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Ausgabe:

1942

Spalte:

25-26

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Jesaja Prophet, Isaias 1-39 1942

Rezensent:

Hertzberg, Hans Wilhelm

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1942 Nr. 1/2

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behandelten Ausdrücke nach Möglichkeit etymologisch
analysiere; aber Bemerkungen zur Etymologie werden nur
sporadisch gemacht und sind dann noch meist recht
laienhaft und ohne sprachwissenschaftliche Grundlage
oder sogar falsch (so auf S. 72 die Ableitung von
feiern „Bild" von der Wurzel ?lm = „finster sein";
so die Obersetzung von flmut mit „Todesfinsternis" auf
S. 164 [Ps. 44,20] oder „Todesschatten" auf S. 165
[Ps. 23,4] trotz der richtigen Erkenntnis auf S. 73).
Endlich fehlt es auch bei der Behandlung der einzelnen
Belegstellen an jeder exegetischen Einzelarbeit, aus der
sich etwa ein neuer Gesichtspunkt für deren Verständnis
ergeben könnte. So kann ich diesen ersten Teil nicht
für geglückt ansehen.

Der zweite, „exegetische" Hauptteil erörtert zusammenfassend
den Gehalt der Begriffe Licht, Finsternis
und Schatten in ihrer wörtlichen oder übertragenen Verwendung
. Hier wird die Aufgabe erst wirklich angepackt
und — mit vielen Wiederholungen aus dem ersten
Hauptteil — durchgeführt. Für den übertragenen Gebrauch
sucht der Verf. „die Grundmetapher Licht — Leben
" als durchweg gültig zu erweisen. Das ist im
großen ganzen gewiß zutreffend und wird im einzelnen
nicht ungeschickt ausgeführt. Allerdings widersteht der
Verf. nicht ganz der naheliegenden Versuchung, alles in
dieses eine Schema zu zwängen; so muß er beispielsweise
in Ps. 90, 8 nur um dieses Schemas willen in lim'ör
(panaeka) eine Textverderbnis annehmen.

Königsberg-Pr. Marlin N o t Ii

Feld mann, Prof. Dr. Franz: Isaias 1 39, lateinisch und deutsch
mit Anmerkungen unter dem Text. Bonn: Peter Haustein 1940.
(VI, 2*3 S.) 8J. KM 4.80; geb. KM 6.20.

Sinn dieser Ausgabe des Vulgatatextes zu Jes. I mit
jeweils neöenstehenuer deutscher Übersetzung ist, eine
Hilfe für den „vielbeschäftigten Seelsorger" zu BChäffen,
dem der lateinische Text zur ständigen Benutzung vorliegt
und dem auf diese Weise Gelegenheit gegeben werden
soll, „den Weg zu einem grüneren Kommentar zu
finden". Zugrunde liegt der Text der Hetzenauer'schen
Ausgabe von 1914. Die Übersetzung ist gut; natürlich
kann sie, da sie dem lateinischen und nicht dem hebr.
Text folgt, der Größe des Urtextes nicht immer gerecht
werden. Allerdings werden mitunter, bei offensichtlichen
Irrtümern der Vulgata, Verbesserungen vom MT her vorgenommen
. Die Darbietung des lextes und die deutsche
Übersetzung werden fortlaufend von Fußnoten begleitet
, deren Gesamtumfang etwa dem von Text und
Übersetzung beanspruchten Räume entspricht. Die Fußnoten
bringen sachliche Erklärungen für Worte und
Dinge, Aufhellungen von Sinn und Zusammenhang sowie
textkritische Bemerkungen. Was da zur Erklärung des
Inhalts gesagt wird, ist mit wenigen Ausnahmen (z. B.
das lmmauuelkapitel!) klar und fein, oft gerade in der
Kürze des Dargebotenen ausgezeichnet. Auch finden sich
gute theologische Bemerkungen. Doch wird die ruhige,
nüchterne Linie der Darstellung selbst bei den gewaltigsten
Stücken des Prophetentextes kaum je verlassen. In
der Textkritik wird mit großer Zurückhaltung neueren
kritischen Erkenntnissen stattgegeben, wobei das eigene
Urteil des Verfassers gewöhnlich in der Schwebe bleibt;
so werden mit Vorsicht Jes. 13,21, 24—27, 34 f., Anfang
und Schluß von 14 dem Jesaja abgesprochen; bei
anderen Texten, etwa Jes. 33, wird mit späterer Überarbeitung
gerechnet. 37,9 ff. werden zunächst als „Parallelbericht
zur ersten Gesandtschaft" hingestellt; doch
heißt es auf der nächsten Seite: „Wir haben also 37,9b
bis 20 keine Dublette zu 36,1—37,9 a, sondern eine
zweite Gesandtschaft"! Für die Textgestaltung im einzelnen
wird ständig der MT verglichen und Vieles von
'Inn her deutlich gemacht. Am Anfang des Buches wird
auf 9 Seiten eine — sehr knappe — „Einleitung" gegeben
, in der besonders der § 5 über „wichtige Gedanken
und Abschnitte" sehr einer Erweiterung bedürftig wäre;
Weder der Gedanke des Planes Gottes noch das Wort

Glaube kommt in diesem Abschnitt vor. Sonst aber darf
gesagt werden, daß das Buch dem Zweck, für den es gedacht
ist, sicher gerecht wird und als eine kurze und
gute Hilfe zum Textverständnis des Propheten angesehen
werden kann.

