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Ausgabe:

1942 Nr. 11

Spalte:

326-328

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Elert, Werner

Titel/Untertitel:

Der christliche Glaube 1942

Rezensent:

Schulze, Martin

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 1942 Nr. 11

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Luthers Großen Galater-Kommentar gelesen habe (S.
210), aus der Korrespondenz Peter Böhlers wissen wir,
daß ihn auch J. Wesley studiert hat, was Lang unberücksichtigt
läßt, und wenn in der Erbauungsversammlung,
in der J. Wesley seine Bekehrung erlebte, Luthers Vorrede
zum Römerbriefe vorgelesen wurde, so wird es sich
dabei sicher um kein vereinzeltes Ereignis gehandelt haben
(cf. J. L. Nuelsen: Kurzgefaßte Geschichte des Methodismus
, 1929, S. 57, A. 1). Wesleys Bericht über seine
Bekehrung trägt daher auch unverkennbar den Stempel
lutherischen Geistes an sich, was man allein schon an
der betonten Herausstellung des pro me ersieht, freilich
eines Luthertums, das durch die Brille des Herrnhuter
Pietismus gesehen war. Wenn Lang dies „eine durchaus
verkehrte Behauptung" nennt (S. 341), so bleibt er dafür
jedenfalls allen Beweis schuldig. Es geht doch methodisch
wirklich nicht an, daraus, daß Luther in den Standard
Sermons nur dreimal erwähnt werde, zu folgern, er
habe für Wesley nur eine untergeordnete Bedeutung besessen
(S. 341)! Warum wird mit keinem Worte ,The
Journal of John Wesley' zitiert, das doch wohl die wichtigste
Quelle für alle mit der Bekehrung zusammenhängenden
Fragen ist, warum werden Böhters Briefe nicht
herangezogen, die uns einen so erwünschten Einblick in
Wesleys Verkehr mit den Herrnhutern verschaffen und
mit dem Journal in allen wichtigen Punkten übereinstimmen
? Überhaupt ist m. E. gerade der Abschnitt über den
Methodismus am angreifbarsten. Ich kann die Überschätzung
Whitefields nicht mitmachen, der bei Lang fast als
der Begründer des Methodismus erscheint, halte den Versuch
, in den Puritanern die geistlichen Ahnherren J. Wesleys
zu sehen, für nicht geglückt, glaube nicht, daß sich
die „Schwächen" seiner Theologie aus dem Preisgeben
der Prädestinationslehre erklären, und finde endlich die
Schilderung seiner Rechtfertigungslehre nicht eindringend
, weil hier die Frage, inwieweit ein pietistisch verstandener
Luther einwirkt und umgebildet wird, überhaupt
nicht gestellt ist.

Abschließend muß noch ein Wort über die Tendenz
des ganzen Buches gesagt werden. In Übereinstimmung
mit H. Heppe sieht Verf. in Perkins den „Vater" des
Pietismus (S. 101) und urteilt, daß der Pietismus sich
von ihm „nach und nach in alle Lager des Protestantismus
ausgebreitet" habe (S. 131). Damit verläßt Lang
die heute allgemein herrschende Ansicht, wonach der
Pietismus als internationale Größe anzusehen sei,
die nicht einseitig auf eine Wurzel zurückgeführt werden
dürfe, sondern deren Entstehen aus dem Zusammenwirken
vieler Kräfte zu verstehen sei. So dankenswert
auch Längs Nachweise über den pietistischen Puritanis-
mus sind, seine Grundthese scheint mir nicht bewiesen
zu sein, denn Perkins ist ebensowenig der „Vater" des
Pietismus wie Spener. Verf. hat nur auf eine, gewiß
wichtige Quelle des Pietismus hingewiesen. Zieht man
aber zum Vergleich etwa H. Bornkamms ebenso feinsinnige
wie anregende Ausführungen hinzu („Mystik,
Spiritualismus und die Anfänge des Pietismus im Luthertum
", 1926, S. 16—18), so erkennt man mit leichter
Mühe, wie einseitig Längs Darstellung ist.

Dieses Urteil hat auch für die Schilderung des Puri-
tanismus selbst Gültigkeit. So gewiß der Calvinismus
dessen Grundlage ist, so wären doch daneben die mancherlei
Einflüsse zu beachten gewesen, die diese Bewegung
von verschiedenen Seiten her erfahren hat. Es wäre
eine besonders reizvolle Aufgabe, die Verschlingung dieser
mannigfachen Motive zu einem lebensvollen Ganzen
zu studieren und zugleich zu beachten, wie sich der Sinn
übernommener Vorstellungen durch Eingliedern in fremde
Zusammenhänge notwendig wandeln muß. So wenig
Dienste uns Längs Werk auch für diese weitergreifende
Arbeit leistet, so ist es doch eine wertvolle Vorstudie.
Stellt es doch wichtiges Material übersichtlich zusammen
und bildet damit eine Grundlage für die künftige Forschung
.

