
j (1921). Dieser einfache deutsche Ausdruck „Pfarrerbuch
" hat sich jetzt durchgesetzt.

In diesem umfangreichen Pfarrerbuch, in dem 28 569
j Pfarrer namentlich verzeichnet sind und mit den wichtig-
j sten Personalien aufgeführt werden, liegt die Lebensar-
j beit von Otto Fischer vor. Er hat, als kaum einer an
j Pfarrerbücher dachte, sich der Mühe unterzogen, in den
Akten des Staatsarchivs und des Konsistoriums, in den
Ortsgeschichten und Kirchenbüchereien zu forschen und
! auf Grund urkundlicher glaubwürdiger Nachrichten die
Personalien festzustellen. Die mündlichen Überlieferungen
, die ihm von Familiengliedern zugingen, erwiesen
sich oft als falsch; ihm kam es darauf an, daß jede An-
j gäbe urkundlich belegt werden mußte. So ist sein Werk
• als eine exakte wissenschaftliche Arbeit zu werten. Es
| darf sogar noch mehr gesagt werden: Er hat mancherlei
j Anregungen auch für die Abfassung anderer Pfarrer-
! bücher gegeben und die Anlage seines Werkes, die schon
j seit Jahren weithin bekannt war, ist auch für andere
Pfarrerbücher maßgebend geworden. So z. B. Baden (von
j Dr. H. Neu), Freistaat Sachsen (von H. Grünberg) und
j das in dänischer Sprache geschriebene Pfarrerbuch über
Schleswig-Holstein (Otto Fr. Arends, Gejstlingen i Sles-
wig-Holsten fra Reformation til 1861. Kopenhagen 1932,
3 Bde.) Auch in seiner äußeren Ausstattung, die neben
dem Verlag dem Konsistorium zu danken ist, ist das
Werk von Otto Fischer vorbildlich.

Die Anlage des Werkes ist so gestaltet, daß im er-
! sten Band die Pfarrstellen mit allen ihren Pfarrern
ohne weitere Personalangaben nach der Einteilung der
Kirchenkreise aufgeführt werden. Im zweiten und dritten
! Band werden in alphabetischer Reihenfolge sämtliche
I Pfarrer mit Personalangaben aufgeführt, und zwar sind
I bei ihnen verzeichnet: Geburt, Eltern, Gymnasium, Uni-
| versität, Ordination, die verwalteten Pfarrstellen und die
I Ehefrauen mit ihrer Herkunft und Angabe des Trauortes
I und der Tod. Es gibt selten ein Pfarrerbuch, das so
I viele Personalangaben bringt. Zwar haben in älterer
Zeit einige, die Sinn für die Verzeichnisse der Pfarrer
hatten, versucht, eine kleine Biographie für jeden Pfarrer
I zu liefern, so z. B. D. H. Biederstädt für Neuvorpommern
(3 Hefte 1818 und 1820). Aber das Album der evangelisch
-lutherischen Geistlichen im Königreich Sachsen
! (1898) bringt gar keine Personalien. Fischer hat eine
weise Auswahl getroffen, um vor allen Dingen die
| Ahnenforschung zu stützen. Diese einfache Anlage in
I dem Werk von Otto Fischer ist höchst übersichtlich und
hat sich bei den letzten Pfarrerbüchern, die herausgekom-
j men sind, durchgesetzt.

Im Jahre 1919 hat Otto Fischer in der ZKGNF.
| Bandl, S. 56 ff. sich grundsätzlich zu der Frage der Ab-
i fassung von Presbyteroiogien geäußert. Etwas Besseres
wird kaum gesagt werden können. Auch die knappe
Form seiner Ausführungen ist dankenswert. Die Notwendigkeit
solcher Pfarrbücher liegt darin, daß die Geschichte
der Kirche immer eine Geschichte der Pfarrer