Hofgeismar (Marburg) H. W. Hertzberg

NEUES TESTAMENT

Jüchen, Aurel von: Jesus und Pilatus. Eine Untersuchung über
das Verhältnis von Gottesreich und Weltreich im Anschluß an Johannes
18, V. 28—29, V. 1(). München: Ev. Vlg. A. Lempp 1941.
(31 S.) 8" ■» Theol. Existenz heute H. 7b. KM — 00.

Die kleine Schrift interpretiert den Abschnitt Joh. 18,
28—19 (nicht 29, wie es auf dem Titelblatt heißt!), 16,
I und zwar von der richtigen Erkenntnis aus, daß alle Be-
| gegnungen Jesu mit menschlichen Personen, von denen
das Joh.-Evg. berichtet nicht als individuelle historische
Szenen verstanden werden dürfen, sondern daß es in
ihnen um die Auseinandersetzung zwischen der durch
Jesus repräsentierten Gottesherrschaft und einer duren
die. jeweilige Person repräsentierten allgemeinen Größe
oder Macht der menschlichen Sphäre geht. In der Begegnung
zwischen Jesus und Pilatus bei Johannes, dessen
Bericht von denen der Synoptiker in treffender
Charakteristik abgehoben wird, handelt es sich um die
Auseinandersetzung zwischen dem Messiaskönig und dem
Vertreter irdischer Macht und Gewalt, um die Frage
nach dem Verhältnis zwischen Gottesreich und weltlichen
Ordnungen. Der Verf. hat das richtige Gefühl für die
unausgesprochenen Hintergründe und die Ironie der
johanneischen Darstellung; treffend zeigt er, wie in der
Pilatusszene das Judentum, seinen eigenen Messiasgedanken
verratend, sich selbst preisgibt, und wie der Vertreter
der höchsten irdischen Herrschaft, äußerlich der
Richter Jesu, tatsächlich als der von Jesus zur Verantwortung
Gezogene und Gerichtete erscheint. Ich könnte
freilich nicht in jedem einzelnen Fall der vorgetragenen
Exegese zustimmen (z.B. in Bezug auf 18,34 f. 38).
Das Verhältnis zwischen der irdischen Macht des Staates
und dem Herrschaftsanspruch Jesu scheint mir im allgemeinen
richtig charakterisiert, aber doch nicht klar genug
bestimmt zu sein. Wie ist es genauer zu verstehen, daß
die Welt durch die Wahrheitsmacht Christi zu Rede gestellt
wird? Wie und wann macht sich der Anspruch
Christi in den „eigenständigen" weltlichen Ordnungen
geltend? Die hier bestehende Unklarheit spiegelt sich in
der Exegese. Zwar ergibt es sich ohne Zweifel aus dem
Texte, daß Pilatus Jesus verurteilt, weil er sich dem ihm
in Jesus begegnenden Anspruch der „Wahrheit" verschließt
. Damit ist aber noch nicht über die Frage entschieden
, ob (nach der Meinung des Evangelisten) Pilatus
erst auf Grund des Glaubens an Jesus zu einem
Jesus freisprechenden Urteil hätte kommen können, oder
ob er nicht schon vom Standpunkt eines an der „Wahrheit
" nicht interessierten Staates aus das Verlangen der
Juden hätte abweisen müssen. An welchem Punkte wird
der Anspruch der „Wahrheit" für den Vertreter der
staatlichen Ordnung relevant?

Marburg a. L. Rudolf B u 1 t m a n n

Mi etil, Dr. Johann: Die Evangelien, Geschichte oder Legende?

Der Qeschichtswert der Evangelien. Regensburg: Friedrich Pustet
1940. (140 S.) 8°. RM 3.20.

Eine katholische Darstellung des gegenwärtigen Standes
der Evangelienkritik ist natürlich zum großen Teil
eine Auseinandersetzung mit nichtkatholischer Forschung.
Der Verf., ein Schüler Sickenbergers, unterscheidet in
dieser Forschung die literarkritische, die religionsge -
schichtliche, die formgeschichtliche Schule und eine vierte
Gruppe derjenigen, die in den Evangelien im ganzen zuverlässige
Berichte über das Leben und das Werk Jesu
sehen. Wenn diese Gruppierung zunächst so klingt, als