Halle a. S. Walther Völker

Jesper Swedbergs Lefwernes beskrifning, utg. av G. Wetter-
| berp, 1. Text. Lund: C. W. K. Gleertip 1941. (1 PI. (4), 722 S.) gr. 8°
= Skrifter utsrivna av Vetenskapssocietetcn i bind. 25 : 1. Schw. Kr. 25—.
Jesper Swedberg, 1735 als Bischof von Skara gestorben
, gehörte zu den bedeutenderen Gestalten seiner
Zeit. Sowohl als Schriftsteller wie als Mann der Kirche
übte er einen weitgreifenden Einfluß auf seine Zeitgenossen
aus. Seine religiöse Lebensanschauung läßt sich
j nicht als gewöhnliche lutherische Orthodoxie bezeichnen.
; Bei ihm paaren sich nämlich altlutherische Überlieferung
und hemmungsloser volkstümlicher Aberglaube sowie ein
1 weitschauender Blick für die Reformierung des kirch-
I liehen Lebens in praktischer Richtung. Am besten läßt
| er sich als ein kirchlicher Reformeiferer auf orthodoxer
Grundlage kennzeichnen.

Alle diese Züge seines Wesens treten in der Lebensbeschreibung
klar zutage, die er in seinem Alter verfaßte
. Er schrieb sie nieder, um „sich der guten und
wunderbaren Vorsehung Gottes zu erinnern", wie er
auf dem Titelblatt vermerkt hat, und sie ist ein reli-
j giöses Selbstbekenntnis von hohem Werte.

Die Swedbergsche Selbstbiographie, die in 3 vollständigen
Handschriften und 1 Fragment vorliegt, ist
der Forschung seit langem bekannt und auch von ihr
i ausgewertet worden. Erst durch die jetzt vorliegende
j Edition jedoch, die hinsichtlich Akribie und Übersichtlichkeit
mustergültig ist, wird diese Lebensbeschreibung auch
einer größeren Allgemeinheit zugänglich. Der vorliegende
Band umfaßt nur den Text. In einem folgenden Ban-
I de beabsichtigt der Herausgeber nebst einer Einleitung
mit quellenkritischer Wertung der Biographie einen textkritischen
Apparat, sowie einen erklärenden Kommentar
! nebst Bibliographie und Register zu geben. Erst nach
I Erscheinen dieses Bandes kann das Werk als Ganzes
wissenschaftlich beurteilt werden, und es wird darauf
zurückzukommen sein.

Lund Hilding PI C i j ei

S YSTEMATISCHE THEOLOGIE

Eiert, Prof. D. Dr. Vfcrner: Der christliche Glaube. Grundlinien
der lutherischen Dogmatik. Berlin: Furche-Verlag [1U40|. (679
S.) 8'>. RM 13.60; geb. RM 16—,

Die Dogmatik hat nach E. das Dogma der Kirche,
I d.h. den „Sollgehalt ihres Kerygmas" zu untersuchen.
Er denkt dabei nicht an eine bestimmte Formulierung
desselben in der Vergangenheit, nach deren zureichender
J Begründung sie zu fragen hätte, sondern an etwas, was
sie selbst dem Grundgehalt der neutestamentlichen Zeugnisse
gemäß zu „entwickeln" und immer von neuem zu
I „prüfen" hat. Sie enthalten bei aller Mannigfaltigkeit
j einen „absolut festen Punkt, über den keine Meinungsverschiedenheit
obwalten kann, die Person Christi": eine
sehr gewagte Behauptung angesichts der nicht unbeträchtlichen
diesbezüglichen Differenzen. Daran kann
auch „das Von-Gott-Getroffenwerden", auf welches E.
dieses „apodiktische Urteil" des Kerygma zurückführt,
und das überhaupt in seinen Darlegungen eine große
Rolle spielt, nichts ändern. Er rechnet ja selbst mit der
| Möglichkeit, daß Christus dem heutigen Menschen nach
i seinem eigenen '„Selbstverständnis" nicht mehr dasselbe
| sein könne wie ehedem. Daher müsse die Dogmatik zunächst
auf dieses eingehen, um dann weiter den Punkt
j zu bezeichnen, an welchem das Wort von Christus a 1 s
Gottes Wort vernommen wird und „einschlägt", nämlich
„die Rechtfertigungspflicht des Menschen vor Gott",
| deren jeder Gottgläubige sich bewußt sein müsse, und'
zu zeigen, daß man sich ihr nicht mit Hilfe seines und
überhaupt irgend eines Selbstverständnisses entziehen
könne, und daß Christus allein die Rechtfertigung des
Menschen vor Gott ist.

Das ist m. E. eine recht gesuchte und künstliche Einführung
in unsere Disziplin, und noch dazu eine überflüssige
, wenn E. doch erklärt, daß „dem menschlichen
; Selbstverständnis das Zeugnis von Christo nur ganz un-